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U LRICH H ÜBNER ALS M ITGLIED DER B ERLINER S ECESSION UND L EHRER

Im Dokument Ulrich Hübner - Stadt, Land, See (Seite 47-72)

2 BÜRGERTUM UND SECESSION

2.1 U LRICH H ÜBNER ALS M ITGLIED DER B ERLINER S ECESSION UND L EHRER

Ulrich Hübner kehrte nach seinem Akademiestudium 1895 nach Berlin zurück in eine Stadt, die von der Ambivalenz des Kaiserreiches und der Macht Preußens geprägt war, die hier zum besseren Verständnis kurz dargestellt werden sollen.149 Entsprechend dem Status der Reichshauptstadt und preußischen Hauptstadt, wurde die Kunstpolitik in Berlin von der of-fiziellen Kunstpolitik der Hohenzollern bestimmt und durch die Akademie der Künste und ihren jährliche Ausstellungen institutionalisiert.150 Dabei musste die Auswahl an Kunstwer-ken den Ansprüchen des preußischen Staates an repräsentative Kunst und zugleich einer großen Zahl an Einsendungen gerecht werden. Außerdem vertrat der Verein Berliner Künstler als Ortsverein der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft die Interessen seiner Mitglieder gegenüber dem Reich und Preußen.151 Diese Institutionen vertraten zwei unterschiedliche Prinzipien in ihrer Kunstpolitik. Die Akademie der Künste war eine Einrich-tung des preußischen Staates und war dem Kultusministerium unterstellt. Künstler, die als Mitglieder der Akademie berufen wurden, wurden demnach für Ihr Wirken staatlich aner-kannt. Der Verein Berliner Künstler vertrat im Verhältnis dazu unter Leitung Anton von Werners auch eine große Gruppe von Künstlern, zum Teil in prekären Situationen, und de-ren Interessen, insbesondere indem er den Einfluss des Vereins auf die staatliche Kunstför-derung zu erhöhen versuchte, und soziale Einrichtungen für die Vereinsmitglieder durch Verkaufsausstellungen finanzierte.152 Beide Institutionen jurierten die jährlichen Ausstel-lungen sehr stark unter normativen, literarischen Gesichtspunkten.

149 Eine umfangreiche Darstellung bietet dazu Akademie der Künste; Berlinische Galerie: Berlin um 1900. Ausst.-Kat. Berlin 1984.

150 Siehe dazu den umfangreichen Band Akademie der Künste: „Die Kunst hat nie ein Mensch allein besessen“, Berlin 1996.

151 1856 gegründet als privater Gesamtverband zur Vertretung künstlerischer wie wirtschaftlicher Interessen aller Künstler, unabhängig von der Zugehörigkeit zu den staatlichen Kunstakademien, vertrat die Genossenschaft auch die Absicht, im Bereich der Kunst für eine nationale Einheit zu kämpfen. Dies kam schon dadurch zum Ausdruck, dass sie als

gesamtdeutsche Genossenschaft organisiert war und sich für die Einrichtung einer Nationalgalerie engagierte. Zu diesem Zwecke nutzte die Kunstgenossenschaft seit 1858 nationale und seit 1869 internationale Ausstellungen, in denen jedoch nicht das einzelne Werk des Künstlers sondern das kollektive Erscheinungsbild als homogene nationale Kunst angestrebt wurde und in ihrem Erscheinungsbild somit auch die Massenorganisation der Kunstgenossenschaft, zu der sie geworden war, sichtbar machte. Seit 1876 war die Kunstgenossenschaft mit der Aufgabe betraut, die deutschen Beitrag für interna-tionale Weltausstellungen zu organisieren und war 1878 zur Alleinvertretung für die deutsche Künstlerschaft gegenüber der Reichsregierung geworden. Die Wandflächen in den Ausstellungen der Kunstgenossenschaft wurden nach vermeintlich demokratischem Majoritätsprinzip den Lokalvereinen nach ihrer Mitgliederstärke zugeteilt. Wehlte-Höschele, Martina: Der Deutsche Künstlerbund im Spektrum von Kunst und Kulturpolitik des wilhelminischen Kaiserreichs. Diss. Heidelberg 1993, S.

73–99.

152 Bartmann 1985, S. 164–171.

Diese kunst- und kulturpolitischen Gegebenheiten wurden von Künstlern einer eher for-malästhetischen Kunstauffassung sowie einer liberalen, bürgerlich geprägten Elite, beste-hend aus aufgeschlossenen Museumsbeamten, Kunstkritikern und Kunstsammlern insbe-sondere seit der Reichsgründung 1871 vermehrt kritisch gesehen.153 Die Aufgaben der Künste sollten nach Ansicht dieser Kritiker einerseits aus dem Staatsdienst befreit werden und andererseits über Zerstreuung und Unterhaltung des Publikums hinausgehen.

„Vereinfacht gesagt, ging es darum, die Funktion der Kultur innerhalb der bürgerlichen Öffentlichkeit von einer dienenden zu einer führenden umzu-wandeln. Literatur, Theater und Kunst sollten nicht mehr nach erstarrten, gründerzeitlichen Mustern der Zerstreuung des Publikums dienen, sondern mit zeitgemäßen Methoden die als problematisch empfundene soziale Wirk-lichkeit ihrer eigenen Zeit zugleich artikulieren und überwinden. Gerade diese doppelte Aufgabe, die kritische Analyse einerseits, die versöhnliche Synthese andererseits, stellte die Kunst wie auch die Kritik vor eine schier unlösbare Aufgabe. Die künstlerischen Auffassungen jener Jahre waren denn auch höchst ambivalent.“154

Ausdruck fand diese Ambivalenz beispielsweise zu dem bereits erläuterten Streit um die Teilnahme an der Pariser Weltausstellung 1889.155 Ebenfalls im Jahr 1889 gelang es Werner zwar das Monopol des akademischen Senats über den Salon zu beenden, um damit die Mitwirkung für die Mitglieder des Vereins Berliner Künstler zu verbessern, doch eine von vielen erhoffte Liberalität und Überparteilichkeit blieb auch nach der Neuorganisation die-ser Kunstausstellung aus, da die grundlegende Struktur der Ausstellungsorganisation nicht verändert wurde.156 Insbesondere die Menge der ausgestellten Kunstwerke, die dichte Hängung und die wenig differenzierte Jurierung wurden immer wieder kritisiert. Walter Leistikow erklärte deshalb 1893, dass ihm jede Jury zu großzügig sei.157

Die enttäuschten Hoffnungen führten 1892 zur Gründung der Vereinigung der XI durch – im Verhältnis zu Werners Ansichten – liberale Künstler um Liebermann und Leistikow.158 Sie gründeten eine Künstlergruppe mit jährlichen Gruppenausstellungen, um die

Ausstel-153 Zu der formalästhetischen Kunstauffassung und ihrer Quelle in der französischen antiakademischen Kunstkritik siehe knapp zusammengefasst Joachimides, Alexis: Die Museumsreformbewegung in Deutschland und die Entstehung des mo-dernen Museums 1880 - 1940. Diss. Freie Univ. Berlin 1996, Dresden 2001, S. 46–51. - Kuhrau, Sven: Der Kunstsammler im Kaiserreich : Kunst und Repräsentation in der Berliner Privatsammlerkultur, Kiel 2005, S. 214–221. Dort wird die Wirkung des veränderten Kunstverständnis‘ auf die bürgerliche (Sammler-)Elite beschrieben.

154 Ursprung 1997, S. 22.

155 Siehe Kapitel I, Exkurs: Der Streit um die Pariser Weltausstellung 1889: Ein Berliner Kunststreit par excellence.

156 Meister, Sabine: Die Vereinigung der XI. Die Künstlergruppe als Keimzelle der organisierten Moderne in Berlin. Diss. Frei-burg 2005, S. 53–63.

157 Leistikow, Walter: Moderne Kunst in Paris, in: Freie Bühne, 4.1893, Heft 7, S. 800–804, hier S. 801.

158 Zur Vereinigung der XI siehe umfassend Meister 2005.

lungsmöglichkeiten in Berlin zu erweitern, ohne die eigenen künstlerischen Positionen auf-zugeben, sich der Jury der Akademie bzw. des Vereins Berliner Künstler unterstellen zu müssen und zugleich in der Masse der Großen Berliner Kunstausstellung unterzugehen.159 Dabei entstand zwangsläufig eine Konfrontation mit der offiziellen Kulturpolitik, die jedoch weder Ziel noch Zweck der Künstlergruppe war. Sabine Meister betont, dass sich die Mo-tive seitens der Künstler zur Gründung der Künstlervereinigung aus kunstpolitischen, künst-lerischen so wie marktwirtschaftlichen Beweggründen zusammensetzten.160 Eine politi-sche Haltung kann demnach nur indirekt darin gesehen werden, indem sich die beteiligten Künstler den Ausstellungs- und Ankaufsregularien des Staates in Teilen entzogen.161 Die Vereinigung der XI verzichtet jedoch nicht programmatisch auf die Teilnahme an der Gro-ßen Berliner Kunstausstellung.162 Der wesentliche Erfolg dieser Künstlergruppe war weni-ger die Konfrontation mit den staatlichen Institutionen der Kunstpolitik oder der Austritt aus denselben sondern die erfolgreiche Privatisierung der Ausstellungsmöglichkeiten für Künstler und die Gewinnung neuer Publikums- wie auch Käufergruppen.

Die viel besprochenen Ausstellungen der „Elfer“ dürfte Ulrich Hübner bereits 1895, spätes-tens aber ab 1896 besucht haben, und man darf für einen jungen Künstler davon ausgehen, dass er sich ein eigenes Bild von der Kunst machte, welche die Berliner Presse zu stark polarisierenden Stellungnahmen veranlasste.163 1897 und 1898 beteiligte Hübner sich zwar an der großen Berliner Kunstausstellung, als Debütant wurde er von der Kunstkritik jedoch wenig wahrgenommen, geschweige denn von offizieller Seite ausgezeichnet.164 Abgesehen davon, wird spätestens 1897 einer wachsenden Zahl von Künstlern deutlich, dass die Große Berliner Kunstausstellung nicht der lohnendste Ausstellungsrahmen ist und entsprechend mangelte es der Ausstellung auch an qualitätvollen Einsendungen, wie Paul Schultze-Naumburg in seiner Rezension kritisierte. Er lobt zwar den jungen Hübner und andere Landschafter, bemängelt aber, dass diese „[…] kaum ihr Bestes gegeben [haben] für diese Ausstellung, während vielen von ihnen und anderen auf fremden Ausstellungen wie in Dresden vorzüglich vertreten sind. Es ist scheinbar wenig Verlockendes an dieser Berliner

159 Der bereits genannte Artikel von Walter Leistikow beschreibt dieses Phänomen aus Sicht der Zeitgenossen. Leistikow 1893. Vgl. auch Meister 2005, S. 15-16 und S. 86.

160 Meister 2005, passim.

161 Meister 2005, S. 16.

162 Meister 2005, S. 234.

163 Es lässt sich nicht genau sagen, zu welchem Zeitpunkt Hübner 1895 zurück in Berlin war und ob er die Ausstellung der Vereinigung der XI noch sehen konnte. Für 1896 ist dies anzunehmen, da ein junger Künstler ein generelles Interesse an den Ausstellungen in der Stadt haben musste.

164 Siehe dazu Kapitel 1, S. 43.

Ausstellung."165 Ähnlich negativ fällt das Urteil in der Kunst für Alle für die Große Berliner Kunstausstellung 1898 aus, deren Rezension lediglich den beteiligten Künstlern aus Mün-chen ein Lob ausspricht. Auch dass die Ausstellung in diesem Jahr sehr viel weniger um-fangreich ist als in den Jahren zuvor, mildert das harsche Urteil nicht. Rellings Fazit lautet:

„Die Vorstellung, wie das aussehen muss, was von dieser Ausstellung zurückgewiesen wurde, kann einen mit blaßem Entsetzen füllen.“166 Diese Äußerungen vermitteln einen Eindruck von dem anhaltenden Diskurs über das Ausstellungswesen in Berlin.167 Teil dieser Debatte war immer wieder auch die Beurteilung naturalistischer Kunst und die Frage nach einer deutsch-nationalen Kunst.168 In diesem Zusammenhang erhoben Kunstkritik und Kunstschriftsteller häufig den Anspruch, dass Berlin als Reichshauptstadt nach dem wirt-schaftlichen Aufschwung der Gründerzeit einen ebensolchen in der Kunstwelt erleben müsse.169 Der liberalen Kunst wurde – ohne weiterer Definition derselben – von den Kriti-kern die Aufgabe einer Kulturrevolution gegeben, da ein Teil des Bürgertums sich im Deut-schen Kaiserreich politisch unterrepräsentiert und insbesondere auch von der hohenzol-lernschen Kultur- und Kunstpolitik nicht vertreten fühlte. Diese Elite strebte „danach, ihre gesellschaftliche Frustration durch den Ausbau ihres ureigenen Terrains der 'Kultur', zu kompensieren“170 und drängte auf eine Dynamisierung des Berliner Ausstellungswesens, den sogenannten „Berliner Kunstfrühling“.171 Dieser öffentliche Diskurs begleitete die seit der Gründung der Vereinigung der XI immer weiter voranschreitende Privatisierung des Ausstellungsbetriebes und wurde zur Keimzelle der späteren Berliner Secession.172 Der pri-vate Ausstellungsbetrieb begünstigte auch den Zuzug von Künstlern aus anderen Städten

165 Schultze-Naumburg, Paul: Die große Berliner Kunstausstellung (1), in: Kunst für Alle, 12.1896/97, Heft 18, S. 281–284, hier S. 283.

166 Relling, J.: Die Große Berliner Kunstausstellung (1), in: Kunst für Alle, 13.1897/98, Heft 22, S. 340–341, hier S. 341.

167 Zu den Auseinandersetzungen siehe die bereits genannte Literatur auf S. 48 sowie das folgende Kapitel zur Kunstkritik ab S. 79.

168 Vgl. grundlegend zu der Auseinandersetzung um nationale Kunst in der Kunstkritik.Rogers 1998 – Mommsen, Wolfgang J.: Bürgerliche Kultur und politische Ordnung. Künstler, Schriftsteller und Intellektuelle in der deutschen Geschichte 1830 - 1933, Frankfurt am Main 2002, S. 8. Ein Beispiel für die Heftigkeit in dieser Debatte ist der Exkurs in Kapitel I, zur Pariser Weltausstellung 1889, in dem nationalistische bis antisemitische Argumente tonangebend waren. Mehr dazu auch auf S.

81.

169 Exemplarisch für die Kunstkritik der Zeit: Schultze-Naumburg, Paul: Die große Berliner Kunstausstellung (2), in: Kunst für Alle, 12.1896/97, Heft 19, S. 303–305, hier S. 305. Zur Pionierarbeit der Kunstzeitschrift „Das Atelier“ siehe Ursprung, Philip: Kritik und Secession. „Das Atelier“ Kunstkritik in Berlin zwischen 1890 und 1897, Basel 1996.

170 Ursprung 1997 S. 22. Hier ist hinzuzufügen, dass es sich eben nicht um eine reine Flucht der Akteure handelte, wie in der Idee des deutschen Sonderweges angelegt (etwa bei Hans-Ulrich Wehler: Das deutsche Kaiserreich 1871-1918, 4. Aufl. Göt-tingen 1980). Die Bedeutung der Diskurse für die Beteiligten und deren Eigendynamik wird in dieser Beurteilung der Kultur als Flucht aus den kaiserzeitlichen Verhältnissen nämlich nicht berücksichtigt. Kulhoff 1990, S. 13–15. Siehe dazu weiterfüh-rend Blackbourn 1987, S. 67–83.

171 Lacher, Reimar F.: Aufstieg und Niedergang der Secession, in: Angelika Wesenberg (Hg.): Berliner Impressionismus.

Werke der Berliner Secession aus der Nationalgalerie. Ausst.-Kat. Berlin 2006, S. 21–31, hier S. 30.

172 Meister 2005, S. 265. Siehe auch die Darstellung bei Teeuwisse 1986, S. 192-197. Vgl. auch Kapitel Deutsche Kunstkritik – Sprachrohr des Bürgertums?

und brachte damit neue künstlerische Einflüsse in die Berliner Ausstellungen und Künstler-schaft. In der Presse wurde in diesem Zusammenhang später auch der Niedergang Mün-chens als Kunststadt beklagt.173 „So wird zwar der Grundstock des deutschen Impressionis-mus aufgrund einer hervorragenden Infrastruktur in München gelegt, entfalten kann er sich aber erst in Berlin aufgrund privater Initiativen“, fasst Birgit Jooss das Verhältnis des Berliner Ausstellungsbetriebes und der Kunststadt München für diese Entwicklung zusam-men.174

Auch Hübner nutzte in Berlin nun die Möglichkeiten abseits des offiziellen Salons. Anfang 1899 stellte er gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich, sowie Lesser Ury und Richard En-gelmann in der Galerie Keller und Reiner Werke aus Warnemünde aus. Mit einem gewissen Erfolg, wie es scheint, denn von den Rezensenten wird er in diesem Rahmen differenzierter wahrgenommen.175 Die Vorteile des privat organisierten Ausstellungsbetriebes geben ihm zudem die Möglichkeit, zeitgleich zu der Ausstellung bei Keller und Reiner als Gast der Gruppe Freie Kunst im Berliner Künstlerhaus auszustellen. In der Besprechung von Julius Norden heißt es zu seinen Arbeiten, vermutlich Bezugnehmend auf die 1898 in der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigten Werke, „[s]einer noch etwas unruhig bunten 'Mee-resstille' ziehe ich die Bilder vom vergangenen Sommer vor. An Ausdruckswerth kommt diesen das andere Motiv mit seinen alten Häusern und rothen Dächern wohl nä-her...[sic].“176

Ebenfalls Anfang 1899 wird von allen Kunstzeitschriften auch über die Berliner Secession und ihre Auseinandersetzung mit dem Verein Berliner Künstler im Ringen um eine eigene Ausstellungsjury berichtet.177 Eine Gruppe moderner Künstler bemühte sich bereits seit Mai 1898, bessere Ausstellungsbedingungen innerhalb der Großen Berliner Kunstausstel-lung zu erwirken, etwa mittels eigener Räume und Jury.178 Um der Forderung Nachdruck

173 Jooss 2009, S. 57. Dem zweiteiligen Artikel von Hans Rosenhagen in Der Tag folgen zahlreiche Debatten, die bis in den bayrischen Landtag führten. Rosenhagen, Hans: Münchens Niedergang als Kunststadt. I, in: Der Tag, 13.4.1901c; Rosenha-gen, Hans: Münchens Niedergang als Kunststadt. II, in: Der Tag, 14.4.1901d. Siehe auch Schrick, Kirsten Gabriele: München als Kunststadt. Dokumentation einer kulturhistorischen Debatte von 1781 bis 1945, Wien 1994, S. 75–77.

174 Jooss 2009, S. 58.

175 „Ulrich, der Landschaftsmaler ist flotter und lebendiger [als Heinrich]; aber seine Malweise ist noch sehr ungleichmässig und unruhig, was besonders bei der Behandlung grosser Flächen störend zu Tage tritt." N.N.: Sammlungen und Ausstel-lungen, in: Kunstchronik. Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe, N.F. 10.1899b, Heft 12, S. 184–187. „Objektiver [als Lesser Urys Kunst] ist die Kunst der beiden Hellmaler Heinrich und Ulrich Hübner, […] Ulrich ist ein Landschafter, dem es trefflich gelungen ist, leicht bewegtes Wasser mit feinem Farbenspiel bunter Reflexe wiederzugeben." N.N.: Berliner Kun-stausstellungen, in: Deutsche Kunst. Illustrirte Zeitschrift für das gesamte deutsche Kunstschaffen, III.1898/99, 3, 15.1.1899, S. 122–124, hier S. 124.

176 Z.B. Norden, Julius: Berliner Kunstschau, in: Die Kunst-Halle, 4.1899, Heft 8, S. 121–122, hier S. 121.

177 N.N. 1899b, S. 186.

178 Grundlegend: Paret 1981 und Teeuwisse 1986. Die Umstände der Secessionsgründung wurden darin bereits um-fangreich beschrieben Zuletzt wurde eine wesentliche Korrektur in Bezug auf das Gründungsdatum vorgenommen: Lacher, Reimar F.: Die Gründung der „Berliner Secession“. oder: Eine Legende der Kunstgeschichte, in: Museumsjournal. Berichte

zu verleihen, hatte Leistikow bis November 1898 unter der Bezeichnung „Berliner Seces-sion“ eine Unterstützerliste zusammengestellt, deren Unterzeichner „sich gegenseitig ver-pflichtet [hatten], bei Nichtbewilligung der Bitte die [Große Berliner Kunstausstellung – d.

Verf.] Ausstellung nicht zu beschicken“.179 Ulrich Hübner ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht Mitglied der Gruppe. Dass die Verhandlungen unter der Leitung Leistikows und Lieber-manns mit dem Verein Berliner Künstler und der Akademie der Künste jedoch scheiterten, führte zur eigentlichen Institutionalisierung der Berliner Secession im Januar 1899 und zur angedrohten Abwesenheit der unterzeichnenden Künstler in der Großen Berliner Kunst-ausstellung 1899, zu denen nun auch Hübner gehörte.180

Der endgültige Bruch zwischen der Berliner Secession und dem Verein Berliner Künstler wurde schließlich von Werner herbeigeführt, der die Secessionisten aus dem Verein und der Akademie entfernen wollte; weniger aufgrund der vertretenen Kunstauffassungen, sondern vielmehr wegen des Schadens, den die „Abtrünnigen“ aus Sicht des Vereins Berli-ner Künstler, ihrer Institution und damit der Einheit der Künstlerschaft beigefügt hatten.181 Der größte Teil der Secessionsangehörigen blieb jedoch Mitglied im Verein Berliner Künst-ler, verzichtete aber auf die Teilnahme an der Jahresausstellung. Die tatsächliche Konfron-tation zwischen Secession und offizieller Kunstförderung beginnt demnach erst mit der Gründung der Secession und ist nicht durch diese beendet.

Obwohl seine Werke 1898 bei der großen Berliner Kunstausstellung akzeptiert worden wa-ren, setzte Hübner auf die öffentlichen wie wirtschaftlichen Erfolg versprechende

Mitglied-aus Museen, Schlössern und Sammlungen in Berlin und Potsdam, 14.2000, Heft 1, S. 16–19. – Meister 2005, 274-277. Bei Lacher uns Meister wird das Gründungsdatum anstatt im Mai 1898 auf Januar 1899 festgelegt, da die im Mai 1898 zusam-mengetretene Gruppe weder den Verein Berliner Künstler noch die Große Berliner Kunstausstellung verlassen, sondern lediglich bessere Ausstellungsbedingungen innerhalb der Institutionen erwirken wollte. „Bis zu dem Zeitpunkt, da die Kün-stler der Berliner Moderne die Hoffnung hatten, sich mit dem Salon zu einigen und eine eigene Jury sowie eigene Räume zu erhalten, also bis um den Jahreswechsel 1898/99, war die Gründung einer Sezession keineswegs ausgemachte Sache. Die grundlegende Ambition war künstlerische Autonomie in Hinblick auf das Ausstellungswesen und somit auf die eigene Produktion […].“ Meister 2005, S. 277–278.

179 Berichte der Ausstellungskommission und des Präsidenten der Königlichen Akademie der Künste an Kultusminister Rob-ert Bosse, 11 November und 8. Dezember 1898, GStAPrK Kultusministerium, Bericht 76 Ve, Sekt 1, Abt. IV, Teil IV, Nr. 9, III, S. 208, zitiert nach Paret 1981, S. 79. Die Unterstützerliste ist abgedruckt in Bröhan, Margrit: Walter Leistikow (1865 - 1908). Maler der Berliner Landschaft, Berlin 1988, S. 122.

180 Das Scheitern der Verhandlungen bzw. der beidseitigen Bemühungen, den „Bruch zu kitten“, wird bei Paret

beschrieben: Liebermann war in die Ausstellungskommission des Salons von 1899 gewählt worden und handelte dort einen Kompromiss für die Secession aus, der ihr ähnliche Privilegien verschafft hätte, wie der Düsseldorfer Kunstgenossenschaft, wenn sie in Berlin ausstellte. Dieser Kompromiss scheiterte allerdings an Anton von Werners Ablehnung. Nicht richtig ist in vielen Schilderungen, dass die Secessionisten den Verein verließen. Sie stellten lediglich auf der Jahresausstellung nicht mehr aus. Paret 1981, S. 77–81. Vgl. dazu auch Meister 2005, S. 276. In der abgedruckten Mitgliederliste in der Zeitschrift

„Das Atelier“ vom 15. Januar 1899 wird Hübner erstmals als Mitglied aufgeführt. N.N.: Mitglieder-Liste der Berliner Seces-sion. Beiblatt „Das Atelier“, in: Deutsche Kunst. Illustrirte Zeitschrift für das gesamte deutsche Kunstschaffen, III.1898/99, Heft 7, S. 137.

181 Meister 2005, S. 276. – Paret 1981, S. 77–81. – Doede 1977, S. 18-20.

schaft in der Berliner Secession und stellte das bisher nicht näher identifizierte Bild Abend-sonne aus.182 In den Rezensionen der ersten Ausstellung fanden zwar keine Besprechungen von Hübners Werk statt und auch über einen möglichen Verkauf fehlen Belege. Doch die generelle Schilderung des Erfolges der Secessionsausstellung gibt Hübner und seinen Mit-streitern Recht und zeigt, dass nach den Jahren des „Kunstfrühlings“ und des öffentlichen Diskurses um Funktion und Form der Kunst letztlich durch die Gründung der Secession und deren Ausstellung ein ästhetischer Konsens der bürgerlichen Eliten institutionalisiert wurde.183

Mit der Eröffnung der ersten Secessionsausstellung in Berlin wurde die Erwartungshaltung der Kritiker eingelöst, „[d]ie bildenden Kunst hatte die Führung übernommen. Berlin war die erste Kunststadt im Kaiserreich“.184 Natürlich führte dies auch zu Enttäuschungen und deshalb auch zu negativen Stimmen in der Kritik. Die Secession konnte die überbordenden Erwartungen nicht erfüllen, sie war lediglich ein Interessenverband, der die Erwartungen des interessierten Berliner Publikums nur in Teilen erfüllte.185 Deutlich wird dies auch dadurch, dass die erste Ausstellung der Berliner Secession zum Teil Werke zeigte, die be-reits mehrere Jahre alt waren. Es war das Anliegen der Secession, auf diese Weise Bezug zu der älteren Generation von Malern wie Arnold Böcklin und Wilhelm Leibl herzustellen und dem Publikum erkennbar zu machen, dass die Mitglieder der Secession sich nicht völlig von der Kunst ihrer Vorgänger lossagten, sondern mit diesen Gemeinsamkeiten hatten. So bringt auch Max Liebermanns im Katalog abgedruckte Eröffnungsrede zum Ausdruck, dass die Secession nicht um der Provokation Willen tätig geworden ist, sondern durchaus mit kunstpolitischem und pädagogischen Anspruch, wie auch Leistikow ihn formulierte:186

„Wir wollen das große Publikum. Wir wollen nicht nur gekauft werden, wir wollen auch verstanden werden von den breiteren Massen, wir wollen diesen Vielen Gelegenheit geben, Gutes zu sehen, Kunst lieben und verstehen zu

„Wir wollen das große Publikum. Wir wollen nicht nur gekauft werden, wir wollen auch verstanden werden von den breiteren Massen, wir wollen diesen Vielen Gelegenheit geben, Gutes zu sehen, Kunst lieben und verstehen zu

Im Dokument Ulrich Hübner - Stadt, Land, See (Seite 47-72)