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Einfluß von Transport und Speicherung auf die partikuläre Fracht von Trinkwasser

Bodensee / 60 m Tiefe

7.2.5 Einfluß von Transport und Speicherung auf die partikuläre Fracht von Trinkwasser

Neben der Wassergewinnung, -aufbereitung und der regelmäßigen Qualitätskontrolle stellt die Verteilung und Speicherung des Trinkwassers die vierte Kernaufgabe eines Wasserversorgungsunternehmens dar. Zusätzlich zu den Anforderungen an Druck und Menge ist auch hierbei die Gewährleistung der einwandfreien Beschaffenheit des Trinkwassers von zentraler Bedeutung. Das in der Aufbereitungsanlage

"Sipplinger Berg" behandelte Bodensee-Wasser wird über ein Rohrleitungssystem mit einer Gesamtlänge von über 1700 km zum Endverbraucher transportiert. Diverse Zwischenspeicher1, Pumpstationen und Turbinen sind in dieses Leitungsnetz integriert, sämtliche großkalibrigen Leitungen bestehen aus Spann- oder Stahlbeton und sind mit Zementmörtel ausgekleidet. Da die Verweildauer des Wassers vor dem Gebrauch durch den Endkunden bis zu 15 Tage betragen kann, erschien eine Beeinträchtigung der nach der Aufbereitung vorhandenen, geringen Restpartikel-population nicht unwahrscheinlich. Eine Zunahme der Partikelzahl beispielsweise durch Zerschlagung von Aggregaten, Aufkeimung oder Austrag von Kolloiden aus den Leitungswänden war ebenso denkbar wie eine Verringerung durch beispiels-weise Aggregation oder Sorption an die Rohrwände.

Abb. 7.15: Verteilnetz des Zweckverbands Bodensee-Wasserversorgung. Das Versorgungs-gebiet umfaßt ca. 4 Millionen Menschen in ganz Süddeutschland; zu diesem Zweck wurden diverse Hochbehälter sowie ein insgesamt rund 1700 km langes Rohrleitungsnetz angelegt. Die erste Hauptleitung führt nach Tuttlingen und durch die Schwäbische Alb, sodann durch das Wasser-Mangelgebiet der Baar-Hochfläche nach Reutlingen/Tübingen, Stuttgart, Ludwigsburg bis Bietigheim. Die zweite Hauptleitung führt ins Neckargebiet (Hauptversorgungsbereich) und trifft weiter nördlich bei Tübingen mit der ersten Hauptleitung zusammen. Erst um Moosbach führt sie alleine über Heilbronn hinaus weiter.

Entlang des gesamten Leitungssystems sind diverse Hochbehälter installiert; die Karte zeigt die wichtigsten davon, an denen auch die Probe-nahme erfolgte.

Um Kenntnisse über den Verbleib der kolloidalen und partikulären Wasser-inhaltsstoffe zu gewinnen, wurden seit 2001 Untersuchungen zur Charakterisierung und Quantifizierung der Feststoffe im Verteilsystem durchgeführt. Während sich die

1 Das Verteilsystem verfügt insgesamt über 29 Hochbehältern mit einem Gesamtfassungsvermögen von 500.000 m3; dies entspricht in etwa einem Tagesbedarf an Trinkwasser aus dem Bodensee.

Laserlicht-Abschattung für Partikel > 1 µm wiederum als gut geeignet erwies, war die Empfindlichkeit für Teilchen im kolloidalen Größenbereich zu gering. Um diesen anzahlmäßig dominierenden Bereich an Partikeln ebenfalls untersuchen zu können, wurde der NPA/LIBD eingesetzt.

Ergebnisse

Im Herbst der Jahre 2002, 2003 und 2004 wurden an ausgewählten Orten des Pipeline-Systems Wasserproben entnommen und in gekühlten 10 L-Kunststoffge-fäßen zum jeweiligen Ort der Partikelmessung transportiert. Wie schon bei den Tiefenprofilen und Untersuchungen zur Fe(III)-unterstützten Filtration erfolgte die Messung der Partikel > 1 µm mittels Laserlicht-Abschattung (HIAC ROYCO 9064/HRLD 150/1.0, 25) in den Labors der BWV, die Kolloidmessungen wurden in Karlsruhe mittels NPA/LIBD durchgeführt. Im Jahre 2002 wurden die Messungen mittels Laserlicht-Abschattung über einen längeren Zeitraum (August bis Oktober) ausgedehnt, weshalb hier Größenbereiche angegeben sind; für die graphische Darstellung wurde der jeweilige Mittelwert verwendet.

Wie aus der nachfolgenden Tab. 7.2 sowie der Ab. 7.16 deutlich wird, ist selbst bei tagelangem Transport über das komplette Fernleitungsnetz weder eine Generation (z.B. durch Zerschlagung von Agglomeraten/Aggregaten, Fällungs- und Flockungserscheinungen, Aufkeimungen) noch eine Abnahme (z.B. durch Ablagerung, biologische Abbauvorgänge, Adsorption) von kolloidalen bzw.

partikulären Inhaltsstoffen festzustellen1. Auch in allen untersuchten Hochbehältern wurden vergleichbare Werte wie im frisch aufbereiteten Trinkwasser der Aufbereitungsanlage "Sipplinger Berg" gefunden. Typische Werte im Jahre 2002 waren rund 3,1 · 106 mL-1 unmittelbar nach der Aufbereitung, und 4,7 · 106 mL-1 bzw.

6,3 · 106 mL-1 in den am weitesten entfernt liegenden Hochbehältern Hardhof und Rehberg. Die Kolloid-Massenkonzentration lag stets im untersten ppb-Bereich (µg/L), der mittlere Durchmesser in fast allen Fällen unter 100 nm. Die mittels Laserlicht-Abschattung ermittelten Partikelzahlen lagen im Bereich von 100 - 200 mL-1.

2003 und 2004 lagen die Kolloid-Konzentrationen in einigen Fällen um einen Faktor 10 bis 100 signifikant höher als 2002; allerdings war die Kolloidanzahl hier bereits nach der Aufbereitung rohwasserbedingt entsprechend erhöht. Die bereits 2002 gewonnene Erkenntnis bestätigte sich demnach, daß Transport und Lagerung die Partikelpopulation nicht nennenswert beeinflussen. Dies gilt für Teilchen > 1 µm in gleichem Maße, die Konzentrationen lagen 2004 wiederum im Bereich von rund 100 mL-1.

1 Ein Gleichgewicht zwischen Bildung und Abnahme ist unwahrscheinlich, da dann verteilt über das 1700 km lange Leitungsnetz größere Schwankungen zu erwarten gewesen wären.

Tab. 7.2: Kolloid- und Partikelanzahl während Transport und Speicherung von Trinkwasser im insgesamt über 1700 km langen Verteilnetz der BWV. Trotz Verweildauern des Wassers von bis zu 15 Tagen wurden keine signifikanten Änderungen der Teilchenpopulation beobachtet.

Kolloide

ttnau

Abb. 7.16: Das Diagramm zeigt die Veränderung der Population von Kolloiden sowie Partikeln > 1 µm entlang des Verteilsystems der Bodensee-Wasserversorgung im Herbst 2002, 2003 und 2004.

Obwohl die Absolutwerte rohwasserbedingten Schwankungen unterworfen sind und die Proben in den Jahren 2003 und 2004 nicht am gleichen Tag genommen werden konnten, ist kein Trend erkennbar;

das Wasser verändert sich demnach aus partikulärer Sicht während Transport und Lagerung nicht.

Schlußfolgerungen

Da im Untersuchungszeitraum von 2002 bis 2004 im Sinne eines Trends keinerlei signifikante Änderungen der Teilchenpopulation während Transport und Lagerung von aufbereitetem Bodensee-Wasser nachgewiesen werden konnten, kann von einem für die vorliegenden Verhältnisse geeigneten Verteilsystem ausgegangen werden, das den Belangen einer modernen Trinkwasserversorgung gerecht wird.

Anteil hieran dürfte die regelmäßige Kontrolle und Wartung des Pipeline-Systems durch den Betreiber haben. Auch aus Sicht des Endverbrauchers ist diese Erkenntnis als sehr positiv zu werten.

Auch im vorliegenden Falle wird deutlich, daß sich NPA/LIBD und Laserlicht-Ab-schattung gut ergänzen; beide Methoden in Kombination erlauben eine umfassende Charakterisierung der partikulären Fracht von Wässern, vom kolloidalen Bereich bis hin zu Partikeln einiger 10 µm Größe.

7.3 Untersuchungen zum Kolloideinfluß auf Feinfiltersysteme