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Transposition der großen Gefäße

Im Dokument Josef Koncz (1916 - 1988) (Seite 66-0)

3. Sein Werk

3.2. Transposition der großen Gefäße

Bei der Transposition der großen Arterien handelt es sich um einen kongenitalen Herzfehler mit einer Häufigkeit von 7 – 15 %. Anatomisch liegt hier eine Vertauschung der großen Arterien vor, so dass die Aorta, bedingt durch ihre Verbindung mit dem rechten statt mit dem linken Ventrikel, nicht-oxygeniertes Blut in den großen Körperkreislauf befördert, und im Gegenzug wird über die fälschlicher Weise mit dem linken Ventrikel gekoppelte Pulmonal-arterie sauerstoffangereichertes Blut in die Lunge transportiert.177

Abb. 51 veranschaulicht die Anatomie der Transposition der großen Gefäße.178

Die Blutkreisläufe sind demnach nicht physiologisch hintereinander geschaltet sondern parallel, so dass es letztendlich zu einer Sauerstoffunterversorgung des Körpers kommt. Daher stirbt etwa die Hälfte der Kinder mit dieser Fehlbildung unbehandelt im ersten Lebensmonat, 85 – 90 % jedoch im Verlauf der ersten sechs Monate und nur 5 – 10 % der Kinder vollenden

177 Regensburger, D.: Korrektur der Transposition der großen Arterien – Wandel oder Renaissance in Herzchirurgie 1982, Hrsg. de Vivie, E. R., Hellberg, K., Ruschewski, W. 1982, S. 139 - 150

178 Idriss, F. S.; Goldstein, I. R.; Grana, L.; French, D.; Potts, W. J.: A new technic for complete correction of transposition of the great vessels, 1961, S. 6

das erste Lebensjahr. Die häufigsten Todesursachen sind die Hypoxie und die etwa ab der dritten Lebenswoche auftretende Herzinsuffizienz.179

In den Jahren 1950 bis 1958 konnte die Transposition der großen Arterien lediglich mittels Palliativeingriffen behandelt werden.180 Diese beschränkten sich auf eine Vergrößerung bereits vorhandener intra- oder extrakardialer Kurzschlussverbindungen zur Verbesserung der Blutdurchmischung der beiden parallelen Kreisläufe, um die bestehende Zyanose zu lindern und damit die Lebenserwartung dieser Kinder zu verlängern.181 Die 1950 von Blalock und Hanlon eingeführte chirurgische Atrioseptektomie stellte trotz ihrer hohen Komplikationsrate, wie z. B. Blutungsgefahr, Reizleitungsstörungen und v. a. intra- und postoperative Lungenkomplikationen, über Jahre die klassische Methode der Palliation dar.182 Hierbei wurde über den rechten Vorhof das Herz eröffnet, so das eine künstliche Verbindung beider Vorhöfe durch partielle Inzision des Septums geschaffen werden konnte.183 Um die Komplikationen zu minimieren wurden einige Varianten dieser Technik entwickelt, vor allem was die Wahl des Instruments betraf mit dem der Defekt gesetzt wurde. So benutzten Schuster et al 1963 eine Schere184 und Friend et al 1965 ein Kornealtrephine185.187

179 Regensburger, D.: Korrektur der Transposition der großen Arterien – Wandel oder Renaissance in Herzchirurgie 1982, Hrsg. de Vivie, E. R., Hellberg, K., Ruschewski, W. 1982, S. 139 - 150

180 Messmer, B. J.; Arbenz, U.; Real, F.: Transposition der großen Arterien: Möglichkeiten und Problematik der chirurgischen Behandlung, 1975, S. 522 - 532

181 Regensburger, D.: Korrektur der Transposition der großen Arterien – Wandel oder Renaissance in Herzchirurgie 1982, Hrsg. de Vivie, E. R., Hellberg, K., Ruschewski, W. 1982, S. 139 - 150

182 Messmer, B. J.; Arbenz, U.; Real, F.: Transposition der großen Arterien: Möglichkeiten und Problematik der chirurgischen Behandlung, 1975, S. 522 - 532 und Rastan, H.: Technik der Atrioseptektomie zur Palliativbehandlung der Transposition der großen Gefäße, 1970, S. 389 - 393

183 Shaher, R. M.: Complete Transposition of the great arteries, 1973, S. 458 - 460

184 Schuster, S. R.; Kiernan, E.; Rosencranz, J.; Bozer, A.: A new technique for the creation of an atrial septal defekt with clinical application, 1963, S. 510 - 521

185 Das Kornealtrephine ist ein hand- oder maschinenenbetriebenes Bohrgerät mit tubulärem Einsatz, welches v. a. im Bereich der Hornhaut zum Einsatz kommt.186

186 Hoffmann-La Roche AG & Urban & Schwarzenberg: Roche Lexikon Medizin. 3. Auflage, 1993, S.

1661 / 1662

187 Doumanian, H. O.; Moller, J. H.; Amplatz, K.: Creation of atrial septal defects by catheter as palliation of complete transposition, 1968, S. 274 - 279

Abb. 52 zeigt ein Trephine.188

1966 setzte Fonkalsrud ein bikonikales Septotom ein mit dem er einen kreisrunden Defekt aus der Scheidewand ausstanzen konnte189 und Poulos und Edelmann die nach dem gleichen Prinzip funktionierende Vorhofseptumstanze.190

Abb. 53 zeigt Fonkalruds bikonikales Septotom und dessen Anwendung.191

188 Friend, W. G.; Andrews, W. E.; Donahoe, M. D.; Rogers, W. M.: Experimental production of atrial septal defects in dogs, 1965, S. 448

189 Fonkalsrud, E. W.; Tocornal, J. A.: Atrial septotome for palliative septectomy in infants with transposition of the great vessels, 1968, S. 514 - 516

190 Poulos, P. P. ; Edelmann, R. B.: Creation of atrial septal defects, 1966, S. 974 - 976

191 Fonkalsrud, E. W.; Tocornal, J. A.: Atrial septotome for palliative septectomy in infants with transposition of the great vessels, 1968, S. 515

Abb. 54 Vorhofseptumstanze nach Poulos192

Abb. 55 zeigt das chirurgische Vorgehen.193

192 Poulos, P. P. ; Edelmann, R. B.: Creation of atrial septal defects, 1966, S. 975

193 Poulos, P. P. ; Edelmann, R. B.: Creation of atrial septal defects, 1966, S. 976

Auch Rastan und Koncz entwickelten 1967 ein neuartiges Septektom, welches nach experimenteller Erprobung sich auch klinisch bewährt hatte. Dieses Instrument wurde damals im Institut für Medizinische Physik in Göttingen in drei Größen hergestellt, wobei der Durchmesser zwischen 9, 10,5 und 12 mm194 variierte. Es bestand aus einem Rohr mit einer messerscharfen Kante S. Dieser Kante stand eine kegelförmige Platte P gegenüber. Ihr Rand war ebenfalls messerscharf geschliffen und besaß einen pfeilförmigen scharfen Ansatz A. Die Platte wurde von einem Metallstab T getragen, der am Ende ein Kugelgelenk K besaß, um das die Platte mit Hilfe eines Gleitzylinders G und eines Stiftes St kippbar war. Durch drehen der Rädelschraube D2 konnte die Platte auf die Schneide S gedrückt werden, so dass das dazwischen liegende Gewebe kreisförmig ausgeschnitten wurde.195

Die Abb. 56 und 57 zeigen das Septektom von Rastan und Koncz.196

194 Rastan, H.; Koncz, J.: A new method of closed atrioseptectomy for palliative treatment of complete transposition of the great vessels, 1971, S. 705 - 709

195 Rastan, H.: Technik der Atrioseptektomie zur Palliativbehandlung der Transposition der großen Gefäße, 1970, S. 389 - 393

196 Rastan, H.: Technik der Atrioseptektomie zur Palliativbehandlung der Transposition der großen Gefäße, 1970, S. 390 / 391

Die folgende Abbildung zeigt das Operationsverfahren. Dabei wurde das Septektom durch das rechte Herzohr in den rechten Vorhof eingeführt und durchstieß die Vorhofscheidewand mit dem pfeilförmigen Ansatz der Platte. Ein vorhandenes Foramen ovale erleichterte das Vorschieben der Septektomspitze in den linken Vorhof. Durch Bedienung des Instruments am Griff wurde nun die Platte im linken Vorhof um 90° gekippt und dann durch Dreh-bewegungen an die Schneide des Rohres angepresst, so dass das zwischen Platte und Rohr eingeklemmte Septumgewebe ausgestanzt wurde.197

Abb. 58 Operationsverfahren nach Rastan und Koncz198

197 vgl. Abb. 56 und Rastan, H.: Technik der Atrioseptektomie zur Palliativbehandlung der Transposition der großen Gefäße, 1970, S. 389 - 393

198 Rastan, H.: Technik der Atrioseptektomie zur Palliativbehandlung der Transposition der großen Gefäße, 1970, S. 392

Dabei hatte das ausgestanzte Gewebestück immer einen größeren Durchmesser als das verwendete Septektom, da das Septum vor dem Stanzen über dem Kugelgelenk ausgespannt wurde.199

Abb. 59 veranschaulicht das Prinzip des Defektausstanzens und in Abb. 60 ist das ausgestanzte Septumgewebe im Zylinder des Septektoms zu erkennen. 200

Durch die Entwicklung der Ballonseptostomie, einer geschlossenen Form der Atrio-septostomie, 1966 durch Rashkind, wurden alle anderen Palliativverfahren in den Hintergrund gerückt.201 Der entscheidende Vorteil dieser Methode lag darin, dass der Brustkorb nicht eröffnet werden musste, da der Ballonkatheter über die Femoralvene in den rechten Vorhof und durch das ovale Fenster im Septum bis in den linken Vorhof geschoben werden konnte.

So positioniert wurde der Ballon mit 2 bis 6 ml verdünntem Kontrastmittel aufgeblasen, das entsprach etwa einem Ballondurchmesser von 1,5 bis 2 cm, und mit einem kräftigen Ruck in den rechten Vorhof zurückgezogen. Dieses wurde mehrmals wiederholt, bis kein Widerstand mehr zu spüren war.202 Der Erfolg dieser Methode war jedoch in den ersten drei Lebensmonaten am größten, da zum späteren Zeitpunkt eine Dehnung oder gar Sprengung des Foramen ovale aufgrund zunehmender Verfestigung des Septumgewebes nicht mehr möglich

199 vgl. Abb. 59 und Rastan, H.: Technik der Atrioseptektomie zur Palliativbehandlung der Transposition der großen Gefäße, 1970, S. 389 - 393

200 Rastan, H.: Palliative treatment of complete transposition of the great vessels, 1975, S. 412

201 Rastan, H.: Technik der Atrioseptektomie zur Palliativbehandlung der Transposition der großen Gefäße, 1970, S. 389 - 393

202 Rashkind, W. J.; Miller, W. W.: Creation of an atrial septal defect without thoracotomy, 1966, S.

173 - 174 und Beuren, A. J.; Keutel, J.; Gandjour, A.; Vesselinova, T.; Stoermer, J.; Hayek, H.:

Künstlicher Vorhofseptumdefekt nach Rashkind, 1972, S. 148 - 151

war. Außerdem war die Größe der entstandenen Defekte durch die Größe der Fossa ovalis limitiert. In diesen Fällen war weiterhin ein chirurgisches Vorgehen indiziert, da auf diese Art und Weise der Vorhofseptumdefekt für gewöhnlich größer gestaltet werden konnte.203

Alle Palliativoperationen führten vorerst lediglich zu einer Verlängerung der Lebens-erwartung bis zu maximal einem Jahr.204 Erst die Einführung klinisch erfolgreicher Korrekturoperationen der Transposition der großen Gefäße, wie die von Ake Senning erstmals 1958 durchgeführte Vorhofumkehr, steigerte die Bedeutung der palliativen Behandlung erheblich. Denn bis auf wenige Ausnahmen erreichten Kinder mit dieser Herzmissbildung nur bei Vorhandensein eines genügend großen Vorhofseptumdefekts ein korrekturfähiges Alter.205 Die Vorhofumkehr stellte eine rein hämodynamische Korrektur dar bei der der Blutstrom auf Vorhofebene umgekehrt wurde, so dass nach der Operation die obere und untere Hohlvene anstelle des rechten Vorhofs in den linken mündeten und die Pulmonalvenen statt in den linken Vorhof in den rechten. Dabei blieb die anatomische Falschanlage der Aorta und der Pulmonalarterien unkorrigiert. Basierend auf dem Prinzip von Sennig präsentierte der Amerikaner William Thornton Mustard206 1964 eine nach ihm benannte Operationstechnik. Mustard vereinfachte Sennings Methode dahingehend, dass er das Vorhofseptum unter zur Hilfenahme von Zusatzmaterial, sprich Perikard, rekonstruierte.208 Dieses wurde in Form eines rechteckigen Lappens des vorderen Perikards entnommen. Dann erfolgte die Inzision im Bereich des rechten Vorhofs (A) zur Darstellung des Vorhofseptums um durch Exzision von Septumgewebe eine Verbindung zum linken

203 Rastan, H.: Technik der Atrioseptektomie zur Palliativbehandlung der Transposition der großen Gefäße, 1970, S. 389 - 393 und Beuren, A. J.; Keutel, J.; Gandjour, A.; Vesselinova, T.; Stoermer, J.;

Hayek, H.: Künstlicher Vorhofseptumdefekt nach Rashkind, 1972, S. 148 - 151

204 Regensburger, D.: Korrektur der Transposition der großen Arterien – Wandel oder Renaissance in Herzchirurgie 1982, Hrsg. de Vivie, E. R., Hellberg, K., Ruschewski, W. 1982, S. 139 - 150

205 Beuren, A. J.; Keutel, J.; Gandjour, A.; Vesselinova, T.; Stoermer, J.; Hayek, H.: Künstlicher Vorhofseptumdefekt nach Rashkind, 1972, S. 148 - 151

206 William Thornton Mustard (1914 – 1988) führte im Mai 1963 die erste Korrektur der Transposition der großen Gefäße nach der von ihm entwickelten Methode durch.207

207 Tusler G. A.: Mustard operation for transposition: Historical aspects and results in Vogel, M.;

Bühlmeyer, K.: Transposition of the great arteries 25 years after Rashkind balloon septectomy, 1992, S. 113 / 114

208 Messmer, B. J.; Arbenz, U.; Real, F.: Transposition der großen Arterien: Möglichkeiten und Problematik der chirurgischen Behandlung, 1975, S. 522 - 532

Vorhof zu schaffen (B). Als nächstes wurde der Perikardlappen oberhalb der nun sichtbaren beiden linken Pulmonalvenen im linken Vorhof angenäht (C).209

Abb. 61 zeigt die Mustard´sche Operationsmethode der Transposition der großen Gefäße.210

209 vgl. Abb. 61 und Doty, D. B.: Cardiac Surgery, 1997, S. 160

210 Doty, D. B.: Cardiac Surgery, 1997, S. 161

Die Naht erstreckte sich entlang des hinteren Randes der Mündung der oberen und unteren Hohlvene im Bereich des rechten Vorhofs (D) und letztendlich rings um die Mündung der Vena cava superior (E) und inferior (F).211

Bereits 1965, kurze Zeit nachdem Mustard seine Operationsmethode zur Korrektur der Transposition der großen Gefäße in die Klinik eingeführte hatte, operierte Professor Koncz als erster in Deutschland ein Kind nach dieser Methode.212 Zu der Zeit war die Vorhofumkehr, sei es durch Mustard- oder Senning-Operation, das Mittel der Wahl bei dieser Missbildung des Herzens, denn die Folgen und Risiken dieser Operationen wurden erst in den kommenden Jahren erkannt. Dabei handelte es sich um das vermehrte Auftreten lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen, sowie Stenosen im Bereich der Lungen- und Hohlvenen. So entwickelte Rastelli eine Möglichkeit der hämodynamischen wie auch anatomischen Korrektur, die jedoch bei Säuglingen aufgrund des zu großen Durchmessers der einzusetzenden Gefäßprothese noch nicht angewandt werden konnte.213

In Göttingen wurde erstmals 1969 ein sechsjähriges Kind erfolgreich nach den Grundsätzen von Rastelli operiert.214

So gewann die anatomische Korrektur der Gefäße als Alternative zunehmend an Bedeutung.

Dabei lag die technische Schwierigkeit nicht in der Durchtrennung und Reanastomosierung der großen Gefäße, sondern hauptsächlich beim Tauschen der rechten und linken Koronararterie ohne diese zu knicken, zu verdrehen oder gar zu sehr anzuspannen.215

In den späten 80er Jahren vollzog sich so langsam der Wandel der Behandlungsmethode der Transposition der großen Gefäße weg von der Vorhofumkehr hin zu der anatomischen Arterienkorrektur.216 Aufgrund von Langzeitstudien ist nach heutigen Erkenntnissen die Korrektur der großen Arterien auf Gefäßebene, sprich anatomisch, das Mittel der Wahl. Denn die Spätfolgen und -risiken der Operationen nach Senning und Mustard reichen von

211 vgl. Abb. 61 und Doty, D. B.: Cardiac Surgery, 1997, S. 160

212 de Vivie, E. R., Hellberg, K., Ruschewski, W.: Herzchirurgie 1982, S. 11 - 15

213 Messmer, B. J.; Arbenz, U.; Real, F.: Transposition der großen Arterien: Möglichkeiten und Problematik der chirurgischen Behandlung, 1975, S. 522 - 532

214 Rastan, H.; Kirchhoff, P. G.; Rastan, D.: Rastelli-Operation bei kompletter Transposition der großen Gefäße mit Ventrikelseptumdefekt und Pulmonalatresie, 1975, S. 66 - 71

215 Jatene, A. D.; Fontes, V. F.; Paulista, P. P.: Anatomic correction of transposition of the great vessels, 1976, S. 364 - 370 und Harlan, B. J.; Starr, A.; Harwin, F. M.: Manual of Cardiac Surgery, 1995, S. 317 - 324

216 Williams, W. G.; McCrindle, B. W.; Ashburn, D. A.: Outcomes of 829 neonates with complete transposition of the great arteries 12 – 17 years after repair, 2003, S. 1 - 10

Arrhythmien, systemischem Versagen des rechten Ventrikels, Verlust des Sinusrhythmus und Schrittmacherimplantation bis hin zum plötzlich auftretenden Tod. Dabei ist die Überlebensrate nach der Senning-Operation signifikant besser, denn sie liegt bei 94 % nach 10 Jahren, während nach Mustard-Operation zu diesem Zeitpunkt nur 82 % der Patienten noch lebten.217

Die Überlebensrate der Patienten, die sich primär einer anatomischen Korrektur unterzogen hatten, lag 10 Jahre nach dem Eingriff bei über 90 %. Dabei war die frühe und späte Sterblichkeit signifikant geringer, sowie auch die aufgetretenen Spätkomplikationen. Im Vergleich dazu war die frühe und späte Sterblichkeitsrate der Patienten, die sich nach primär erfolgter Vorhofumkehr einer anatomischen Korrektur unterzogen hatten, relativ hoch.

Ursache hierfür war die bereits erfolgte Adaptation des rechten Ventrikels und der rechten Koronararterie an die erhöhte Belastung der rechten Kammer, bedingt durch die kongenitale Vertauschung der großen Arterien.218

217 Sarkar, D.; Bull, C.; Yates, R.: Comparison of long-term outcomes of atrial repair of simple transposition with implications for a late arterial switch strategy, 1999, S. II-176 - II 181

218 vgl. Amin, Z.; McElhinney, D. B.; Moore, P.; Reddy, V. M.; Hanley, F. L.: Coronary arterial size late after the atrial inversion procedure for transposition of the great arteries: Implications for the arterial switch operation, 2000, S. 1047 – 1052 und Williams, W. G.; McCrindle, B. W.; Ashburn, D.

A.: Outcomes of 829 neonates with complete transposition of the great arteries 12 – 17 years after repair, 2003, S. 1 - 10

3.3. Entwicklung einer neuen Operationsmethode – die Aortoventrikuloplastik

Professor Koncz hatte zusammen mit seinem Kollegen und ehemaligen Schüler Professor Rastan219 eine neue Operationsmethode zur Beseitigung einer tunnelförmigen Subaorten-stenose entwickelt. Es handelt sich dabei um eine angeborene AortenSubaorten-stenose, welche sehr selten vorkommt und durch eine Obstruktion des linken Ausflusstraktes gekennzeichnet ist.

Diese tunnelförmige Subaortenstenose entsteht vermutlich durch eine Verlagerung des Konusseptums nach links.

Entsprechend der Variationsbreite dieser Fehlbildung, die von einer fibromuskulären Ringleiste bis zu einem zwei bis drei cm langen, starren, mit fibrösem Endokard ausgekleidetem hypoplastischen Ausflusstrichter reichte, war das Operationsergebnis mäßig bis unzureichend, denn diese Form der Aortenstenose ließ sich durch die gängigen Standardmethoden chirurgisch nicht oder nur unzureichend beeinflussen.

Mit Hilfe des Angiokardiogramms oder des zweidimensionalen Echokardiogramms konnte das starre stenotische Rohr unterhalb der Aortenklappe, als Ausdruck einer Einengung des gesamten subvalvulären Segments der Ausflussbahn, dargestellt werden.

Vor der Entwicklung einer geeigneten Operationsmethode zur Beseitigung der tunnel-förmigen subvalvulären Aortenstenose, musste sich der Operateur in den meisten Fällen auf eine örtlich begrenzte Ausschälung des fibromuskulären Gewebes beschränken. Auch eine tiefe Einkerbung des hypertrophierten Myokards, in Kombination mit einer großzügigen Resektion desselben, führte häufig nur zu einer vorrübergehenden Senkung des Druck-gradienten zwischen dem linken Vorhof und der Aorta. Ein Rezidiv in Form einer erneuten Tunnelbildung war nicht selten zu beobachten.221

Die inkomplette Korrektur der Aortenstenose zog Schwierigkeiten im postoperativen Verlauf nach sich, da der häufig zurück gebliebene hohe Restgradient zwischen dem linken Ventrikel und der Aorta eine besonders große Gefahr eines postoperativen hypodynamischen

219 Professor Dr. med. Huschang Rastan, geboren am 21.06.1936 in Hamedan / Iran, war Schüler und späterer enger Mitarbeiter von Professor Koncz. Bis zu seiner Berufung, als leitender Herzchirurg an das Herzzentrum in Teheran, war er von 1974 – 1978 Oberarzt der Abteilung für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie der Uniklinik Göttingen.220

220 Hofmann, K.: Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 2001, 18. Auflage, Band II K - Sch, 2001, S. 2507

221 vgl. Koncz, J., Brunner, L., Kirchhoff, P.-G.: Anomalien der linksventrikulären Ausflussbahn in Allgemeine und spezielle Operationslehre Band VI/2, Hrsg. Borst, Klinner, Senning 1978, S. 356 - 359 und de Vivie, E. R., Koncz, J.: Anomalien der linksventrikulären Ausflussbahn in Herzchirurgie, Hrsg. Borst, Klinner, Oelert 1991, S. 220

Herzversagens darstellte. Außerdem brachte die häufige Mitbeteiligung der Mitralklappe die Gefahr einer postoperativen Schlussunfähigkeit dieser Klappe mit sich.

Die von Professor Koncz und seinem Mitarbeiter Professor Rastan entwickelte Operations-methode, ermöglichte die plastische Erweiterung eines engen Klappenringes, bzw. eines hypoplastischen Ausflusstraktes, wobei allerdings die Entfernung der Aortenklappe und deren Ersatz durch eine künstliche Klappe obligatorisch war.222

Die Aortoventrikuloplastik wurde zunächst im Tierexperiment erfolgreich erprobt bevor sie dann im Juni 1974 zum ersten mal am Patienten zum Einsatz kam. Diese Operation war damals nicht erfolgreich verlaufen, denn aufgrund der schlechten Konstitution des Patienten starb dieser nach der Operation an Myokardversagen. Die Autopsie zeigte ein deutlich hypertrophiertes und dilatiertes Herz mit technisch einwandfreier Aortoventrikuloplastik. Der Tod dieses Patienten konnte also nicht in Zusammenhang mit der Operationsmethode gestanden haben.223 Am 05.11.1974 wurde die erste erfolgreiche Aortoventrikuloplastik durchgeführt. Es handelte sich bei diesem Patienten um einen 12jährigen Jungen mit Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die retrograde Katheterisierung des linken Ventrikels und Angiokardiographie hatten eine schwere Mitralinsuffizienz und eine tunnelförmige Subaortenstenose ergeben. Der Eingriff wurde unter lokaler Herzunterkühlung mit intermittierender Koronarperfusion durchgeführt. Die insuffiziente Mitralklappe wurde durch eine Björk-Shiley-Klappe ersetzt. Ebenso wurde im Zuge der Aortoventrikuloplastik auch die Aortenklappe durch eine Björk-Shiley-Klappe ersetzt. Durch die plastische Erweiterung des linken Ausflusstrakts konnte der systolische Druckgradient zwischen dem linken Ventrikel und der Aorta vollständig beseitigt werden. Die Operation verlief ohne Komplikationen und der postoperative Verlauf war ebenfalls unauffällig. Das präoperativ extrem vergrößerte Herz war sechs Monate nach der Operation wieder normal groß.224

In der Zeit von Juni 1974 bis Februar 1977 wurden in Göttingen 20 Patienten unter 18 Jahren mit unterschiedlichen Formen der Obstruktion im Bereich des linksventrikulären Ausflusstrakts nach der neuen Methode operiert. Dabei waren bis auf sechs Patienten alle

222 vgl. Koncz, J., Brunner, L., Kirchhoff, P.-G.: Anomalien der linksventrikulären Ausflussbahn in Allgemeine und spezielle Operationslehre Band VI/2, Hrsg. Borst, Klinner, Senning 1978, S. 356 - 359 und de Vivie, E. R., Koncz, J.: Anomalien der linksventrikulären Ausflussbahn in Herzchirurgie, Hrsg. Borst, Klinner, Oelert 1991, S. 220

223 Rastan, H.; Koncz, J.: A new technique for the treatment of left ventricular outflow tract obstructions, 1976, S. 920 - 927

224 vgl. Rastan, H.; Koncz, J.: A new technique for the treatment of left ventricular outflow tract obstructions, 1976, S. 920 - 927 und Rastan, H., Koncz, J.: Plastische Erweiterung der linken Ausflussbahn, 1975, S. 169 - 175

anderen bereits ein oder sogar zweimal im Bereich des linken Ventrikels voroperiert. Die Mortalität lag bei 24 %, wobei es sich dabei ausschließlich um Patienten handelte, die sich zuvor schon mindestens einer Herzoperation unterzogen hatten und deren Operationsrisiko damit bereits von Anfang an erhöht war. Die Todesursache war bei zwei Patienten Myokardversagen, bei einem trat ein Hirnschaden ein, in einem Fall wurde eine wichtige septale Arterie durchtrennt, bei einem weiteren Patienten kam es zur Ausbildung einer schweren Azidose mit Nierenversagen. Darüber hinaus waren keine Todesfälle zu einem späteren Zeitpunkt zu verzeichnen. Damit waren die ersten Operationsergebnisse im Vergleich zu den konventionellen chirurgischen Methoden sehr vielversprechend gewesen.

Die Langzeitprognose, insbesondere in Bezug auf den Einsatz einer Klappenprothese, war damals noch unsicher.225 Bis 1982 war die Zahl der in Göttingen nach dieser neuen Methode durchgeführten Operationen bereits auf 47 angestiegen, wobei die Aortoventrikuloplastik bei nur 12 Patienten die erste Herzoperation darstellte. Das Alter der Patienten bewegte sich zwischen 4 und 35 Jahren. Die Sterblichkeitsrate war auf 13 % gesunken, wobei bei den letzten 34 operierten Patienten keiner mehr verstorben war und sich auch keine späten Todesfälle ereignetet hatten.226 Im März 1992 war die Zahl der Patienten, die sich einer Aortoventrikuloplastik unterzogen hatten, schon auf 96 angewachsen. Dabei betrug die Frühletalität 8,3 %. Von den 96 Patienten mussten drei Patienten aufgrund eines Aortenaneurysmas im Bereich der aufsteigenden Aorta, einer rechtsventrikulären Ausflussbahneinengung und einer „ausgewachsenen“ Klappenprothese erneut operiert werden. Bei 71 der Patienten hatte sich nach der Operation wieder ein Sinusrhythmus

Die Langzeitprognose, insbesondere in Bezug auf den Einsatz einer Klappenprothese, war damals noch unsicher.225 Bis 1982 war die Zahl der in Göttingen nach dieser neuen Methode durchgeführten Operationen bereits auf 47 angestiegen, wobei die Aortoventrikuloplastik bei nur 12 Patienten die erste Herzoperation darstellte. Das Alter der Patienten bewegte sich zwischen 4 und 35 Jahren. Die Sterblichkeitsrate war auf 13 % gesunken, wobei bei den letzten 34 operierten Patienten keiner mehr verstorben war und sich auch keine späten Todesfälle ereignetet hatten.226 Im März 1992 war die Zahl der Patienten, die sich einer Aortoventrikuloplastik unterzogen hatten, schon auf 96 angewachsen. Dabei betrug die Frühletalität 8,3 %. Von den 96 Patienten mussten drei Patienten aufgrund eines Aortenaneurysmas im Bereich der aufsteigenden Aorta, einer rechtsventrikulären Ausflussbahneinengung und einer „ausgewachsenen“ Klappenprothese erneut operiert werden. Bei 71 der Patienten hatte sich nach der Operation wieder ein Sinusrhythmus

Im Dokument Josef Koncz (1916 - 1988) (Seite 66-0)