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Verteilung der Tocochromanole in Gerste und Strategien zur

2. Literaturübersicht

2.2 Vorkommen von Tocotrienolen

2.2.1 Verteilung der Tocochromanole in Gerste und Strategien zur

Weltweit steht Gerste an fünfter Stelle in der Kulturpflanzenproduktion (jährlich 129 Millionen Tonnen in 2002-2005) hinter Mais, Weizen, Reis und Sojabohnen.

Während Gerste historisch gesehen dem Menschen als wichtige Nahrungsquelle diente, werden die weltweiten Gerstenerträge heutzutage zu etwa zwei Dritteln als Futtermittelquelle für Tiere und zu etwa einem Drittel als Rohprodukt in der Biergewinnung genutzt. Nur noch circa 2 % werden in der menschlichen Ernährung eingesetzt und weniger als 1 % werden für die Produktion von Bioethanol verwendet (BAIK u. ULLRICH 2008).

Traditionell werden größtenteils bespelzte Gerstensorten angebaut. Für die Verwendung in Nahrungsmitteln werden Gerstenkörner geschält (entspelzt) und abgeschliffen, um den Geschmack zu verbessern. Dabei werden die äußeren Schichten des Getreidekorns (Fruchtschale, Samenschale, Aleuronschicht, Subaleuronschichten und Keimling) entfernt, wodurch die Gehalte an unlöslichen Fasern, Proteinen, Rohasche und Lipiden reduziert und die Gehalte an Stärke und ß-Glukane angereichert werden (PETERSON 1994; BAIK u. ULLRICH 2008; PANFILI et al. 2008). Es entstehen rundliche Körner, die als Graupen bezeichnet werden (BELITZ et al. 2008). Mittlerweile werden auch entspelzte Gerstensorten (Nacktgerste) gezüchtet, deren Spelzen bereits während des Wachstums und der Ernte auf den Feldern abfallen. Dadurch entfällt der mechanische Schälungsprozess, und die Gerstenkörner zeichnen sich durch einen geringeren Rohfasergehalt aus (MOREAU 2009). Als Braugerste werden bespelzte Getreidesorten bevorzugt, da die Schalen am Aroma des Bieres mitwirken und als Filterhilfsmittel während des Brauprozesses dienen (BAIK u. ULLRICH 2008).

In Abb. 2 ist die schematische Darstellung eines Gerstenkorns im Längsschnitt zu sehen. Der Hauptanteil des Gerstenkorns wird von dem stärkehaltigen Mehlkörper (Endosperm) eingenommen, an dessen Basis der Keimling zu finden ist. Nach außen wird das Endosperm von der Aleuronschicht begrenzt, die hohe Gehalte an Lipiden und Proteinen aufweist und dem Endosperm zugeordnet wird. Umkapselt werden Endosperm und Keimling von Samenschale (Testa) und Fruchtschale (Perikarp), die miteinander verwachsen sind. Als äußerste Umhüllung befindet sich die Spelze, die bei entspelzten Gerstensorten entfällt (BELITZ et al. 2008).

Abb. 2: Schematisierter Längsschnitt durch ein Gerstenkorn

Die Tocochromanole sind in den Schichten der Gerstenkörner unterschiedlich verteilt (LIU u. MOREAU 2008). Der Hauptanteil der Tocochromanole ist im Perikarp (50 %) und im Endosperm (37 %) zu finden, wobei der Keimling nur etwa 13 % der Tocochromanole aufweist. Die Tocopherole sind größtenteils im Keimling und die Tocotrienole im Endosperm und Perikarp konzentriert (FALK et al. 2004), wobei die höchsten T3-Gehalte in der Aleuronschicht und den Subaleuronschichten zu finden sind (PANFILI et al. 2008).

Die tatsächliche Höhe der Tocotrienolgehalte in Gerstenkörnern ist variabel und kann von der Funktion des Genotyps, den Wachstumsbedingungen der Gerstenpflanze und den Lagerungsbedingungen der Gerstenkörner abhängen. Die Tocochromanolgehalte in Gerste reichen in etwa von 40 bis 100 mg/kg (MOREAU 2009).

Obwohl in Gerste große Mengen an Tocochromanolen zu finden sind, ist es fraglich, ob durch den Verzehr von Gerste oder anderen T3-haltigen Nahrungsmitteln der tägliche Bedarf an T3 gedeckt werden kann (SEN et al. 2007), denn die berechnete biologisch aktive Dosis beträgt etwa 60 mg T3 pro Tag (QURESHI et al. 2002).

Deswegen wäre es vorteilhaft die aus Gerste gewonnenen Tocochromanole anzureichern und in funktionellen Lebensmitteln wie Nahrungsergänzungsmittel oder in Pharmazeutika darzureichen.

Spelze

Frucht- und Samenschale

Mehlkörper

 stärke- und eiweißreich Aleuronschicht

 eiweißreich

 hoher Tocotrienolgehalt

Keimling

 fettreich

 hoher Tocopherolgehalt

Als geeignete Methode zur Anreicherung der Tocochromanole aus Gerste hat sich die Vermahlung von Gerstenkörnern mit anschließender Siebung des Mehls bewährt (BOHNSACK et al. 2010). Während des Mahlprozesses reichern sich die Tocochromanole in bestimmten Mahlfraktionen wie in der Kleie (Perikarb, Testa, Aleuron-, und Subaleuronschichten) und dem Keimling an (BRAMLEY et al. 2000), wobei die T3-Gehalte der Kleie (50,9-98,2 mg/kg) und im Keimling (14,3 mg/kg) erheblich variieren (TIWARI u. CUMMINS 2009). PETERSON (1994) konnte im Vergleich der verschiedenen Mahlfraktionen nahezu doppelt so hohe T3-Gehalte in der Kleie (55,9 mg/kg) wie zum Gerstenkorn im Ganzen (30,6 mg/kg) nachweisen.

Noch höhere Tocotrienolkonzentrationen konnten in den Nebenerzeugnissen aus dem Abschleifen von Gerstenkörnern für die Verwendung in Nahrungsmitteln erfasst werden. WANG et al. (1993a) konnten in Fraktionen die durch Abpolieren von ganzen Gerstenkörnern anfielen (20 % des ganzen Korns) T3-Gehalte (146,0-159,9 mg/kg) nachweisen, die fast 3-fach so hoch waren wie die des ganzen Kornes (52,0-58,9 mg/kg). In einer anderen Studie verwendeten MOREAU et al. (2007) Nebenerzeugnisse aus der Skarifizierung von Gerstenkörnern mit anschließender Siebung als Rohstoff für die T3-Gewinnung. Die höchsten T3-Gehalte wurden im extrahierten Öl aus der Siebfraktion mit einem Partikeldurchmesser von < 700 µm (378-1208 mg T3/kg Öl) gefunden.

Um tocotrienolreiche, funktionelle Lebensmittel aus Gerste kosteneffizient zu gewinnen, sollte der Ölgehalt so hoch wie möglich sein und mindestens 5-9 % betragen. Obwohl es möglich wäre Gerstenöl aus gemahlenen, ganzen Gerstenkörnern zu gewinnen, ist der Ölgehalt (≈ 2 %) zu niedrig und die Ölgewinnung somit nicht ökonomisch (MOREAU et al. 2007). Erfolgsversprechender sieht die Gewinnung von Gerstenöl aus Gerstenfraktionen aus. Während die Extraktion von Gerstenkleie Ölgehalte von 3,8-5,6 % ergab (MOREAU 2009), können durch die Extraktion der Feinkörnern aus dem Abschleifen und der Skarifizierung von Gerstenkörnern sogar Ölgehalte von jeweils 5-7 % und 7-9 % erreicht werden (MOREAU et al. 2007). Trotz dieser vielversprechenden Möglichkeiten fallen diese Gerstenfraktionen nur bei der Verarbeitung von Gerstenkörnern für die menschliche Ernährung an, die, wie bereits erwähnt, nur circa 2 % der weltweiten Gerstenerträge ausmachen. Somit wäre die Gewinnung von T3 aus diesen Nebenprodukten sehr

kostenaufwendig und ist aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten als nicht sinnvoll zu betrachten.

Als kosteneffizientere Lösung hat sich die Extraktion von Gerstenöl aus Biertreber herausgestellt, da die T3 in diesen lebensmittelindustriellen Nebenprodukten bereits angereichert vorliegen. Während des Brauprozesses setzen Enzyme die wasserunlösliche Stärke der Gerste in löslichen Malzzucker um. Anschließend werden alle vergärbaren Stoffe und löslichen Proteine von den Malzkörnern extrahiert, während die Tocochromanole im unlöslichen Rückstand (Treber), der hauptsächlich aus Spelze, Kleie und Keimling besteht, zurückbleiben (BOHNSACK et al. 2010).