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III. Ergebnisse 1. Prüfung der Kohorten auf Unterschiede

1. Vergleich des Stresserlebens vor und während der COVID-19-Pandemie

Erwartungsgemäß zeigten Studierende, die im Rahmen der COVID-19-Pandemie unter Fernlehre studierten, auf der Perceived Stress Scale (PSS) höhere Stresswerte als Studierende vor der COVID-19-Pandemie, was im Einklang mit bisherigen empirischen Befunden steht (Abdulghani et al., 2020; AlAteeq et al., 2020; Husky et al., 2020; Lyons et al., 2020; Prowse et al., 2021; Shanahan et al., 2020; Son et al., 2020). So bestätigen die Befunde die Ergebnisse aus den Fragebogenstudien von Abdulghani et al. (2020), AlAteeq et al. (2020) und Husky et al. (2020), die während der COVID-19-Pandemie durchgeführt wurden und, verglichen mit früheren Untersuchungen anderer Autor*innen, ein moderates bis hohes Level an Stress bei den befragten Studierenden festgestellt hatten. Auch mit den Befunden der Fragebogenstudien, in denen Studierende zum Zeitpunkt der Pandemie negative Auswirkungen auf ihr Stresserleben (Lyons et al., 2020; Prowse et al., 2021) bzw. eine Zunahme ihres Stresslevels (Son et al., 2020) durch die COVID-19-Pandemie berichtet hatten, stimmten mit den vorliegenden Ergebnissen überein. Auch in einer Längsschnittstudie von Shanahan et al. (2020) konnte ein höheres Stressniveau während der Pandemie, im Vergleich zu vor der Pandemie, an einer Stichprobe von jungen Erwachsenen im Alter von 22 festgestellt werden. Dabei wurde, wie in der vorliegenden Studie, die PSS zur Erhebung des Stressniveaus verwendet, wenn auch bei Shanahan et al. (2020) nur vier Items statt zehn Items abgefragt wurden. Obgleich die Stichprobe in der vorliegenden Untersuchung hinsichtlich des Alters mit der Stichprobe von Shanahan et al. (2020) gut vergleichbar ist, wiesen die Teilnehmenden deren Untersuchung einen sehr unterschiedlichen Bildungsstand auf, sodass die vorliegende Arbeit einen Erkenntnisgewinn dahingehend liefert, dass sich nicht nur bei jungen Erwachsenen generell, sondern auch explizit für Studierende ein erhöhtes Stressniveau nachweisen lässt.

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass sich der Zeitraum, in dem die Studierenden von einem erhöhten Stresserleben im Rahmen der Pandemie betroffen sind, auch über die ersten Wochen nach dem Ausbruch der Pandemie hinaus erstreckte. Während die meisten Untersuchungen (Abdulghani et al., 2020; AlAteeq et al., 2020; Husky et al., 2020;

Lyons et al., 2020; Shanahan et al., 2020; Son et al., 2020) in den ersten Wochen nach dem Ausbruch der Pandemie und den damit einhergehenden Schließungen stattfanden, wurde die aktuelle Studie von Juni bis August 2020 durchgeführt, als bereits einige Lockerungen hinsichtlich des öffentlichen und privaten Lebens in Kraft getreten waren, ähnlich wie in der Studie von Prowse et al. (2021), die von Mai bis August 2020 erhoben wurde. Die gefundenen

starken Zusammenhänge zwischen der Stärke des Erlebens der COVID-19-Pandemie, gemessen mit der Corona-spezifischen IES-R, und dem Stresserleben gemäß der PSS, auf die später noch genauer eingegangen wird, stützen dies.

An dieser Stelle sollte der gefundene Unterschied zwischen den Kohorten der aktuellen Untersuchung hinsichtlich der sozialen Unterstützung berücksichtigt werden. Diese wurde in der Stichprobe vor COVID-19 stärker wahrgenommen als in der Kohorte während COVID-19.

Da für die soziale Unterstützung Vorhersagekraft für die Stressmaße, insbesondere für die PSS, festgestellt wurde, könnte dieser Unterschied eine Rolle für die Zunahme des Stresserlebens gespielt haben.

Mittels der Subskala Anforderungen des Perceived Stress Questionnaire (PSQ), die nach Fliege et al. (2001) die Wahrnehmung äußerer Stressoren, wie Zeitmangel, Termindruck oder Aufgabenbelastung misst, ließ sich kein Unterschied hinsichtlich des Stresslevels vor und während der 19-Pandemie unter den Studierenden nachweisen. Dass trotz der COVID-19-Pandemie und nicht in Übereinstimmung mit den gefundenen Unterschieden hinsichtlich der PSS, keine Zunahme des Stresserlebens in Bezug auf die äußeren Stressoren feststellbar war, könnte mit dem Erhebungszeitpunkt zur Prüfungszeit zusammenhängen. So wurden die Daten zur vorliegenden Studie, sowohl 2020 als auch 2016, während der Prüfungszeit erhoben, wobei die Anforderungen während der COVID-19-Pandemie in der Prüfungszeit möglicherweise geringer waren als vor der Pandemie. Dafür würde sprechen, dass trotz anfänglicher Ungewissheit über die Prüfungsmodalitäten (Hajek & Kernecker, 2020), die Umstellung auf Online-Prüfungen mit Möglichkeiten zum Schummeln sowie dem Wegfall mündlicher Prüfungen, die deutlich mehr Druck für die meisten Studierenden bedeuten, einhergingen. So hatten bei der letzten Befragung der Studie des Instituts für Psychologie der Universität Wien zum Lernen unter COVID-19-Bedingungen (2020), die zum Ende des Sommersemesters im Juni 2020 stattfand, knapp 75% der Teilnehmenden angegeben, gut oder sehr gut mit dem Format der Online-Prüfungen zurechtzukommen und über 50% waren der Meinung, dass die Online-Prüfungen zum Schummeln einluden. Weiterhin wurde laut den Autor*innen deutlich, dass viele Studierenden die Prüfungsatmosphäre im eigenen Zuhause als stressfrei empfinden würden (Universität Wien, 2020). Außerdem wäre es denkbar, dass die Lehrenden den Studierenden vermittelt hatten, sich hinsichtlich ihrer Noten während der Krise keine Sorgen machen zu müssen, was zu einer Entlastung bei den Studierenden während der COVID-19-Pandemie, zumindest hinsichtlich der an sie gestellten Anforderungen im Studium, geführt haben könnte. So hatte später auch der Bildungsminister Österreichs, Heinz Faßmann dazu aufgerufen bei der Notengebung Milde walten zu lassen (Kurier, 2021). Dies könnte die

sonstige Belastung, die mit den Umstellungen der Lehre und der COVID-19-Pandemie einhergingen, insofern ausgeglichen haben, dass zumindest kein Anstieg des Stresserlebens in Bezug auf die gestellten Ansprüche seitens der Universität stattfand. Dass das Stresserleben gemäß der Skala Anforderungen des PSQ sowohl mit den Umstellungen der Lehre als auch mit der COVID-19-Pandemie zusammenhing, zeigten die Korrelation der Skala Anforderungen zu den studiumsbezogenen Variablen und zur Stärke des Erlebens der COVID-19-Pandemie, gemäß der Corona-spezifischen IES-R.

An dieser Stelle sollte allerdings der Stichprobenunterschied in der vorliegenden Untersuchung zwischen den Kohorten vor und während der COVID-19-Pandemie hinsichtlich der Ausübung eines Nebenjobs berücksichtigt werden, welcher in einer Studie von Oswalt und Riddock (2007) als Faktor genannt wurde, der wesentlich zum Stressniveau Studierender beiträgt. Da in der Kohorte während COVID-19 weniger Personen einen Nebenjob ausübten als in der Stichprobe vor COVID-19, wäre es denkbar, dass dies eine ausgleichende Wirkung auf das Stresserleben in der Skala Anforderungen des PSQ hatte, wobei Herbst et al. (2016) in ihrer Untersuchung herausfanden, dass Studierende, die eine Nebentätigkeit ausführen, weniger Stress erlebten als Studierende, die keine Nebentätigkeit ausführten. Weiterhin zeigte sich eine signifikante Abnahme der Anzahl aktiv besuchter Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht während der Fernlehre in der Kohorte von 2020 im Vergleich zu vor der Pandemie, wohingegen aber im angegebenen Zeitaufwand, den die Studierenden pro Woche für ihre Lehrveranstaltungen aufbrachten, kein Unterschied zwischen den Kohorten feststellbar war. Möglicherweise wirkte sich die reduzierte Anwesenheitspflicht trotzdem auf die Wahrnehmung externer Stressoren gemäß der Skala Anforderungen des PSQ aus.

Auch der zweite Teil der Hypothese, dass weibliche Studierende über beide Untersuchungszeitpunkte hinweg höhere Stresswerte, sowohl in der PSS, als auch in der Skala Anforderungen des PSQ, aufweisen als ihre männlichen Kommilitonen, konnte gemäß des Forschungsstands bestätigt werden (AlAteeq et al., 2020; Abdulghani et al., 2020; Lyons et al., 2020; Prowse et al., 2021; Shanahan et al., 2020). So hatten schon die Ergebnisse der Fragebogenstudien, die nur während der COVID-19-Pandemie durchgeführt wurden auf ein stärkeres Stresserleben unter weiblichen Studierenden hingewiesen (AlAteeq et al., 2020;

Abdulghani et al., 2020; Lyons et al., 2020; Prowse et al., 2021). Weiterhin brachte auch die Längsschnittstudie von Shanahan et al. (2020) hervor, dass die befragten jungen Frauen sowohl vor, als auch während der COVID-19-Pandemie ein höheres Ausmaß an Stress erlebten als die befragten jungen Männer. Die vorliegende Studie gibt damit Anlass, insbesondere weibliche Studierende in den Fokus möglicher Folgen für die psychische Gesundheit, zu rücken.

2. Vergleich der Burnoutsymptomatik vor und während der COVID-19-Pandemie