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3.7 S CHADSTOFFMIGRATION UND S CHADSTOFFBESTÄNDIGKEIT

3.7.2 Transportgleichungen

3.7.2.1 Konvektion

Beim reinen konvektiven Transport weist der gelöste Schadstoff gegenüber seinem Träger-fluid Wasser keine Relativbewegung auf, sondern bewegt sich ebenso wie dieses mit dessen mittlerer Strömungsgeschwindigkeit. Diese mittlere Strömungsgeschwindigkeit vn (Porenge-schwindigkeit) innerhalb des durchströmbaren Porenanteils n ergibt sich aus dem Durchläs-sigkeitsbeiwert k und dem Gefälle i zu:

Wird der Schadstoff während des konvektiven Transports an den Oberflächen der Feststoff-matrix sorbiert, so bewegt er sich zwar immer noch gleichgerichtet mit dem Wasser, gegen-über diesem jedoch zeitlich verzögert. Dieser Vorgang läßt sich anschaulich mit dem Retar-dationskoeffizient R darstellen, der das Verhältnis zwischen der mittleren Strömungsge-schwindigkeit vn und der Ausbreitungsgeschwindigkeit vs der Schadstoffe beschreibt (Abb.

3.30) und sich mit der folgenden Gleichung aus der Trockendichte rhod und dem Porenanteil n der Feststoffmatrix sowie der Adsorptionskonstanten kp ermitteln läßt (ROBERTS &

VALOCCHI 1981):

Abb. 3.30 Verzögerung der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Schadstoffen infolge von Adsorp-tion

Der von außen konvektiv in ein System geleitete Schadstoffeintrag IK bleibt allerdings von der Sorption unbeeinflußt und hängt nur vom flächenbezogenen Durchfluß Q und dem Porenan-teil n ab:

Mit diesem Durchfluß wird bei einem verunreinigten Wasser mit der konstanten Konzentrati-on C0 kontinuierlich der Schadstoffstrom

3.7.2.2 Diffusion

Während ein konvektiver Transport eine Wasserströmung und damit ein hydraulisches Gefälle voraussetzt, findet eine Diffusion auch im ruhenden Wasser statt, sofern ein chemisches Po-tentialgefälle vorhanden ist. Dieses Konzentrationsgefälle bewirkt einen physikalischen Aus-gleichsprozeß, in dessen Verlauf sich der gelöste Schadstoff infolge der BROWNschen Mole-kularbewegung von Orten höherer Konzentration zu solchen niedrigerer Konzentration be-wegt. Hierbei verhält sich der Massenstrom durch eine gedachte Fläche proportional zu dem Konzentrationsgefälle. Mathematisch läßt sich der stationäre diffusive Massenstrom ID im freien Flüssigkeitsraum nach dem 1. FICKschen Gesetz beschreiben:

mit:

ID diffusiver Massenstrom im freien Flüssigkeitsraum D0 Diffusionskoeffizient im freien Flüssigkeitsraum C Konzentration

x Wegkoordinate.

Der Diffusionskoeffizient D0 stellt ein Maß für die Beweglichkeit der diffundierenden chen im freien Flüssigkeitsraum dar. Er ist somit im starken Maße abhängig von der Teil-chengröße des Inhaltsstoffes sowie von der Temperatur und der Viskosität des Trägerfluids.

Wird neben der örtlichen auch eine zeitliche Veränderung der Konzentration am betrachteten Element berücksichtigt, führt die mathematische Lösung für den eindimensionalen Diffusi-onsvorgang unter der Annahme eines ort-, zeit- und konzentrationsunabhängigen Diffusions-koeffizienten D0 zu einer partiellen Differentialgleichung ersten Grades zweiter Ordnung (2.

FICKsche Gesetz):

Neben instationären Diffusionsvorgängen beschreibt dieser Typ von Differentialgleichung auch andere physikalische Probleme wie die Konsolidierung weicher bindiger Böden und den Wärmetransport in Festkörpern (TERZAGHI & FRÖHLICH 1936, GRÖBER et al. 1988).

Bei der Übertragung der zunächst für den freien Flüssigkeitsraum gültigen FICKschen Gesetze auf eine flüssigkeitsgefüllte Feststoffmatrix, z. B. eine Dichtmasse, sind deren spezifische Beeinflussungen auf den Transportmechanismus zu berücksichtigen. Hierzu zählen im we-sentlichen Parameter wie

• die während des Diffusionsvorgangs durch sorptive Prozesse an den Oberflächen der Feststoffmatrix zurückgehaltene Menge an Wasserinhaltsstoffen (Retardationskoeffizi-ent R, Abschnitt 3.7.2.1 und Abb. 3.30) sowie

• die durch den Porenraum gegenüber dem freien Flüssigkeitsraum veränderten Diffusi-onswege. Die rein geometrische Verlängerung des Diffusionsweges wird durch die Tortuosität T beschrieben (WYLLIE & SPANGLER 1952, PORTER et al. 1960, Abb. 3.31).

Zusätzlich können jedoch auch elektrostatische Wechselwirkungen zwischen den gela-denen Feststoffoberflächen und den Wasserinhaltsstoffen, das Verhältnis vom Poren-durchmesser zum Durchmesser der transportierten Moleküle sowie die verminderte Viskosität des Trägerfluids etc. den Diffusionsweg beeinflussen. Die Summe dieser Einflußfaktoren wird mit dem Impedanzfaktor gamma beschrieben (SCHNEIDER &

GÖTTNER 1989, GDA 1993).

Die Parameter müssen in die für den freien Flüssigkeitsraum gültige Differentialgleichung 3.24 mit einbezogen werden. Die Tortuosität T stellt dabei einen Proportionalitätsfaktor zwi-schen dem im freien Flüssigkeitsraum gültigen Diffusionskoeffizienten D0 und dem in einer Porenmatrix ermittelten Diffusionskoeffizienten, dem sogenannten Gesteinsdiffusionskoeffi-zienten D´, dar (Abb. 3.31):

Die sorptiven Eigenschaften der Feststoffmatrix können unter der Annahme eines proportio-nalen Zusammenhangs S = a C zwischen der Adsorption S und der Konzentration C in Glei-chung 3.24 berücksichtigt werden durch (Abb. 3.31)

mit: a dimensionsfreier Proportionalitätsfaktor.

Nach Umformung und Einführung des Retardationskoeffizienten

(Abschnitt 3.7.2.1) ergibt sich (Abb. 3.31):

mit: D* effektiver Diffusionskoeffizient.

Abb. 3.31 Modifiziertes 2. FICKsches Gesetz für eine wassergefüllte Porenmatrix

Der effektive Diffusionskoeffizient D* berücksichtigt näherungsweise sämtliche Interaktionen zwischen der Feststoffmatrix und den Schadstoffen in der Porenlösung.

Für die Grenzbedingungen eines einseitig begrenzten Körpers berechnet sich der instationäre Konzentrationsverlauf aus dem modifizierten 2. FICKschen Gesetz (Gleichung 3.25) zu:

Die Funktion erf(z) ist das GAUSSsche Fehler- oder Wahrscheinlichkeitsintegral (error-Funktion), das mit Hilfe der Potenzreihe

gelöst werden kann. Tabellenwerte und Eigenschaften für die Funktion erf(z) finden sich z. B.

in BRONSTEIN & SEMENDJAJEW (1975).

3.7.2.3 Überlagerung konvektiver und diffusiver Transportvorgänge

Der rein diffusive Transport kann entweder durch einen gleichgerichteten oder im Fall der Inversionsströmung durch einen entgegengerichteten konvektiven Massenstrom überlagert sein (Abb. 3.29). Zur Beschreibung der eindimensionalen zeitlichen Konzentrationsentwick-lung in geringdurchlässigen Dichtwänden ist die Differentialgleichung 3.25 um den Anteil des konvektiven Massenflusses zu erweitern. Für einen gleichgerichteten diffusiven und konvek-tiven Transport ergibt sich die Differentialgleichung zu (OGATA & BANKS 1961, ROBERTS &

VALOCCHI 1981):

beziehungsweise für entgegengerichteten diffusiven und konvektiven Transport zu:

Lösungen dieser Differentialgleichungen für unterschiedliche Grenzbedingungen finden sich z. B. in BANKS & ALI (1964), ROWE & BOOKER (1985), FRIEDRICH (1989) und ROGNER

(1993).

Die bei der Ausführung von Einkapselungen häufig als hydraulische Zusatzmaßnahme ge-plante Absenkung des Deponieinnenwasserspiegels gegenüber dem Grundwasserspiegel hat zum Ziel, daß bestimmte Grenzkonzentrationen im Dichtsystem nicht überschritten werden und die aus dem System austretende Schadstoffmenge begrenzt bleibt.

Für die praktische Anwendung stellt sich somit die Frage nach der erforderlichen Absenkhöhe Deltah, um in dem Dichtungssystem eine stationäre Konzentrationsverteilung so zu erzwin-gen, daß die dann noch aus dem System migrierende Schadstoffmenge theoretisch einen to-lerablen Grenzwert auch langfristig nicht überschreitet.

Nach einem Lösungsansatz von FRIEDRICH (1989) kann eine von der Mächtigkeit d (Breite) der Dichtung unabhängige Druckhöhe delta hmin für ein einseitig begrenztes Dichtungssystem berechnet werden. Die Druckhöhe delta hmin wird für den stationären Fall aufgrund der Be-dingung, daß die entgegengerichteten Materieströme aus Diffusion (Gleichung 3.23) und Konvektion (Gleichung 3.21) gleich groß sind, in Abhängigkeit des effektiven Diffusions-koeffizienten D*, des Durchlässigkeitsbeiwertes k und der Ausgangskonzentration C0 ange-geben zu:

enten D* = 1 10-10 m2/s, eine Grenzkonzentration CG <= 10-3 · C0 und einen Porenanteil n = 0,8 dargestellt.

Tabelle 3.5 Erforderliche Absenkung delta hmin des Innenwasserspiegels für CG <= 10-3 C0 im Grundwasser unmittelbar an der Außenseite der Dichtwand

Wasserdurchlässigkeit k in m/s Absenkhöhe delta hmin in m

10-7 0,01

10-8 0,06

10-9 0,55

10-10 5,53

Zur rechnerischen Abschätzung von Restemissionen aus Einkapselungen mit Inversionsströ-mung sind für den stationären Fall in ROGNER (1993) Nomogramme aufgeführt.

3.7.3 Einfluß der Dichtwandbreite auf konvektive und diffusive