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1 Einleitung

2.3 Würdigung des Natura 2000-Gebiets

Das FFH-Gebiet umfasst einen typisch ausgeprägten und hoch schutzwürdigen Teil des Alb-traufs zwischen den Ortschaften Kohlberg im Westen und Hepsisau im Nordosten. Dabei schließt das FFH-Gebiet neben zahlreichen anderen Schutzkategorien - unter anderem ist es Bestandteil des Biosphärengebietes Schwäbische Alb - einige der wertvollsten Natur-schutzgebiete des Regierungsbezirkes Stuttgart (daneben auch eines im Regierungsbezirk Tübingen) ein, sie bilden sozusagen die „hot spots“ dieses herausragenden Albtraufabschnit-tes (siehe auch Kap. 3.1.2). Der Albtrauf stellt insgesamt ein Gebiet mit sehr hoher Biodiver-sität und außerordentlicher naturschutzfachlicher Bedeutung dar, und so ist auch das hier betrachtete FFH-Gebiet Teil eines ganzen Systems von Natura 2000-Gebieten, die entlang dieser markanten Geländestufe ausgewiesen sind. Als direkt benachbarte FFH-Gebiete sei-en die „Uracher Talspinne“ (FFH-Gebiet 7522-341), die „Gebiete zwischsei-en Laichingsei-en und Donnstetten“ (FFH-Gebiet 7423-343), die „Neidlinger Alb“ (FFH-Gebiet 7423-341) und das

„Albvorland Nürtingen - Kirchheim“ (FFH-Gebiet Nr. 7322-311) genannt.

Die Schutzwürdigkeit und Vielfalt an Lebensräumen und Arten in diesem Natura 2000-Gebiet steht in engem Zusammenhang mit seinen geologischen und geomorphologischen Gege-benheiten. Der Albtrauf stellt eine sehr prägnante, im Bereich des FFH-Gebietes bis zu meh-rere hundert Meter hohe Schichtstufe dar, die vor allem aus Schichten des unteren und mitt-leren Weißen Juras und den oberen Schichten des Braunen Juras gebildet wird. Diese in weiten Teilen fast senkrecht abfallende Geländestufe ist durch zahlreiche und zum Teil bizar-re Felsformationen gekennzeichnet. Als typische Karsterscheinungen haben sich im Bebizar-reich des Albtraufs zahlreiche Höhlen gebildet, außerdem gibt es Karstquellen, Sinterbäche und Dolinen, deren Formen durch Auslaugung bzw. Ausfällung von Kalk entstehen. Der Albtrauf bildet dabei keine gerade Linie, sondern springt durch rückschreitende Erosion der Bäche des Albrandes mancherorts deutlich in Richtung der Albhochfläche zurück (z.B. das Lennin-ger Tal durch die Lauter und ihre Quellbäche), während er im Bereich besonders widerstän-diger Gesteinsformationen in Form von Ausliegern (z.B. Jusi) oder Zeugenbergen (z.B.

Teckberg) z.T. weit in das Albvorland hineinragt. Als besonders widerständig erweisen sich dabei Gesteine der Vulkanschlote aus der aktiven Zeit des sog. „Schwäbischen Vulkans“, die u.a. an den exponierten Kuppen von Jusi, Hohenneuffen, Bassgeige und Teckberg anste-hen.

Im Hinblick auf die Schutzgüter der FFH-Richtlinie hat die „Alb zwischen Jusi und Teck“ eine herausragende Bedeutung, insgesamt wurden 19 FFH-Lebensraumtypen nach Anh. I der FFH-Richtlinie nachgewiesen. Von den Offenland-Lebensraumtypen sind Kalk-Magerrasen, Kalk-Pionierrasen, Kalkfelsen mit Felsspalten-Vegetation, Kalk-Schuttfluren, Höhlen und Magere Flachland-Mähwiesen besonders hervorzuheben. Von den Wald-Lebensraumtypen umfasst der zonale Waldmeister-Buchenwald weite Teile des FFH-Gebietes, als extrazonale Waldgesellschaft sind Orchideen-Buchenwälder und als azonale Waldgesellschaft die Schlucht- und Hangmischwälder von besonderer Bedeutung. Von den Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie sind besonders die Artengruppe der Fledermäuse und das Vorkommen des Alpenbocks hervorzuheben.

Kalk-Magerrasen [(*)6210] und Wacholderheiden [5130] sind mit ca. 180 ha LRT-Fläche im FFH-Gebiet großflächig vertreten und über weite Strecken gut bis sehr gut ausgeprägt. Da-bei sind Wacholderheiden flächenmäßig von untergeordneter Bedeutung. Teilweise sind die Magerrasen im Gebiet als prioritärer Lebensraumtyp mit bedeutenden Orchideenvorkommen ausgebildet [*6210], so zum Beispiel in dem für seinen Orchideenreichtum bekannten NSG

„Neuffener Heide“ und im NSG „Goldland-Klausenberg“.

Aufgrund der geologischen Ausgangssituation hat das Gebiet eine herausragende Bedeu-tung für verschiedene Lebensraumtypen der Felsen und Schutthalden, wobei Felsfluren und Felsspaltengesellschaften einerseits innerhalb weitläufig offener Magerrasen, andererseits

an vielen Stellen auch innerhalb von ansonsten weitgehend geschlossenen Waldflächen vorkommen. Insgesamt wurden mehr als 100 unterschiedliche Felsformationen erfasst, die - zum Teil für jedermann sichtbar - einen entscheidenden Reiz der Landschaft ausmachen, aber auch die Vielfalt verschiedener Felslebensräume bedingen. Die von Natur aus nur klein-flächigen Kalk-Pionierrasen [*6110] sind im FFH-Gebiet an vielen Stellen zu finden und bei-spielsweise am „Breitenstein“ bei Ochsenwang hervorragend ausgeprägt. Der Lebensraum-typ Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation [8210] ist vor allem in den zahlreichen Felsen in-nerhalb des Waldes verbreitet, er erreicht dort mit mehr als 30 ha erstaunlich hohe Flächen-anteile. Kalkschutthalden [*8160] kommen großflächig im Steinbruch am Neuffener „Hörnle“

vor, kleinflächig daneben in engem Verbund mit den genannten Fels-Lebensraumtypen. Eine besondere Erwähnung verdienen auch die zahlreichen Höhlen [8310], die ausschließlich innerhalb der bewaldeten Flächen des FFH-Gebietes liegen und auch für die Artengruppe der Fledermäuse von hoher Bedeutung sind (s.u.).

Magere Flachland-Mähwiesen [6510] sind im Gebiet ähnlich weit verbreitet wie Kalk-Magerrasen und bei extensiver Bewirtschaftung oft sehr arten- und blütenreich ausgeprägt.

Sie treten dabei sowohl in tieferen Lagen auf – meist am Fuß des Albtraufs in Höhenlagen zwischen ca. 450 und 550 m NN – als auch auf der Albhochfläche – hier nehmen sie etwa bei Ochsenwang, Schopfloch und an der Schlatterhöhe Höhenlagen um 800 m NN ein.

Stillgewässer spielen insgesamt keine große Rolle im Gebiet, da es von durchlässigen Kalk-gesteinen geprägt ist. Ein einziges Gewässer mit dem Lebensraumtyp Natürliche nährstoff-reiche Seen [3150] konnte identifiziert werden, daneben gibt es im Steinbruch „Hörnle“ bei Neuffen mehrere Stillgewässer mit Armleuchteralgen [3140]. Dieser Steinbruch mit seinen ausgedehnten flachen Gewässern bildet auch die einzige Lebensstätte der Gelbbauchunke [1193] im Gebiet.

Auch Lebensraumtypen, die (meist) mit Fließgewässern in Verbindung stehen, sind – wie für Karstgebiete typisch – im FFH-Gebiet nur wenig präsent. Einige kleinere Bachläufe sind aber innerhalb des Waldes ebenso wie im Offenland vorhanden. Nur im obersten Abschnitt der Lauter (der Rest dieses Gewässers liegt außerhalb der FFH-Gebietsgrenzen) fand sich eine Ausprägung mit flutender Wasservegetation [3260], Feuchte Hochstaudenfluren [LRT 6431]

wurden nur in sehr geringem Umfang als Nebenbiotop miterfasst. Etwas auffälliger treten bachbegleitende Auwälder [*91E0] in Erscheinung, sie sind dabei im Offenland etwas weiter verbreitet als innerhalb des Waldverbundes. Kalktuffquellen [*7220] stellen ebenfalls typische Lebensräume des FFH-Gebietes dar, auch sie treten aber insgesamt nicht häufig im Gebiet auf, dabei allerdings ebenfalls überwiegend innerhalb von Waldflächen. Zwei kleine Kalk-Quellbäche im nordöstlichen Teil des FFH-Gebietes stellen die einzigen aktuell nachzuwei-senden Lebensstätten des Steinkrebses [*1093] innerhalb der Schutzgebietsgrenzen dar.

Als ein weiterer durch die Nässe seines Standortes gekennzeichneter Lebensraumtyp tritt im NSG „Eichhalde“ Kalkreiches Niedermoor [7230] kleinflächig auf.

Die Wälder im FFH-Gebiet „Alb zwischen Jusi und Teck“ liegen am Rand eines der am dich-testen besiedelten Gebiete Baden-Württembergs. Die Bevölkerungsdichte im Landkreis Ess-lingen, in welchem die größten Teile des Gebietes liegen, beträgt annähernd 800 Einwohner je Quadratkilometer. Der Bewaldungsanteil der Region ist im Landesvergleich mit ca. 30°%

unterdurchschnittlich (landesweit 38 %). In Anbetracht der raumordnerischen Situation erhal-ten die Kriterien der Walderhaltung, der Gesundheit der Waldökosysteme, der Arerhal-tenvielfalt, der Sozial- und Erholungsfunktion der Wälder sowie der Schutzfunktionen (hier vor allem die Bodenschutzfunktion) der Wälder einen besonders hohen Stellenwert. Die Nähe zu den Bal-lungsräumen Stuttgart, Esslingen und Reutlingen begründet aber auch die wichtige Bedeu-tung der Wälder für die nachhaltige Produktion des Rohstoffes Holz.

Das FFH-Gebiet „Alb zwischen Jusi und Teck“ ist etwa zu zwei Dritteln seiner Fläche, auf

traufs, sowie Wacholderheiden und ehemalige Schaftriften im Wald-Offenland-Übergangsbereich zu nennen. Das Gebiet befindet sich in seiner gesamten räumlichen Aus-dehnung innerhalb des Biosphärengebietes „Schwäbische Alb“ und trägt mit seinen Hang- und Schluchtwäldern, die regelmäßig mit Felsen durchsetzt sind, wesentlich zu dessen Al-leinstellungsmerkmalen bei. Beleg hierfür sind auch die Biosphären-Kernzonen, die inner-halb des FFH-Gebietes ausgewiesen wurden.

Ca. 83°% der Waldfläche sind als Lebensraumtyp Waldmeister-Buchenwald [9130] kartiert.

Der außerordentlich hohe Anteil der Buchenwälder am Gesamtwald dokumentiert die große Naturnähe der Waldbestände. Der Waldmeister-Buchenwald zeichnet sich v.a. durch seinen geophytenreichen Frühjahrsblühaspekt aus. Seine naturschutzfachliche Bedeutung ergibt sich aus der schwerpunktmäßigen Verbreitung in Zentraleuropa. Verglichen mit der potenzi-ellen Ausdehnung des Klimaxökosystems Buchenwald ist die Fläche der heutigen Buchen-wälder, trotz steigender Tendenz, immer noch als gering anzusehen. Für die Artenvielfalt sind besonders die alten Buchenwälder mit durchgehender Waldtradition von Bedeutung.

Hieraus muss die besondere Verantwortung für die Erhaltung des Lebensraumes abgeleitet werden.

Neben den Waldmeister-Buchenwäldern bietet das strukturreiche Gebiet noch fünf weitere Wald-Lebensraumtypen, die auszugsweise, nach ihrer flächigen Bedeutung vorgestellt wer-den. Auf den trockeneren Hang- und Kuppenlagen verdrängt der Lebensraumtyp der Orchi-deen-Buchenwälder [9150] den hier konkurrenzschwächeren Waldmeister-Buchenwald. Das lichte Bestandesinnere ermöglicht besonders großen Strukturreichtum sowie eine artenrei-che Kraut- und Strauchschicht. In luftfeuchten Lagen wird die Dominanz der Buartenrei-che durch Edellaubhölzer abgelöst, die hier einen Schlucht- und Hangmischwald [*9180] ausbilden können. Auf besonders tonigen, wechseltrockenen Standorten - oftmals entlang der Trauf-kante - zeigen sich die Eichenarten besonders konkurrenzstark und bilden hier den Lebens-raumtyp Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald [9170] aus.

Die unterschiedlichen Waldlebensraumtypen bilden zusammen mit den innerhalb des Wal-des verbreiteten Fels und Höhlen-Lebensräumen die Lebensgrundlage für eine Fülle an Ar-ten. Von den Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie mit Schwerpunkt im Wald ist zunächst das Grüne Besenmoos [1381] zu nennen. Auch die Spanische Flagge [*1078] findet sich meistens an Waldrändern und/oder an Waldinnensäumen, z.B. entlang von Waldwegen.

Das Vorkommen des Alpenbocks [*1087] im Gebiet befindet sich aufgrund der großen Popu-lation bei aktuell, mittel- und langfristig hervorragendem Totholzangebot, sehr günstiger Ver-bundsituation und mittleren Beeinträchtigungen in einem hervorragenden Erhaltungszustand.

Für das gesamte Vorkommen des Alpenbocks in Baden-Württemberg hat das FFH-Gebiet eine sehr hohe landesweite Bedeutung und ist, neben dem westlich angrenzenden FFH-Gebiet „Uracher Talspinne“, als Kerngebiet des Alpenbocks innerhalb des besiedelten Areals am Albtrauf zu bewerten.

Eine herausragende Bedeutung kommt dem FFH-Gebiet schließlich als Lebensraum für zahlreiche Fledermausarten zu. Dabei sind hier laut Gebietsmeldung 4 von 5 baden-württembergischen Fledermausarten vertreten, die sich im Anh II. der FFH-Richtlinie befin-den: Große Hufeisennase [1304] (aktuell ohne Nachweis im Gebiet), Mopsfledermaus [1308], Bechsteinfledermaus [1323] und Großes Mausohr [1324]. Als Lebensräume bzw.

wichtige Teilhabitate spielen dabei die naturnahen Wälder des Gebietes, strukturreiche Grünland- und Gehölzbestände, insbesondere Streuobstbestände in Waldnähe, Felsspalten und Höhlen-Quartiere sowie mehrere Gebäudequartiere im FFH-Gebiet bzw. in seinem nä-heren Umfeld eine große Rolle.

2.4 Zusammenfassende Darstellung der Ziele und der