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2.4 Entzündung und unspezifische zelluläre Immunreaktionen bei Fischen

2.4.1 Morphologie und Zytochemie der Leukozyten des Karpfens

Die Charakterisierung der Leukozyten von Fischen basiert hauptsächlich auf morphologischen Ähnlichkeiten mit Leukozyten der Säugetiere und auf dem Verhalten der Fisch-Leukozyten bei hämatologischen Färbungen (ROWLEY et al. 1988).

Zur Identifizierung von Leukozytentypen und Charakterisierung der Zellfunktionen sind monoklonale Antikörper von großer Bedeutung, die spezifisch an unterschiedliche Zelloberflächenmoleküle binden. Diese definierten Moleküle werden bei humanen und murinen Leukozyten als CD-Antigene (clusters of differentiation) bezeichnet. Bisher stehen für Leukozyten des Fisches nur wenige monoklonale Antikörper zur Verfügung. Für Karpfen sind zum Beispiel drei monoklonale Antikörper gegen Immunglobuline von B-Zellen bekannt

(WCI 4, WCI 12 u. WCI M). Eine noch geringere Anzahl ist bisher gegen „nicht-B-Zellen“

von Fischen, wie E3D9 gegen polymorphkernige Leukozyten von Lachsen, verfügbar (PASTORET et al. 1998). Gegen Granulozyten und T-Zellen von Karpfen sind hingegen keine monoklonalen Antikörper kommerziell erhältlich. Zwar wurden spezifische monoklonale Antikörper gegen Subpopulationen von Monozyten und Makrophagen beschrieben, jedoch zeigen diese Kreuzreaktionen mit Thrombozyten und lassen daher keine eindeutige Identifizierung von Zellpopulationen zu (laut persönlicher Mitteilung von Dr. G.

Wiegertjes, Universität Wageningen, Niederlande).

Für den Karpfen sind folgende Leukozyten beschrieben worden: Lymphozyten, Thrombozyten, neutrophile Granulozyten, heterophile Granulozyten, eosinophile Granulozyten, basophile Granulozyten und Monozyten / Makrophagen (TER HÖFTE et al.

1984; LEHMANN et al. 1994).

Einen Überblick über die Leukozytenverteilung im Blut des Karpfens gibt die Abbildung 4.

2.4.1.1 Lymphozyten

Lymphozyten sind in Form von T-Zellen und Antikörper-produzierenden B-Zellen für die spezifische Immunreaktion verantwortlich (ROBERTS 2001). Die Größe der fixierten Zellen beträgt 5 µm (kleine Lymphozyten) bis 11 µm (große Lymphozyten). Sie haben eine runde bis leicht ovale Zellform mit einem runden, fast die gesamte Zelle ausfüllenden Kern, der bei kleinen Lymphozyten dicht und bei großen aufgelockert erscheint. In der panoptischen Färbung nach Pappenheim stellt sich das Zytoplasma, das oft nur als schmaler Saum zu erkennen ist, leicht basophil dar. Kleine Lymphozyten können mit Thrombozyten, große mit Monozyten verwechselt werden. Enzymzytochemisch zeigt die unspezifische Esterase eine leichte, diffuse Reaktion. Die Periodsäure-Schiff-Reaktion (PAS) erbringt eine schwache, diffuse Anfärbung des gesamten Zytoplasmas (TER HÖFTE et al. 1984; LEHMANN et al.

1994).

2.4.1.2 Thrombozyten

Thrombozyten sind für die Blutgerinnung verantwortlich. Die fixierten Zellen sind bei rundlicher Form etwa 5 bis 8 µm, als Spindelform etwa 4 bis 6 x 10 bis 14 µm groß. Der Zellkern füllt fast die gesamte Zelle aus, er ist bei den rundlichen Thrombozyten rund und bei den spindelförmigen langgestreckt. Das Zytoplasma erscheint in der panoptischen Färbung hyalin und ist leicht rötlich angefärbt. Eine dritte Form ist der sogenannte „erschöpfte“

Thrombozyt. Dieser besitzt einen kleinen, dunkelgefärbten Kern, der von einem schmalen Zytoplasmasaum umgeben ist, weshalb er leicht mit kleinen Lymphozyten verwechselt werden kann. Zytochemisch ist eine negative unspezifische Esterase-Reaktion sowie eine schwach positive PAS-Reaktion zu erkennen (LEHMANN et al. 1994; ROBERTS 2001).

2.4.1.3 Neutrophile Granulozyten

Der neutrophile Granulozyt fungiert als Mediator bei akuten Entzündungsreaktionen (SUZUKI u. HIBIYA 1986). Inwieweit Neutrophile zur Phagozytose fähig sind, variiert innerhalb der Fischarten und der Individuen (MORITOMO et al. 1988). Bei den meisten Arten besitzen sie eine phagozytäre Aktivität (MACARTHUR u. FLETCHER 1985).

Morphologisch erscheint der neutrophile Granulozyt bei Karpfen nach Fixation 9 bis 13 µm groß mit runder bis leicht ovaler Zellform. Der Kern liegt exzentrisch und hat eine längliche, gekrümmte (stabkernig) oder segmentierte (segmentkernig) Form. In der Regel kommen beim Karpfen nicht mehr als zwei Segmente vor. In der panoptischen Färbung zeigen sich im hyalinen Grundplasma feine, leicht orange angefärbte Granula. Vereinzelt können auch kleine, nicht anfärbbare Vakuolen auftreten. Enzymzytochemisch zeigt sich eine deutliche bis sehr starke positive Peroxidase-Reaktion. Die Peroxidase stellt ein eindeutiges „Leitenzym“ für die neutrophilen Granulozyten des Karpfens dar. Weiterhin ist eine deutlich positive PAS-Reaktion sowie eine negative Esterase-PAS-Reaktion zu beobachten (LEHMANN et al. 1994).

2.4.1.4 Heterophile Granulozyten

Der fixierte heterophile Granulozyt ist 10 bis 12 µm groß. Er ist rund und hat einen meist exzentrisch gelegenen, runden und kompakten Zellkern. Panoptisch nach Pappenheim gefärbt, finden sich rot-violette oder violette Granula unterschiedlicher Größe in dem hyalinen, farblosen Zytoplasma. Bei einem Großteil dieser Zellpopulation lassen sich die Granula nur schwer anfärben oder fehlen fast vollständig. Zytochemisch stellen sich die Heterophilen schwach PAS-positiv sowie Peroxidase- und Esterase-negativ dar (LEHMANN et al. 1994).

2.4.1.5 Eosinophile Granulozyten

Eosinophile Granulozyten spielen bei entzündlichen Prozessen und als phagozytierende Zellen eine Rolle, obwohl generell über ihre An- und Abwesenheit bei Fischen noch viele gegensätzliche Behauptungen existieren (ROBERTS 2001). Die Größe der fixierten Zellen beträgt 10 bis 12 µm bei rundlicher Form. Der Zellkern ist randständig, rund bis oval und pyknotisch. In der panoptischen Färbung sind große, leuchtend rote, runde bis ovale Granula zu sehen. Das Zytoplasma ist haylin und leicht basophil. Zytochemisch läßt sich nur schwer eine eindeutige Differenzierung dieses Zelltyps bei Karpfen durchführen; eindeutig ist lediglich die fehlende Peroxidase-Aktivität (TER HÖFTE et al. 1984; LEHMANN et al.

1994).

2.4.1.6 Basophile Granulozyten

Das Vorkommen von basophilen Granulozyten bei Fischen wird, wie das von Eosinophilen, von einigen Autoren behauptet und von anderen bestritten. Bisher wurden sie nicht mit Abwehrmechanismen bei Fischen in Zusammenhang gebracht. Sie zeigen zwar Ähnlichkeiten mit den Mastzellen der Säugetiere, es ist jedoch noch unklar, ob sie auch dementsprechende Funktionen haben (ROBERTS 2001). Morphologisch handelt es sich um 9 bis 13 µm große, fast kreisrunde Zellen, die einen exzentrisch gelegenen, pyknotischen Kern aufweisen. Das schaumige, wabenartige Zytoplasma geht keine Färbereaktion ein. Bei der panoptischen Färbung werden die sonst dicht gepackten, groben Granula herausgewaschen. Zytochemisch

sind die Verhältnisse analog denen der eosinophilen Granulozyten (TER HÖFTE et al. 1984;

LEHMANN et al. 1994).

In der Fachliteratur besteht über das Auftreten sowie über die Nomenklatur der verschiedenen Granulozytenpopulationen Uneinigkeit. AINSWORTH (1992) fand bei einigen Fischarten neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten, während andere Arten nur einen oder zwei Zelltypen besaßen. Bei Karpfen und Schleie beobachtete BIELEK (1981) alle drei Zelltypen, bei der Regenbogenforelle jedoch keine basophilen Granulozyten. Sowohl TER HÖFTE et al. (1984) als auch HAMERS (1994) und LEHMANN et al. (1994) stellten bei Karpfen das Vorkommen aller drei Zellpopulationen fest und beschrieben zusätzlich noch eine vierte, den heterophilen Granulozyten. FERRER et al. (1993) hingegen differenzierten anhand elektronenmikroskopischer Bilder nur zwei Granulozytentypen des Karpfens und bezeichneten diese als TG Leukozyten (Thick Granules) und FG Leukozyten (Fine Granules).

DOMBROWSKI (1953) beschrieb nur eine Granulozytenart im Blut von Karpfen und nannte sie „Leukozyt“.

Der neutrophile Granulozyt wird von einigen Autoren als heterophiler Granulozyt, Leukozyt Typ I (ROBERTS 2001), feiner oder spezifischer Leukozyt oder als polymorphnukleärer (PMN) Leukozyt bezeichnet (FÄNGE 1992).

2.4.1.7 Monozyten / Makrophagen

Die aus dem renalen hämatopoetischen Gewebe stammenden und im Blut zirkulierenden Monozyten sind unmittelbar in der Lage, ihre spezifische Funktion innerhalb des mononukleären Phagozytosesystems als Makrophagen in den verschiedenen Geweben aufzunehmen. In Verbindung mit lokalen, gewebsständigen Makrophagen phagozytieren sie, z. B. bei entzündlichen Vorgängen, Zelltrümmer und Erregerzellen (ROBERTS 2001).

Aktiviert werden Makrophagen durch ein Lymphokin, den Makrophagen-Aktivierenden-Faktor (MAF), welcher von T-Lymphozyten produziert wird (SECOMBES 1996). Sie sind für die Antigenpräsentation (VALLEJO et al. 1992) sowie für die Produktion von Zytokinen (SECOMBES 1991) und anderen immunmodulierenden Faktoren, wie Leukotrienen und

Lipoxinen, verantwortlich (SECOMBES u. FLETCHER 1992). Monozyten sind nach Fixation 8 bis 13 µm groß, mehr oval als rund mit meist exzentrisch gelegenem, ovalem oder leicht bohnenförmigem Kern. Bei panoptischer Färbung stellt sich das Zytoplasma deutlich basophiler als das der Granulozyten dar. Es erscheint hyalin und ohne Granula, wobei kleine bis mittelgroße Vakuolen auftreten können. Kleine Monozyten sind mit großen Lymphozyten verwechselbar. Makrophagen zeigen völlig unregelmäßige Kern- und Zellformen mit gelappten oder zerfransten Zytoplasmarändern. Das mittelbasophile Zytoplasma ist von großen, nicht anfärbbaren Vakuolen erfüllt und enthält meist phagozytiertes Material.

Zytochemisch zeigen die Zellen beim Karpfen eine deutlich positive Reaktion der unspezifischen Esterase. Die PAS-Reaktion verläuft wechselnd (TER HÖFTE et al. 1984;

LEHMANN et al. 1994).

Abb. 4: Prozentuale Verteilung der Leukozyten im Blut gesunder Karpfen - ohne Thrombozyten (nach LEHMANN et al. 1994).

Lymphozyten 56,6 %

Granulozyten 24,23 %

Monozyten 12,44 %

Granulozyten

Eosinophile 0,06 % Basophile 1,78 % Heterophile 4,71 % Segmentkernige 4,51 % Stabkernige 9,28 % Metagranulozyten 3,89 %