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I N GUTER G ESELLSCHAFT

Im Dokument Ulrich Hübner - Stadt, Land, See (Seite 72-79)

2 BÜRGERTUM UND SECESSION

2.2 I N GUTER G ESELLSCHAFT

Wie dargelegt, ist die Motivik Ulrich Hübners in diesen Jahren bestimmt von verschiede-nen, durchaus bürgerlichen Motiven. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als dass Hübner gemäß seiner Herkunft durchaus dem Bürgertum zuzurechnen ist. Dass er als bürgerlicher Maler in Berlin um 1900 erfolgreich ist, ist ein wesentliches Merkmal seiner Zeit, wie im Folgenden zu zeigen sein wird.

Für die im einleitenden Kapitel dargelegte bürgerliche kulturelle Hegemonie war vor allem das Vereinswesen, bezogen auf die Bildende Kunst die Gründung und Förderung von Kunst-vereinen bedeutend.251 Liberale Gruppen begannen durch Literatur und Rezensionen ei-nen eigeei-nen ästhetischen Konsens zu entwickeln, der von den Akteuren als gesellschaftli-che Kunsterzieher vertreten und verbreitet wurde.252 Vor diesem Hintergrund erscheinen die Secessionsbewegungen der 1890er Jahre noch viel stärker als die „wahren Erben des emanzipatorischen Bürgerideals der ersten Jahrhunderthälfte“, doch ihre Unterstützung seitens Mäzenen und Kunstkritikern einerseits und Ablehnung sowie institutionelle Aus-grenzung andererseits machen deutlich, dass es schon zu diesem Zeitpunkt keine homogen

„bürgerliche“ Kultur mehr gab.253 Die Heterogenität der Gesellschaft war endgültig auch im Kunstmarkt angekommen.

Wesentlich in Hinsicht auf Hübner und seine Position in Berlin sind einerseits seine bürger-liche Herkunft und Bildung, andererseits seine Unabhängigkeit als Maler, in der er sich, wie viele andere, der Indienstnahme und Normierung seiner Kunst entzog. Zwar blieb jungen Künstlern wie Hübner, die sich der Secession anschlossen, durch die kompromisslose Kul-turpolitik Anton von Werners der Weg zu offizieller Anerkennung und Ankäufe durch den preußischen Staat verwehrt. Den Erfolg auf dem privaten Kunstmarkt und die Weiterent-wicklung dessen, sowie die daraus resultierende Herausbildung eines durch private Förde-rer ermöglichten Stilpluralismus konnten aber die kunstpolitischen Institutionen Preußens nicht verhindern.254 Durch die Pluralisierung des Kunstmarktes und der Akteure in der

251 Die Verbindung von Bildung und Besitz führte zu einer kulturellen Hegemonie der gebildeten wie wohlhabenden Bürger, das gemeinsame politische Bewußtsein dieses Milieus wurde vornehmlich nationalpolitisch geprägt. Nach der National-staatsgründung, die in ihrer Verfassung hinter den bürgerlich-liberalen Erwartungen zurückblieb, übernahm das Bürgertum dennoch einen „moralischen Führungsanspruch“, der im „Kulturkampf“ mündete. Mommsen 1994a, S. 10. Siehe dazu auch die Darstellungen in der Einleitung S. 25.

252 Siehe dazu Kuhrau, Sven: Der Kunstsammler als Mäzen. Sammeln und Stiften als Praxis der 'kulturellen Elite' im wilhel-minischen Berlin, in: Thomas Gaehtgens (Hg.): Mäzenatisches Handeln. Bürgerlichkeit, Wertewandel, Mäzenatentum, Ber-lin 1998, S. 39–59, hier S. 39–41.

253 Hein 1996, S. 115. Vgl. auch Mommsen 2002, S. 8.

254 Zur Entwicklung dazu grundlegend Kuhrau 2005 – Gaehtgens, Thomas (Hg.): Mäzenatisches Handeln, Berlin 1998, hier Bd. 1. – Braun, Günther und Braun, Waldtraut (Hg.): Mäzenatentum in Berlin. Bürgersinn und kulturelle Kompetenz unter

Kunstförderung diversifizierte sich auch die Kunstauffassung und Kunstpolitik immer wei-ter. Die Heterogenität drang über einen Umweg letztlich doch in die staatlichen Institutio-nen ein. Durch die Unterstützung von MäzeInstitutio-nen war es Hugo von Tschudi in Berlin seit 1896 möglich, Kunstwerke in der Nationalgalerie zu platzieren, die die Zustimmung des Kaisers von der konservativen Ankaufskommission niemals gefunden hätten und die nun als Ge-schenke in die Sammlung der Nationalgalerie gelangten.255

Ein weiteres Beispiel für das Wirken der pluralistischen Kunstauffassung auf den Staat ist die Auseinandersetzung über die deutsche Teilnahme an der Weltausstellung in St. Louis 1904. Nachdem das Deutsche Reich 1900 unter großem finanziellem Aufwand an der Welt-ausstellung in Paris teilgenommen hatte, erhält das Außenministerium 1901 eine Einladung zu der Weltausstellung in St. Louis. In den ersten Beratungen zwischen dem Reichsinnen- und Außenministerium wird zunächst deutlich, dass eine Zusage vermieden werden soll,

„ohne Anstoß zu erregen“.256 Schließlich einigt man sich auf das Drängen der Amerikaner hin, lediglich eine „Visitenkarte“ in Form einer Kunstausstellung abzugeben.257 Der Innen-minister Arthur Graf von Posadowsky-Wehner ist für die Organisation derselben zuständig und nimmt dazu Kontakt mit der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft auf.258 Währenddessen bat der preußische Kultusminister Konrad Studt, in Rücksprache mit dem

sich verändernden Bedingungen, Berlin/ New York 1993. – Mai, Ekkehard und Paret, Peter (Hg.): Sammler, Stifter und Mu-seen, Köln 1993. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet: Lenman, Robin: Der deutsche Kunstmarkt 1840-1923:

Integration, Veränderung, Wachstum, in: Ekkehard Mai und Peter Paret (Hg.): Sammler, Stifter und Museen, Köln 1993, S.

135–152.

255 Paul 1993, 73–96 und passim. Tschudi gelang auch eine innovative Umgestaltung der Nationalgalerie, die ebenfalls Teil des stattfindenden Diskurses über die Deutsche Kunst und ihre Institutionen wurde, mit dem kaiserlichen Erlass vom Au-gust 1899 einen Höhepunkt erreichte und die gesamte Amtszeit Tschudis über bis 1909 anhalten würde. Diese komplexen und für die öffentliche Debatte wichtigen Vorgänge führen an dieser Stelle zu weit von Hübner weg, sollen hier jedoch nicht unerwähnt bleiben. Siehe dazu Paul 1993, S. 102–106. Ebd. S. 109-114 und S. 181-276.

256 Paret 1981, S. 168. Die Vorgänge im Vorfeld der „Louisiana Purchase Exposition, St.Louis 1904“ hat Paret in ihrer Bedeutung für die Berliner Secession auf den Seiten 163-171 zusammengefasst, beruhend auf seinen Forschungen, die zuerst 1978 erschienen sind: Paret, Peter: Art and the National Image. The Conflict over Germany's Participation in the St.

Louis Exposition, in: Central European History, 11.1978, Heft 2, S. 173. Siehe dazu auch: Wehlte-Höschele, Martina: Der Eklat um die Weltausstellung in St.Louis 1904. Zur Vorgeschichte des Deutschen Künstlerbundes, in: Deutscher Künstler-bund. 36. Jahresausstellung. Ausst.-Kat. Stuttgart 1988, S. 21–25. – Bartmann 1985, S. 194–213.

257 Paret 1981, S. 171.

258 Die Bedeutung der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft sei hier zusammengefasst: 1856 gegründet als Gesamtverband zur Vertretung künstlerischer wie wirtschaftlicher Interessen aller Künstler, unabhängig von der Zugehö-rigkeit zu den staatlichen Kunstakademien, vertrat die Genossenschaft auch die Absicht, im Bereich der Kunst für eine na-tionale Einheit zu kämpfen. Dies kam schon dadurch zum Ausdruck, dass sie als gesamtdeutsche Genossenschaft organ-isiert war und sich für die Einrichtung einer Nationalgalerie engagierte. Zu diesem Zwecke nutzte die Kunstgenossenschaft seit 1858 nationale und seit 1869 internationale Ausstellungen, in denen jedoch nicht das einzelne Werk des Künstlers sondern das kollektive Erscheinungsbild als homogene nationale Kunst angestrebt wurde und in ihrem Erscheinungsbild somit auch die Massenorganisation, zu der sie geworden war, sichtbar machte. Seit 1875 war die Kunstgenossenschaft mit der Aufgabe betraut, die deutschen Beiträge für internationale Weltausstellungen zu organisieren und war 1878 zur Allein-vertretung für die deutsche Künstlerschaft gegenüber der Reichsregierung geworden. Durch das vermeintlich demo-kratische Majoritätsprinzip in den Ausstellungen die Wandflächen den Lokalvereinen nach ihrer Mitgliederstärke zuzuteilen und ihre immer engere werdende Bindung an die Reichsregierung verhinderte die Kunstgenossenschaft eine freie Entwick-lung der Kunst und machte sich immer mehr innen- und außenpolitischen Zwecken zu Nutzen. Dies war letztlich der Aus-gangspunkt der deutschen Secessionsbewegungen, je nach Verfassung des Lokalvereines gelang es in München z.B. der Secession mit der Kunstgenossenschaft weiterhin zusammenzuarbeiten, während in Berlin ein erbitterter Streit entstand (siehe die Schilderungen zur Gründung der Berliner Secession in diesem Kapitel) Wehlte-Höschele 1993, S. 73–99.

Kaiser, den Architekten Hermann Ende in seiner Funktion als Präsident der Preußischen Akademie der Künste, um seine Ansicht, wie die Ausstellung am besten zu organisieren sei.259 Studt schlug daraufhin vor, um eine bessere Wirkung der deutschen Kunst vor der Öffentlichkeit und in der Presse zu erzielen als auf der Weltausstellung 1900 in Paris, wo die Kunstgenossenschaft vorwiegend akademischen Kunstwerke präsentiert hatte, ein zentrales Komitee zu bilden. Auch der Kanzler stimmte diesem Verfahren zu, jedoch ohne den Kaiser zu informieren. Der beauftragte Reichskommissar im Innenministerium Theo-dor Lewald schloss daraufhin eine Vereinbarung mit den Bundesregierungen ab. Im Früh-jahr 1903 trat unter großem öffentlichen Interesse die aus 31 Personen bestehende Kom-mission zusammen, die über das weitere Vorgehen und die Organisation der Ausstellung beraten und entscheiden sollte, das so genannte Kunstparlament.260 Mitglieder waren Künstler, die verschiedene Vereinigungen vertraten – für die Berliner Secession, in der Hüb-ner Mitglied war, waren Fritz Klimsch und Walter Leistikow berufen – Museumsdirektoren wie Alfred Lichtwark und Tschudi sowie Kunsthändler. Aufgrund der Besetzung dieser Kom-mission wehrte sich die traditionell mit der Organisation derartiger Kunstausstellungen be-traute Allgemeine Deutsche Kunstgenossenschaft vehement gegen das Vorgehen und boy-kottierte den Ausschuss.261

Auch der Kaiser war verärgert, dass auf diese Weise die moderne deutsche Kunst in die auswärtige Kulturpolitik integriert werden sollte und veranlasste – beraten von Werner – Maßnahmen, um das Kunstparlament aufzulösen und anstatt dessen die Kunstgenossen-schaft wieder mit der Organisation zu beauftragen. Dies bedeutete eine einseitige Kündi-gung der Vereinbarung, die die Reichsexekutive mit den Bundesregierungen getroffen hatte. Zunächst erhob aber kein Staat Einspruch.262 Das Eingreifen Kaiser Wilhelms II. zeigt, dass es nicht nur um einen Macht- und Verteilungskampf verschiedener Interessensvertre-tungen ging. Die entscheidende Frage war dabei schließlich auch, welches Ziel die deutsche Kunstausstellung auf der Weltausstellung eigentlich verfolgen sollte. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Vertreter der akademischen Kunst und der Kaiser eine deutsche Überlegenheit darstellen wollten, während die liberalen Vertreter und große Teile der Se-cessionsangehörigen eher die deutsche Kunst als Teil einer Weltkunst vertreten sehen

259 Paret 1981, S. 171.

260 Paret 1981, S. 167–173.

261 Wehlte-Höschele 1988, S. 22.

262 Paret 1981, S. 187–191.

wollten.263 Ein weiterer Konfliktpunkt war seitens der Kunstgenossenschaft die Frage, wa-rum die Secessionen ein so großes Mitspracherecht erhalten sollten, obwohl sie zahlenmä-ßig lediglich einen Bruchteil der Künstler vertraten, während die Kunstgenossenschaft als Interessenvertretung der Masse von Künstlern auftrat.264 Es treffen in diesem Falle also die Interessenvertretung der Mehrheit auf die Meinung, dass die Ausstellung nicht nach Be-findlichkeiten und Proporz wie der Verbandsgröße, sondern nach Qualitätskriterien ent-schieden werden soll, um die Wirkung der deutschen Kunst in der Welt zu verbessern. Die Überzeugung „Klasse statt Masse“ entsprach dabei ganz den Grundsätzen, aus denen auch die Secession entstanden war.

„Das Bewußtsein von einem (gleichviel interpretierten, jedenfalls hochbe-deutenden) Zusammenhang zwischen der Kunst und der Nation verstärkte die Erbitterung der Kontrahenten und interessierte auch die breite Öffentlichkeit für den Streit.“265

Das große öffentliche Interesse führte im Februar 1904 zwar zu einer bemerkenswerten Reichstagsdebatte.266 Auf die künstlerische Ebene hatte diese Debatte doch keinen Einfluss mehr. Ohne eigene Jury und separate Ausstellungsräume verweigerten die Secessionen ihre Beteiligung bereits im November 1903. Fritz von Uhde begründete dies:

„Wir sind der Überzeugung, daß eine die deutsche Kunst der Gegenwart wür-dig repräsentierende Ausstellung nicht zustande kommen kann und verzich-ten darauf, uns an einem Unternehmen zu beteiligen, in dem uns weder eine entscheidende Stimme nicht genügender Platz für unsere Arbeiten einge-räumt wird.[…] Wir protestieren dagegen, daß diese Ausstellung als ein Spie-gelbild deutscher Kunst ausgegeben wird.“267

Die Künstler, die selbst als Secessionsangehörige lange den traditionellen Institutionen treu geblieben waren (s.o.), zogen aus den Vorgängen um St. Louis eine Konsequenz, um sich von staatlicher Seite nicht mehr bedrängen zu lassen und gründeten den Deutschen Künst-lerbund als eigene Interessenvertretung, die nicht als Dachverband der Secessionen ge-plant war, auch wenn sich der größte Teil der Mitglieder aus der Berliner und Münchener

263 Paret 1981, S. 201.

264 Vgl. Wehlte-Höschele 1993, S. 89.

265 Paret 1981, S. 201.

266 Zwar hatte das Parlament in dieser Sache keinen Einfluss auf die Reichsexekutive, doch die Bewilligung des benötigten Etats im Haushalt muss vom Reichstag erteilt werden. Die dafür vorgesehene Debatte wurde von Abgeordneten aller Parteien dann genutzt, um das Vorgehen des Kaisers und der preußischen Regierung als Bruch der Vereinbarung von Reichs- und Bundesregierungen zu kritisieren. Dabei ging es nicht primär um die tatsächliche Haltung zur Kunst, sondern um das untertänige Verhalten eines Staatssekretär des Reiches gegenüber preußischen Vorgaben und die Tatsache, dass das kaiserliche Verhalten den Anschein erweckt, preußische Interessen vor Reichsinteressen zu stellen. Paret 1981, S. 202.

– Wehlte-Höschele 1993, S. 192. – Bartmann 1985, S. 201–212.

267 Wehlte-Höschele 1993, S. 107.

Secession zusammensetzte, sondern alle künstlerischen Kräfte als Gegengewicht zur Allge-meinen Kunstgenossenschaft zusammenfassen sollte.268 Ein erneuter Versuch, den Reichs-kanzler Bülow mit dieser neuen Organisationsform von einer Teilnahme an der Weltaus-stellung in St. Louis mit eigener Jury zu überzeugen, scheiterte und unterstrich so die op-positionelle Position des Künstlerbundes deutlich.269 Späteren Aufforderungen an einzelne Mitglieder des Künstlerbundes, sich doch noch an der Deutschen Ausstellung in St .Louis zu beteiligen, wurden vom Vorstand des Künstlerbundes kategorisch abgelehnt und dies den Mitgliedern entsprechend per Rundbrief mitgeteilt.270 Hübner gehörte nach der heu-tigen Quellenlage nicht zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Künstlerbundes, er wird jedoch im Mitgliederverzeichnis genannt, das im Katalog der dritten Künstlerbundaus-stellung 1906 erschien.271 Wann der Eintritt erfolgte, ist nicht nachzuvollziehen. Wehlte-Höschele schildert das Aufnahmeprozedere und dies legt nahe, dass Hübner bereits vor der ersten Ausstellung als Mitglied vorgeschlagen und angenommen wurde, als die Mit-gliederzahlen nach der Gründungsphase in die Höhe schnellten.272 An der ersten Künstler-bundausstellung, im Rahmen der zehnten Ausstellung der Münchener Secession, nahm Hübner bereits teil und zeigte die Gemälde Frühling an der Oberspree und Ein Boot, die leider beide nicht identifiziert werden konnten.273 Wesentliche Prinzipien für die die Jah-ressausstellungen des Künstlerbundes waren eine zentrale Jury – im Gegensatz zur Kunst-genossenschaft, wo die lokalen Jurys die Auswahl trafen – und wechselnde Ausstellung-sorte, um den verschiedenen Kunstzentren des Kaiserreiches gerecht zu werden. So fand

268 Zur Gründungsgeschichte des Deutschen Künstlerbundes siehe Lyra-Wex, Marianne: Die Gründung des Deutschen Kün-stlerbundes, in: Deutscher Künstlerbund. 36. Jahresausstellung. Ausst.-Kat. Stuttgart 1988, S. 27–31. Zuletzt: Föhl, Thomas:

Ein Netzwerk für die Moderne. Harry Graf Kessler und die Gründung des Deutschen Künstlerbundes im Spiegel zeitgenö-ssischer Quellen, in: ders. (Hg.): Ein Arkadien der Moderne? 100 Jahre Künstlerhaus Villa Romana in Florenz. Ausst.-Kat.

Weimar 2006, S. 22–33. Martina Wehlte-Höschele bettet die Gründung des Künstlerbundes in ihrer Dissertation in die Kunst- und Kulturpolitik des Kaiserreiches ein. Wehlte-Höschele 1993, passim. Bettina Best beschreibt die Gründung als

„Institutionalisierung der Secession“, Best, Bettina: Secession und Secessionen. Idee und Organisation einer Kunstbewegung um die Jahrhundertwende ; eine vergleichende Darstellung der Interaktionen, Aktivitäten und Programme der deutschspra-chigen Künstlervereinigungen der Secession. Diss. München 2000, 343-353 hier S. 351. Weiterhin beschreibt sie, dass der Deutsche Künstlerbund als Vertretungsorgan auf nationaler Ebene mit nationaler Ausstellungstätigkeit tätig war, während das Bestreben der Secessionen ursprünglich auf Internationalität beruhte. Die nationale Ausrichtung strahlte auch in die Berliner Secession zurück. Best konstatiert seit 1905 abnehmende internationale Beteiligung. Best 2000, S. 354–357. Dies lässt sich u.a. aber auch damit begründen, dass sich seit der Gründung der Berliner Secession in Berlin das Ausstellung-swesen so viel weiter entwickelt hat, dass in den Kunsthandlungen sehr viel mehr internationale Kunst präsent war und die Notwendigkeit der internationalen Ausrichtung schwand, hingegen die Interessenvertretung der eigenen Mitglieder weiter in den Vordergrund rückte. Siehe auch S. 119.

269 Wehlte-Höschele 1993, S. 196.

270 Wehlte-Höschele 1993, S. 198.

271 Hübner wird als ordentliches Mitglied genannt Deutscher Künstlerbund: 3. Deutsche Künstlerbund-Ausstellung, Weimar 1906, S. 47.

272 Neue Mitglieder wurden von Vorstandsmitgliedern empfohlen und vom engeren Vorstand bestätigt. Bereits im Januar 1904 waren es 117 Mitglieder, am 31. Mai 1904 schließlich schon etwa 400 Mitglieder Wehlte-Höschele 1993, S. 198.

273 Zu Hübners Ausstellungsbeteiligung siehe: Münchener Secession: Offizieller Katalog der X. Ausstellung der Münchener Sezession/Der Deutsche Künstlerbund. Ausst.-Kat. München 31904. Kat.-Nr. 55: Frühling an der Oberspree; Kat.-Nr. 56: Ein Boot.

die zweite Ausstellung des Künstlerbundes in Berlin im neu errichteten Hause der Berliner Secession am Kurfürstendamm statt.274 Auch an der zweiten Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes nahm Hübner mit mehreren Werken teil und wurde dort mit dem Stipen-dium für die Villa Romana in Florenz ausgezeichnet.275

Die Gründung der Villa Romana als Atelierhaus war erst kurz vor der zweiten Ausstellung des Künstlerbundes erfolgt, genauer gesagt war der Trägerverein noch gar nicht gegründet sondern Max Klinger hatte die Villa gekauft und sich beim Vorstand des Deutschen Künst-lerbundes für die Einrichtung des Stipendiums eingesetzt.276 In der Vorstandssitzung vom 15. und 16. Mai 1905 hatte die Jury über die Preisträger entschieden und unter anderen Ulrich Hübner mit einem sechsmonatigen Aufenthalt in Florenz bedacht.277 Dies war durch-aus eine Auszeichnung für Hübner, da es Klinger ein Anliegen war, den Preis nicht an junge Talente, sondern durchaus an etablierte Künstler zu vergeben, um diesen das Arbeiten fern des Ausstellungsbetriebes zu ermöglichen.278 Somit war das Stipendium auch ein Gradmes-ser für Hübners Etablierung im Kollegenkreis des Deutschen Künstlerbundes und seine Ver-dienste aus der Sicht dieser.

Einen kleinen Einblick in seine Zeit in Florenz eröffnen die Briefe, die Hübner in diesem Zusammenhang an Klinger geschickt hat und die heute im Klinger-Archiv des Stadtarchivs Naumburg verwahrt werden. Nachdem eine Anreise im November daran scheiterte, dass Hübner in Berlin an Ausmalungen des neuen Ausstellungshauses der Secession benötigt wurde, reist er erst im Dezember 1905 nach Florenz.279 Den Schilderungen zu Folge ist er mit der Einrichtung seiner persönlichen Räumlichkeiten sowie einigen Verwaltungsaufga-ben der Villa beschäftigt, Hübner versäumt es auch nicht, die Vorzüge der italienischen Stadt zu genießen. So schreibt er am 14. Januar 1906 an Klinger:

„Allmählich - nach Überwindung der üblichen Kinderkrankheiten geht jetzt alles sehr gut. […] Ich persönlich finde es wundervoll hier - So schön, daß man

274 Nachdem der Pachtvertrag für das Galeriegebäude der Secession an der Kantstraße ausgelaufen war, wurde am west-lichen Kurfürstendamm eine neue Galerie gebaut, die zwar den Ausstellungsraum nicht wesentlich vergrößerte, aber auch Büroräume für den Deutschen Künstlerbund bot. „Um zu zeigen, daß die Secession nicht länger eine lokale Bewegung war, wurde die Galerie 1905 mit der zweiten Jahresausstellung des Deutschen Künstlerbundes eingeweiht, einem Ereignis, das die enge Zusammenarbeit fortsetzte, die zwischen beiden Gruppen von Anfang an bestanden hatte.“ Paret 1981, S. 235.

275 Kat.-Nr. 82 Die Heilige Geistkirche in Potsdam (WVZ-Nr. 44); Kat-Nr. 83 Ausfahrende Dampfer, (WVZ-Nr. 40); Kat.-Nr. 84 Stilleben (Flieder-Stilleben) (WVZ-Nr. 52).

276 Zu der Gründung der Villa Romana siehe Kuhn, Philipp: Die Villa Romana von ihrer Gründung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in: Thomas Föhl (Hg.): Ein Arkadien der Moderne? 100 Jahre Künstlerhaus Villa Romana in Florenz.

Ausst.-Kat. Weimar 2006, S. 56–70. – Föhl, Thomas: Max Klinger und die Gründung der „Florentiner Künstlerkolonie“ Villa Romana, in: ders. (Hg.): Ein Arkadien der Moderne? 100 Jahre Künstlerhaus Villa Romana in Florenz. Ausst.-Kat. Weimar 2006, S. 40–49.

277 Ulrich Hübner bedankt sich dafür in einem Schreiben an Klinger: Hübner, Ulrich: Brief an Max Klinger 1905. Stadtarchiv Naumburg, Klinger-Archiv, VR 3.

278 Föhl 2006b, S. 44.

279 Hübner, Ulrich: Brief an Max Klinger 1905. Stadtarchiv Naumburg, Klinger-Archiv, VR 5.

sich was gar nicht getraut etwas zu malen! Aber grade mal Auszuspannen - und draußen oder in der Stadt herum bummeln in irgend einen der Höfe hin-ein gehen - oder in Gallerien u Sammlungen - gehört ja mit zum schönsten, was man thun kann! […] Mein Atelier ist fabelhaft schön - ich habe noch nie in meinem Leben ein annähernd so großes gehabt. Mit allen möglichen alten Sachen habe ich mir es wohnlich gemacht. Nur noch die Bilder fehlen! […]

Draussen war es dagegen schon vollständig Frühlingshaft [sic]! Auf Spazier-gängen nach der Certona oder in den Boboli Gärten -die wohl mit zum aller-schönsten gehören - konnte man meinen - es wäre bereits voller Frühling.[…]

Den heutigen Sonntag haben Tuch und ich allerdings ausschließlich mit den Abrechnungen zugebracht um Sie Ihnen und Herrn Hirtzel [sic] möglichst bald zusenden zu können.“280

Das frühlingshafte Wetter hat Hübner letztlich doch noch zum Malen inspiriert. Ein Foto aus dem Frühjahr 1906 zeigt ihn im florentiner Atelier an der Staffelei, im Hintergrund ein wohl in Beendi-gung befindliches Gemälde. (Abb. 37) Inwiefern dieses Gemälde mit dem 1906 in der Berliner

Das frühlingshafte Wetter hat Hübner letztlich doch noch zum Malen inspiriert. Ein Foto aus dem Frühjahr 1906 zeigt ihn im florentiner Atelier an der Staffelei, im Hintergrund ein wohl in Beendi-gung befindliches Gemälde. (Abb. 37) Inwiefern dieses Gemälde mit dem 1906 in der Berliner

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