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Untersuchung des Einflusses von Muttermilch und ihrer Komponenten auf die

4. Diskussion

4.1 Untersuchung des Einflusses von Muttermilch und ihrer Komponenten auf die

Es wurde zunächst sichergestellt, dass nicht die in allen Experimenten benutzten Huh-7.5-Zellen schon durch die in dieser Arbeit verwendete Muttermilch beeinflusst werden. Denn andernfalls könnte eine beobachtete infektionsreduzierende Wirkung irrtümlich der Muttermilch allein zugeschrieben werden, obwohl die Effekte auf die Interaktion der durch Muttermilch veränderten Zellen zurückzuführen wären. So wäre es denkbar, dass gewisse

Komponenten der Muttermilch bei Vorinkubation mit den Hepatozyten von diesen aufgenommen werden. Diese könnten dann bereits einen Einfluss auf die Infektiosität haben.

Den in dieser Arbeit generierten Ergebnissen zufolge, kann jedoch eine Wirkung der mit Muttermilch vorinkubierten Hepatozyten auf die Infektiosität ausgeschlossen werden. Die Änderung der Infektiosität zu einem niedrigeren Wert, im Vergleich zu den nicht mit Muttermilch vorinkubierten Zellen, ist äußerst gering. Diese Reduktion könnte auch auf eine eventuelle schlechtere Beschaffenheit der Zellen zum Zeitpunkt der Inkubation zurückzuführen sein. Es muss ferner mit in Betracht gezogen werden, dass in den in dieser Arbeit durchgeführten Versuchen die Zellen nie in derartig hohen Konzentrationen mit Muttermilch inkubiert wurden. Vielmehr wurde Muttermilch jeweils in einem Verhältnis von 10:1 mit HCVcc vorverdünnt und das Inokulat schließlich wiederum in einer Verdünnung von 1:10 auf die Huh-7.5-Zellen gegeben. Alle verzeichneten Effekte sind daher auf eine reine Interaktion der Muttermilch mit HCV, aber nicht eine Wirkung der durch Muttermilch veränderten Hepatozyten, zurückzuführen.

In dieser Arbeit konnte erstmalig in einem authentischen Rahmen nachgewiesen werden, dass das Hepatitis-C-Virus bei der gemeinsamen Inkubation mit Muttermilch wenig stabil ist. So führte schon die Inkubation des Inokulats von 24 Stunden bei RT zur Infektiositätsreduktion unterhalb der Zytotoxizitätsgrenze. Diese Zytotoxizität konnte außerdem in nahezu allen weiteren Experimenten reproduziert werden. Sie kann vermutlich mit der oben beschriebenen Wirkung der Muttermilch auf die Wachstumsbedingungen der Huh-7.5-Zellen in der niedrigsten Verdünnung des Assays erklärt werden. Dieses Ergebnis trifft für alle drei getesteten Muttermilchproben gleichermaßen zu. Es ist somit von einer Vergleichbarkeit der verschiedenen Muttermilchproben bei allen folgenden Aussagen auszugehen. Aus diesem Grund wurden weitere Experimente oftmals mit der Probe nur einer Spenderin durchgeführt.

Da bereits nach 24 Stunden Inkubationszeit keine Infektion mehr detektiert werden kann, entspricht das Resultat, dass auch im weiteren Inkubationszeitraum von bis zu 7 Tagen keine Infektion messbar ist, den Erwartungen. Allerdings verliert das Virus auch in Abwesenheit von Muttermilch an Stabilität, denn es verliert innerhalb des einwöchigen Inkubationszeitraumes an Infektiosität von einer Zehnerpotenz. Diese Feststellung entspricht aktuellen Forschungsergebnissen [8].

Es konnte folglich belegt werden, dass Muttermilch einen spezifischen Einfluss auf das HC-Virus ausübt. Das HC-Virus wird in seiner Stabilität beeinträchtigt und es wird ferner nicht das gleiche Infektiositätsausmaß wie in einer Kontrollprobe ohne Muttermilch erreicht.

Es wurde im weiteren Verlauf versucht, humane Muttermilch gegenüber Milchproben anderer Tierarten in ihrer Wirkung abzugrenzen. Bislang gibt es auf diesem Gebiet keinerlei Forschungsergebnisse. So konnte in dieser Arbeit erstmalig belegt werden, dass Unterschiede in der Einflussnahme auf die Infektiositätsreduktion zwischen verschiedenen Säugetieren bestehen. Dabei verursachte die Stutenmilch denselben Effekt wie humane Muttermilch, hingegen erwiesen sich Kuh-, Biest- und Mutterersatzmilch nicht als vergleichbar potent bei der Inhibition der Infektiosität. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die Zusammensetzung der Milch unterschiedlicher Säuger und artifiziell hergestellter Milch differiert (vgl. Tabelle 1).

Daraus lässt sich schließen, dass ein oder mehrere Faktoren, die in der humanen Muttermilch enthalten sind und zur Infektiositätsreduktion führen, nicht oder nur in einer geringeren Konzentration in der Milch anderer Spezies vorkommen.

Weiterhin konnte in den durchgeführten Experimenten herausgefunden werden, dass der für die bisher beobachteten Effekte verantwortliche Faktor in der Muttermilch in einem Verhältnis von 1:100 verdünnbar ist. So war eine Infektion der Zielzellen, im Gegensatz zu solchen mit im Verhältnis von 1:10 vorverdünnter Muttermilch versetzten Hepatozyten, wieder detektierbar. Trotzdem besteht in jener Verdünnung noch immer eine verminderte Infektiosität gegenüber einer unverdünnten Mediumkontrollprobe. Dieser Beweis der Instabilität des Virus‘ gelang mit den Muttermilchproben aller drei Spenderinnen gleichermaßen. Jenes Faktum weist daher darauf hin, dass die infektiositätsreduzierende Wirkung von Muttermilch konzentrationsabhängig ist.

Von Wichtigkeit war außerdem, eine Unterscheidung zu treffen zwischen der aktiven und der passiven Wirkung von Muttermilch auf HCV. So wäre ein aktiver Prozess auf eine direkte Interaktion der Muttermilch mit dem Virus zurückzuführen.

Dafür wurde die Muttermilch jeweils in An- oder Abwesenheit von HCVcc inkubiert. Die zunächst in Abwesenheit von infektiösen Partikeln inkubierten Proben wurden schließlich auch mit HCVcc versehen. Schließlich wurden naive Huh-7.5-Zellen zur Virustiterermittlung mit sämtlichen Inokulaten infiziert. Es konnte dabei ein geringfügiger Unterschied in der Höhe des jeweiligen Titers der unterschiedlich behandelten Proben festgestellt werden. Der plötzliche Titeranstieg bei dem jeweils letzten Zeitwert, der nur für 1 Stunde oder 1 Minute mit HCVcc inkubierten Proben, ist durch die Verwendung einer frischen zuvor bei -80°C gelagerter HCVcc-Probe zu erklären. Für die restlichen Proben wurden bei 4°C gelagerte HCV-Viruspartikel desselben Virusstocks benutzt. Allerdings nimmt die Stabilität des Virus‘

trotz Lagerung bei 4°C minimal über die Zeit ab, so dass der Virustiter der nicht mit frischen HCV-Partikeln inkubierten Proben geringer ausfiel.

Es ergab sich für die Proben, die zunächst in Abwesenheit von HCVcc inkubiert worden waren, bei fast allen Zeitwerten ein etwas höherer Virustiter als bei solchen, die die komplette Zeitperiode zusammen mit HCVcc inkubiert worden waren. Dennoch ließ sich die schon in vorherigen Experimenten beobachtete verminderte Infektiosität auch in diesen Versuchen nachweisen. Es ist deswegen davon auszugehen, dass die bislang festgestellten Effekte nicht allein auf ein aktives inhibitorisches Verhalten der Muttermilch gegenüber HCV zurückzuführen sind. Daraus ergibt sich ein neuer Blickwinkel für die Resultate der in dieser Dissertation durchgeführten Versuche. Diesen Erkenntnissen zufolge könnte daher eine differenziertere Erklärung für die in den Versuchen resultierende verminderte Infektion der Zielzellen gefunden werden. So könnten ein oder eventuell mehrere Faktoren in der Muttermilch so präsent sein, dass HCVcc bei Zugabe nicht stabil bleibt und folglich keinen hohen Virustiter in den infizierten Zielzellen erzielen kann. Der genaue Mechanismus wird in weiteren Studien zu untersuchen sein.

Die Hypothese, dass ein Protein oder das Komplementsystem die möglichen Effektoren in der Muttermilch sind, erwies sich als negativ. So führte das Erhitzen der Muttermilch vor der Inokulation mit HCVcc weiterhin zu einer Reduktion der Infektiosität gegenüber der Kontrollprobe. Es konnte außerdem keine Veränderung oder gar Abnahme in diesem Reduktionsverhalten bei steigenden Temperaturen festgestellt werden. Auch das Schütteln der Muttermilch bei 37°C vor der Inokulation mit HCVcc führte zu keinem anderen Resultat. Die Infektiositätsreduktion gegenüber den Vergleichsproben war nur insignifikant geringer ausgeprägt. Da allerdings ein Erhitzen der Muttermilch auf Temperaturen von ca. 40 bis 80°C Proteine bereits denaturieren lässt und das Schütteln bei 600 rpm das Komplementsystem inaktivieren sollte, ist die anfangs aufgestellte Hypothese in dieser Arbeit widerlegt worden.

Allerdings könnte in zukünftigen Arbeiten zur weiteren Absicherung des Ausschlusses eines Proteins als Effektor in der Muttermilch ein Proteaseverdau durchgeführt werden. Dieser würde sowohl zum Verdau von Proteinen als auch von Peptiden, allerdings nicht von HCV, führen. Wenn daraufhin immer noch die gleichen Effekte einer verminderten Infektiosität beobachtet werden könnten, wären diese Komponenten als Effektoren mit endgültiger Sicherheit auszuschließen.

4.1.1 Lactoferrin, LL37 und CRAMP

Der Eisentransporter Lactoferrin macht einen großen Bestandteil der Muttermilch aus und war deshalb als möglicher Effektor dieser Körperflüssigkeit in Betracht zu ziehen. Zudem ist Lf in der Literatur bereits als u.a. antiviral wirksames Molekül beschrieben worden [92, 95-96]. So wurde in einer Studie ein inhibitorischer Effekt des bLf auf HCV gefunden [98-99].

Allerdings wurden in jener Studie PH5CH8-Hepatozyten verwendet. Da es bisher nicht bekannt ist, ob diese Zelllinie über alle für eine HCV-Infektion notwendigen Rezeptoren verfügen, sind die Ergebnisse von Ikeda et al. in Frage zu stellen. Es wäre möglich, dass der von ihnen beobachtete inhibitorische Effekt lediglich auf eine fehlende Infizierbarkeit der Zellen zurückzuführen ist. Auch El-Fakharany und Kollegen publizierten eine Studie der zu Folge cLf den Viruseintritt und dessen Replikation innerhalb der Zelle verhindern sollte [100]. Aufgrund des Benutzens von HepG2-Hepatozyten für sämtliche Versuche sind diese Ergebnisse jedoch eindeutig als insignifikant zu beurteilen. Denn den Zellen dieser Zelllinie fehlt der CD81-Rezeptor, der unabdingbar für den Viruseintritt und folglich der HCV-Infektion ist [133]. Für alle in dieser Arbeit durchgeführten Experimente mit Lf wurde hingegen das Huh-7.5-Zellsystem verwendet. Dieses ist nachweislich höchst permissiv für eine HCV-Infektion und es kommen im Gegensatz zu den oben beschriebenen Studien authentische Viren zum Einsatz. Eine Inhibition der Infektion mit HCVcc durch bLf oder hLf gelang aber im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht. Die in den oben beschriebenen Studien beobachteten Effekte von Lf auf HCVcc fanden somit keine Anwendung im Rahmen eines authentischen in-vitro-Systems und müssen daher in Frage gestellt werden.

Des Weiteren wurde in anderen Studien augenscheinlich eine besondere Affinität von hLf für das E2-Hüllprotein identifiziert [102]. Es wurden daher Untersuchungen angestellt um herauszufinden, ob Lf damit in der Lage ist die HCVpp-Infektiosität zu vermindern. Diverse Studien führten zu dem Ergebnis, dass bLf die Infektiosität der HCVpp Dosis abhängig verringern kann [83, 103-104]. Allerdings wurden auch in jenen Arbeiten die schon im vorherigen Text diskutierten PH5CH8- sowie HepG2-Leberzellen zur Infektionsdetektion verwendet, womit die Aussagekraft der Versuchsergebnisse äußerst fraglich ist. So fanden diese Hypothesen bei der erstmaligen Verwendung authentischer Viren in einem etablierten in-vitro-System im Rahmen der vorliegenden Arbeit ebenfalls keine Anwendung. Es konnte kein signifikanter Einfluss von hLf auf die HCVpp-Infektiosität verzeichnet werden.

Allerdings konnte ein minimaler Effekt des hLf auf die Infektiosität der pseudotypisierten VSV-G-Partikel nachgewiesen werden. Dieses läuft konform mit den im Obigen

beschriebenen Ergebnissen der allerdings zum Teil in Frage zu stellenden Studien. Der verantwortliche Mechanismus für diese Beobachtung könnte in weiteren Untersuchungen eventuell weiter erforscht werden.

Da Lf in dieser Arbeit nicht als der verantwortliche Effektor in Muttermilch identifiziert werden konnte, wurden weitere Bestandteile von Muttermilch, das Cathelicidin LL37 und sein murines Homolog CRAMP, analysiert. Allerdings konnte auch in diesen Versuchen keine signifikante Veränderung des Luziferase-Signals und somit der Infektiosität von HCV beobachtet werden. Somit scheint dieses Cathelicidin zwar antimikrobiell, jedoch nicht antiviral in Bezug auf HCV wirksam zu sein.

Es konnte in dieser Arbeit schließlich gezeigt werden, dass weder hLf oder bLf noch LL37 oder CRAMP als potenzielle Inhibitoren der HCV-Infektion in Frage kommen. Dieses stimmt überein mit dem im Rahmen dieser Arbeit vorherigen Ausschließen eines Proteins als möglichen Effektor in der Muttermilch.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Stabilität von HCV in konzentrationsabhängiger Anwesenheit humaner Muttermilch, im Gegensatz zu der Milch anderer Tiere und vor allem artifizieller Muttermilch, verändert. Ein eher passiver Mechanismus in der Muttermilch, der außerdem nicht von den Hepatozyten ausgeht, scheint für den infektiositätsmindernden Effekt verantwortlich zu sein. Dabei konnte noch nicht geklärt werden, welcher Bestandteil dieser Körperflüssigkeit für die beobachteten Effekte zuständig ist. Ausgeschlossen werden konnten zumindest das Komplementsystem und Proteine, speziell das Lactoferrin sowie LL37, beziehungsweise CRAMP. Vielleicht könnte in zukünftigen Studien, neben dem oben beschriebenen Proteaseverdau, eine Größen- sowie Phasenauftrennung der Muttermilch erfolgen, um den potentiellen Inhibitor in Muttermilch weiter einzukreisen oder sogar zu identifizieren.

Allgemeinhin weisen die Ergebnisse dieser Arbeit auf ein sehr geringes oder eventuell sogar abwesendes Risiko einer in-vivo-Virustransmission durch Muttermilch hin.

4.2 Erforschung des Einflusses von Samenflüssigkeit, seiner Komponenten und