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Bodensee / 60 m Tiefe

7.2.3 Tiefenprofile des Bodensees im Hinblick auf Partikel

Die im Bodensee dispergierten Kolloide und Partikel stammen vorwiegend aus der Schwebstofffracht der Zuflüsse, der Produktion des Planktons, der autochthonen Calcitfällung sowie aus Aufwirbelungen vom Seeboden. Unter Berücksichtigung der im See vorherrschenden Strömungsbedingungen, die von einer Vielzahl von Einflußgrößen wie windinduzierte Umschichtungen, Ausbreitung des Alpenrheinwassers und Wassertemperatur abhängig sind, können in den einzelnen Wasserkörpern räumlich und jahreszeitlich verschiedenartige Feststoffe in unterschiedlicher Konzentration und Größenverteilung auftreten. Solche Kenntnisse über die Änderung der saisonalen und örtlichen Kolloid-/Partikelanzahl bzw. der Feststoffvolumenkonzentrationen sind für Wasserversorgungsunternehmen im Hinblick auf die technische Prozeßführung ihrer Aufbereitungsstufen von besonderem Interesse.

Bislang konnten derartige Untersuchungen nur für Partikel > 1 µm durchgeführt werden, da die Empfindlichkeit der verfügbaren Partikelanalysegeräte nicht aus-reichend war. Im Sommer 2002 sowie Frühjahr 2003 und 2004 wurden mittels eines Bootes und speziellen Probenahmegerätes Wasserproben in unterschiedlichen Tiefen des Bodensees genommen und in 10 Liter-Kunststoffgefäße abgefüllt. Bei der BWV wurde unmittelbar danach mittels Laserlicht-Abschattung (HIAC ROYCO 9064/HRLD 150/1.0, 25) die Fracht an Partikeln > 1 µm bestimmt, im Anschluß wurden die Proben per PKW zum Forschungszentrum Karlsruhe transportiert. Nach kurzem Aufschütteln erfolgte dort die Untersuchung mittels NPA/LIBD auf ihren Kolloidgehalt hin.

Die Veränderung der Anzahl sowohl von Partikeln > 1 µm sowie von Kolloiden

< 1 µm Durchmesser ist in Abb. 7.9 dargestellt. Es wird deutlich, daß in den oberflächennahen, lichtdurchfluteten Bereichen des Epilimnions (0 - 20 m) die Teilchenanzahl generell höher ist als in den tiefergelegenen Bereichen des Hypolimnions (tiefer als 40 m). Dieser Trend war während der thermischen Schichtung des Sees im Sommer 2002 erwartungsgemäß wesentlich stärker ausgeprägt als zur Zeit der Vollzirkulation im Winter/Frühjahr 2003 und 2004, wo es zu einer Vermischung der Wasserschichten kommt. Die Partikelzahlen > 1 µm liegen typischerweise bei rund 107 L-1, die Kolloidanzahl naturgemäß wesentlich höher im Bereich von 109 - 1010 L-1. Bestechend ist die gute Übereinstimmung der Frühjahrs-Profile von 2003 und 2004. Dies spricht nicht nur für gleichbleibende Verhältnisse im See, was aus Sicht der Trinkwasseraufbereitung sehr wünschenswert ist, sondern bestätigt umgekehrt auch die Vergleichbarkeit der NPA/LIBD-Messungen über einen längeren Zeitraum.

-140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0

10

7

10

8

10

9

10

10

Kolloide Juli 2002 Partikel > 1 µm Juli 2002 Kolloide Februar 2003 Partikel > 1 µm Feb. 2003 Kolloide März 2004

Teilchenanzahl /(Teilchen/L)

W as se rt ie fe /m

Abb. 7.9: Tiefenprofil des Bodensees; gezeigt ist die Anzahl der Teilchen in Abhängigkeit der Wassertiefe. Da es im Winter/Frühjahr zur Vollzirkulation des Sees kommt, ist die partikuläre Fracht homogener verteilt; im Sommer dagegen tritt eine thermische Schichtung auf, daher sind stärkere

"Sprünge" zu erkennen.

-140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0

10-9 10-8 10-7 10-6 10-5

Kolloide Juli 2002 Partikel > 1 µm Juli 2002 Kolloide Februar 2003 Partikel > 1 µm Feb. 2003 Kolloide März 2004

Feststoffvolumenkonzentration /(m3/m3)

W as se rt ie fe /m

Abb. 7.10: Tiefenprofil des Bodensees; gezeigt ist die Feststoffvolumenkonzentration in Abhängigkeit der Wassertiefe. Obgleich die Absolutwerte naturgemäß stark voneinander abweichen, so wird doch deutlich, daß sich die Profile von Kolloiden und Partikeln > 1 µm ähnlich sind.

Da die Laserlicht-Abschattung durch Messung mehrerer Größenkanäle in gewissem Umfang eine Partikelgrößenverteilung ermittelt, ist ein direkter Vergleich der Teilchengrößen mit dem mittleren Durchmesser der durch NPA/LIBD erfaßten Kolloide wenig aussagekräftig und unübersichtlich. Es erfolgte daher eine Umrechnung auf die Feststoffvolumenkonzentration Φ gemäß folgender Formel:

π

= φ

i

3i, p

i d

N 6 (7-1)

Φ Feststoffvolumenkonzentration

i Größenklasse im Intervall dp bis (dp+∆dp)

Ni volumenbezogene Partikelanzahl im Intervall dp bis (dp+∆dp) dp,i kugeläquivalenter mittlerer Kolloid- bzw. Partikeldurchmesser

im Intervall dp bis (dp+∆dp)

Das Ergebnis ist in Abb. 7.10 zu sehen. Die Anzahl der Kolloide ist generell höher als die der größeren Teilchen, aufgrund ihrer geringen Größe liegt jedoch die Feststoffvolumenkonzentration stets unterhalb derjenigen der suspendierten Partikel

> 1 µm.

Während der thermischen Schichtung folgt die Feststoffvolumenkonzentration einem ähnlichen Trend wie die Partikelanzahl; bei rund 20 m Wassertiefe ist ein ausgeprägterer "Sprung" zu erkennen, die Konzentration der Kolloide sinkt von 2,7 · 10-8 m3/m3 auf 7,8 · 10-9 m3/m3, die der Partikel > 1 µm von 8,2 · 10-7 m3/m3 auf 5,5 · 10-7 m3/m3. Die Vollzirkulation im Winter/Frühjahr führt zu einer Durchmischung des Sees, daher sind hier keine größeren Änderungen festzustellen. Die Kolloid- bzw. Partikelkonzentrationen liegen vergleichsweise stabil im Bereich von 2 · 10-8 m3/m3 bzw. 5 · 10-7 m3/m3. Gewisse Schwankungen nahe der Wasseroberfläche sind normal und werden zum großen Teil durch das Wettergeschehen hervorgerufen; zum einen kann es zu windinduzierten Umschichtungen kommen, zum anderen erfolgt ein Eintrag von Aerosolen bzw.

Staubteilchen. An der Probenahmestelle ist der Bodensee bis zu 160 m tief; trotzdem kann bei einer Wasserentnahme in 140 m Tiefe nicht ausgeschlossen werden, daß Aufwirbelungen vom Grund zu einem erhöhten Partikelmeßwert führen. Für den signifikant erhöhten Kolloidwert bei 140 m im Sommerprofil von 2002 ist dies eine mögliche Erklärung.

Die Kolloid-Massenkonzentrationen und -Durchmesser zeigen bei einer Auftragung gegen die Wassertiefe den gleichen Verlauf wie die jeweilige Feststoffvolumen-konzentration; auf eine separate Auftragung wurde daher verzichtet. Die Absolutwerte sind der Vollständigkeit halber in nachfolgender Tab. 7.1 gelistet.

Tab. 7.1: Übersicht über die Kolloid-Massenkonzentrationen und -Durchmesser in Abhängigkeit der Wassertiefe. Sie zeigen das gleiche Verhalten wie die Feststoffvolumenkonzentration.

Juli 2002 Februar 2003 März 2004 Tiefe /m d /nm c /(µg/L) d /nm c /(µg/L) d /nm c /(µg/L)

0 87 21 144 50 154 27

-2 94 24 169 61 189 37

-5 97 35 214 83 152 25

-10 94 21 214 73 258 57

-15 330 95 137 52 143 32

-20 295 71 168 55 215 34

-30 183 20 139 46 147 31

-60 94 6 153 57 150 30

-100 193 15 134 48 227 45

-140 1014 375 170 75 321 112

Diskussion

Im Rahmen von limnologischen Untersuchungen des Bodensees wurden im Sommer 2002 bei einer ausgeprägten thermischen Schichtung sowie während der Vollzirkula-tion im Winter/Frühjahr 2003 und 2004 in den oberflächennahen, lichtdurchfluteten Bereichen des Epilimnions vergleichsweise hohe Kolloid- und Partikelgehalte beobachtet. Dies ist vor allem auf das starke Algenwachstum bzw. den damit verbundenen biologischen Abbau der Algenbiomasse (Phytoplankton, Zooplankton) in rund 20 m Tiefe wie auch die biogene Calcitfällung ("biogene Entkalkung") zurück-zuführen.

In den tiefer gelegenen Schichten des Hypolimnions (40 - 100 m Tiefe) waren die Konzentrationen signifikant geringer. Die z.T. höheren Feststoffgehalte in Bodennähe sind vermutlich auf Sedimentations- und Resuspensionsvorgänge bzw.

Aufwirbelungserscheinungen zurückzuführen. Der Verlauf der Tiefenprofile war für Kolloide und Partikel > 1 µm jeweils ähnlich.

Für die Trinkwasseraufbereitung bedeutet dies, daß die Wahl des Freiwasser-bereichs des Hypolimnions für die Entnahme von Rohwasser gut geeignet ist.

Weiterhin hat sich gezeigt, daß die zur Untersuchung verwendeten Methoden der Laserlicht-Abschattung und NPA/LIBD jeweils gleiche Trends zeigen und sich auch im vorliegenden Anwendungsfall gut ergänzen. Eine umfangreiche, aussagekräftige Charakterisierung des gesamten Partikelspektrums ist mit einer Methode allein nicht zu erreichen.