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D. S TRAFRECHTLICHE A SPEKTE

14. Strafverfolgungsbehörden

14.3. Untersuchung von Personen im Zusammenhang mit Bodypacking gemäss Art. 251-252

Die körperliche Untersuchung dient der Feststellung der Beschaffenheit, der Eigenschaften oder des Zustandes eines menschlichen Körpers oder der Ermittlung körperfremder Stoffe im menschlichen Körper (sinngemäss Art. 251 Abs. 1 StPO).501 Darunter fallen bspw. Blut-, Urin- und Speichelproben.

Die beschuldigte Person kann untersucht werden, um den Sachverhalt festzustellen oder abzuklären, ob sie schuld-, verhandlungs- und hafterstehungsfähig ist (Abs. 2). Im Rahmen des Verhältnismässig-keitsgebots sind Untersuchungs-Zwangsmassnahmen zu unterlassen, wenn die damit beweisbaren Tatsachen ohnehin schon offenkundig sind oder wenn unter vorweggenommener Beweiswürdigung angenommen werden darf, die weitere Beweisvorkehr würde an der Würdigung der bereits angenom-menen Beweise nichts ändern können.502

Eingriffe in die körperliche Integrität der beschuldigten Person können angeordnet werden, wenn sie weder besondere Schmerzen bereiten noch die Gesundheit gefährden (Art. 251 Abs. 3 StPO). Die Ein-griffsschwere und somit das Mass des Zulässigen beurteilen sich nach objektiven Kriterien und nicht nach subjektivem Empfinden.503 Hingegen ist der Gesundheitszustand des zu Untersuchenden (bspw.

495 BSK-GFELLER/GFELLER, Art. 249 N 1d-e.

Bluterkrankungen, vorbestehende hohe Strahlenbelastung) zu berücksichtigen.504 Über die Eingriffs-durchführung entscheidet die zuständige Strafbehörde die zur Anordnung der Zwangsmassnahme le-gitimiert ist (i.c. StA).505 Eine medizinische Fachperson hat einen gesundheitsgefährdenden Eingriff nicht vorzunehmen, wenn sie die Gesundheitsgefährdung nicht zu verantworten glaubt.506 Es ist davon auszugehen, dass dieser im deutschen Strafverfahrensrecht anerkannte Grundsatz auch in der Schweiz zur Geltung kommt, zumal die untersuchende medizinische Fachperson grundsätzlich als sachverstän-dige Person wirkt und diese durch die StPO – im Gegensatz zu verschiedenen kantonalen Strafprozess-ordnungen – nicht verpflichtet werden, Sachverständigenaufträge anzunehmen.507 Hinzu kommt, dass sich die sachverständige Person durch die Vornahme eines gesundheitsgefährdenden Eingriffs strafbar machen kann.508

Untersuchungen von Personen und Eingriffe in die körperliche Integrität werden von einer Ärztin oder einem Arzt oder von einer medizinischen Fachperson vorgenommen (Art. 252 StPO). Ob anstelle einer Ärztin oder eines Arztes eine andere Fachperson (bspw. diplomierte Pflegefachpersonen) beigezogen werden kann, ist von der Art des Eingriffs abhängig.509 In der Schweiz wird grösstenteils die körperliche Untersuchung auch durch die Mitarbeitenden der Institute für Rechtsmedizin (so bspw. im Kantonen St.Gallen) oder durch Amtsärzte vorgenommen.510 Art. 252 StPO (Gültigkeitsvorschrift i.S.v. Art. 141 Abs. 2 StPO) ist nicht nur dem Schutz der betroffenen Person vor gesundheitlichen Nachteilen dienlich, sondern dient auch zur Sicherstellung von möglichst fachlich richtigen Resultaten.511 Fehlt dem Unter-suchenden gemäss Art. 252 StPO sodann die erforderliche Qualifikation, ist i.d.R. von der Untauglich-keit der Beweismittel auszugehen.512

Bei Gefahr in Verzug hat die Polizei bei Untersuchungen nicht einsehbarer Körperöffnungen und -höh-len lediglich Anordnungskompetenz (Art. 241 Abs. 3 StPO), wobei diese immer von einer medizinischen Fachperson auszuführen sind.513

Bei Untersuchungen ist das Verhältnismässigkeitsprinzip besonders zu wahren. Körperliche Untersu-chungen müssen geeignet sein, Schlüssiges zum Beweisthema beizutragen.514 Zudem müssen sie er-forderlich sein, d.h. sofern mehrere Untersuchungen den gleichen Erfolg versprechen, ist diejenige, welche am mildesten die Grundrechte der untersuchten Person tangiert, anzuwenden.515 Sodann muss die Untersuchung zumutbar sein, wobei ein vernünftiges Verhältnis zwischen der Auswirkung des Ein-griffs in die Grundrechte der betroffenen Person und dem angestrebten Ziel zu bestehen hat.516 Bei der Verabreichung von Brechmitteln (sog. Emetica) durch die Polizei ist die Rechtslage unklar.517 Aus der Rechtsprechung des EGMR folgt, dass erbrochene Betäubungsmittel infolge des nemo-tenetur-Grundsatzes nicht als Beweismittel verwertet werden dürfen.518 Wird also auf den Massnahmenzweck

504 BSK-HAENNI, Art. 251/252 N 60; vgl. auch GROSSKOMMENTAR-KRAUSE, § 81a N 31; KOMMENTAR-MEYER-GOSSNER, § 81a N 17.

abgestellt, ist bei Brechmitteleinsätzen von einer Durchsuchung auszugehen. Andererseits stellt der Einsatz von Brechmittel einen mittelschweren Eingriff in die körperliche Integrität dar, welcher nicht auf die Körperoberfläche oder einsehbare Körperöffnungen bzw. -höhlen beschränkt ist und somit eher als eine Untersuchungsmassnahme gemäss Art. 252 StPO zu qualifizieren ist, welche sodann von einer medizinischen Fachperson vorzunehmen ist.519

Gegen Zwangsmassnahmen nach Art. 249 ff. StPO steht das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde (Art. 393 ff. StPO) offen. Wer sich anderweitig als durch die ordentliche Beschwerde gegen eine ver-hältnismässige und vorschriftsgemässe Durchsuchungs- oder Untersuchungs-Zwangsmassnahme zur Wehr setzt, macht sich i.S.d. Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 StGB strafbar.520

14.4. § 81a D-StPO Körperliche Untersuchung des Beschuldigten

Sofern eine Einwilligung zu einer Röntgen- oder CT-Untersuchung vorliegt, bestehen grundsätzlich keine juristischen Probleme.521 Für die körperliche Untersuchung ist die Einwilligung des Verdächtigen jedoch nicht zwingend.522 Gemäss § 81a D-StPO darf zur Feststellung von Tatsachen, die für das Ver-fahren von Bedeutung sind, eine körperliche Untersuchung angeordnet werden, auch wenn damit das Recht auf körperliche Unversehrtheit eingeschränkt wird.523 Dabei ist der Grundsatz der Verhältnis-mässigkeit zu wahren. Zum Zwecke der Feststellung von Tatsachen sind Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersu-chungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, sofern kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist (§ 81a D-StPO).524 Grundsätzlich könnte sich ein Radi-ologe somit bei einer Indikationsstellung auf diese Gesetzesgrundlage berufen, wobei die Rechtslage aufgrund der Strahlenexposition, die einen Nachteil für die Gesundheit des Bodypackers mit sich bringt, umstritten ist.525 Nach der Literatur sowie deutschen Rechtsprechung gehören Röntgen- und CT-Untersuchungen zu den zulässigen körperlichen Untersuchungen i.S.v. § 81a D-StPO.526

Bei dieser Norm handelt es sich um eine Ermächtigung zur ärztlichen Untersuchung und nicht um eine automatische Verpflichtung des Arztes.527 Denn der Arzt kann unter Hinzuziehung seiner standesrechtlichen Berufsrechte und -pflichten sein Handeln im Hinblick auf die Massnahme ablehnen, sofern sich diese nicht mit seinem Gewissen vereinbaren lässt. Mittels geregelten Arbeitsvertrags kann ein Krankenhausarzt jedoch durchaus zu derart routinemässigen Eingriffen verpflichtet werden.528 Nichtsdestotrotz gilt auch dabei: Je schwerer der körperliche Eingriff, umso eher ist der Arzt dazu berechtigt, die Massnahmen nach §81a StPO zu verweigern.

Zu einer körperlichen Untersuchung gegen den Willen des Tatverdächtigen mittels Röntgen oder CT bedarf es einer ausdrücklichen richterlichen Anordnung in Form eines Beschlusses.529 Bei Gefahr in Verzug liegt eine Ausnahmesituation vor, wobei auch die Strafverfolgungsbehörde (die StA) und ihre

519 dito.

Ermittlungspersonen (die Polizei) den Eingriff mündlich anordnen können.530 Dabei müssen sie in je-dem Fall den Eingriff selbst und die durch den Eingriff festzustellenden Tatsachen benennen.531 Dies gilt nicht für schwere Eingriffe, denn diese bedürfen ausschliesslich der richterlichen Anordnung.532 Röntgen- und CT-Untersuchungen sind dagegen «lediglich» mittelschwere Eingriffe, wobei in der Rechtsprechung keine Unterscheidung zwischen diesen beiden Methoden gemacht wird, obwohl sich die Strahlenexposition erheblich unterscheidet.533 Gefahr in Verzug wird nach der deutschen Recht-sprechung allerdings nicht bejaht, sofern diese mit der generellen Gesundheitsgefährdung bei Verbleib der Drogenpakete im Körper des Verdächtigen zusammenhängt.534 Gefahr in Verzug wird dagegen be-jaht, sofern Beweismittelverlust droht.535