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Ob es bei Studierenden durch die Umstellung auf das Distanzformat der Lehre während der COVID-19-Pandemie neben dem moderaten bis hohen Stresslevel auch vermehrt zu Burnout kommt, haben bisher wenige Studien untersucht. Dennoch gibt es einige Befunde dazu, die im Folgenden vorgestellt werden sollen. So kamen Zhang et al. (2021), die im April 2020 eine Studie zu Burnout im Rahmen der Umstellung auf die Online-Lehre bedingt durch die COVID-19-Pandemie an einer Medizinhochschule in Wuhan durchführten, zu dem Ergebnis, dass 46% der Befragten die Standardkriterien für Learning Burnout erfüllten. Dabei wurden 684 Medizinstudierende befragt und neben Burnout, gemessen anhand der Learning Burnout Scale (LBS), die auf Basis des MBIs entwickelt wurde, außerdem demographische sowie studiumsbezogene Variablen sowie die soziale Unterstützung erhoben.

Geschlechterspezifische Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung von Burnout konnten nicht gefunden werden. Die Autor*innen ordneten die Prävalenz von Burnout in ihrer Stichprobe als höher im Vergleich zu ähnlichen Studien aus den Vorjahren ein. Als Risikofaktoren für die Entwicklung von akademischem Burnout wurden höhere Semester, insbesondere der Abschlussjahrgang, geringes Familieneinkommen sowie geringe soziale Unterstützung identifiziert.

Auch Moreno-Fernandez et al. (2020) stellten ein hohes Vorkommen von akademischem Burnout während der Umstellung auf die virtuelle Lehre zur Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 bei Studierenden fest. Im Rahmen einer Interventionsstudie befragten die Autor*innen 47 Pharmaziestudierende der Universität von Granada in Spanien zu

Beginn des Lockdowns mit dem Ergebnis, dass vor der geplanten Intervention fast 64% der Befragten die Kriterien für akademisches Burnout, gemessen anhand des Maslach-Burnout-Inventars für Studierende (MBI-SS), erfüllten. Hinsichtlich der einzelnen Skalen, gaben ca.

45% an Erschöpfung zu erleben, ca. 42% empfanden Zynismus und ca. 60% fühlten sich ineffektiv in ihrer akademischen Leistung während der Beschränkungen. Inwieweit Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Studienteilnehmerinnen auftraten, wurde nicht analysiert.

In der Studie von Gonzalez-Ramirez et al. (2021), welche das Ziel hatte das Erleben Studierender bei der Umstellung auf die Fernlehre näher zu beleuchten, verglichen die Autor*innen die Ausprägung von Burnout im Mai 2020, gemessen mit dem MBI-GS(S), mit Daten früherer Studien. Dabei wurde festgestellt, dass die Studierenden während der COVID-19-Pandemie erschöpfter waren als die Proband*innen in Studien von 1996 und 2015, wobei diese sich nicht primär auf Studierende bezogen hatten. Auch hinsichtlich der Ausprägung von Zynismus konnte im Vergleich zu den Studien von 1996 und 2015 sowie einer Untersuchung an Studierenden von 2018 ein Anstieg festgestellt werden. Beim Vergleich der Zynismuswerte mit Daten aus einer Studie zu akademischem Burnout von 2007, zeigte sich das gegenteilige Ergebnis, dass die aktuellen Werte hinsichtlich der Zynismus-Komponente geringer waren als 2007. Gleichzeitig zeigten die Studierenden aus der aktuellen Studie höhere Werte hinsichtlich der persönlichen Erfüllung, verglichen mit den herangezogenen Daten aus allen vier vorherigen Studien. Weiterhin stellten die Autor*innen fest, dass die weiblichen Studierenden ihrer Stichprobe weniger Zynismus erlebten als die männlichen. Auch hinsichtlich der Studienphase zeigten sich Unterschiede in der Ausprägung von Burnout. So gaben Studienanfänger*innen im Vergleich zu weiter fortgeschrittenen Studierenden höhere Werte in den Komponenten Emotionale Erschöpfung sowie Zynismus an, wobei aber Studierende im letzten Studienjahr nicht berücksichtigt wurden, da sie die Umstellung auf Online-Lehre sehr anders erlebt hatten als die anderen Jahrgänge.

Eine Studie mit mehreren Messzeitpunkten von Zis et al. (2021), welche die Auswirkung der Digitalen Lehre auf die generelle psychische Gesundheit sowie Burnout bei Medizinstudierenden untersuchte, lieferte ebenfalls ein differenziertes Bild zum Vorkommen von Burnout unter Studierenden. Bei ihrer Untersuchung verglichen die Autor*innen die Daten von vor der COVID-19-Pandemie, die sie im Januar 2020 erhoben hatten, mit Daten während der Pandemie aus dem Monat Mai 2020. Insgesamt nahmen 189 Proband*innen zum ersten Messzeitpunkt teil, wovon 154 Proband*innen auch beim zweiten Messzeitpunkt wieder mitmachten. Sie füllten zu beiden Zeitpunkten das Maslach-Burnout Inventar für Studierende

(MBI-SS) aus und beantworteten die Fragen aus der Dimension zur Mentalen Gesundheit des allgemeinen Gesundheitsfragebogens Short Form Heath 36 (SF-36). In ihre Analysen ließen die Autor*innen dann das Studienjahr, in dem sich die Befragten befanden, miteinfließen.

Während sie über alle Studienjahre hinweg, keinen Unterschied bezüglich der Prävalenz von Burnout zwischen den beiden Messzeitpunkten fanden, zeigte sich bei den Studierenden im vierten Jahr eine signifikante Abnahme des Burnoutvorkommens und bei den Studierenden im sechsten Jahr hingegen eine signifikante Zunahme der Burnoutsymptomatik beim Vergleich zu vor der Pandemie. Bezüglich der allgemeinen mentalen Gesundheit stellten die Autor*innen eine Verschlechterung vom Zeitpunkt vor der Pandemie zum Zeitpunkt während der Pandemie fest. Im Hinblick auf die einzelnen Skalen des MBIs konnte festgestellt werden, dass die Emotionale Erschöpfung im vierten Studienjahr während der COVID-19-Pandemie sank und im sechsten Studienjahr anstieg. Bezüglich des Zynismus war ein signifikanter Anstieg zwischen den beiden Messzeitpunkten über alle Studienjahre, außer dem vierten Jahr, zu vermerken. Die Autor*innen schlussfolgerten daraus, dass sich vor allem Studierende in höheren Studienjahren von der Unsicherheit bezüglich des folgenden Jahres sowie möglichen Versäumnissen in der Lehre betroffen fühlen, was ihre Belastung verstärken könnte. Das Gefühl der Inkompetenz im Studium verstärkte sich dagegen im vierten Studienjahr zwischen Januar und Mai. Dazu äußerten die Autor*innen, dass das vierte Studienjahr im Medizinstudium durch besonders viele Praxisinhalte und Kontakte mit Patient*innen geprägt sei, was in der Regel mit einer sehr hohen Arbeitsbelastung für die Studierenden einhergeht.

Der Wechsel auf das Distanzformat könnte daher eine Erleichterung für die Studierenden im vierten Jahr mit sich gebracht haben, was sich möglicherweise mildernd auf die Burnoutsymptomatik auswirkte. Hinsichtlich des Geschlechts wurden keine signifikanten Unterschiede bei der Ausprägung der Burnoutkomponenten festgestellt.

Eine Studie aus Kasachstan kam zu gegenteiligen Befunden bezüglich der Entwicklung der mentalen Gesundheit und der Burnoutsymptomatik von Medizinstudierenden durch die Umstellung auf Online-Lehre zur Eindämmung von COVID-19 (Bolatov et al., 2021). Auch dieser Studie lagen Daten von vor der Pandemie, während der üblichen Lehre vor, die von Oktober bis November 2019 erhoben worden waren, die die Autor*innen mit Daten während der Umstellung auf Online-Lehre, die im April 2020 erfasst wurden, verglichen. Während die Stichprobe der ersten Untersuchung 619 Medizinstudierende umfasste, nahmen im April 789 Medizinstudierende teil, die neben demographischen Angaben, Fragebögen zu Angst, Depression und physischer Gesundheit sowie mittels des Copenhagen Burnout Inventory für Studiererende (CBI-S) befragt wurden. Dieses unterscheidet vier Subskalen von Burnout,

nämlich persönliches Burnout, sowie Burnout bezogen auf das Studium, die Kommiliton*innen sowie Lehrende. Die Auswertung zeigte, dass nicht nur die Prävalenz von Burnout über die beiden Messzeitpunkte abnahm, sondern auch die depressive sowie angstbezogene Symptomatik und die körperlichen Symptome. Jedoch gab es eine Subskala von Burnout, auf der eine Zunahme des Vorkommens zu beobachten war, und zwar auf der Ebene des kommiliton*innenbezogenen Burnouts. Hier zeigten im April 2020 mehr Studierende Burnout bezogen auf die Kommiliton*innen im Vergleich zur ersten Erhebungsperiode 2019, was die Autor*innen im Sinne von negativen Auswirkungen der Online-Lehre auf die Kommunikation und die zwischenmenschlichen Beziehungen der Studierenden interpretierten. Die Ergebnisse dieser Studie sind damit konträr zu den bisher vorgestellten Befunden, die eher auf eine Zunahme der Belastung unter Studierenden hindeuten. Geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich Burnoutkomponenten wurden nicht gefunden.

10. Soziale Unterstützung, Stress und Burnout bei Studierenden während der Fernlehre