• Keine Ergebnisse gefunden

Der Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) ist bei physiologischen und pathologischen Prozessen (Tumorwachstum) im gesamten Körper verantwortlich für die Vaskulo- und Angiogenese [213, 214]. Die Ausbildung eines Gefäßnetzes ist im Rahmen der Plazentation unbedingt notwendig, um den wachsenden Embryo ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen [215]. Eine besondere Aufgabe kommt VEGF ab der 10. SSW zu:

es ist mitverantwortlich für das Remodeling der Spiralarterien [66, 216-219]. Diese Umwandlung findet bei Frauen, die im Verlauf der Schwangerschaft eine PE entwickeln, häufig nur unzureichend statt. Infolgedessen kommt es zu unzureichender Versorgung der Plazenta mit mütterlichem Blut und damit zu Hypoxie und Unterversorgung mit Nährstoffen.

Vorherige Studien zeigten, dass Hypoxie die VEGF-A-mRNA in Trophoblasten in vitro induziert [91, 93, 142, 220, 221]. Wir konnten in dieser Arbeit keinen Unterschied des VEGF-A-mRNA-Levels zwischen 2% O2 (Hypoxie) und 8% O2 (plazentare Normoxie) feststellen. Die Versuche in dieser Arbeit wurden an plazentaren Gewebeproben durchgeführt, die der Referenzen an isolierten Trophoblasten in Primärkultur, BeWo-Zellen und HTR-8/SVneo-Zellen. Diese unterschiedlichen Erkenntnisse können wiederum auf zellartspezifische Unterschiede zurückzuführen sein. Auch der Unterschied in der Inkubationszeit (24 h (diese Arbeit) vs. 72 h) könnte einen Grund darstellen. Ein weiteres Unterscheidungskriterium stellen die Sauerstoffbereiche dar: Einige der genannten Referenzen führen Vergleiche zwischen Hypoxie (2% O2) und „Normoxie“ (21% O2) durch, wogegen für meine Versuche plazentare Normoxie bei 8% O2 definiert ist. Obwohl meine Ergebnisse konträr zu den zuvor dargestellten Veröffentlichungen stehen, passen sie zu der Assoziation von VEGF und PE: Zahlreiche Studien haben sich mit dem mRNA-Spiegel bei präeklamptischen Schwangeren beschäftigt. Bei der Bestimmung der

VEGF-Diskussion

68

mRNA-Level in präeklamptischen Plazenten zum Zeitpunkt der Entbindung gab es widersprüchliche Veröffentlichungen: Während einige Gruppen eine Verminderung der mRNA-Level zeigten [222, 223], kam es bei anderen zu einer Erhöhung der VEGF-mRNA in plazentarem Gewebe [57, 224] oder zu keinem Unterschied verglichen mit gesunden Schwangerschaften [225].

Im maternalen Serum präeklamptischer Frauen hingegen sind die Untersuchungen eindeutig:

es kommt zu einer Minderung des freien VEGF-A und zeitgleich zu einer Erhöhung der gesamten VEGF-A-Konzentration [66]. Leider konnte in den Plazentaproben dieser Arbeit VEGF-A als Protein nicht gemessen werden, da die VEGF-Werte unter dem messbaren Minimum des ELISA-Assays lagen.

Die Inkubation der plazentaren Gewebeproben mit Adenosin führte in dieser Arbeit allgemein zu einer Erhöhung der VEGF-A-mRNA-Menge verglichen mit den unbehandelten Proben der jeweiligen Sauerstoffkonzentration. Die Werte der Positivkontrolle mit Dipyridamol bestätigen die nach Adenosinzugabe gesehenen Effekte. Diese Beobachtung spricht für eine Beteiligung von Adenosin an der Heraufregulierung der VEGF-A-mRNA. Diese Ergebnisse sind im Einklang mit bisherigen Studien. Adenosin führte an zahlreichen, unterschiedlichen Gewebetypen zu einer Erhöhung der VEGF-A-Protein- und -mRNA-Expression [134-139, 141, 226-228]. Der Einfluss von Adenosin auf die Plazenta wurde bisher nur an Ratten untersucht. Dabei zeigte die Behandlung mit 20 µM Adenosin keinen Einfluss auf die Menge des VEGF-Proteins [142]. Dieser Unterschied kann auf speziesspezifische Unterschiede zurückzuführen sein. Außerdem könnte trotz erhöhter Transkription die Translation von VEGF-mRNA zum Protein unberührt bleiben. Hierzu sind Folgeversuche notwendig, die zeigen, ob Adenosin in den plazentaren Gewebeproben auch zu einer Erhöhung des VEGF-Proteins führt.

Die isolierte Aktivierung des Adenosinrezeptors A2A durch CGS führte bei 2% O2 und 8% O2

zu einer Erhöhung der VEGF-A-Transkriptmenge in den plazentaren Gewebeproben. Die Antagonisierung mit SCH führte ebenfalls zu einer VEGF-A-mRNA-Erhöhung, und auch die gleichzeitige Behandlung mit Agonist und Antagonist resultierte in einer Erhöhung des VEGF-Transkripts bei 8% O2. Zum Nachweis der Beteiligung des A2AR an den durch Adenosin vermittelten Effekten, hätte die Antagonisierung des Rezeptors mit SCH zu einer verminderten VEGF-A-mRNA-Menge führen müssen. Das ist in den vorliegenden Versuchen nicht der Fall. Da SCH ein selektiver und reiner Antagonist ist (keine agonistische Zusatzaktivität bekannt), muss davon ausgegangen werden, dass entweder die Konzentration

69

von SCH zu niedrig war oder der A2AR in diesem Fall nicht an der Vermittlung des Adenosinsignals beteiligt ist.

Ein Lösungsmitteleffekt als Grund für die gleichgerichteten Veränderungen ist in diesem Zusammenhang ausgeschlossen, da alle Proben, einschließlich der unbehandelten Kontrolle, mit dem gleichen Lösungsmittel (DMSO) versehen wurden.

Nach Aktivierung des A2BR mit NECA kam es bei 8% O2 zu einer Erhöhung der VEGF-A-mRNA-Expression. Die Antagonisierung dieses Rezeptors mittels MRS führte bei 8% O2 und 21% O2 ebenfalls zu einer Erhöhung der VEGF-A-Transkriptmenge. NECA aktiviert neben dem Adenosinrezeptor A2B zu einem geringeren Anteil auch die anderen Adenosinrezeptoren und ist somit nicht selektiv für A2AR. Allerdings ist bisher kein spezifischer A2BR Agonist kommerziell erhältlich. MRS hingegen ist ein selektiver Antagonist am A2BR. Die Wirkung des A2B-Agonisten wurde bei zusätzlicher Behandlung mit dem Antagonisten abgemildert.

Dieser Vorgang spricht für eine Beteiligung des A2BR bei der Regulierung der VEGF-A-mRNA-Menge. Da die Hemmung des Adenosinrezeptors A2B nicht zu einer vollständigen Aufhebung der Wirkung auf VEGF führte, könnten weitere Rezeptoren zeitgleich diesen Effekt vermitteln. Passend dazu konnten Clark et al [59, 60, 229] zeigen, dass die Aktivierung des Adenosinrezeptors A1 in humanen Monozyten eine VEGF-Erhöhung auslöste. Weitere Versuche zur Erforschung der Rolle des Adenosinrezeptors A1 in plazentarem Gewebe sind hierzu notwendig.

Grant et al. [141] konnten zeigen, dass Adenosin, sowie die Aktivierung des A2BR in humanen Endothelzellen der Retina zu erhöhten VEGF-mRNA- und -Protein-Werten führte.

Dieser Effekt zeigte sich auch in humanen Endothelzellen (HUVECs) [119]. Diese Ergebnisse bestätigen unsere Beobachtungen in plazentaren Gewebeproben. Adenosin scheint in der Plazenta eine schützende Funktion auszuüben. Bei Normoxie, aber auch bei hypoxischem Stress, sorgt Adenosin durch die Erhöhung der VEGF-Expression mit nachfolgender Angiogenese und endothelialer Stabilität für die ausreichende Perfusion des Gewebes.

Bezogen auf die Schwangerschaftskomplikationen PE und IUGR würde es bedeuten, dass die erhöhten Adenosinwerte den erfolglosen Versuch einer protektiven Maßnahme des Körpers darstellen könnten.

Diskussion

70

5.5 System-A-Aktivität in plazentarem