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5.6. Untersuchte Immunmediatoren des Infektionsversuches

Die Zytokine IL-1ß und TNF-α wurden in dieser Arbeit zur Untersuchung ausgewählt, da sie zu den bedeutendsten proinflammatorischen Zytokinen des frühen Infektionsgeschehens zählen (DINARELLO 2000). Diese sind neben der Rekrutierung von Leukozyten zum Ort der Infektion unter anderem auch an der Expression von Enzymen für die Eicosanoidsynthese beteiligt (SCHUKKEN et al. 2011), weshalb auch die Untersuchung der Versuchsüberstände auf das Vorhandensein von PGE2

durchgeführt wurde. Im zweiten Versuchsansatz, der zeitgleichen Inkubation der

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PCBUS mit Bakterien und diversen Testsubstanzen (Florfenicol, Mepyramin, Meloxicam), wurde zu der IL-1ß- auch die IL-6-Konzentration bestimmt. IL-6 gehört ebenfalls zu den wichtigen proinflammatorischen Zytokinen, gleichzeitig hat es aber auch antiinflammatorische Eigenschaften (SCHUKKEN et al. 2011), was die Untersuchung in Hinblick auf die einwirkenden Testsubstanzen interessant machte. In zahlreichen Studien wurde die Expression dieser Immunmediatoren nach Zugabe von Bakterien oder ihren pathogenen Bestandteilen zu bovinen Euterepithelzellen, Euterexplantaten oder intrazisternal an dem bovinen Euter untersucht (BAUMERT et al. 2009; GÜNTHER et al. 2011; SCHUKKEN et al. 2011; GILBERT et al. 2013;

MAGRO et al. 2017). Zum einen, da sie eine wichtige Rolle in der frühen Phase der Immunabwehr spielen und zum anderen, weil viele Zelltypen in der Lage sind, diese Immunmediatoren zu sezernieren (ANGELINI et al. 2005; BARKSBY et al. 2007).

PETZL et al. (2016) infizierten in einer In-vivo-Studie das bovine Euter intramammär mit einer Dosis von je 2,5 x 105 KBE/ml E. coli oder S. aureus. Sie konnten 1 Stunde nach Infektion bei den E. coli-infizierten Eutervierteln eine stärkere Hochregulation aller untersuchten Chemokine und Zytokine feststellen als bei den mit S. aureus infizierten Eutervierteln. Diese Tendenz des Expressionsmusters beobachteten auch GÜNTHER et al. (2011) nach der Infektion von primären Euterepithelzellen mit E. coli oder S. aureus. Auch die Ergebnisse von MAGRO et al. (2017) zeigen, dass Euterexplantate, die zu verschiedenen Zeitpunkten mit LPS inkubiert wurden, eine signifikante Erhöhung der Zytokinkonzentration zeigten, die mit LTA inkubierten Euterexplantate dagegen nicht.

Bei den Ergebnissen der Immunmediatorbestimmungen zeigte sich bei jedem untersuchten Zeitpunkt sowie bei jedem untersuchten Immunmediator, dass die Konzentrationen bei mit S. aureus infizierten oder mit Bestandteilen von S. aureus inkubierten PCBUS höher lag, als bei den mit E. coli oder Bestandteilen von E. coli inkubierten PCBUS. Eine mögliche Erklärung des unterschiedlichen Expressionsprofils der mit Stimulanzien inkubierten PCBUS könnte darin liegen, dass die verwendeten Bakterienbestandteile, besonders LPS (O55:B5), keine Immunreaktion in den Zellen der PCBUS auslösen konnten. Eventuell müsste auch mit einer höheren Konzentration dieses LPS gearbeitet werden. WUNDERLICH et al.

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(2014) zeigten in ihrer Studie, dass PGE2 nach Stimulation von Rinderblut mit LPS von zwei verschiedenen E. coli-Stämmen messbar war. Die Höhe der sezernierten PGE2-Menge unterschied sich allerdings bei ähnlich verwendeten LPS-Konzentrationen je nach benutztem LPS-Typ. Es könnte also sein, dass eine Stimulation der PCBUS mit LPS eines anderen E. coli zu einer vermehrten Immunmediatorfreisetzung führen würde.

Weiterhin ist zu beachten, dass es sich in dieser Studie bei zwei der gewählten Bakterienstämme um klinische Mastitisisolate von E. coli und S. aureus handelt. Es ist also möglich, dass die beiden verwendeten Bakterienstämme unterschiedlich starke Pathogenitätsfaktoren aufweisen, die zu einer vermehrten bzw. verminderten Immunantwort der PCBUS führten. In zahlreichen Studien wird berichtet, dass eine Immunantwort bei E. coli infizierten Zellen oder Geweben sehr viel schneller und stärker erfolgt als bei S. aureus infizierten Zellen bzw. Geweben (GÜNTHER et al.

2011; GILBERT et al. 2013; EZZAT ALNAKIP et al. 2014; LUORENG et al. 2018).

Betrachtet man im Gegensatz dazu die IL-1ß-Expression von TNF-αund PGE2 der PCBUS nach Infektion mit den jeweiligen Referenzstämmen der Bakterien, ist kein merklicher Konzentrationsunterschied festzustellen. Ein Unterschied ist nur bei der IL-1ß-Expression zwischen den beiden Referenzstämmen zu erkennen. Die IL-1ß-Expression liegt bei den S. aureus infizierten PCBUS bedeutend höher als die der E. coli-infizierten PCBUS.

Eine weitere mögliche Begründung für das sezernierte Muster der Immunmediatoren ist die in Kapitel 5.5.1 beschriebene Problematik der eingesetzten Infektionsdosis. Die Zellen der PCBUS werden in diesem In-vitro-Modell mit einer extrem hohen Infektionsdosis konfrontiert, mit der sie im physiologischen Infektionsablauf nicht in Kontakt kommen würden. Die Zellen könnten also in diesem Versuchsansatz ein anderes Expressionsprofil der Immunmediatoren aufweisen, als es im tatsächlichen Infektionsgeschehen der Fall ist.

Es ist aber festzuhalten, dass die aus Schlachtmaterial generierten PCBUS durch Sezernierung von Immunmediatoren auf die artifizielle Infektion regieren konnten. Auf die Variabilität der Ergebnisse wird in Kapitel 5.7 eingegangen.

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5.6.1. Beeinflussung der Immunreaktion infizierter PCBUS durch verschiedene Testsubstanzen

Um in ersten Versuchen zu testen, ob sich die Immunreaktion der infizierten PCBUS beeinflussen lässt, wurden die Testsubstanzen Florfenicol, Meloxicam und Mepyramin zu den mit S. aureus Rd5 infizierten PCBUS gegeben.

Nach 6 Stunden Inkubation wurde die Expression von IL-1ß und IL-6 mittels ELISA bestimmt. Bei Betrachtung der Ergebnisse fällt auf, dass die IL-6-Freisetzung der mit Bakterien infizierten PCBUS nur einem Fünftel der freigesetzten IL-1ß-Menge entspricht. Dieser Umstand kann beispielsweise der Zusammensetzung des Zellverbandes in den PCBUS geschuldet sein. IL-1ß kann von Monozyten, Makrophagen, Lymphozyten, Endothel- und Epithelzellen sowie Fibroblasten freigesetzt werden (BARKSBY et al. 2007), während IL-6 hauptsächlich von Makrophagen und Endothelzellen sezerniert werden kann. Da der Anteil an Epithelzellen in den PCBUS mit hoher Wahrscheinlichkeit größer ist als der der Endothelzellen, kann hier eine mögliche Begründung der unterschiedlich hohen Konzentrationen von IL-1ß und IL-6 liegen. Betrachtet man die Unterschiede der Zytokinexpression nach Zugabe der einzelnen Testsubstanzen, fällt auf, dass die sezernierte IL-1ß-Menge nur bei der Zugabe von Florfenicol niedriger ist als die Menge an IL-6.

Die Zugabe von mindestens 4 µg/ml Florfenicol senkt die IL-1ß-Sekretion signifikant zu den nur mit Bakterien infizierten PCBUS. Wenn also ein Antibiotikum in der Konzentration der MHK zu den mit Bakterien infizierten PCBUS gegeben wird, lässt sich die freigesetzte Menge des proinflammatorischen Zytokins signifikant beeinflussen. Da IL-6 auch antiinflammatorisch wirken kann, könnte dies ein möglicher Grund für den nicht signifikanten Rückgang der freigesetzten Menge dieses Zytokins sein.

Weder bei der Zugabe von Meloxicam noch von Mepyramin konnten signifikante Unterschiede in der Zytokinfreisetzung beobachtet werden. Eine tendenzielle Abnahme ist bei zunehmender Konzentration der beiden Testsubstanzen im IL-1ß-Freisetzungsprofil zu erkennen. Es bleibt zu überlegen, ob die geringe

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Konzentration der Zytokinfreisetzung durch die hohen Konzentrationen der Testsubstanzen und deren zytotoxische Effekte zu erklären ist. Die Zellen der behandelten PCBUS waren möglicherweise nicht mehr vital und konnten daher nicht mehr auf die veränderte Umwelt mit einer Zytokinausschüttung reagieren. Es wurde versucht, nach der Durchführung des Infektionsversuchs einen MTT-Test mit den PCBUS durchzuführen. Es konnten aber keine aussagekräftigen Ergebnisse erzielt werden, da neben den Zellen der PCBUS auch die Bakterien in der Lage waren, Formazan zu metabolisieren. Dies ist ein weiterer Grund, weshalb nach einer alternativen Methode der Vitalitätsbestimmung in weiterführenden Studien gesucht werden sollte.