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Verflechtungen zu angrenzenden Wirtschaftsbereichen

2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN UND DEFINITIONEN

3.6 Verflechtungen zu angrenzenden Wirtschaftsbereichen

Wie in Kapitel 2 erläutert, liegt der Schwerpunkt des Agribusiness auf der Nahrungsmittelpro-duktion. Aufgrund dessen ist die Forstwirtschaft nicht in die „Liste Agribusiness“ zur Berech-nung des Clusters „Agribusiness“ einbezogen worden. Da jedoch der Non-Food-Bereich durch die verstärkte Erzeugung von z.B. nachwachsenden Rohstoffen zunehmend an Be-deutung innerhalb der Landwirtschaft gewinnt, wird im Folgenden die BeBe-deutung der Forst- und Holzwirtschaft sowie der Erneuerbaren Energien für die Landwirtschaft beschrieben.

3.6.1 Forst- und Holzwirtschaft in Deutschland

In Deutschland sind 31 % der Landesfläche bewaldet. Somit ist die Forstwirtschaft nach der Landwirtschaft die flächenmäßig bedeutendste Landnutzungsform. Vorherrschende Eigen-tumsform des Waldes in Deutschland ist der Privatwald, er nimmt 44 % (ca. 4,8 Mio. ha) der Gesamtwaldfläche ein (BUNDESWALDINVENTUR 2, 2002). Zum Privatwald werden Waldflächen gezählt, die sich nicht im Eigentum von Städten, Gemeinden (Körperschaftswald), Kirchen oder im Eigentum des Staates (Staatswald) befinden. Privatwald ist Wald, der sich im Eigentum von natürlichen oder juristischen Personen bzw. Personengesellschaften befindet.

Privatwaldeigentümer in Deutschland haben einen überwiegend klein strukturierten Waldbesitz. Insgesamt verteilt sich der Privatwald auf ca. 2 Mio. Waldbesitzer, womit auf jeden Waldbesitzer ca. 2,5 ha Waldfläche entfallen. Von der Privatwaldfläche gehören an-nähernd 12 % zu Betrieben mit mehr als 1000 ha Wald, 57 % der Privatwaldfläche gehören zu Betrieben mit weniger als 20 ha (WALDBERICHT DER BUNDESREGIERUNG, 2009, S. 37).

Bereits im Jahr 2001 beschriebVOLZ (2001, S. 51) einen stetigen Rückgang der bäuerlichen Privatwaldbesitzer. Gestützt wird diese Aussage durch die Zahlen des STATISTISCHEN

BUNDESAMTES (2008c, S. 173). Hiernach hat sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe mit Waldfläche von 1999 bis 2007 um 23,6 % verringert; die Waldfläche im Besitz von landwirtschaftlichen Betrieben sogar um 34 %. Mitverantwortlich für diese Entwicklung ist der fortschreitende Strukturwandel innerhalb der Landwirtschaft. Im Gegenzug nimmt die Zahl der Kleinstwaldbesitzer (< 5 ha) zu. Diese haben meist keine Verbindung mehr zur Landwirtschaft, wodurch sich eine Vielzahl von Eigentümerzielen ergibt, die über rein forstwirtschaftlich-ökonomische Vorstellungen hinausgehen (VOLZ, 2001, S. 51). Wie Über-sicht 3.10 verdeutlicht, entfielen im Jahr 2007 auf die landwirtschaftlichen Betriebe ca. 13 % und auf die Forstbetriebe ca. 67 % der Gesamtwaldfläche Deutschlands (STATISTISCHES

BUNDESAMT, 2008c, S. 173).

Volkswirtschaftliche Bewertung des Agribusiness 45 Übersicht 3.10: Waldeigentumsverteilung in Deutschland 2007

Waldfläche gesamt davon:

Ldw. Betriebe mit

Waldfläche Forstbetriebe

ha % ha % ha % 11.075.799 100 1.446.387 13,1 7.378.063 66,6

Quelle: STATISTISCHES BUNDESAMT 2008C, S. 173 und 2008d, S. 47

Die oben angeführten Zahlen zur Waldbesitzstruktur Deutschlands und die aufgezeigte fort-schreitende Verschiebung der Eigentumsverhältnisse innerhalb der Gruppe der Privatwald-besitzer verdeutlichen die abnehmende Bedeutung landwirtschaftlicher Betriebe innerhalb der Forst- und Holzwirtschaft. Neben der Begriffsdefinition des Agribusiness (vgl. Abschnitt 2.1.3) unterstreicht die hier aufgezeigte Entwicklung, dass eine direkte Integration der Forst- und Holzwirtschaft in die „Liste Agribusiness“ nicht angezeigt ist.

Übersicht 3.11: Ökonomische Kennzahlen des Wirtschaftsbereiches Forst und Holz (2008)

Quelle: Eigene Berechnung in Anlehnung an die „Liste Agribusiness“

WZ 2008 Wirtschaftsbereiche WZ 2003 Erwerbstätige Produktionswert in Mrd. EUR

BWS in Mrd. EUR 0.2 Forstwirtschaft und

Holzeinschlag 31.000 4,34 2,02

0.2.1 Forstwirtschaft 9.872 2,23 -

02.10.0 Erzeugung von

Forstsamen 01.12.4 - - -

02.10.0 Forstwirtschaft (ohne

Holzeinschlag) - - -

02.30.0 Sammeln von

Wald-pilzen und Trüffeln 01.12.1 - - -

Volkswirtschaft insgesamt 40.276.000 4.615,51 2.224,80

Anteil Forst und Holz in % 0,08 0,09 0,1

Volkswirtschaftliche Bewertung des Agribusiness 46

In Übersicht 3.11 sind die ökonomischen Kennzahlen des Wirtschaftsbereiches „Forstwirt-schaft und Holzeinschlag“ als Teil des Primärsektors für das Jahr 2008 angeführt. Die Forst- und Holzwirtschaft hat mit einem Anteil von 0,1 % an der Bruttowertschöpfung und einem Erwerbstätigenanteil von unter 0,1 % ein geringes wirtschaftliches Gewicht. Um die tatsäch-liche Bedeutung von Forst und Holz mit seinen vor- und nachgelagerten Wirtschaftsberei-chen für die Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes zu erfassen, ist die Entwicklung einer detaillierten Liste der zugehörigen Wirtschaftsbereiche mit den zugehörigen ökonomischen Kennzahlen des „Clusters Forst und Holz“ notwendig. Darüber hinaus sind die ökono-mischen und sozialen Leistungen aufzuzeigen. Vorliegende Ergebnisse zum „Cluster Forst und Holz“ (vgl. SEINTSCH, 2008, S. 59) sind vor dem Hintergrund der im Rahmen dieser Untersuchung entwickelten Methode zu überprüfen.

3.6.2 Erneuerbare Energien

Die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen ist für die deutsche Landwirtschaft zu einem zusätzlichen Standbein geworden. Von einem Rückgang der Anbaufläche in 2008 abgesehen, stieg der Anbau nachwachsender Rohstoffe in Deutschland kontinuierlich. Nach vorläufigen Schätzungen für 2010 macht er mit 2,15 Mio. ha Anbaufläche einen Anteil von 12,7 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche Deutschlands aus. Gegenüber 2009 steigerte sich der Anbau nachwachsender Rohstoffe um 7,8 %.

Übersicht 3.12: Anbau nachwachsender Rohstoffe

Quellen: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, 2010

Volkswirtschaftliche Bewertung des Agribusiness 47 Der Energiepflanzenanbau (Zucker und Stärke für Bioethanol, Pflanzen für Biogas und Raps für Biodiesel und Pflanzenöl) beansprucht rund 85 % dieser Anbaufläche.

Insgesamt waren den Erneuerbaren Energien in 2009 339.500 Arbeitsplätze zuzurechnen.

Den größten Anteil machte hier der Bereich Biomasse mit 128.000 Arbeitsplätzen bzw. ca.

38 % aus. Zum Bereich Biomasse zählen feste und flüssige Biomasse, Biogas, Biomasse-brennstoffe und Biokraftstoffe. Die genaue Anzahl an direkten Arbeitsplätzen in der deut-schen Landwirtschaft mit Bezug zu Erneuerbaren Energien lässt sich nur abschätzen, Studien gehen von rund 18.300 Erwerbstätigen in 2010 aus (vgl. NUSSER, 2007; BUNDES

-MINISTERIUM FÜR UMWELT,NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT, 2010).

Die Bereitschaft der Landwirte, im Bereich der Erneuerbaren Energien zu investieren ist in den letzten Jahren stark von den Förderbedingungen, bspw. des EEG abhängig gewesen.

Umfragen bzgl. der Investitionsbereitschaft zeigen jedoch, dass für die Quartale 04/2010 und 01/2011 von insgesamt 7 Milliarden Euro Investitionssumme 4 Mrd. Euro im Bereich Erneu-erbare Energien, in erster Linie Photovoltaik und Biogasanlagen, fließen sollen. Diese Ent-wicklung stellt eine Zunahme gegenüber dem Vorjahreszeitraum dar, Erneuerbare Energien verzeichnen also auch im landwirtschaftlichen Sektor Zuwächse (PRODUKT UND MARKT, 2010, S. 7). In der „Liste Agribusiness“ sind die Nachwachsenden Rohstoffe im Bereich der Pflanzenproduktion enthalten.

3.7 Zwischenfazit

Der Sektor „Landwirtschaft, Jagd und Fischerei“ hat in den Jahren 2007 bis 2010 mit einem Anteil an der Bruttowertschöpfung der deutschen Volkswirtschaft mit unter 1 % und einem Anteil der Erwerbstätigen von ca. 2,1 % auf den ersten Blick geringes wirtschaftliches Gewicht. Wesentliche Ursache dafür ist die Spezialisierung innerhalb der Landwirtschaft. Die ursprünglichen Tätigkeiten einzelner landwirtschaftlicher Betriebe sind ausgelagert worden.

Durch Arbeitsteilung und technischen Fortschritt sind heterogene Aktivitäten entstanden, die vielfältig miteinander verknüpft sind. Der niedrige Anteil des Agrarsektors ist deshalb ein Zei-chen volkswirtschaftlicher Stärke. Er steht für einen hohen Grad an Spezialisierung und Arbeitsteilung in der Agrar- und Lebensmittelkette, für niedrige bzw. im Zeitablauf sinkende Stückkosten.

Diese hohe Spezialisierung und gleichzeitig enge Verflechtung der Landwirtschaft mit vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen erfordert eine gemeinsame Betrachtung der miteinander verbundenen Wirtschaftsbereiche. Nur so kann eine zeitgemäße volkswirt-schaftliche Einschätzung agrarwirtvolkswirt-schaftlicher Aktivitäten und der mit ihnen verbundenen Bereiche vorgenommen werden.

Volkswirtschaftliche Bewertung des Agribusiness 48

Der auf Basis der „Liste Agribusiness“ definierte „Cluster Agribusiness“ hält mit über 12 % der Erwerbstätigen einen wichtigen Anteil am deutschen Arbeitsplatzangebot. Trotz Wirt-schaftskrise ist die Zahl der Erwerbstätigen nicht eingebrochen; sie hat sich stabil gehalten.

Im Jahr 2009 hat sie nach vorläufigen Berechnungen überdurchschnittlich zugenommen.

Zudem ergibt sich für den Cluster Agribusiness von 2007 bis 2010 ein durchschnittlicher Produktionswert von 375 Mrd. Euro pro Jahr, das entspricht über 8 % des Produktionswertes für Deutschland insgesamt.

Der Anteil an der Bruttowertschöpfung beläuft sich für die Jahre 2007 bis 2010 auf über 6,5 %. Auf die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche des Agribusiness entfallen im Mittel ca. 5,9 % der Bruttowertschöpfung sowie über 10 % aller Erwerbstätigen der deut-schen Volkswirtschaft.

Insgesamt verdeutlichen die Zahlen, dass Agribusiness ein relativ stabiler Sektor ist. Trotz Wirtschaftskrise ist die Zahl der Erwerbstätigen und die Höhe der Bruttowertschöpfung nicht eingebrochen; sondern stabil geblieben.

Der Blick auf Wirtschaftsbereiche, die an die Landwirtschaft angrenzen, zeigt eine hohe Bereitschaft der Landwirte, im Bereich Erneuerbare Energien zu investieren. Dem gegenüber ergibt sich für die Forst- und Holzwirtschaft, dass die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe mit Waldfläche stark abnimmt. Mitverantwortlich für diese Entwicklung ist der fortschreitende Strukturwandel innerhalb der Landwirtschaft. Damit verbunden ist die Zunahme der Kleinstwaldbesitzer.

Die Forst- und Holzwirtschaft hat mit einem Anteil von 0,1 % der Bruttowertschöpfung und einem Erwerbstätigenanteil von unter 0,1 % ebenfalls auf den ersten Blick ein geringes wirtschaftliches Gewicht. Um die tatsächliche Bedeutung von Forst und Holz mit seinen vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen für die deutsche Wirtschaft als Ganzes zu erfassen, ist die Entwicklung einer Liste der zugehörigen Wirtschaftsbereiche und die Ermittlung von ökonomischen Kennzahlen auf Basis der für den Cluster Agribusiness entwickelten Methode angezeigt. Darüber hinaus sollten die ökologischen und sozialen Leistungen dieses Sektors konsistent abgebildet werden.

Insgesamt ist zu beachten, dass die Berechnungen des Clusters Agribusiness die nicht-marktgängigen, gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft wie die Pflege und den Erhalt der Kulturlandschaft nicht berücksichtigen, aber auch nicht eventuell für die Gesellschaft entstehende Kosten.

Landwirtschaftliche Schwerpunktregionen 49

4 Landwirtschaftliche Schwerpunktregionen

Landwirtschaftliche Produktionsrichtungen sind regional differenziert. Daraus ergeben sich für den Cluster „Agribusiness“ spezifische Ausprägungen. Die Identifikation dieser Ausprä-gungen erfolgte in der ersten Phase des Forschungsprojektes über die Berechnung von

„Konzentrationsquotienten“. Die Ergebnisse sind Basis für die Auswahl von Modellregionen.