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1.4.1 Adenosin

Adenosin ist ein endogenes Nukleosid, bestehend aus dem Zucker β-D-Ribose und einer Nukleinbase, dem Adenin. Adenosin ist ubiquitär im Körper vorhanden und spielt eine zentrale Rolle im Energiehaushalt der Zellen. Das reine Nukleosid vermittelt zahlreiche Effekte. Dazu gehört in den meisten Geweben die Vasodilatation durch Antagonisierung der Wirkung von Katecholaminen [115]. Eine Ausnahme bilden die Plazenta [116], die Nieren [117] und die Lunge [118], wo Adenosin eine Vasokonstriktion vermittelt. Weiterhin fördert Adenosin die Angiogenese [119], Proliferation [120] und Inflammation [121]. Außerdem schützt es vor oxidativem Stress [122, 123]. Die physiologische extrazelluläre Adenosinkonzentration liegt bei 30 bis 300 nM. Zu den Stimuli für die Erhöhung der Adenosinkonzentration gehören Hypoxie, Ischämie und Inflammation [123, 124]. Sie kann unter hypoxischen Bedingungen bis auf 10 µM ansteigen [125]. Im Rahmen der Sepsis, ein Zustand der mit Ischämie und Entzündung einhergeht, steigen die Adenosinwerte über 10 µM an [124, 126]. Bei rheumatoider Arthritis konnten in der Synovialflüssigkeit Adenosinkonzentrationen bis 100 µM nachgewiesen werden [127]. Die extrazelluläre Adenosinanreicherung erfolgt durch bidirektionalen Transport über Adenosintransporter, extrazellulär abgebautes Adenosintriphosphat (ATP) und Hydrolyse von S-Adenosylhomocystein. Die Inaktivierung von Adenosin erfolgt bei Phosphorylierung durch die Adenosinkinase und bei Deaminierung durch die Adenosindeaminase [125].

Die Adenosinkonzentration im maternalen Plasma steigt während der Schwangerschaft allgemein an. Die Adenosinkonzentration bei einer präeklamptischen Schwangerschaft übersteigt die Werte bei gesunder Schwangerschaft [128]. Außerdem korreliert die Höhe der mütterlichen Adenosinkonzentration mit dem Schweregrad der PE [128]. Auch im fetalen Kreislauf ist die Adenosinkonzentration bei präeklamptischer Schwangerschaft gegenüber dem Wert bei gesunder Schwangerschaft signifikant erhöht [129]. Des Weiteren übersteigen auch bei IUGR die Adenosinwerte im fetalen Blut die Werte bei gesunder Schwangerschaft [130]. Adenosin kommt somit eine wichtige Rolle im Rahmen der Präeklampsieentstehung zu.

Weitere Hinweise zur Funktion von Adenosin bei PE zeigten sich im Rattenmodel. Die

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intravasale Verabreichung von ATP führte zu Albuminurie, einem der PE-definierenden Symptome [131]. Darüber hinaus konnte in diesem Versuch auch gezeigt werden, dass die ATP-Infusion ausschließlich bei den schwangeren Tieren zu Albuminurie, systemischer Inflammation und Erhöhung des Angiotensin-II-Rezeptor-Typ-1 (AT-1R) führte [131].

Hierbei zeigt sich eine mögliche krankheitsinduzierende Funktion von Adenosin.

Leonard et al. konnten 2011 zeigen, dass Adenosin erhöhte sFlt-1-Spiegel um 43%

abmilderte. Zeitgleich stieg die mFlt-Konzentration, sodass man von einem Wechsel der löslichen (=antiangiogenen) Variante auf die membrangebundene (=proangiogene) Variante ausgehen kann [132]. Dieser Versuch zeigte den möglichen protektiven Effekt von Adenosin bei PE.

Zahlreiche Studien zeigen, dass die Zugabe von Adenosin zu unterschiedlichen Gewebetypen zu einer Erhöhung von VEGF führt [119, 133-139]. Auf diese Weise wird die Angiogenese stimuliert. Adenosin regt auch unter Umgehung von VEGF die Endothelzellproliferation an.

Dies kann ein Hinweis auf weitere von Adenosin beeinflusste pro- und antiangiogenetische Faktoren sein [133, 135, 136, 140, 141]. Bisher wurde der Einfluss von Adenosin auf humanes plazentares Gewebe noch nicht erarbeitet. Ein Versuch im Rattenmodel zeigte, dass unter normoxischen Bedingungen die Zugabe von Adenosin zu plazentaren Gewebeproben zu einer deutlichen Erhöhung der extrazellulären sFlt-1-Konzentration führte [142]. Auch die Zugabe von Dipyridamol (Antagonist des Adenosintransporters) führt zur Erhöhung der extrazellulären Adenosinkonzentration. Im gleichen Versuchsaufbau erzielte man eine Erhöhung von sFlt-1. Weiterhin konnte dort gezeigt werden, dass eine Blockade der Adenosinsignalweiterleitung durch einen Adenosinrezeptorantagonisten den erwarteten sFlt-1-Anstieg unter Hypoxie verhinderte. Diese Ergebnisse führen zu der Annahme, dass Adenosin unter normoxischen und hypoxischen Bedingungen die Expression von sFlt-1 reguliert und somit eine entscheidende Rolle im Rahmen der PE spielt [142].

1.4.2 Adenosinrezeptoren

Adenosin vermittelt seine Effekte über membranständige Adenosinrezeptoren. Diese kommen ubiquitär im Körper vor und vermitteln vielfältige Signale [143]. Sie sind beteiligt an physiologischen und pathologischen Prozessen wie Angiogenese, Entzündung, Abwehren von Oxidativem Stress, Immunantwort, u.a. [143-145]

Die Adenosinrezeptoren liegen strukturell als Monomer vor, können sich aber auch zu funktionalen Homo- und Heterooligomeren zusammenschließen [146]. Jedes Monomer besteht aus sieben Transmembrandomänen mit einem intrazellulären Carboxyterminus und

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einem extrazellulären Aminoterminus [147]. Alle vier Rezeptoren, Adenosin-A1-Rezeptor (A1R), Adenosin-A2A-Rezeptor (A2AR), Adenosin-A2B-Rezeptor (A2BR) und Adenosin-A3 -Rezeptor (A3R), gehören zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Hinsichtlich ihres Effektes auf die intrazelluläre Adenylatzyklase (AC), und somit auch auf die intrazelluläre cAMP-Produktion, werden die Adenosinrezeptoren A1R und A3R als inhibierend (Gi/o) und die Adenosinrezeptoren A2AR und A2BR als aktivierend (Gs) bezeichnet. A2AR und A2BR führen im weiteren Verlauf zu einer Aktivierung der Proteinkinase A (PKA) [143, 148], sodass weitere Proteine aktiviert und phosphoryliert werden. A2BR und A3R können variabel auch an Gq-Proteine gekoppelt sein. Sie vermitteln ihre Effekte dann über die Aktivierung der Phospholipase C (PLC), die zu einer Erhöhung der Konzentrationen von 1,4,5-Triphosphat (IP3) und Diacylglycerol (DAG) führt. Der A1R kann variabel auch an ein G0-Protein gekoppelt sein und stimuliert darüber die AC im Riechepithel. Der Rezeptortyp A2A aktiviert außerdem die Inositolphosphat-Expression (IP), aktiviert die Proteinkinase C (PKC) und erhöht den intrazellulären Kalziumspiegel. Daraufhin werden Neurotransmitter ausgeschüttet oder Muskelkontraktionen ausgelöst [144]. Über ein Netzwerk unterschiedlicher Signalwege aktivieren alle vier Adenosinrezeptoren die Familie der mitogen-aktivierten Proteinkinasen (MAPK) [125, 143, 149, 150].

Die Rezeptoren A2A und A2B kommen ubiquitär im gesamten Körper vor und werden meist co-exprimiert [151]. A2BR hat im Vergleich zu den anderen drei Rezeptortypen die niedrigste Affinität zu Adenosin. Während A1R, A2AR und A3 bereits bei Adenosinkonzentrationen im Nanomolar-Bereich aktiviert werden, passiert dies bei A2BR erst im Mikromolar-Bereich [143]. Es wird daher angenommen, dass A2BR seine volle Funktion erst bei hohen Adenosinkonzentrationen im Rahmen pathologischer Prozesse entfaltet [151].

In der Plazenta konnten alle vier genannten Adenosinrezeptoren nachgewiesen werden. Dabei zeigten sich nach immunhistochemischer Färbung alle Rezeptoren auf Trophoblasten und Endothelzellen. Der A2BR konnte hingegen als einziger Rezeptor nicht auf Fibroblasten und Myofibroblasten nachgewiesen werden [152].

Die gleiche Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass alle vier Adenosinrezeptoren in präeklamptischer Plazenta verstärkt exprimiert werden. Dieser Unterschied wurde allerdings nicht bei IUGR ohne PE festgestellt. Die Behandlung von plazentaren Gewebeproben mit Hypoxie führte zu einer isolierten Erhöhung der Expression des Adenosinrezeptors A2A. Die anderen Adenosinrezeptoren zeigten keine Expressionsveränderung unter Hypoxie [152]. Hier zeigt sich ein möglicher Schritt zur Präeklampsientstehung.

Feoktistov et al. konnten nachweisen, dass in Endothelzellen vornehmlich A2AR vorhanden

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sind. Außerdem zeigten sie, dass es dort nach Aktivierung mit Adenosin unter normoxischen Bedingungen nicht zu einer VEGF-Erhöhung kommt [135]. Der Einfluss von Hypoxie führte hingegen zu vermehrter Expression von A2BR und nachfolgend zu erhöhter VEGF-Expression. Zeitgleich wurde die Expression des A2AR herunterreguliert [119].

Beiden Rezeptoren scheint daher eine wichtige Rolle bei hypoxischen Prozessen beispielsweise im Rahmen der PE zuzukommen.