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Diagnostische Infiltration

Im Dokument Diagnostik des Hüftgelenkes (Seite 34-38)

(Jörg Schröder, Christoph Gebhart, Jens Krüger) 3.1 Einleitung

Trotz des wachsenden Verständnis-ses für die Komplexität und die Diversi-tät der Erkrankungen in der Hüftregion bleibt die Abgrenzung der verschiede-nen Knochen- und Weichteilpathologi-en eine differWeichteilpathologi-enzialdiagnostische Her-ausforderung.

Die klinische Untersuchung allein zeigt dabei eine unzureichende Genau-igkeit (1,2), während die Interpretation der Bildgebung durch einen hohen An-teil falsch-positiver Befunde verkompli-ziert wird (1,3) .

In unklaren Fällen kann daher eine diagnostische Infiltration, ergänzend zur klinischen Untersuchung und Bild-gebung, eine wesentliche Hilfestellung darstellen. Für intraartikuläre Injekti-onen korreliert die Schmerzreduktion mit dem Vorliegen von intraartikulären Pathologien mit einer Genauigkeit von bis zu 90%. (1, 2, 4).

Zudem kann beim Vorliegen mehre-ren Schmerzursachen mit einer solchen Injektion eine Beurteilung der Relevanz der Hüftpathologie erreicht werden. Da-mit erlaubt die Injektionstherapie dem Arzt, das operativ zu erwartende Ergeb-nis gegenüber dem Patienten realistisch abzuschätzen (5).

Da von dem Ergebnis einer diag-nostischen Infiltration therapeutische Entscheidungen maßgeblich beeinflusst werden, muss diese sorgfältig und tech-nisch zuverlässig durchgeführt werden.

Aufgrund der potentiellen Chondrotoxi-zität von Lokalanästhetika sollte nach aktuellem Wissenstand zudem die In-dikation zur Infiltration sorgfältig ge-stellt, möglichst Ropivacain (0,2%) oder Mepivacain (0,5%) verwendet und hohe Dosen vermieden werden (6).

3.2 Technik der

diagnostischen Infiltration

Die Gelenkinfiltration muss in steri-ler Technik erfolgen, incl. Mundschutz (7), sterilen Handschuhen und steriler Vorbereitung. Wie allgemein üblich, sollten elektive Gelenkinfiltrationen strikt bei Bakteriämie oder Infektionen der Haut oder Weichteile im Injektions-gebiet vermieden werden. Im Rahmen der Aufklärung des Patienten sollten zudem mögliche Allergien oder Unver-träglichkeiten auf Lokalanästhetika so-wie Einschränkungen der Gerinnung erfragt werden.

Bei fachgerechter Durchführung sind Komplikationen selten, unsach-gemäße Injektionen können jedoch zu fehlerhaften Diagnosen und zur Gefähr-dung intraartikulärer (z.B. dem Lab-rum) und extraartikuläre (insbesondere neuromuskuläre) Strukturen führen.

Die häufigsten Probleme in Form von lokalen Schmerzen im Bereich der Injektion oder leichte Blutungen aus der Injektionsstelle lassen sich in der Regel leicht beherrschen. Schwerere Kompli-kationen wie Gelenkempyeme sind ten, und werden in der Literatur mit sel-tener als 1:10.000 angegeben (8). Zudem sind Kreislaufreaktionen möglich, auf die der Behandler gefasst sein sollte (9).

Eine Haut- und Stichkanal-Anästhe-sie mit einem entsprechenden Lokalan-ästhetikum ermöglicht einen deutlich erhöhten Patientenkomfort, birgt jedoch potentiell die Gefahr einer unerwünsch-ten Beeinflussung von Weichteilpatho-logien. Der Patient sollte vor der Injek-tion darüber informiert werden, dass er trotz einer vorherigen Infiltration des Stichkanals die Nadel als Druck oder auch als Schmerz spürt, da die tiefen Schichten in der Regel nicht von dem Lokalanästhetikum erreicht werden

und die intraartikuläre Injektion des Medikamentes eine Kapseldehnung auslöst. Aufgrund des Kaspeldehnungs-schmerzes als auch der Dosisabhängig-keit der chondrotoxischen Wirkung von Lokalanästhetika (6) sollten größere Vo-lumina (>10 ml) bei der diagnostischen Infiltration vermieden werden.

Zur Punktion empfehlen wir eine ausreichend lange und nicht zu dün-ne Einmalkanüle, vorzugsweise mit Mandrin (z.B. Spinalkanalnadel 90 mm Länge in 18, 20 oder 22G). Prinzipiell ist eine Punktion von ventral (10), ventro-lateral (11) oder ventro-lateral (12) möglich. So, wie auch in der Hüftarthroskopie üb-lich, sollte die Wahl der Injektionsstelle im Bereich der „Safe Zone“ (13) lateral einer Linie von der Spina iliaca ante-rior supeante-rior zur Patella liegen. Dabei erfolgt die Injektion stets ins periphere Kompartiment. Eine leichte Hüftbeu-gung durch eine Lagerung mit Hilfe ei-ner Knierolle entspannt die ventralen Weichteile, die Hüftkapsel mit dem Lig.

iliofemorale sowie die Iliopsoassehne.

Zudem hilft die Lagerung des Beines, die angestrebte neutrale oder leicht in-nenrotierte Stellung des Hüftgelenks zu erhalten.

Die Verwendung einer unterstüt-zenden Bildgebung in Form einer Fluo-roskopie oder einem Ultraschall erhöht signifikant die Präzision gegenüber rein Landmarken-basierten Techniken (14), die eine hohe Fehlinjektionsquote auf-weisen (12,15,16).

Neben der Bildgebung ist das taktile Gefühl beim Perforieren verschiedener Gewebeschichten und dem Eintritt in das Gelenk wesentlich. Ein abschließen-des Drehen der Nadel kann helfen, letz-te Gewebeschichletz-ten zu durchsletz-techen und so eine vollständig intraartikuläre Lage des Nadelschliffes zu erreichen.

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3.3 BV-gestützte Technik

Es existieren zahlreiche Variationen der Injektionstechnik am Hüftgelenk.

Ein knöcherner Kontakt dient bei allen Techniken als wesentliche Hilfe für die Sicherstellung einer korrekten onstiefe (17). Bei der Wahl der Injekti-onsstelle sollte sowohl die Verdichtung der Kapsel in Form der Zona orbicularis entlang des Schenkelhalses als auch die Lage der Sehnenscheide der Iliopsoas-sehne weit medial beachtet und gemie-den wergemie-den.

Bei der BV-gestützten Technik ist die Bestätigung der intraartikulären Lage mittels eines Kontrastmittels empfeh-lenswert, zuvor sollten mögliche Aller-gien erfragt werden.

Eine intraartikuläre Lage liegt vor, wenn das Kontrastmittel ohne großen Widerstand in das Hüftgelenk injiziert werden kann und sich in der Gelenk-höhle verteilt. Eine lokale Ansammlung von Kontrastmittel um die Nadelspitze oder ein deutlicher Widerstand bei der Injektion ist ein klarer Hinweis für eine mögliche extraartikuläre Nadellage.

Bei Patienten mit Allergien gegen jodhaltige Kontrastmittel kann auch Luft verwendet (18,19) ( Abb. 2), oder auf eine sonografisch gestützte Technik ausgewichen werden.

In der Literatur werden weitestge-hend ventrale oder ventrolaterale Injek-tionstechniken favorisiert, wenn auch für die laterale Injektionstechnik ein geringeres Risiko für neurovaskuläre Strukturen beschrieben wurde (12).

3.4 Sonografie-gestützte Technik

Die Verwendung des Ultraschalls weist zahlreiche Vorteile auf: eine Strahlenbelastung wird vermieden und es gelingt eine direkte Visualisierung gewünschter (z.B. Erguss) oder zu ver-meidenden Weichteilstrukturen (Ge-fäße, Nerven). Zudem kann die Lage und Bewegung der Nadel in Echtzeit nachvollzogen werden und es entfällt die Notwendigkeit ein Kontrastmittel zu verwenden. Zudem scheint die ultra-schallbasierte Technik der Hüftinjekti-on weniger Schmerzen zu verursachen und den Patientenkomfort zu erhöhen (10).

Üblicherweise wird im klinischen Alltag ein 10 MHz Linearschallkopf ver-wendet. Nach Aufsuchen des

Hüftgelen-Abb. 1 ▲ Arthrographie mittels Kontrastmittel, die intraartikuläre Nadellage wird durch dessen Verteilung im peripheren Komparti-ment verifiziert. © 2017 AGA-Hüft-Komitee

Abb. 2 ▲ Arthrographie mittels Luft, die Verteilung der Luft im pe-ripheren Kompartiment verifiziert eine intraartikuläre Nadellage.

© 2017 AGA-Hüft-Komitee

Diagnostische Infiltration

kes und Darstellung der neurovaskulä-ren Struktuneurovaskulä-ren werden durch Drehen des Schallkopfes in die Achse des Schen-kelhalses der Kopf-Hals-Übergang und Schenkelhals dargestellt. Eine „In-plane Technik“, bei der die Nadel parallel zu der Längsachse des Schallkopfes positi-oniert wird, ermöglicht die kontinuier-liche Visualisierung der Nadel. Dabei ermöglicht ein flacherer Winkel der Nadel eine bessere Visualisierung, da ab einem Winkel von über 40° die Sicht-barkeit der Nadel schlechter wird. Eine Punktion im Bereich des Schenkelhal-ses verbessert die Applizierbarkeit und reduziert extraartikuläre Extravasate (20).

Die sicher intraartikuläre Lage der Nadel kann dabei direkt visualisiert werden. Unter Darstellung der Nadella-ge fließt die injizierte Flüssigkeit leicht-gängig ab und die Gelenkkapsel hebt sich an. Zudem ist auch bei der sonogra-fisch gestützten Technik die Insufflation von Luft zur Bestätigung einer intraarti-kulären Lage möglich (21).

3.5 Zusammenfassung

Intraartikuläre Injektionen besit-zen einen festen Stellenwert in der Di-agnostik und Therapie von unklaren Hüftgelenksbeschwerden und erlauben bei einem niedrigen Risiko eine

soforti-gen Erkenntnisgewinn. Zur Applikation wird entweder eine fluoroskopische oder sonografische Unterstützung emp-fohlen, um die Erfolgsquote der Hüft-gelenksinjektion zu erhöhen und neu-rovaskuläre Strukturen am ventralen Oberschenkel zu meiden.

Es existieren zahlreiche Techniken, die von der persönlichen Präferenz des Behandlers, des zur Verfügung stehen-den Equipments und von der klinischen Indikation abhängig sind.

Der Behandler sollte die Prinzipien von Infiltrationen, die Anatomie und die Indikationen und Kontraindikatio-nen der jeweiligen Methoden und Prä-parate beherrschen.

Abb. 3 ▲ Songrafische Kontrolle der Nadelposition bei der Injektion in das Hüftgelenk. © 2017 AGA-Hüft-Komitee Diagnostische Infiltration

37 Literatur:

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