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Typ Ordnung der erwerbstätigen Familie Maßnahmenziel

Im Dokument Gesellschaft der Unterschiede (Seite 180-185)

Ziele, Genese und Funktionen

5.5.2 Typen der Aktivierung: Soziale Funktionen

5.5.2.2 Typ Ordnung der erwerbstätigen Familie Maßnahmenziel

Sicht der

Arbeitsverwal-tung auf die Maßnahmen-teilnehmenden

Individuen, mit Ferne zu Theorie und schuli-schem Lernen, Frustration, fehlende grundle-gende Arbeitsstrukturen aufgrund (langjährig) fehlender Arbeitserfahrung

Elemente des Förderns Arbeitsstrukturen herstellen über Tätigkeit, Auf-zeigen von Motivationsressourcen, Lernen über körperliche Erfahrung

Elemente des Forderns Tugenden der Arbeit sollen angeeignet werden, Überprüfung der Erreichbarkeit, Arbeitswillig-keit und Arbeitserprobung

Integrationsform Tätigkeiten, die für den Arbeitsmarkt mittelbar und zum Teil direkt verwertbar sein können (Fahrradwerkstatt, Holz- und Metallwerkstätten, Maler-, Grünflächenarbeit etc.); Arbeitsgelegen-heit in der Entgeltvariante

Aktivierungsform Tätigkeit für Subsistenz Quelle: Eigene Darstellung

5.5.2.2 Typ Ordnung der erwerbstätigen Familie Maßnahmenziel

In Maßnahmen des Typs Ordnung der erwerbstätigen Familie72 (Bedarfsge-meinschaften mit ein bis drei Kindern bis 14 Jahren) sollen alle relevanten Insti-tutionen (Jugendamt, Sozialdienste, Strafvollzug, ARGEN/Jobcenter etc.)

72 Auch Maßnahmen für Alleinerziehende sind teilweise ähnlich ausgerichtet und sollen Bedingung für eine spätere Erwerbstätigkeit herstellen (Interview04Regio02, Inter-view02Regio11).

meinsam mit den Familien73 Bedingungen schaffen, um zukünftig die Erwerbstä-tigkeit einer oder mehrerer Personen der Familie zu ermöglichen. Hemmnisse für einen Berufseinstieg sollen beseitigt werden. Die Vernetzung der Institutionen, die für diese Personen zuständig sind, fällt meist dem Maßnahmenträger zu. Hier sollen Hemmnisse übergreifend ermittelt und bearbeitet werden: »wir haben die Aufgabe, die Familie mal als Ganzes zu betrachten und zu versuchen, dass Prob-leme aus dem Weg geräumt werden, also die gesamte Familie zu aktivieren.«

(Maßnahmenträgerleiterin, Interview01Regio02) Zu diesem Zweck wird bei-spielsweise in Regio02 die gesamte Kernfamilie (Eltern und Kinder) in den Trä-ger eingeladen, um gemeinsam mit SozialpädagogInnen und einer Psychologin mögliche Schritte zu planen, um Sucht-, Schulden- oder sonstige Problemlagen bearbeiten zu können.

»Und das ist eine ganz tolle Sache und dort steht die Arbeit, erst an letzter Stelle und durch die Arbeit dann, soll versucht werden auch, die Leute dann langfristig in Arbeit zu bringen. Ne, so dass die Familie dann irgendwann mal weg kommt von der ARGE.«

(Maßnahmenträgerleiterin, Interview01Regio02)

Die Maßnahme ist zunächst als Ein-Ernährer-Modell gedacht, wobei bei Interes-se der zweiten erwachInteres-senen Person im Haushalt eine Teilzeitbeschäftigung oder Maßnahme aufgenommen werden kann. Allerdings wird dies erst angestrebt, wenn das jüngste Kind älter als drei Jahre ist. Prägnant wird das Ziel der Maß-nahmen diesen Typs von einer MaßMaß-nahmenträgerleiterin (Interview01Regio02) formuliert: Es geht um eine »Vorbereitung zur Arbeitsfähigkeit, nicht um die Arbeit selbst, also die ARGE hat auch dazugelernt.« (Maßnahmenträgerleiterin, Interview01Regio02)

Sicht der Akteurinnen und Akteure

Die Teilnehmenden werden als Menschen mit familiären,74 psychischen, physi-schen und/oder finanziellen Problemlagen von den AkteurInnen der

73 Familie steht in dieser Perspektive für eine soziale Lebensform, die mindestens ein Kind und ein Elternteil umfasst und neben einem verwandtschaftlichen Verhältnis respektive Adoption durch Solidarität und persönliche Verbundenheit charakterisiert sein kann (Fuchs-Heinritz, 1995). Diese Definition sieht bewusst von biologischen oder politisch propagierten Dimensionen der Familie ab.

74 Da es häufig innerhäusliche Probleme in diesen Familien gebe, sei die Zusammenar-beit mit dem Jugendamt von großer Bedeutung, so die AkteurInnensicht.

gungsförderung beschrieben. Zum Teil erstrecke sich die Erwerbslosigkeit in diesen Familien über mehrere Generationen – für viele befragte Personen eine Form negativer Tradierung. Argumente wie fehlende Kinderbetreuung, die dazu führe, dass etwa Schichtarbeit nicht angenommen werden könne, werden von SGB-II- und Maßnahmenträgerbeschäftigten häufig als Vorwand gedeutet.75 Durch die Unterstützung in der Organisation der notwendigen Infrastruktur, soll-te die Kliensoll-tel keine Hemmnisse der Erwerbsaufnahme mehr anführen können.

»Das lebt auch ein bisschen so davon, ja einfach, dass die nicht auskönnen, also ne? Es ist praktisch immer jemand da. […] Diese ganzen Ausreden, die man vorher hatte, ja ich fin-de ja keinen Kinfin-dergartenplatz, ja nach fin-der Schule habe ich ja keinen Hortplatz für mein Kind und solche Sachen, also das ist praktisch da erledigt.« (Teamleiterin, Interview04-Regio02)

Angenommen wird, dass diese Klientel für die Notwendigkeit der Erwerbstätig-keit eines Elternteils sensibilisiert und motiviert werden muss:

»Das wir schauen, das die wirklich in der Zeit, in der sie in der Maßnahme sind für die Familie etwas tun, auch so dieses wecken dieses ich tue das für meine Kinder, ich tue das für meine Familie. Es ist nicht normal, dass Mama, Papa jahrelang daheim sitzen und den ganzen Tag Fernsehschauen, die Kinder im Kinderzimmer Fernsehschauen und das ist Familienleben.« (Teamleiterin, Interview04Regio02)

Es wird als notwendig erachtet, dass mindestens ein Elternteil erwerbstätig wird, um eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Denn Kinder würden sonst nicht die not-wendigen Alltagsstrukturen und Rahmenbedingungen für die spätere eigene Er-werbstätigkeit erlernen:

»Es soll eigentlich in die Richtung gehen […] die Kinder sollen lernen, dass es normal ist, dass die Eltern arbeiten und die Eltern sollen auch lernen, dass es, dass ihr Alltag trotzdem strukturierbar ist, auch wenn man arbeiten geht und das eben in enger Zusammenarbeit

75 In einer Studie zu Dienstleistungsprozessen am Arbeitsmarkt hatten zwei Fünftel der SGB II-Leistungsbeziehenden neben den oben genannten Beschwernissen Kinderbe-treuungs-, Ehe-/Beziehungs-, Sucht-, psychosoziale und sonstige soziale Probleme (sowie Pflegeverantwortung), teilweise auch mehrere gleichzeitig, wohingegen diese Problematiken in der Beratungspraxis wenig Raum einnehmen (Schütz et al. 2011:

314).

mit dem Jugendamt und dem Allgemeinen Sozialdienst, dass wenn da Probleme auftreten egal in welcher Richtung, dass dann immer jemand da ist und fängt die auf. « (Teamleite-rin, Interview04Regio02)

So wird angenommen, dass sich die Individuen andernfalls an die Arbeitslosig-keit »gewöhnen« könnten und sich über mehrere Generationen hinweg die Ar-beitslosigkeit verfestige:

»Die muss ich aktivieren, dass die sich nicht gewöhnen an ihre Bedingungen. Dann haben wir ja auch hier das Problem der zweiten, dritten Generation die da reinrutschen. Also die-se Prägung durch das soziale Umfeld ist die-sehr, also ist ein die-sehr großes Problem und da müssen wir die herausholen und deshalb sagen wir hier: möglichst viel aktivieren.« (Be-reichsleiter, Interview01Regio04)

Die Aktivierung soll in langfristiger Perspektive zu einer Erwerbsintegration führen. Ähnliches konstatiert der Armuts- und Reichtumsbericht des Bundesmi-nisteriums für Arbeit und Soziales von 2013. Am stärksten von Armut betroffen sind die Kinder von Arbeitslosen. Demnach übernehme die Erwerbstätigkeit mindestens einer Person je Haushalt eine Schutzfunktion vor Armut (BMAS 2013b: 48). Spezifisch für die Sichtweise der Interviewten auf das Klientel-Segment der Jugendlichen in diesen Familien ist, dass der Vorbildcharakter langzeitarbeitsloser Eltern für eine mangelnde Motivation der Kinder zur Er-werbsarbeitsaufnahme angeführt wird.

»Dass man eigentlich bei den Kindern anfangen muss, dass es nichts hilft, wenn der dann aus der Schule herauskommt, ist 18, 19 Jahre alt, da ist der Zug abgefahren, den motivierst du nicht mehr, auf Dauer ne. Das es ganz wichtig ist, grad so Kinder noch zu motivieren, eine Ausbildung zu machen, in die Arbeit zu gehen, zu zeigen wie das ist.« (Teamleiterin, Interview04Regio02)

Elemente des Förderns und Forderns

Die Förderung in der Maßnahme lässt sich als Bearbeitung von Hemmnissen in-terpretieren. Die Bereitstellung notwendiger Infrastruktur und die Persönlich-keits- sowie Familienförderung sollen langfristig zu einer Erwerbstätigkeit füh-ren. Beispielsweise wird in Kooperation mit dem Jugendamt und Allgemeinen Sozialen Dienst in Regio02 eine Betreuung von Familien realisiert. Der Allge-meine Sozialdienst begleitet die Kinder zur Schule, SozialpädagogInnen sind über aufsuchende Dienste regelmäßig in der Familie präsent und auch der

Kon-takt zum Jugendamt wird intensiviert. Gefördert werden die Familienstrukturen und sozialen Beziehungen dahingehend, dass Erwerbstätigkeit ermöglicht wer-den kann. Dies kann die Unterstützung durch SozialarbeiterInnen bei der Suche nach einer Kinderbetreuung sein, der Bearbeitung von Suchtproblematiken oder Schulden. Von Seiten der Arbeitsverwaltung wird die Teilnahme an einer Ar-beitsgelegenheit gefordert. Darüber hinaus Bewerbungsbemühungen im Rahmen einer intensiven bewerbungsorientierten Betreuung durch die SGB-II-Träger, um während der Maßnahmendauer eine Anschlussbeschäftigung zu finden. In der Maßnahme erhalten die sozialstaatlichen Einrichtungen auch einen sehr tiefge-henden Einblick in die Privatsphäre der Familien und der über die verstärkte Un-terstützungsleistung laufende Druck zur Bearbeitung von Problemlagen wird deutlich spürbarer. Durch die Vernetzung der Institutionen über den Maßnah-menträger wird eine stärkere Gesamtschau der Hemmnisse und der unternom-menen Bearbeitungsschritte für die Arbeitsverwaltung ermöglicht.

Integrationsform

Sind alle Vorbedingungen erfüllt, sollte mindestens eine Person im Rahmen ei-ner AGH (Mehraufwands- oder Entgeltvariante) erste Tätigkeiten aufnehmen.

Die soziale Teilhabe erfolgt über unterstützende Tätigkeiten, die in der Entgelt-variante in einer gehaltsähnlichen Form monatlich anerkannt werden:

»Wir versuchen das zu simulieren in der Maßnahme, Arbeit, und das ist so, dass ein El-ternteil dann eine Arbeitsgelegenheit-Entgeltvariante-Maßnahme macht, also wo die ganz normal bezahlt werden auch, wo Lohn aufs Konto kommt und so versucht man dieses

›Arbeit‹ zu simulieren.« (Teamleiterin, Interview04Regio02)

Die Tätigkeiten können dabei in den unterschiedlichsten Einsatzfeldern vorge-nommen werden, die sich gegebenenfalls an unterstützenden Tätigkeiten in Be-rufen orientieren, die die Teilnehmenden erlernt haben. Die Arbeitsgelegen-heiten sind arbeitsähnlich gestaltet, müssen jedoch zusätzlich und gemeinnützig sein, den allgemeinen Kriterien der AGH entsprechend.

Aktivierungsform

Der Aktivierungsdiskurs wird hier in der Form ausgeführt, dass in einer simu-lierten Erwerbstätigkeit aktiviert wird, da die Maßnahme mit arbeitsähnlichen Tätigkeiten sowie Randbedingungen auf eine Erwerbstätigkeit vorbereiten soll.

Tabelle 6: Typ Ordnung der erwerbstätigen Familie

Kategorien/Typen Ordnung der erwerbstätigen Familie

Im Dokument Gesellschaft der Unterschiede (Seite 180-185)

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