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Die industrieverbundenen Wohnungsunternehmen sind der Gruppe der ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen zuzurechnen und stellen nach den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen deren bedeu-tendste Teilgruppe dar.1 Als Tochterunternehmen großer Industriekonzerne sind die industrieverbundenen Wohnungsunternehmen, deren Ursprünge bisweilen in die Zeit der Industriealisierung zurückreichen, mit der Zielsetzung konstituiert worden, durch die Bereitstellung und Bewirtschaftung eigener Wohnungsbe-stände zu einer Verbesserung der Wohnraumversorgung von Betriebsange-hörigen beizutragen. Hierbei betrachteten die Anteilseigner der industriever-bundenen Wohnungsunternehmen deren immobilienbezogene Aktivitäten grund-sätzlich nicht als originären Unternehmenszweck oder ökonomisch motivierte Investitionen.2 Vielmehr ist das wohnungswirtschaftliche Handeln der Industrie unter den Rahmenbedingungen der Gemeinnützigkeit erbracht worden und kann betriebsverfassungsrechtlich als Sozialleistung klassifiziert werden.

Der Wegfall des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) im Jahr 1990/91 markiert somit den zentralen Wendepunkt in der Entwicklung der industrieverbun-denen Wohnungsunternehmen und leitete den tiefgreifendsten Veränderungspro-zeß seit deren Bestehen ein.3 Durch die Eliminierung der wohnungspolitisch motivierten Restriktionen und Vergünstigungen sahen sich die industrieverbun-denen Wohnungsunternehmen - sowie die gemeinnützige Wohnungswirtschaft

1 Die Unternehmen der ehemals gemeinnützigen Wohnungswirtschaft verfügen grundsätzlich über eine heterogene Gesellschafterstruktur. Hierbei dominieren generell die Wohnungsunter-nehmen mit kommunalen bzw. öffentlichen Gesellschaftern sowie die Wohnungsgenossen-schaften. Darüber hinaus existieren mit kirchlichen Wohnungsuntemehmen und Heimstätten bzw. Landesentwicklungsgesellschaften weitere Teilgruppen der Wohnungsuntemehmen. Die Gruppe der industrieverbundenen Wohnungsuntemehmen stellt eine weitere wesentliche Gruppe der Wohnungsuntemehmen dar. Eine generelle Klassifizierung der Unternehmen der ehemals gemeinnützigen Wohnungsuntemehmen findet sich bei Galonska/Kühne-Büning, Wohnungsuntemehmen, S. 85-90.

2 Bei den Anteilseignem der industrieverbundenen Wohnungsuntemehmen handelt es sich überwiegend um sogenannte „Non-property-companies", für die die Erbringung von immobili-enbezogenen Leistungen lediglich als Sekundäraktivität bzw. derivativer Untemehmenszweck zu klassifizieren ist. Vgl. Schutte/Schäfers, Corporate Real Estate Management, S. 3;

Galonska/Kühne-Büning, Wohnungsuntemehmen, S. 90; Richter, Wohnungswirtschaft, S. 107.

3 Vgl. Lilienthal, Aufgaben, S. S6; Bucksteeg/Eichener, Wohnungsmanagement, S. 4.

insgesamt - einem System gänzlich neuer Rahmenbedingungen gegenüber, deren inhärente Handlungsfreiräume und vielfältige Herausforderungen fortan das unternehmerische Handeln bestimmen sollten.4 Die industrieverbundenen Wohnungsunternehmen befanden sich von nun an im Wettbewerb auf den Wohnungs- und Immobilienmärkten und wurden herausgefordert, auch ohne die Zuweisung staatlicher Privilegien und Vergünstigungen den Nachweis ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit zu erbringen.5

Die Orientierung innerhalb der veränderten Rahmenbedingungen sowie die Identifikation und Ausschöpfung unternehmerischer Chancen erfordert hierbei eine proaktive und systematische Gestaltung der langfristigen Unternehmen-sentwicklung auf der Grundlage eines strategiegeleiteten Managements.6 Eine eingehende Betrachtung der industrieverbundenen Wohnungsunternehmen macht demgegenüber ersichtlich, daß strategische Planungs- und Management-Konzepte nicht bzw. lediglich sporadisch und nicht als ganzheitliche Unterneh-menskonzeption in der wohnungswirtschaftlichen Praxis zur Anwendung kommen.7 Hierbei ist die unzureichende Einbeziehung strategischer Dimensionen grundsätzlich auf verschiedene Gründe zurückzuführen.

Die wesentliche Ursache liegt zunächst in der Gemeinnützigkeit selbst begründet, deren regulierende Bestimmungen prinzipiell wettbewerbliche Verhaltensweisen in den Hintergrund treten ließen und statt dessen einen übergeordneten Sozial-auftrag zur Verbesserung der Wohnraumversorgung der eigenen Belegschafts-angehörigen in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns stellten.8 Dar-über hinaus tragen weiterhin die Dar-überwiegend mittelständisch geprägten Unter-nehmensstrukturen der Wohnungsunternehmen sowie die primär operative und

4 Vgl. Galonska, Wohnungswirtschaft, S. 288; Riebel, Anpassungsprobleme, S. 66; Komemann, Strategische Felder, S. 8 f.

5 Vgl. Lilienthal, Aufgaben, S. S6.

6 Vgl. Riebel, Anpassungsprobleme, S. 66; Galonska, Wohnungswirtschaft, S. 288; Pilgrim, Gemeinnützigkeit, S. 27.

7 Vgl. Pilgrim, Gemeinnützigkeit, S. 27. Vergleichbare Feststellungen sind für vor- und nachgela-gerte Wertschöpfungsstufen, z.B. für die Bauwirtschaft oder die offenen Immobilienfonds als institutionelle Immobilieninvestoren, anzutreffen. Vgl. Bone-Winkel, Offene Immobilienfonds, S.

2; Schäfer, Elemente, S. 1 f.

8 Ziel dieses Sozialauftrages war die Sicherstellung einer hinreichenden quantitativen und quali-tativen Wohnraumversorgung insbesondere einkommensschwacher Haushalte. Vgl. Lütge, Wohnungswirtschaft, S. 261; Hämmerlein, Einführung, S. 72; Jenkis, Wohnungswirtschaft, S.

66 ff.; Spörtiase, Wohnungs-Untemehmungen, S. 30 f.

an einzelnen Immobilienobjekten orientierte Ausrichtung des gegenwärtigen Managements zu einer unzureichenden Anwendung strategischer Unternehmens-konzeptionen bei.9 Letztlich erfährt die ehemals gemeinnützige Wohnungswirt-schaft insgesamt keine nennenswerte Berücksichtigung seitens der betriebswirt-schaftlichen Strategieliteratur.10 Dies erscheint grundsätzlich überraschend, stellt die Wohnungswirtschaft mit einem eigenen Bestand von über 6,2 Mio. Wohnun-gen nach den privaten Anbietern den zweitgrößten WohnungseiWohnun-gentümer in Deutschland dar.11

Vor dem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungen einerseits sowie der unzureichenden Berücksichtigung strategischer Verhaltensweisen andererseits bildet die systematische Entwicklung einer strategischen Management-Konzep-tion für industrieverbundene Wohnungsunternehmen den Ansatz der vorliegen-den Arbeit. Die hierbei vorgenommene, thematische Eingrenzung des Unter-suchungsgegenstands auf die industrieverbundenen Wohnungsunternehmen ist generell auf zwei Gründe zurückzuführen: Zum einen waren es nach Wegfall der Gemeinnützigkeit insbesondere die Gesellschafter der industrieverbundenen Wohnungsuntemehmen, die vielfach die ökonomische und betriebliche Notwen-digkeit eigener Wohnungsunternehmen in Frage stellten oder zumindest eine zu-nehmende Effizienz und Ergebnisorientierung der wohnungswirtschaftlichen Aktivitäten einforderten.12 Zudem halten seit Mitte der 1990er Jahre die Erkennt-nisse des Shareholder Value-Ansatzes zunehmend Einzug in die Zentralen

deut-9 Die primär immobilienobjektorientierte Ausrichtung des Immobilienmanagements ist im wesent-lichen auf die Einschätzung zurückzuführen, daß nahezu jede Immobilie aufgrund ihrer Hetero-genität einen spezifischen Markt darstellt, dessen Steuerung ein überlegend operatives Management mit individuellen Erfahrungswerten und intuitiven Einschätzungen seitens der immobilienwirtschaftlichen Führungskräfte erfordert. Vgl. Bone-Winkel, Offene Immobilien-fonds, S. 3.

10 Lediglich die Diskussion um die Ausgestaltung einer effizienten Wohnungspolitik bzw. deren Implikationen für die Wohnungswirtschaft sind Gegenstand eingehender wissenschaftlicher Bei-träge und Ausführungen. Vgl. stellvertretend zur bislang unzureichenden Berücksichtigung immobilienwirtschaftlicher Fragestellungen in den deutschen Wirtschafts- und Sozialwissen-schaften Schulte/Schäfers, Immobilienökonomie, S. 99 ff.; Schulte, Vorwort, S. III; Schulte, Immobilienökonomie, S. 232; Oettle, Wohnungswirtschaft, S. 8 f.

11 Vgl. GdW, Bericht 1996/97, S. 58; GdW, Daten und Fakten 1995, S. 20; Kühne-Büning, Markt-beteiligte, S. 78.

12 Vgl. Riebel, Anpassungsprobleme, S. 66; Lilienthal, Aufgaben, S. S6; Ulbrich, Wohnungsge-meinnützigkeit, S. 531.

scher Konzerne.13 Fortan bildet das Wertsteigerungspotential von Investitions-alternativen und Geschäftseinheiten einen zentralen Maßstab zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit unternehmerischen Handelns und stellt somit eine wesentliche Grundlage für zukünftige Investitionsmittelallokationen und Desinvestitionsent-scheidungen dar. Entsprechend müssen sich zunehmend auch die industriever-bundenen Wohnungsunternehmen an ihren Fähigkeiten zur Unternehmenswert-steigerung messen lassen.

Zum anderen verliert der durch den Wegfall der Gemeinnützigkeit induzierte Ver-änderungsprozeß für eine Vielzahl kommunaler und kirchlicher Wohnungsunter-nehmen an Bedeutung, da deren Gesellschafter sich per Satzung überwiegend zu einer unveränderten Fortsetzung der gemeinnützigen Verhaltensweisen verpflichtet haben.14

Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, daß insbesondere die industrie-verbundenen Wohnungsunternehmen einer wesentlich veränderten Ausgangs-situation mit zunehmenden ökonomischen Anforderungen seitens ihrer Anteils-eigner gegenüberstehen, deren Erfüllung eine an strategischen Wettbewerbsvor-teilen und Erfolgspotentialen orientierte Unternehmensführung erfordert. Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel der vorliegenden Arbeit in der Entwicklung einer systematischen und gleichermaßen praxisrelevanten Gesamtkonzeption eines strategischen Managements für industrieverbundene Wohnungsuntemeh-men.

Es wird der Versuch unternommen, die Anwendbarkeit der in der betriebswirt-schaftlichen Planungstheorie konzipierten strategischen Analyseinstrumente zu überprüfen und diese im Hinblick auf die spezifische Ausgangssituation der indu-strieverbundenen Wohnungsunternehmen weiter zu entwickeln. Darüber hinaus sollen grundlegende strategische Handlungsoptionen für die industrieverbunde-nen Wohnungsunternehmen zusammengetragen und ausgeformt werden. Die vorliegende Arbeit versucht hierbei, durch eine umfassende und zugleich

praxis-13 Vgl. stellvertretend zur Untemehmenswertsteigerung Rappaport, Shareholder Value; Copeland/

Koller/Munin, Untemehmenswert; Lewis/Stelter, Untemehmenswert.

14 Vgl. Steinert, Wohnungswirtschaft, S. 523; Galonska, Wohnungswirtschaft, S. 288;

Galonska/Kühne-Büning, Wohnungsuntemehmen, S. 87; Komemann, Zukunft, S. 298; Ulbrich, Wohnungsgemeinnützigkeit, S. 531; Grünbeck, Wohnungsgemeinnützigkeit, S. 522.

bezogene Erörterung diverser Ausgestaltungsmöglichkeiten das vielfältige Spek-trum der strategischen Handlungsoptionen aufzuzeigen. Somit will die Arbeit einen unterstützenden Beitrag bei der Initiierung und Umsetzung von strate-gischen Management-Konzeptionen für industrieverbundene Wohnungsunterneh-men leisten.