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2.5.1 Biologie und Entwicklung

Trypanoplasmen sind kinetoplastide Flagellaten aus dem Blut von Fischen und Amphibien, die sowohl bei Meerwasser- als auch bei Süßwasserfischen vorkommen (KRUSE et al. 1991).

In der Systematik der Protozoa sind sie dem Stamm der Euglenozoa zugehörig.

Trypanoplasma borreli wurde 1901 von LAVERAN und MESNIL beschrieben, die den Gattungsnamen Trypanoplasma für Hämoflagellaten mit zwei Geißeln, im Gegensatz zu einfach begeißelten Trypanosomen, festlegten. Die bei Fischen bekannten Trypanoplasmen und Trypanosomen ähneln entsprechenden Formen der Warmblüter (KÖRTING 2000).

Trypanoplasma borreli ist ein Blutparasit bei Karpfen und Schleien und dringt nicht in Zellen ein (LOM 1979). Trypanoplasmen erscheinen pleomorph und ändern ihre Gestalt mit der Bewegung sehr viel stärker als Trypanosomen. T. borreli ist ca. 17 bis 26 µm lang, 2,5 bis 5 µm breit und besitzt zwei Geißeln, die aus der Geißeltasche am Vorderende der Zelle entspringen. Die längere, rückläufige Geißel verläuft an der linken Seite und begrenzt eine undulierende Membran. Ein einzelner großer, länglicher Kinetoplast befindet sich am Vorderende, wo das punktförmige Ende dem Geißelkinetosom gegenüberliegt (WOO 1987;

KRUSE et al. 1989). Der Kinetoplast besteht aus einem Netzwerk aus DNA-Fasern, die im Gegensatz zu Trypanosomen nicht in Mini- und Maxikreise organisiert sind. Dem Kinetoplasten gegenüber liegt der runde Zellkern. Bei Blutstromformen ist die Zellmembran von einer dicken Außenschicht überzogen (LOM u. DYKOVÁ 1992). Sowohl Trypanoplasmen als auch Trypanosomen der Fische besitzen in gleicher Weise wie Trypanosomen der Warmblüter einen „Surface coat“, der für antigene Eigenschaften verantwortlich ist (FENG u. WOO 1998).

Unterschiedliche Entwicklungsstadien der Hämoflagellaten sind im Verlauf des Entwicklungszyklus nicht feststellbar. Es werden lediglich einige Veränderungen in der Form, abhängig vom Grad der Parasitämie, beobachtet (KRUSE et al. 1989). Kleine schlanke Formen von T. borreli sind zu Beginn der Parasitämie, bei 20°C Wassertemperatur, an Tag 8 p.i. vorherrschend. Während der exponentiellen Wachstumsphase sind an Tag 13 p.i. noch kleinere Formen zu beobachten. Im Übergang zur chronischen Phase nehmen die Flagellaten

an Breite zu. In der chronischen Phase der Infektion schließt sich ein Längenwachstum an. Die Position des Kinetoplasten verändert sich im Laufe der Infektion nicht wesentlich (KRUSE u.

STEINHAGEN 1988; KRUSE et al. 1989).

Der Blutflagellat vermehrt sich durch Längsteilung im Endwirt. Dazu runden sich die Trypanoplasmen ab, es werden Geißeln, Kinetoplast und Zellkern verdoppelt, anschließend erfolgt die Teilung (KRUSE et al. 1991).

Die Übertragung der Trypanoplasmen von Fisch zu Fisch erfolgt durch den Biß infizierter Blutegel Piscicola geometra und Hemiclepsis marginata (KEYSSELITZ 1906; WOO u.

POYNTON 1995). Alle im Vormagen des Egels vorhandenen, morphologisch unterschiedlichen Formen sind für den Fisch infektiös, solange bis das Fischblut nach etwa 11 Tagen im Egelvormagen verdaut ist (LOM 1979; STEINHAGEN et al. 1989b).

Die experimentelle Infektion von Karpfen ist durch die Injektion von Blut infizierter Fische in die Muskulatur oder in die Körperhöhle möglich (LOM 1979; STEINHAGEN et al. 1989b).

Bei 20°C Wassertemperatur dauert die Phase der Präpatenz bis etwa zum 8. Tag p.i.. Zu diesem Zeitpunkt sind Trypanoplasmen weder im Blut noch in inneren Organen zu finden, sehr wohl jedoch in der Muskulatur in der Nähe der Inokulationsstelle. Die sich anschließende exponentielle Wachstumsphase hat ihren Höhepunkt mit ca. 10³ Flagellaten µl-1 Blut bis etwa fünf Wochen p.i.. Auch hierbei sind Teilungsstadien in der Muskulatur zu beobachten. Die chronische Phase schließt sich mit stark schwankenden Parasitenzahlen im Blut an. Bis zu einer Dauer von vier Monaten können Parasiten im Blut gefunden werden (STEINHAGEN et al. 1989b; KRUSE et al. 1991). Bei niedrigen Temperaturen ist die Entwicklung der Parasitämie deutlich verlangsamt. Das Temperaturoptimum für die Entwicklung liegt bei 20°C.

STEINHAGEN et al. (1989b) etablierten einen klonierten Stamm von Trypanoplasma borreli und kultivierten diesen durch Passagierung in empfänglichen Karpfen.

2.5.2 Auftreten und Bedeutung

Trypanoplasma borreli ist ein häufiger Blutparasit von europäischen Cypriniden, tritt aber auch in Nordamerika auf (MAVOR 1915). Die Infektion ist in Fischbeständen innerhalb

Europas bei Karpfen (Cyprinus carpio), Schleie (Tinca tinca) und Goldfisch (Carassius auratus) weit verbreitet. Goldorfe (Leuciscus idus), Elritze (Phoxinus phoxinus), Plötze (Rutilus rutilus) und Rotfeder (Scardinius erythropthalamus) sind ebenfalls für eine Infektion empfänglich (KRUSE et al. 1989; LOM u. DYKOVÁ 1992).

Die Infektion verursacht äußere Symptome der sogenannten ”Schlaffsucht“ oder auch

“Schlafkrankheit“ der Karpfen (SCHÄPERCLAUS 1990; KÖRTING 2000). Hochgradig befallene Tiere zeigen Apathie, Lethargie, Exophthalmus, Ascites, verminderte Futteraufnahme und Anämie. Im Endstadium der Erkrankung stehen die Fische am Grund des Gewässers und bewegen sich kaum noch (NERESHEIMER 1912; OLLENSCHLÄGER 1975;

REICHENBACH-KLINKE 1980; AMLACHER 1992; BARCKHAUSEN-KIESECKER 1996). Diese Symptome können auch bei hochgradig infizierten Fischen teilweise oder völlig fehlen. Bei Karpfen kommt es zu einer vorübergehenden Parasitämie mit Anämie und Todesfällen (STEINHAGEN et al. 1989b). Die Mortalität war sowohl in Experimenten an Karpfen als auch an Goldfischen sehr hoch (LOM 1973 u. 1979; MILDE 1982; LOM et al.

1986).

2.5.3 Pathologie

In pathologischen Untersuchungen infizierter Tiere können bei fortgeschrittener Parasitämie blasse Haut und Kiemen, Splenomegalie, Ascites, Exophthalmus, Petechien auf Niere, Leber, Milz und Fettgewebe sowie granulomatöse Veränderungen an der Niere festgestellt werden (LOM u. DYKOVÁ 1992; WOO u. POYNTON 1995; BUNNAJIRAKUL 1998; MEYER 2001). Es müssen nicht immer alle Symptome gleichzeitig vorhanden sein (LOM u.

DYKOVÁ 1992).

Bei experimentell infizierten Karpfen sinken Hämatokritwert und Erythrozytenzahl mit steigender Parasitämie. Die Anzahl an Leukozyten, insbesondere Granulozyten, und unreifen Erythrozyten steigt im Verlauf der Infektion (STEINHAGEN et al. 1990; BUNNAJIRAKUL 1998). Eine Autophagozytose von Erythrozyten durch aktivierte Monozyten / Makrophagen im Blut vermutete HAMERS (1994). Er beschrieb weiterhin eine durch T. borreli induzierte Leukozytose, die auf einer Lympho- und Monozytose beruhte.

2.5.4 Pathohistologie

Bei fortgeschrittener Parasitämie erscheint T. borreli auch extravaskulär in mehreren Organen und phagozytiert in Monozyten und Makrophagen (LOM u. DYKOVÁ 1992).

Untersuchungen über histopathologische Veränderungen während einer Trypanoplasmen-Infektion bei Goldfischen wurden von DYKOVÁ und LOM (1979) durchgeführt. Sie beobachteten in Gefäßen der inneren Organe Endovaskulitiden mit starker Hyperplasie der Endothelien. In der Niere wurden Glomerulitis und Tubulonephrose festgestellt. Die Sinusendothelzellen der Milz erschienen geschwollen, die Milzpulpa aktiviert.

RUDAT (1999) und MEYER (2001) fanden in Studien an Karpfennieren während einer Infektion mit Trypanoplasma borreli bereits zu Beginn der Parasitämie eine Proliferation des hämatopoetischen Zwischengewebes, deren Folge eine Druckatrophie der Tubuli war. Hinzu kam eine massive leukozytäre Infiltration der Tubuli.

Eine Untersuchung über histopathologische Veränderungen an hochempfänglichen Karpfen während einer Trypanoplasma borreli-Infektion wurde von BUNNAJIRAKUL (1998) durchgeführt. Die Infektion rief vor allem in hämatopoetischen Organen Gewebeschädigungen hervor. Die schwersten histopathologischen Veränderungen wurden während des Höhepunktes der Parasitämie entdeckt. Die erkrankten Karpfen mit sehr hoher Parasitämie zeigten eine Infiltration von Entzündungszellen und Trypanoplasmen in den glomerulären Kapillaren der Niere, in Leber- und Milzsinusoiden und in Blutgefäßen von anderen Organen wie zum Beispiel Kiemen, Herz, Darm und Gehirn. Die beobachtete intensive Proliferation der mononukleären Zellen in Niere und Milz wurde als erfolglose Abwehrreaktion der Fische gegen die Parasiteninfektion bewertet. Die Fische starben zwischen dem 20. und 28. Tag p.i., wobei die schwersten histologischen Veränderungen in der Niere der infizierten Fische gefunden wurden. Die Proliferation im Interstitium der Fischniere wird bei Auseinandersetzungen mit einem Erreger häufig gesehen (MANNING 1994).

BUNNAJIRAKUL (1998) und RUDAT (1999) nahmen an, daß die gravierenden Nierenschädigungen der infizierten Karpfen eine starke Beeinträchtigung der Osmoregulation und des Ionenhaushaltes bewirkten und somit Grund für den Tod der Tiere sein könnten.

Nephrologische Studien von MEYER (2001) ergaben, daß mit Trypanoplasmen infizierte

Karpfen zwar Ionenverluste im Urin aufwiesen, die Plasmaosmolalität dabei allerdings nahezu konstant blieb. MEYER (2001) stellte die hochgradige Anämie und die damit verbundene Sauerstoffarmut als Todesursache in den Vordergrund.

2.5.5 Immunität und Resistenz

Die genetische Abstammung bestimmt die Empfänglichkeit der Karpfen für T. borreli. So starben bei einer hochempfänglichen Karpfenlinie alle infizierten Fische von Tag 21 p.i. bis Tag 24 p.i. an den Folgen der Infektion (VAN DEN BROEK 1992; WIEGERTJES et al.

1995).

Angeborene Immunität gegenüber Infektionen wird vermutlich genetisch kontrolliert. Der Schutz beruht auf Mechanismen der unspezifischen Immunabwehr, wie lytische Fähigkeiten des Plasmas der widerstandsfähigen Fische (AMLACHER 1992; LOM u. DYKOVA 1992;

WOO 1996). WOO (1996) zeigte an Kreuzungsversuchen mit Cryptobia samositica-empfänglichen und -resistenten Fischen, daß deren natürliche Resistenz vererbt wird.

Die erworbene Immunität entsteht nach vorangegangenem Erregerkontakt (AMLACHER 1992). Bei Kaltblütern entwickelt sie sich, wahrscheinlich aufgrund der niedrigeren Körpertemperatur und der geringeren Stoffwechselrate, langsamer als bei Warmblütern. Daher scheint die angeborene Immunität (Resistenz) bei wechselwarmen Tieren wichtiger zu sein als bei gleichwarmen (WOO 1996).

JONES und WOO (1987) vermuteten, daß die Erholung von Forellen nach einer Infektion mit T. salmositica auf der Bildung von schützenden Antikörpern beruht. Bei diesen Tieren konnten sie agglutinierende und neutralisierende Antikörper im in vitro-Test nachweisen.

JONES et al. (1993) wiesen Antikörpertiter im Blut von Karpfen mit T. borreli nach. Diese waren um so höher, je höher die Trypanoplasmenzahl im Blut war. Karpfen, die eine T.

borreli-Infektion überstanden haben, bilden einen Immunschutz, der nach einer Erstinfektion für etwa ein Jahr besteht (STEINHAGEN 1985). Das entspricht Untersuchungen mit dem Blutflagellaten Trypanosoma danilewski (jetzt: T. carassi) an Goldfischen. Auch hier waren die Fische nach überstandener Infektion nicht empfänglich für eine Neuinfektion (WOO 1981).

Die Produktion von spezifischen Antikörpern ist stark abhängig von der Karpfenlinie und deren Empfänglichkeit für T. borreli. So findet bei hochempfänglichen Karpfen keine Produktion von spezifischen Antikörpern statt (WIEGERTJES et al. 1995). SCHARSACK (2001) fand im Serum T. borreli-resistenter Karpfen nach einer Infektion parasitenspezifische Antikörper, während die hochempfänglichen Karpfen keine Antikörperproduktion erkennen ließen.

Die Resistenz von Karpfen gegenüber T. borreli kann durch Immunsuppressiva aufgehoben werden. Setzt man mit Trypanoplasmen infizierte Karpfen radioaktiver Strahlung aus oder appliziert ihnen Hydrocortison, führt dies zu einem starken Anstieg von Parasitämie und Mortalität bei diesen Tieren (STEINHAGEN et al. 1989a).

2.5.6 Diagnose und Behandlung

Die Diagnose wird anhand der klinischen Symptome und des Nachweises von Trypanoplasmen gestellt. Dieser erfolgt in vivo mikroskopisch im Blut und in Quetschpräparaten von Niere oder Milz. Die Blutentnahme gelingt mit einer Glaskapillare am Kiemenbogen, durch Herzpunktion oder Blutentnahme aus den großen caudalen Gefäßen. Die Flagellaten fallen im Blut durch lebhafte, schlängelnde Bewegungen auf. Dabei erscheinen die Trypanoplasmen größer und plumper als die kleineren, lebhafteren Trypanosomen (NOGA 1995; KÖRTING 2000). Für den Nachweis der Antikörper gegen T. borreli steht ein ELISA-Test zur Verfügung (WOO u. POYNTON 1995).

Eine direkte und effektive Bekämpfung der Blutflagellaten ist nicht bekannt. Eine Behandlung sollte sich auf die Eliminierung der übertragenden Fischegel konzentrieren (KÖRTING 2000).

3 MATERIAL UND METHODEN

Um Gewebsreaktionen auf Injektion des Flagellaten Trypanoplasma borreli in die Muskulatur genetisch verschiedener Karpfen beobachten zu können, war eine experimentelle Infektion der Tiere im Labor erforderlich.