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Universitäre Hochschulen

Im Dokument Bildungsbericht Schweiz | 2010 (Seite 185-189)

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186 Kontext Universitäre Hochschulen

Kontext

Im Jahr 2008 studierten an den zehn kantonalen Universitäten und den zwei eidgenössischen technischen Hochschulen insgesamt 93’410 Personen im Diplomstudium, Bachelor oder Master. Die Zahl der Studierenden ist für die universitären Hochschulen von zentraler Bedeutung – nicht nur müssen sie ihr Studienangebot (Lehrveranstaltungen, Infrastruktur) entsprechend an-passen, sondern bei den kantonalen Universitäten hängt die Finanzierung in starkem Mass von den Studierendenzahlen ab: Für die Berechnung der Grundbeiträge des Bundes an die kantonalen Universitäten spielt die Anzahl Studierende eine zentrale Rolle, und sie erhalten Finanzbeiträge der Heimat-kantone1 der Studierenden. Die Zahl der Studierenden an einer universitä-ren Hochschule hängt ihrerseits von vier Faktouniversitä-ren ab: der Zahl der Personen in der entsprechenden Altersgruppe (Demografie), der Organisation der zu-führenden Schulen (Anzahl Maturitäten), der allgemeinen Studienneigung der Studienberechtigten und der Situation der spezifischen Hochschule im Wettbewerb mit den übrigen (nationalen und internationalen) Hochschu-len. Die Hochschule selbst kann also nur einen der vier Faktoren direkt be-einflussen.2

Demografie

Während die Bevölkerungsgruppe der 20- bis 25-Jährigen in den letzten Jah-ren jährlich um rund ein Prozent zugenommen hat, stieg die totale Anzahl Studierende stärker an ( Grafik 133 ). Das bedeutet, dass die universitären Hochschulen sich der Entwicklung gegenübersehen, dass ein immer grös-serer Anteil junger Menschen einen akademischen Abschluss anstrebt. Das Bundesamt für Statistik (BFS) rechnet damit, dass in den nächsten Jahren jährlich rund 4% mehr Studierende immatrikuliert sein werden (BFS 2008c).

Diese Entwicklung erfährt aber laut Prognose einen starken Bruch im Jahr 2014: Erstmals wird die Zahl der 20- bis 25-Jährigen zurückgehen, und es ist nicht zu erwarten, dass eine stark zunehmende Studierneigung diesen Rück-gang kompensieren kann. Die Hochschulen werden für diese demografische Veränderung Strategien entwickeln müssen, mit denen sie der abnehmen-den Auslastung ihrer Infrastruktur und dem Rückgang oder der Verschie-bung der Studierenden-abhängigen Finanzbeiträge begegnen können.

Bologna-Reform

Mit der Einführung der Bologna-Reform Anfang der 2000er Jahre stellten die universitären Hochschulen auf eine zweistufige Studienorganisation um: Nach dem Erwerb eines Bachelorabschlusses (ungefähr 6 Semester) können die Studierenden ihr Studium fortsetzen und nach 3–5 Semestern

1 Kanton, in dem der Student oder die Studentin zum Zeitpunkt des Erwerbs des Zulas-sungsausweises Wohnsitz hatte.

2 Viele Schweizer Studierende wählen ihre Hochschule in erster Linie nach geografischen Kriterien aus, was den Wettbewerb unter den Hochschulen einschränkt (s. Denzler & Wol­

ter 2010) Mit dem Band «Demography» der Reihe

«Higher Education to 2030» hat die OECD im Jahr 2008 eine umfassende Analyse der künftigen demografischen Einflüsse auf die Hochschulen vorgelegt (OECD 2008b).

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Bildungsbericht Schweiz | 2010

Universitäre Hochschulen Kontext

einen

133 Studierende an den universitären Hochschulen und demografische Entwicklung

prozentuale jährliche Veränderung Studierende im Diplomstudium, Bachelor oder Master

prozentuale jährliche Veränderung 20-25-jährige Bevölkerung

2017

prozentuale jährliche Veränderung der Studierendenzahl im Diplomstudium, Bachelor- oder Masterstudiengang

prozentuale jährliche Veränderung der Zahl der 20- bis 25-jährigen Bevölkerung

Masterabschluss erreichen ( Institutionen, Seite 188 ). Aufgrund fehlen der Erfahrungen mit zweistufigen Systemen war offen, wie die Studierenden sich im neuen System verhalten würden. Mittlerweile belegen rund 85% der Studierenden einen Studiengang nach dem Bologna-System (zum Stand der Bologna-Reform s. SBF/BBT 2008), und erste Statistiken über ihr Studien-verhalten sind verfügbar. Es kann aber für die Schweiz noch nicht beurteilt werden, ob die Universitätsausbildung durch die Bologna-Reform insgesamt an Attraktivität gewonnen hat – die massive Zunahme der Studierendenzah-len 2002 und 2003 ist in erster Linie auf die doppelten Maturitätsjahrgänge in verschiedenen Kantonen zurückzuführen.3

Erste Auswertungen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass die meis ten Bachelorabsolventen und -absolventinnen auch einen Master an-streben: Rund 87% setzen ihr Studium sofort oder nach ein bis zwei Jahren fort. Ob sich diese Übertrittsquote nicht nur nach Fachbereichsgruppe ( Grafik 134 ), sondern auch nach Hochschulen unterscheidet, kann auf grund der momentanen Datenlage noch nicht festgestellt werden. Inwiefern die Stu dierenden in ihren Studienentscheidungen nach dem Bachelor von der Konjunktur und der Lage auf dem Arbeitsmarkt beeinflusst werden, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Die Einführung des zweistufigen Studien-systems sollte auch die Mobilität der Studierenden zwischen den Hochschu-len begünstigen. Bisher begannen ungefähr 10% ihr Masterstudium an einer anderen Hochschule als derjenigen, an der sie ihren Bachelorstudiengang abgeschlossen hatten.

3 Cappellari und Lucifora (2008) stellen allerdings fest, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Hochschule zu besuchen, in Italien nach der Bologna-Reform um 10% zugenommen hat.

Cardoso, Portelo, Sá et al. (2006) finden den gleichen Effekt für Portugal.

134 Quote der Übertritte ins Masterstudium, 2007

Die Quote misst den Anteil Studierender, die direkt oder ein Jahr nach dem Uni-Bachelor-abschluss in den Uni-Masterstudiengang wechseln.

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188 Institutionen Universitäre Hochschulen

Lebensbedingungen der Studierenden

Das Studienverhalten und der Studienerfolg sind nicht allein durch die ins titutionellen Rahmenbedingungen bestimmt; ebenso beeinflussen die Lebens bedingungen der Studenten und Studentinnen die Studiendauer und die Leistungen (DeSimone 2008, HIS 2008, Warren 2002). In der Schweiz sind 78% der Studenten und Studentinnen an universitären Hochschulen erwerbstätig; davon gibt jede(r) zweite an, «aus finanzieller Notwendigkeit»

zu arbeiten (BFS 2007d). Obwohl die Studiengebühren relativ niedrig sind ( Institutionen, Seite 188 ), ist ein Studium keineswegs kostenlos: Die Studie-renden benötigen durchschnittlich 1300 Franken monatlich ( Grafik 135 ), um ihre Lebenskosten zu decken (falls sie noch im Elternhaus wohnen).

Die entsprechenden Einnahmen, rund 1400 Franken ( Grafik 136 ), be-ziehen die Studenten und Studentinnen einerseits von ihren Familien. Die Unterstützung durch die Familie deckt den Finanzbedarf aber nur in den seltensten Fällen vollständig, weshalb eine Erwerbstätigkeit neben dem Stu dium für viele Studierende eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist: Die Studierenden bestreiten damit im Durchschnitt rund die Hälfte des Finanz-bedarfs. International liegen die Schweizer Studierenden damit im Durch-schnitt – in der Slowakei deckt die Erwerbstätigkeit 90% des studentischen Budgets ab, in Irland nur etwa 19% (HIS 2008).

Der hohe Finanzbedarf zur Deckung der Lebenshaltungskosten bei Schwei zer Studierenden zeigt aber auch die Grenzen der Nebenerwerbs-tätigkeit auf. Würden übrige Einkommensquellen fehlen, müsste ein Stu-dent oder eine StuStu-dentin (ausserhalb des Elternhauses wohnend) während des Studiums je nach Vorbildung und Arbeitsmarktlage etwa 60% arbei-ten, um seine bzw. ihre monatlichen Ausgaben von knapp 2000 Franken zu decken. Ein Pensum, welches sich mit einem Studium in den wenigsten Fällen vereinbaren liesse. Die meisten Studierenden sind somit darauf ange-wiesen, dass sie Zuwen dungen des Elternhauses oder Stipendien erhalten.4

Zu beachten ist zudem, dass gemäss den Richtlinien der Schweizeri-schen Konferenz für Sozialhilfe der monatliche Grundbedarf für den Lebens-unterhalt einer Einzelperson 960 Franken beträgt. Dieser Betrag enthält noch nicht die Kosten für das Wohnen sowie Versicherungen und medi-zinische Grundversorgung. Bei den 1300 bzw. 2000 Franken, die Studie-rende monatlich benötigen, handelt es sich deshalb wohl lediglich um die Finanzierung minimaler Bedürfnisse.

Institutionen

Das Studium an den Schweizer Hochschulen folgt wie erwähnt neu einem zweistufigen Studienmodell mit Bachelor- und Master-Abschlüssen. Das Bachelorstu dium dient der Vermittlung der grundlegenden wissenschaftli-chen Bildung und methodiswissenschaftli-chen Kenntnisse und befähigt die Studierenden

4 Bei einem Studium bis zum Abschluss des Masters (5 Jahre) entsteht ein Finanzierungs-bedarf von rund 120’000 Franken.

135 Monatliche Ausgaben der Studie renden an universitären Hochschulen und Fachhochschulen, 2005

2000 Freizeit, Kleidung, anderes

Gesundheit Transport

Studiengebühren und Kosten für Studium Kommunikation

Freizeit, Kleidung, anderes Gesundheit

Transport

Studiengebühren und Kosten für Studium Kommunikation

Nahrung Unterkunft

136 Monatliche Einnahmen der Studie renden an universitären Hochschulen und Fachhochschulen, 2005

Stipendien und Darlehen Erwerbstätigkeit Familie

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Bildungsbericht Schweiz | 2010

Universitäre Hochschulen Institutionen

für einen

137 Studierende (Lizentiat, Bachelor, Master) pro Mitarbeiter(in) (VZÄ), 2007

Daten: BFS

0 10 20 30 40 50 60

Studierenden pro Assistierende, Assistierenden, wissenschaftlichen Mitarbeiter, wissenschaftliche Mitarbeiterin

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