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Vorgehen und Funktionsweise der Portfolioanalyse

2. Industrieverbundene Wohnungsunternehmen als Objekt des strategischen Managements

3.3. Strategische Analyse der Unternehmenssituation

3.4.1. Definition von strategischen Geschäftsfeldern als Grundlage der Port- Port-folioanalyse

3.4.2.2. Vorgehen und Funktionsweise der Portfolioanalyse

In der Unternehmenspraxis existiert eine Vielzahl von unterschiedlichen Portfo-liomodellen, von denen das Marktanteil-/Marktwachstum-Portfolio von BCG sowie das Marktattraktivität-/Wettbewerbsvorteil-Portfolio von McKinsey die größte Ver-breitung erlangt haben.419 Die wesentlichen Unterschiede der alternativen Portfo-liomodelle bestehen vorrangig in der Definition und Abgrenzung der sie konstitu-ierenden Betrachtungsdimensionen.420

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist vorrangig das von McKinsey und General Electric erarbeitete Marktattraktivität-/Wettbewerbsvorteil-Portfolio von Interesse, dessen Grundstruktur der folgenden Abbildung 18 zu entnehmen ist.

418 Vgl. zu den Aufgaben der Portfolioanalyse Winkel, Immobilienbestände, S. 69; Bone-Winkel, Offene Immobilienfonds, S. 173 f.

419 Nach der Veröffentlichung des Marktanteil-/Marktwachstum-Portfolios von BCG Anfang der 70er Jahre sind weitere Portfoliomodelle überwiegend aus der Kritik an den Unzulänglichkeiten des BCG-Modelles entstanden. Die verschiedenen Modelle sind in der Literatur bereits einge-hend erörtert worden, so daß eine dezidierte Darstellung der Modelle nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist. Vgl. stellvertretend Kreilkamp, Strategisches Management, S. 530 ff.;

Hahn, Portfolio-Konzepte, S. 225 ff.; Hahn, Strategische Untemehmensführung, S. 5 ff.;

Antoni/Riekhof, Portfolioanalyse, S. 172 ff.; Pepels, Marketing, S. 722 ff.; Schulz, Portfolio-Analyse, S. 52 ff.

420 Vgl. Kreikebaum, Strategische Untemehmensplanung, S. 88; Bone-Winkel, Offene Immobilien-fonds, S. 171.

niedrig mittel hoch 100 relative Wettbewerbsvorteile (Stärken)

• R e l a t i v e M a r k t p o s i t i o n

• R e l a t i v e s P r o d u k t i o n s p o t e n t i a l

• R e l a t i v e s F & E - P o t e n t i a l

• R e l a t i v e Q u a l i f i k a t i o n d e r F ü h r u n g s -kräfte und K a d e r

Investitions- u n d W a c h s t u m s s t r a t e g i e n S e l e k t i v e S t r a t e g i e n

A b s c h ö p f u n g s - u n d D e s i n v e s t i t i o n s s t r a t e g i e n

Abbildung 18: Grundschema des Marktattraktivität-ZWettbewerbsvorteil-Portfolio421

Bei dem Marktattraktivität-/Wettbewerbsvorteil-Modell handelt es sich um ein flexibel gestaltbares Multifaktor-Portfolio, das konzeptionell aus der Kritik an der globalen und eindimensionalen Festlegung der Betrachtungsdimensionen des BCG-Modelles entwickelt wurde.422 Die grundlegenden Betrachtungsdimensionen

„Marktattraktivität" (umweltbezogene Dimension) und „Relative Wettbewerbsvor-teile" (unternehmensbezogene Dimension) werden hierbei aus einer Vielzahl von

421 In Anlehnung an Hintertiuber, Strategische Untemehmensführung I, S. 149.

422 Vgl. Kreikebaum, Strategische Untemehmensplanung, S. 90; Kreilkamp, Strategisches Mana-gement, S. 487; Neubauer, Portfolio-ManaMana-gement, S. 32.

qualitativen und quantitativen Variablen aggregiert.423 Die Verwendung von multi-dimensionalen und branchenindividuell divergierenden Betrachtungskriterien sowie die Strukturierung des Modelles als 9-Felder-Matrix soll, im Vergleich zur BCG-Matrix, eine differenziertere Analyse von strategischen Geschäftsfeldern ermöglichen.

Die Marktattraktivität als externe und weitgehend unternehmensunabhängige Betrachtungsdimension wird in der Literatur allgemein anhand der vier Hauptkri-terien „Marktwachstum und Marktgröße", „Marktqualität", „Versorgung mit Energie und Rohstoffen" sowie „Umweltsituation" beurteilt und auf der Abszisse der Port-foliomatrix eingeordnet. Demgegenüber wird die interne, unternehmensbezogene

Dimension „relative Wettbewerbsvorteile" generell mittels der Kriterien „relative Marktposition", „relatives Produktionspotential", „relatives Forschungs- und Entwicklungspotential" sowie „relative Qualifikation der Führungskräfte und Mitar-beiter" klassifiziert und bildet die Ordinate der Portfoliomatrix.424 Sämtliche Krite-rien stellen jeweils Faktorbündel dar und lassen sich in eine Vielzahl weiterer, qualitativ und quantitativ zu bewertender Subfaktoren aufspalten.425

Nach der Identifikation der Betrachtungsdimensionen bedarf es in einem zweiten Analyseschritt der Operationalisierung der einzelnen Hauptkriterien sowie der jeweiligen Subkriterien. Hierzu wird in der Literatur gemeinhin die Verwendung eines Scoring-Modelles bzw. eines Punktbewertungsverfahrens empfohlen.426 Im Rahmen eines Scoring-Modelles werden zunächst die einzelnen Subkriterien mit adäquaten, ihrer individuellen Bedeutung entsprechenden, Gewichtungen verse-hen.427 In einem weiteren Schritt sind die Geschäftsfelder jeweils hinsichtlich der Merkmalausprägungen (Scores) der einzelnen Kriterien zu bewerten.428 Bei der

423 Vgl. Kreilkamp, Strategisches Management, S. 497; Hahn, Strategische Untemehmensführung, S. 8; Bone-Winkel, Offene Immobilienfonds, S. 171 f.; Schäfer, Elemente, S. 177.

424 Vgl. Hinterhuber, Strategische Untemehmensführung I, S. 150 ff.; Kreilkamp, Strategisches Management, S. 488 ff.; Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, Marketing, S. 880 f.; Schulz, Portfolio-Analyse, S. 60 ff.

425 Vgl. zur weiteren Aufspaltung der Kriterien Hintertiuber, Strategische Untemehmensführung I, S. 150 ff.; Kreilkamp, Strategisches Management, S. 488 ff.

426 Vgl. ausführlich zur Entwicklung eines Scoring-Modelles am Beispiel der Immobilieninvestment-branche Bone-Winkel, Offene Immobilienfonds, S. 188 ff.

427 Vgl. Kreilkamp, Strategisches Management, S. 494.

428 Die Gewichtung und Bewertung der Kriterien erfolgt i.d.R. in der Diskussion spezieller Expertenteams, die aus den unterschiedlichen funktionalen bzw. divisionalen Unternehmensbe-reichen und Vertretern der zentralen Stabsabteilungen, vielfach flankiert von externen Beratern,

Bewertung ist für sämtliche Kriterien die Verwendung einer einheitlichen Bewer-tungsskala sicherzustellen, welche i.d.R. von 0 (Minimum) bis 100 (Maximum) skaliert ist. Durch die Aggregation der einzelnen Punktwerte ergibt sich für jede Achsendimension ein spezieller Gesamtpunktwert (Gesamtscore), auf dessen Grundlage die Positionierung der Geschäftsfelder erfolgt.429 Entsprechend ihrer unterschiedlichen Bedeutung werden die Geschäftsfelder mit verschieden großen Kreisen visualisiert.

Nach der Erörterung der methodischen Vorgehensweise einer Portfolioanalyse kann nunmehr die Positionierung der Geschäftsfelder in der Portfoliomatrix erfol-gen. Hierbei wird erneut an die im Rahmen der Geschäftsfeldabgrenzung heran-gezogene fiktive Wohnungsunternehmung angeknüpft.430 Entsprechend zeigt die Abbildung 19 eine beispielhafte Geschäftsfeld-Konfiguration der fiktiven Wohnungsunternehmung in der Portfoliomatrix.

Legende:

SGF1 » Investment W o h n e n S G F 2 " Development W o h n e n SGF3 • Development Gewerbe SGF4 = Services W o h n e n SGFS - FM-Services

niedrig " mittel 6 7 ho

relative Wettbewerbsvorteile (Stärken)

Abbildung 19: Beispiel einer Portfoliomatrix

zusammengesetzt sind. Vgl. stellvertretend Hinterhuber, Strategische Untemehmensführung I, S. 154 ff.; Kreilkamp, Strategisches Management, S. 503 ff.

429 Vgl. Kreilkamp, Strategisches Management, S. 491.

430 Vgl. zur Geschäftsfeldabgrenzung einer fiktiven Wohnungsuntemehmung die Ausführungen in 4.4.1.2.

Die dargestellte Anordnung der Geschäftsfelder offenbart die Dominanz des Geschäftsfeldes 1, der Vermietung und Bewirtschaftung des eigenen Wohnungs-bestandes. Um einerseits der Bedeutung dieses Geschäftsfeldes für die industrieverbundenen Wohnungsuntemehmen gerecht zu werden und anderer-seits die Heterogenität des Wohnungsbestandes hinreichend zu berücksichtigen, ist die Durchführung einer weitergehenden Portfolioanalyse anzuraten, welche ausschließlich den Immobilienbestand zum Gegenstand hat. Die Zielsetzung dieser immobilienbestandsbezogenen Portfolioanalyse besteht grundsätzlich in der Gewinnung einer strukturierten und detaillierten Gesamtsicht hinsichtlich des Immobilienbestandes sowie in der Ableitung spezifischer Handlungsempfehlun-gen zur Optimierung der Immobilienbestandssituation.

Da aufgrund der Komplexität und Größe des Bestandes Einzelanalysen der Immobilienobjekte i.d.R. nicht informationsökonomisch effizient durchführbar sind, bedarf es einer Dekomposition des gesamten Wohnungsbestandes in intra-ho-mogene und inter-heterogene Segmente.431 Die resultierenden Bestandsseg-mente werden somit Gegenstand einer differenzierten Immobilien-Portfolioana-lyse. Hieraus resultiert grundsätzlich eine hierarchische Strukturierung der Portfo-lioanalyse mit zwei verschiedenen Aggregationsebenen, deren immobilienspezi-fische Ausgestaltung maßgeblich auf die Ausführungen von Bone-Winkel zurück-geht:432

• Ein hoch aggregiertes Geschäftsfeld-Portfolio mit sämtlichen Geschäftsfeldern der Wohnungsunternehmung.

• Ein Immobilien-Portfolio, welches aus der Dekomposition des Wohnungsbe-standes in Bestandssegmente hervorgeht.

Vgl. Schäfers, Untemehmensimmobilien, S. 126. Als statistisches Verfahren zur Definition von intra-homogenen und inter-heterogenen Segmenten bei gegebenen Abgrenzungskriterien eignet sich die Clusteranalyse. Vgl. hierzu Backhaus et al., Analysemethoden, S. 115 ff.

432Zur inhaltlichen Ausgestaltung und Vorgehensweise einer hierarchischen Portfolio-Konzeption wird nachfolgend auf die Ausführungen von Bone-Winkel verwiesen. Der Autor hat eine aus-führliche Darstellung eines hierarchischen Portfoliomodelles am Beispiel der Immobilienin-vestmentbranche erarbeitet. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen zur Portfolioanalyse von offenen Immobilienfonds steht die Anpassung der allgemeingültigen Betrachtungsdimensionen gemäß den Erfordernissen von Immobilienbeständen. Darüber hinaus wird auf der Grundlage von detaillierten Fallbeispielen die Durchführung eines immobilienspezifischen Punktbewer-tungsverfahrens erörtert. Vgl. hierzu Winkel, Offene Immobilienfonds, S. 179 ff.; Bone-Winkel, Immobilienbestände, S. 70 ff.; Bone-Bone-Winkel, Immobilienportfolio-Management, S. 765 ff.; Bone-Winkel, Immobilienportfoliomanagement, S. 215ff.; Bone-Winkel, Management S 50 ff.

Bei der Bildung der spezifischen Immobiliensegmente stellt sich die zentrale Frage nach der Identifizierung geeigneter Kriterien für die Abgrenzung der alter-nativen Bestandssegmente.433 Wie die folgende Auflistung verdeutlicht, erscheint hierbei grundsätzlich eine Vielzahl potentieller Abgrenzungskriterien denkbar:434

• Abgrenzung nach Objektart. z.B. Mehrfamilienhaus, Einfamilien-, Reihenhaus

• Abgrenzung nach Makro-Standort. z.B. Düsseldorf vs. Dortmund

• Abgrenzung nach Mikro-Lage: z.B. gehobener, mittlerer, schlechter Wohnwert

• Abgrenzung nach Baujahr. z.B. bis 1948, 1949-1965, ab 1966

• Abgrenzung nach Wohnungsgrößen: z.B. bis 50 m2, 51-90 m2, ab 91 m2

• Abgrenzung nach Finanzierungsart. z.B. freifinanziert vs. gefördert, bzw.

Differenzierung nach verschiedenen Fördenwegen

• Abgrenzung nach Ausstattungsstandard: z.B. modernisiert vs. nicht moderni-siert

Nach der Abgrenzung der Immobilienbestandssegmente erfolgt die Durchführung der Immobilien-Portfolioanalyse analog zur dargestellten Vorgehensweise der Geschäftsfeld-Portfolioanalyse. Grundsätzlich erhöht die Hierarchisierung der Portfolioanalyse die Übersichtlichkeit und Aussagefähigkeit der gewonnenen Informationen und ermöglicht eine differenzierte Ableitung von strategischen Handlungsempfehlungen sowohl auf der Ebene des segmentierten Wohnungs-bestandes als auch auf der eigentlichen Geschäftsfeldebene.435 Zusammenfas-send veranschaulicht die nachfolgende Abbildung 20 die Zusammenhänge zwischen den beispielhaft regional strukturierten Immobilien-Portfolios und dem Geschäftsfeld-Portfolio der fiktiven Wohnungsunternehmung.

433Ähnlich auch bei Bone-Winkel, Offene Immobilienfonds, S. 177.

434 Die Definition geeigneter Abgrenzungskriterien hängt hierbei insbesondere von den Präferen-zen und Prioritäten der Entscheidungsträger ab. Folglich kann es faktisch keine objektiv richtige Wahl von Abgrenzungskriterien geben. Dennoch sollte grundsätzlich eine multikriterielle Abgrenzung vorgenommen werden, um der Heterogenität und Komplexität des Immobilienbe-standes von industrieverbundenen Wohnungsuntemehmen zumindest ansatzweise Rechnung zu tragen.

435 Vgl. Kreilkamp, Strategisches Management, S. 328.

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Abbildung 20: Hierarchische Portfolioanalyse für industrieverbundene Wohnungsunternehmen