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Vitamin E gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und ist die Sammelbezeichnung für acht biologisch aktive Vitamere: vier Tocopherole (α-, ß-, γ-, δ-T) und vier Tocotrienole (α-, ß-, γ-, δ-T3).

Gerste (Hordeum vulgare L.) ist die reichhaltigste Quelle der Vitamin E Unterklasse Tocotrienole (T3), und Gerstenöl besitzt vermutlich die höchsten Tocotrienolgehalte im Vergleich zu anderen natürlichen Ölen (MOREAU et al. 2007). Weiterhin ist Gerste herausragend, da sie eine natürliche Quelle aller acht Tocochromanol-Vitamere darstellt, wobei die Tocotrienole 76 % an den Gasamttocochromanolen (55 mg/kg Trockenmasse) ausmachen, einschließlich 47 % α-T3, das Vitamer der Tocotrienole mit der höchsten Bioverfügbarkeit (ANDERSSON et al. 2008). In einer Ratten-Studie wurde für α-T3 die höchste orale Bioverfügbarkeit festgestellt (27,7 %

± 9,2 %), gefolgt von γ-T3 (9,1 % ± 2,4 %), und δ-T3 (8,5 % ± 3,5 %) (YAP et al.

2003). Diese hohe Bioverfügbarkeit für α-T3 zeichnet die T3 aus Gerstenöl gegenüber den T3 aus Palmöl aus. Rohes Palmöl stellt die am meisten verbreitete kommerzielle Tocotrienolquelle dar und ist insbesondere reich an γ-T3 (39 % des durchschnittlichen Gesamttocochromanolgehaltes von 587 mg/kg) (MCLAUGHLIN u.

WEIHRAUCH 1979). Allerdings ist die Kultivierung der Ölpalme (Elaeis guineensis) aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Umwelt, z. B. durch die Abholzung der Regenwälder und Ausrottung der Orang Utans, negativer Kritik ausgesetzt (LAM et al. 2009).

Biertreber ist ein Abfallprodukt der Braugerste und fällt in großen Mengen in der Bierproduktion an. 2008 produzierten europäische Brauereien 427 Millionen Hektoliter Bier, woraus eine berechnete Menge von mehr als 8 Millionen Tonnen nassen Biertrebern als Rückstand resultierte (BOHNSACK et al. 2010).

BOHNSACK et al. entdeckten 2010, dass in den Siebfraktionen < 500 µm aus gemahlenen Trockentreber (mit einer Ölausbeute von 13 %) die Tocotrienole im Vergleich zum unbehandelten Rohstoff angereichert vorlagen. Mit T3- und Tocopherol (T)-Konzentrationen von jeweils bis zu 850,2 mg/kg und 318,0 mg/kg stellen die Siebfraktionen < 500 µm einen geeigneten Rohstoff für die wirtschaftliche Extraktion eines gesundheitsfördernden Öls dar. Mit Molekulardestillation ist es

außerdem möglich T3 aus Gerstenöl zu isolieren, um stark angereicherte T3-Konzentrate für die Verwendung in Nahrungsergänzungsmitteln oder Pharmazeutika zu produzieren (BOHNSACK et al. 2010). Trotz dieser Möglichkeiten ist zurzeit kein kommerzielles T3-Präparat aus Gerste auf dem Markt erhältlich.

Bedingt durch den besonderen gesundheitlichen Nutzen ist das Interesse an T3 in den letzten Jahren enorm angestiegen, denn sie zeichnen sich durch cholesterolsenkende, neuroprotektive und antikarzinogene Eigenschaften aus (SEN et al. 2006). Darüber hinaus ist die antioxidative Aktivität von α-T3 in biologischen Membranen bis zu 60-mal größer als die von α-T (SERBINOVA et al. 1991).

Gerste war die erste Substanz, die in Verbindung mit dem hypocholesterolemischen Effekt von T3 gebracht wurde (QURESHI et al. 1980; QURESHI et al. 1986). Es ist mittlerweile bekannt, dass dieser durch die posttranskriptionale Hemmung der 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl Coenzyme A (HMG-CoA) Reduktase bedingt wird. Es handelt sich dabei um ein geschwindigkeitsbestimmendes Enzym, dass an der Cholesterol-Biosynthese beteiligt ist (PEARCE et al. 1992). Bereits vor mehr als 30 Jahren berichteten QURESHI et al. (1980), dass Inhaltsstoffe aus Gerste in Hühnern die Biosynthese senkten. Im Jahre 1986 gelang es, eine Cholesterol-Biosynthese inhibierende Substanz aus Gerstenmehl zu isolieren, die als α-T3 identifiziert wurde (QURESHI et al. 1986). Der hypocholesterolemische Effekt von T3 in gewonnenem Öl aus Biertreber wurde zuerst von WEBER et al. (1991) beschrieben. Probanden mit einem durchschnittlichen Cholesterolgehalt von 266 mg/dL Blutserum bekamen jeweils eine tägliche Dosis von 3 g Öl aus Biertreber (T3-Gehalt nicht angegeben). Die Gesamtcholesterolgehalte und das Low Density Lipoprotein (LDL) wurden jeweils um 34-40 mg und 32-37 mg/dL gesenkt. Das High Density Lipoprotein (HDL) wurde nicht beeinflusst.

Um den gesundheitsfördernden Effekt der T3 zu maximieren wurden Bemühungen zur Optimierung der Bioverfügbarkeit unternommen. Die orale Absorption der T3 ist von den physiologischen Prozessen im Gastrointestinaltrakt abhängig. Durch die Aufnahme mit Nahrung konnte die Absorption der α-, γ-, und δ-T3 im Vergleich zu den fastenden Probanden um das Doppelte erhöht werden, da die Bildung von gemischten Mizellen aufgrund der Sekretion von Gallensalzen und

Pankreasenzymen stimuliert wurde (YAP et al. 2001). Weiterhin wird beschrieben, dass die Komplexbildung der T3 mit γ-Cyclodextrin die intestinale T3-Absorption durch Verbesserung der Löslichkeit und Stabilität im Gastrointestinaltrakt von Ratten steigert (IKEDA et al. 2010). Eine Verbesserung der oralen Bioverfügbarkeit kann auch durch die Aufnahme der T3 in emulgierten Formulierungen, wie selbstemulgierende Systeme (SES) oder Nanoemulsionen (NE) (Tröpfchengröße 20-500 nm), erreicht werden. Yap und Yuen (2004) steigerten in fastenden Probanden die Bioverfügbarkeit von T3 aus Malaysischen Palmöl (148,7 mg Tocomin® 50 % in einer einzelnen Dosis) durch Verabreichung in selbstemulgierenden Formulierungen mit Tröpfchengrößen von 1-10 µm um das 2-3 fache im Vergleich zu einer nicht selbstemulgierenden Lösung. 2011 wurde von TERNES et al. (2011) eine Humanstudie durchgeführt, um die Bioverfügbarkeit von drei verschiedenen Zubereitungen zu testen: T3 aus Palmöl, T3 aus Palmöl formuliert in einer Nanoemulsion (Tröpfchengröße 40 nm) und T3 isoliert aus Gerste (getrockneter Biertreber). Jede Zubereitung enthielt 450 mg an Gesamttocotrienolen. Die nanoemulgierte Formulierung führte zu einem Anstieg des AUC0-24 h Wertes für die Gesamt-T3 im Blutplasma (49,6 µg x h/mL) im Vergleich zum Palmölextrakt (35,1 µg x h/mL). Die orale Bioverfügbarkeit für T3 aus Gerste war am höchsten, obwohl die Zubereitung nicht emulgiert vorlag. Die AUC0-24 h betrug 64,6 µg x h/mL und die α-T3 Werte im Blutplasma waren besonders hoch.

Bisher liegen noch keine Ergebnisse über die orale Bioverfügbarkeit von isolierten T3 aus Gerste in emulgierten Formulierungen vor. Aus diesem Grund bestand das erste Ziel der vorliegenden Dissertationsarbeit darin, die orale Bioverfügbarkeit von T3 aus Gerstenöl ohne Emulgierung, in einer Nanoemulsion und in einer selbstemulgierenden Formulierung zu bestimmen und die Ergebnisse mit denen für T3 aus Palmöl zu vergleichen. Legehennen erwiesen sich als ideale Versuchstiere, da Hühnereier, ohne einen invasiven Eingriff in den Organismus, leicht zugänglich sind und in der menschlichen Ernährung eine große Bedeutung haben. Weiterhin zeichnen sich Hühnereier dadurch aus, dass sie mit funktionellen Inhaltsstoffen, durch Biotransfer von Substanzen aus dem Futter ins Ei, angereichert werden können. SOOKWONG et al. (2008) supplementierten 2 % Reiskleieöl (1,3 % T3) zum Legehennenfutter (insgesamt 170 mg T3/kg) und erreichten einen Anstieg der Tocotrienolgehalte im Hühnerei von 0,11 mg/Ei auf 0,62 mg/Ei.

Der Transfer der einzelnen T3-Vitamere (α-, β-, γ-, δ-T3) ins Hühnerei durch Supplementierung von Palmöl übers Futter wurde in nur einer Studie untersucht (WALKER et al. 2012). Nach den für diese Arbeit gewonnenen Erkenntnissen gibt es bisher keine Studien, die die Transferraten von verschiedenen T3-Zubereitungen mit unterschiedlicher Vitamerzusammensetzung vergleichen. Für die Bewertung der Qualität von T3 aus Gerste als Nahrungsergänzungsmittel wäre es jedoch hilfreich die Unterschiede in den Transferraten von T3 aus Gerstenöl, welches reich an α-T3 ist, und von T3 aus Palmöl, in welchem γ-T3 dominiert, zu wissen. Deshalb liegt das zweite Ziel dieser Arbeit darin, die Transferraten der T3 aus Gerstenöl und Palmöl zu vergleichen. Dieses erfolgt exemplarisch durch Fütterung dieser T3-Quellen an Legehennen.

Aufgrund der cholesterolsenkenden Eigenschaften der T3 wurde eine Langzeitstudie durchgeführt, um Veränderungen zu den üblicherweise durchschnittlichen Cholesterolgehalten von 184 mg/Ei (LITTMANN-NIENSTEDT 1996) zu bestimmen.

Die Ergebnisse dieser Dissertationsarbeit sollen für die Entwicklung von gesundheitsfördernden α-T3-reichen Zubereitungen aus Gerste, für die Verwendung in Nahrungsergänzungsmitteln oder Pharmazeutika zur Vorbeugung von Zivilisationskrankheiten nützlich sein. Die T3-reichen Zubereitungen aus Gerste könnten eine sich lohnende Alternative zu den Palmöl Präparaten darstellen, die derzeit den Markt dominieren.

Die Ergebnisse sollen außerdem zur ernährungsbedingten Verbesserung von Eiern, durch Ergänzung des Legehennenfutters mit T3-reichen Gerstennebenprodukten, beitragen.