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Untersuchung der Hüfte in Rückenlage

Im Dokument Diagnostik des Hüftgelenkes (Seite 10-16)

1. Anamnese und klinische Untersuchung

1.3 Klinische Untersuchung

1.3.5 Untersuchung der Hüfte in Rückenlage

Die Hüftuntersuchung beginnt dann in Rückenlage des Patienten mit ausge-streckten Knien und Hüften und folgt einem Algorithmus von kaudal nach kranial auf das Hüftgelenk zu.

Die Beinlängen können, nachdem bereits im Stehen mit Brettchenunterla-ge Brettchenunterla-gemessen, erneut durch direkten Ver-gleich oder Längenmessung beurteilt werden. Liegt eine Beugekontraktur vor, erscheint das betroffene Bein ver-kürzt. Beugt man nun die nicht betrof-fene Seite entsprechend der pathologi-schen Beugekontraktur, hebt sich diese Beinlängendifferenz wieder auf.

Der Patient wird zunächst gebeten in Rückenlage den „Thomas Handgriff“

durchzuführen, um eine Hyperlordo-se auszugleichen und um ein Extensi-onsdefizit der schmerzenden Seite zu beurteilen (Peeler 2008). Der Untersu-cher prüft dabei den Liegenabstand der Kniekehle. Um eine Hüftkontraktur der betroffenen Seite zu verifizieren wird diese Untersuchung im Seitenvergleich durchgeführt. Der Test ist positiv, wenn das kontralaterale Bein mit angehoben wird oder im Seitenvergleich eine Diffe-renz besteht. Ursächlich für ein Defizit können ein dorsales Impingement, eine Kapsulitis, eine degenerative Gelenker-krankung, eine vermehrte Anteversion der Pfanne oder ein ischio-femorales

Impingement sein (Martin et al. 2011).

Demonstriert der Patient eine Hyperfle-xion und Hyperextension kann dies auf eine globale Instabilität bei Hüftdyspla-sie oder angeborene Erkrankungen mit Hyperlaxität hinweisen (Mardones et al.

2010). ( Abb. 2)

Am liegenden Patienten wird dann die Ausgangsposition d.h. die Ruhestel-lung des Fußes am gestreckten Bein beobachtet. Zeigt sich hier, dass die Kniescheiben nach innen zeigen, sog.

„Inward-pointing knee“, so ist dies Hin-weis auf eine vermehrte Antetorsion des Femurs und kann ein atypisches posteriores Hüftimpingement erzeugen.

Eine vermehrte Außenrotation kann ein Indiz für eine angeborene verminderte Fermurantetorsion oder Retrotorsion sein und erzeugt ein anteriores Im-pingement in Flexion und Innenrotati-on, welches eine FAI CAM oder –Pincer-symptomatik verstärken kann (Martin 2010, Steppacher 2017). Auch Dysbalan-cen der Muskulatur können mit einer vermehrten Außen- oder Innenrotation vergesellschaftet sein, hierbei ist auf Seitendifferenzen zu achten. Dies gilt

Abb. 2 ▲ Thomas-Test

A Klassische Ausführung mit angezogenem kontralateralem Bein und Kontrolle eines Anhebens der Kniekehle von der Untersuchungsliege.

B Modifizierte Ausführung mit hängendem ipsilateralem Bein. Wird der Winkel am hängenden Bein im Knie kleiner 90° zeigt dies das Aus-maß der Beugekontraktur. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

Abb. 1 ▲ C-Sign

A Namengebende Form der Hand bei An-zeige des hüftumgreifenden Schmerzes. B Anzeige des hüftumgreifenden Schmerzes mit C-Sign Haltung der Hand. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

A B

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Anamnese und klinische Untersuchung

11 auch für die Beurteilung des groben

Umfangs der Muskulatur um z.B. neuro-muskuläre Erkrankungen zu erkennen (Macke 2017). Eine Innenrotation unter 10° ist immer pathologisch. Sollte ein klinischer Verdacht auf eine Retrotorsi-on bestehen, muss in Bauchlage erneut gemessen werden.

In dieser Position können auch die Füße und Knie beurteilt werden. Knick-Senk-Spreizfüße können das Hüftge-lenk der gleichen Seite mehr belasten.

Ausstrahlende Schmerzen in das Knie oder vom Knie zur Hüfte können eben-falls in dieser Position mit einer Knie-untersuchung verbunden werden, um Hinweise auf „Knie“-Pathologien zu er-halten oder auszuschließen.

Dann wird der „Log-roll-Test“

durch geführt. Mit beiden Händen wird das Bein vorsichtig „Hin und Her“ ge-dreht und es wird auf Missempfindun-gen in der Hüfte geachtet. Beklagt der Pa-tient Beschwerden könnte dies Hinweis

auf eine akut aggravierte Hüftgelenkspa-thologie sein (Byrd 2007). ( Abb. 3)

Der „Hip Dial Test“ folgt, um eine Kapselinstabilität zu detektieren. Dabei wird der Fuß in Innenrotation gedrückt und dann losgelassen. Bei einem positi-ven Test als Hinweis auf eine bestehen-de Kapselinstabilität dreht sich bestehen-der Fuß spontan um mehr als 45° über die Verti-kallinie in Außenrotation und ein fester mechanischer Endpunkt fehlt. (Philip-pon et al. 2013). ( Abb. 4)

Abb. 4 ▲ Hip Dial Test

A Der Fuß wird nach innen gedreht. B Der Fuß wird losgelassen und die spontane Aussenrotation beurteilt. © 2017 AGA-Hüft-Komitee Abb. 3 ▲ Log-Roll Test

A + B Der Untersucher dreht das Bein an Ober- und Unterschenkel zwischen Aussen- und Innenrotation vorsichtig hin und her und achtet auf Missempfindungen des Patienten und Unregelmäßigkeiten im Gelenkspiel. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

A B

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Anamnese und klinische Untersuchung

Nun werden die Adduktoren ge-testet. Zunächst hält der Untersucher beide Beine an den Füßen bei ca. 30°

Hüftbeugung und lässt den Patienten versuchen beide Adduktorengruppen maximal anzuspannen. Dieser „Bilate-ral Adductor Test“ wird ergänzt durch den „Squeeze-Test“ bei dem die Knie dann etwa 30 Grad und die Hüften etwa 30 Grad flektiert sind. Das maximale Anspannen gegen den Widerstand des Untersuchers wird wiederholt. Die Tests sind positiv wenn der Patient Schmer-zen beim Anspannen verspürt. Wenn beide Tests positiv sind, wird das Bein in dieser Stellung außenrotiert und der Ansatz der Adduktoren im Bereich des Os pubis palpiert. Wird auch hier der Schmerz reproduziert, ist die Adduk-torentendinopathie klinisch relevant (Hölmich P 2010). ( Abb. 5)

Bei 90° Knieflexion und 45° Hüft-flexion fungiert der M. Piriformis als reiner Außenrotator. Bei Testung der aktiven Außenrotation gegen Wider-stand in Innen-, Neutral- und Außen-rotation, spricht ein glutealer Schmerz für ein Piriformis-Syndrom. Führt man

den gleichen „aktiven Piriformis-Test“

in 60 Grad Hüftflexion durch, muss der Patient die Abduktion gegen den Wider-stand des Untersuchers durchführen.

Anamnestisch sind diese Tests wichtig wenn der Patient den Schmerz wie „ein Sitzen auf einem Golfball“ angibt (Mar-tin et al. 2013). ( Abb. 6)

Beugt man die Hüfte auf 70 Grad kann das Ligamentum capitis femoris mit dem „O-Donnell-Test“ untersucht werden. In 30 Grad Abduktion wird unter axialem Druck das Bein langsam dynamisch in Innen- und Außenrota-tion bewegt, um noch keinen Kontakt zwischen Femur und Acetabulum zu produzieren, in der Tiefe aber das LCF trotzdem zu stressen (O'Donnell et al.

2014). ( Abb. 7)

Zeigt sich kein Schmerz bei diesen Untersuchungen kann der Arzt ein „ak-tives C-Sign“ durchführen, indem er entsprechend der Schmerzangabe des Patienten seine Hand c-förmig aktiv in die Seite des Patienten drückt. Dieser ist positiv, wenn der Arzt nun den Patienten-schmerz reproduziert hat (Martin 2015).

Die Hüfte wird nun wieder auf 45°

und das Knie 90° gebeugt und das Bein außenrotiert. Der Untersucher gibt er-neut leichten Druck auf das Knie und misst den Abstand zur Untersuchungs-liege im Seitenvergleich. „FABER“-Test (Flexion/ABduction/ExternalRota-tion)“ / „Patrick“-Test oder das „Vie-rer-Zeichen“ sind positiv, wenn der Patient Schmerzen in der Leiste oder lateral angibt und eine Einschränkung des Bewegungsausmaßes festgestellt werden kann. Dann könnte ein femoro-acetabuläres Impingement, eine Psoas- oder Traktus-Tendinopathie, eine ISG-Symptomatik oder eine intraartikuläre Störung des Hüftgelenkes, wie z.B. ein foveales Impingement, vorliegen. Ist die Schmerzangabe dorsal kann dies auf eine Störung im Iliosakralgelenk und den unteren Rücken mit den dort vor-handenen Muskeln und Bändern hin-weisen (Byrd 2007). ( Abb. 8)

Nun wird das Bein weiter in Knie und Hüfte gebeugt und der Maximal-wert der Flexion wird dabei ebenfalls dokumentiert. Dabei muss vor allem auf die Neutralrotation des Beins bei

Abb. 5 ▲ Bilateral Adduktor Test und Squeeze Test

A Die gestreckten Beinen werden an den Füßen bis zu einer Hüftbeugung von etwa 30° angehoben und der Patient aufgefordert die Beine zusammenzuführen. B Bei 30° Hüftbeugung und aufgestellten Füßen wird der Patient angewiesen die Faust mit den Knieinnenseiten zusam-menzudrücken. C Zusätzliche seitlich Ansicht des Squeeze Testes. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

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Anamnese und klinische Untersuchung

13 Abb. 7 ▲ O’Donnell Test

Bei 70° Hüftbeugung und 30° Abduktion (A) wird das Hüftgelenk in Innen- und Aussenrotation (B+C) bewegt. © 2017 AGA-Hüft-Komitee Abb. 6 ▲ Aktiver Piriformis Test

In Seitenlage drückt der Patient bei 60° Hüftbeugung und aufgestell-ten Fuß die Knieaussenseite gegen die gegendrückende Hand des Untersuchers. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

Abb. 8 ▲ FABER Test

In sog. Vierer Position wird geprüft, ob die Beschwerden sich auf das Hüftgelenk, sprich eher tief in der Leiste, oder eher im Ileosakralgelenk bemerkbar machen. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

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Anamnese und klinische Untersuchung

der Durchführung geachtet werden, da z.B. beim Impingement durch Aus-senrotation der Flexionswert erhöht werden könnte. Der Flexionswert sollte beim Gesunden zwischen 120 und 140 Grad nach der „Neutral-Null-Methode“

liegen und in Neutralrotation durchge-führt.

Anschließend wird bei 90 Grad Flexi-on die Außen- und InnenrotatiFlexi-on getes-tet, diese liegt beim Gesunden zwischen 30 und 45 Grad in beide Richtungen. Ein verringertes Bewegungsausmaß kann Hinweis auf eine Kapselkontraktur bei intraartikulären Erkrankungen sein.

Eine schmerzhafte Einschränkung lässt

an eine Kapsulitis, eine globale Ein-schränkung an eine degenerative Hüft-gelenkspathologie denken.

Ist die Innenrotation eingeschränkt, die Außenrotation aber erhöht ist dies ein Indiz für eine vermehrte Retrover-sion des Schenkelhalses und vice versa.

Reduzierte Flexion und Innenrotation können bei FAI oder anderen Impinge-mentformen bestehen (Wilson 2014). In Bauchlage ist es möglich ein Torsions-problem im direkten Seitenvergleich bei simultaner Rotationsuntersuchung beider Hüftgelenke durchzuführen (s.u.).

In dieser Position erfolgen dann verschiedene Impingement Tests. Der klassische „Impingement-Test“ wird in 90 Grad Flexion, Adduktion und Innen-rotation durchgeführt. Er ist positiv bei Schmerzangabe medial in der Leiste. In-traoperativ dient dieser Test der Über-prüfung der Knochenresektion (Byrd 2007). ( Abb. 9)

Abb. 9 ▲ Vorderer Impingement Test

Beim klassischen Impingement Test wird das Hüftgelenk bei 90“ Hüftbeugung (A) in Adduk-tion und InnenrotaAdduk-tion (B) gebracht. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

Abb. 10 ▲ Piriformis Stretch Test Bei sitzendem Patienten wird das gestreckte Bein am Fuß in Adduktion und Innenrotati-on gebracht. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

Abb. 11 ▲ DEXRIT und DIRI Test

Bei fixierter kontralateralen Seite in Hüftbeugung (A) wird das Hüftgelenk entweder nach aussen drehend (DEXRIT (B)) oder nach innen drehend (DIRI (C)) durchbewegt. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

A B

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Anamnese und klinische Untersuchung

15 Ergänzt man nun die gleiche

Un-tersuchung mit axialem Druck auf das Knie nennt man dies den „FADIR-Test (Flexion/ADduction/InternalRotation)“.

Durch den Druck wird zusätzlich das Ligamentum iliolumbale gereizt. Ist der Schmerz bei axialem Druck dorsal und nicht ventral, wird nun versucht diesen dort zu palpieren. Dann wird das Bein unter dieser Palpation dorsal weiter hy-perflektiert und weiter adduziert. Diese Steigerung wird „Piriformis Stretch Test“ genannt. Differentialdiagnostisch muss auch an ein sakroiliakales Prob-lem gedacht werden. Bleibt der primär angegebene Schmerz ventral, verstärkt es den Verdacht auf ein ventrales Hüf-timpingement (Martin 2015). ( Abb.

10)

Nun werden weitere dynamische Impingement Tests durchgeführt. Der Patient hält sein kontralaterales Bein er-neut im Thomas-Handgriff. Beginnend in Flexion und Außenrotation bewegt der Untersucher z.B. am rechten Bein im Uhrzeigersinn in Innenrotation und Adduktion, um es dann abschließend zu extendieren. Bei Schmerzangabe in der Leiste oder tief in der lateralen Hüftregion während der Bewegung ist der „DEXRIT (Dynamic EXternal Ro-tatory Impingement Test)“ positiv. Die entgegengesetzte Bewegung gegen den Uhrzeigersinn wird „DIRI (Dynamic In-ternal Rotatory Impingement)“-Test ge-nannt und endet ebenfalls in Extension (Martin 2013). ( Abb. 11)

Bei einem „internal snapping hip“

- Syndrom des Psoas am Acetabulum kann während der diversen Impinge-ment-Tests beim Übergang von Flexion in Extension ein Schnappen medial-ventral in der Hüfte gefühlt bzw. gehört werden, bei einem „external snapping hip“ - Syndrom des Traktus iliotibialis

kann im Bereich des Trochanter major das Schnappen gesehen werden. (

Abb. 12)

Der Patient wird dann an der Rand der Untersuchungsliege positioniert und der „Posterior Rim-Test“ durch-geführt. Dabei wird das in der Hüfte hyperextendierte Bein von der Unter-suchungsliege abduziert und dabei im

Unterschenkel / Fuß eine Außenrotation ausgeführt. Reproduziert dies den dor-salen Schmerz des Patienten liegt wahr-scheinlich ein posteriores Impingement vor (Martin 2013). ( Abb. 13)

Nach Rückführung des Beins in die Neutralposition hebt der Patient dann aktiv das Bein bei extendiertem Knie an, um den M. iliopsoas und den M.rectus

Abb. 12 ▲ Internal Snapping Hip Test

Das Hüftgelenk wird aus Aussenrotation, Abduktion und Hüftbeugung (A) in die Innenrota-tion, Adduktion und Streckung (B) gebracht. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

Abb. 13 ▲ Posterior Rim Test

Das Hüftgelenk wird in Streckung in leichter Abduktion in Aussenrotation gebracht. Dies ist sowohl an der Seite der Liege (A) als auch am Liegenende (B) möglich. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

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Anamnese und klinische Untersuchung

femoris zu testen. Bei Schmerzen in der ventralen Leiste scheinen die Muskeln gereizt durch diesen „Straight-Leg-Raise-Test“ (SLR) (Byrd und Jones 2004;

Byrd et al. 2010). Kann der Patient dies schmerzfrei durchführen, übt der Un-tersucher Druck auf das angehobene Bein aus („Psoas-Test“). Bei Schmerz-entwicklung in dieser Position wird zur Differenzierung zwischen Psoas und Rectus femoris nun die Hüfte 90 Grad gebeugt und der Patient versucht das Bein weiter zur Brust gegen den Wi-derstand des Untersuchers zu ziehen.

Schmerzfreiheit bei letztem Test spricht gegen eine Psoasreizung und für eine globale muskuläre Hüftschwäche oder Reizung (Byrd et al. 2010; Martin et al.

2015).

Im Dokument Diagnostik des Hüftgelenkes (Seite 10-16)