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Die Tagesstrukturen an der Sekundarschule des Kantons Basel-Stadt

Im Dokument Soziale Arbeit im Kontext Schule (Seite 131-134)

Marco Dalcher

2. Die Tagesstrukturen an der Sekundarschule des Kantons Basel-Stadt

Während sich die Tagesstrukturen, und mit ihnen die sozialpädagogische Be-treuung der Schülerinnen und Schüler an der Schule, auf der Primarstufe der Volksschule Basel-Stadt in den letzten zehn Jahren etabliert haben, sind sie auf der Sekundarstufe I für die Schule ein neues Angebot. Mit der Einfüh-rung der Sekundarschule im Jahre 2015 wurden gleichzeitig an allen zehn Sekundarschulstandorten der Volksschule Basel-Stadt auch Tagesstrukturen für Schülerinnen und Schüler eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein unter-richtsergänzendes, freiwilliges Angebot, welches grundsätzlich aus einer kos-tenpflichtigen Verpflegung während der Mittagspause sowie einer beaufsich-tigten Aufenthaltsmöglichkeit bis 17 Uhr an der Schule besteht. Jedem Schulstandort ist es freigestellt, dieses Grundangebot mit weiteren Elementen (z.B. Freizeitkurse, Sportangebote oder Projekte) zu ergänzen. Es stellt sich sowohl die Frage nach der gewinnbringenden Ausgestaltung als auch nach der gelingenden Integration dieses Angebots in den Schulbetrieb.

Sozialpädagogische Grundhaltung der Tagesstrukturen an der Sekundar-schule des Kantons Basel-Stadt

Der Aufbau der Tagesstrukturangebote an den Sekundarschulstandorten er-folgte durch die Tagesstrukturleitung (in anderen Kantonen als Leitung Be-treuung bekannt) in enger Zusammenarbeit mit der Schulleitung.

Während der Aufbauphase wurde deutlich, dass es für die Ausgestaltung der Angebote vor Ort pädagogischer Grundlagen bedarf, welche beispiels-weise Hinbeispiels-weise zu sozialpädagogischen Handlungsfeldern oder zur sozialpä-dagogischen Grundhaltung der Tagesstrukturen geben. In der Folge wurde die Handreichung „Pädagogische Grundlagen für die Umsetzung der Tages-strukturen an der Sekundarschule des Kantons Basel-Stadt“ (eduBS, 2017) erarbeitet. Darin wird die sozialpädagogische Grundhaltung der Tagesstruk-turen wie folgt definiert:

Die Tagesstruktur…

• ist freiwillig, bedürfnisorientiert

• setzt auf die Ressourcen und auf das Potential der Jugendlichen

• fördert in hohem Masse die Eigenständigkeit der Jugendlichen

• ist partizipativ und prozessorientiert

• ist für alle Schülerinnen und Schüler zugänglich

• vermittelt Lebensfertigkeiten und leistet einen Beitrag zur Vorbereitung der Jugendlichen auf ihre Rolle als Erwachsene

• trägt zur Rhythmisierung des Ganztages der Jugendlichen an der Schule bei

• leistet einen Beitrag zum Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler im Lebensraum Schule

• erkennt Problemlagen von Jugendlichen und vermittelt diese an die Schulsozialarbeit

• leistet einen Beitrag zur Chancengerechtigkeit in der Bildung

Bei der konkreten Ausgestaltung der Angebote steht den einzelnen Standor-ten ein grosser Handlungsspielraum zur Verfügung. Dabei spielen die indivi-duellen Unterschiede der Standorte eine bedeutende Rolle. Beispielsweise können Unterrichtskonzepte oder die Infrastruktur der Tagesstruktur unter den Schulstandorten stark kontrastieren. Ziel ist es, dass durch die standort-spezifische Ausgestaltung der Tagesstruktur die Integration in den Schulbe-trieb und die Akzeptanz der Tagesstruktur als schulisches Angebot verein-facht wird. Dabei soll die Tagesstruktur aber immer als sozialpädagogisches Angebot erkennbar sein, indem sie sozialpädagogische Methoden anwendet, die im Unterschied zum Unterricht beispielsweise stärker auf die individuelle Förderung oder auf die selbstorganisierte Freizeitgestaltung fokussieren.

Sozialpädagogische Ausgestaltung der Angebote der Tagesstrukturen Die sozialpädagogische Ausgestaltung der Angebote der Tagesstrukturen kann sich, gemäss Handreichung „Pädagogische Grundlagen für die

Umset-133 zung der Tagesstrukturen an der Sekundarschule des Kantons Basel-Stadt“

(2017), an folgenden sechs Kernpunkten orientieren.

Ort des Vertrauens

Im Jugendalter vollzieht sich der Übergang zum zukünftigen Erwachsenen.

In dieser Phase ist die Suche nach der eigenen Identität eine zentrale Ent-wicklungsaufgabe (bspw. Hurrelmann & Quenzel, 2016). In diesem Prozess kann es wiederholt zu Krisen kommen. Über eine vertrauensvolle Beziehung zu einer Ansprechperson zu verfügen, kann ein wesentliches, niederschwelli-ges Unterstützungselement in einer solchen Krise sein (ebd.). In der Taniederschwelli-ges- Tages-struktur stehen solche Ansprechpersonen verlässlich zur Verfügung. Dabei können die Jugendlichen ohne Verpflichtung (Gesprächstermin, Gesprächs-setting) die Ansprechperson und den Gesprächsinhalt spontan wählen.

Raum für Begegnung und Beziehung

Gleichaltrige Freunde (peers) werden oft als die besseren Kontakte und als hilfreicher bei der Bewältigung der Entwicklungsaufgaben angesehen als Er-wachsene (ebd.). Ebenso oft sind sie die wichtigsten Bezugspersonen in die-ser Phase (Chiapparini, 2017; Scherr, 2010). Um sich in der Peergroup auszu-tauschen, Beziehungen zu knüpfen und neue Verhaltensmuster auszuprobie-ren, braucht es Freiraum. Dieser offene Raum für Begegnungen und Bezie-hungen innerhalb der Peergroup bietet die Tagesstruktur den Jugendlichen an. Die eigenständige Nutzung und das Erkennen von Freiräumen werden so gefördert.

Auseinandersetzung: Selbst- und Fremdbestimmung

Die Beantwortung der Fragen „Wer bin ich?“ und „Wohin will ich in meinem Leben?“ impliziert die Auseinandersetzung mit sich selbst (Mansel, 2003).

Jugendliche können dabei leicht überfordert sein und sind auf Unterstützung von aussen angewiesen. Innerhalb der Tagesstrukturen wird beispielsweise das Verhalten der Jugendlichen reflektiert, es werden Konsequenzen daraus aufgezeigt oder es wird die Einhaltung von Regeln eingefordert.

Eigenständigkeit und Verantwortung

Dem Bedürfnis und der Anforderung nach wachsender Autonomie kann in der Tagesstruktur Rechnung getragen werden. Dies geschieht durch die Frei-willigkeit der Angebote der Tagesstruktur, mittels partizipativer Projekte, aber auch durch die selbstbestimmte Gestaltung der unterrichtsfreien Zeit in der Tagesstruktur. In Gesprächen über aktuelle Lebensthemen wird die Ent-wicklung von eigenständigen Bewältigungsstrategien gefördert.

Ort des Lernens

Die Tagesstruktur versteht sich als Ort des Lernens. Einerseits wird mittels der Hausaufgabenunterstützung ein sehr konkreter Beitrag zum formalen Lernen an der Schule geleistet. Anderseits beinhaltet die Tagesstruktur viele Angebote aus dem non-formalen (z.B. Freizeit- oder Sportkurse) und infor-mellen Bildungsbereich (z.B. Peergroup-Effekte, Verfolgung von individuel-len Interessen).

Erkennen und Fördern von Begabungen in den Tagesstrukturen

Die Tagesstrukturen bieten ein grosses Potential hinsichtlich der Erkennung und Förderung von Begabungen, die abseits von schulischen Leistungsanfor-derungen liegen. So können Jugendliche beispielsweise je nach Angebot ihr motorisches Geschick, ihre kreativen Fähigkeiten oder ihre Führungskompe-tenzen beim Organisieren von Projekten (z.B. Filmprojekt) zeigen. Die Ta-gesstrukturen bieten Raum für die Verfolgung individueller Interessen, die im Unterricht möglicherweise keinen Platz haben. Es ist wesentlich, im Rahmen der Tagesstrukturen differenzierende Angebote zu schaffen, die die Jugendli-chen auf unterschiedliJugendli-chen Ebenen herausfordern und anregen. Durch die Vielfalt der Angebote können Jugendliche eigene Begabungen und Neigun-gen entdecken. Die Schaffung von Möglichkeiten zur Partizipation für Schü-lerinnen und Schüler im Tagesstrukturalltag ist dabei zentral.

Im Dokument Soziale Arbeit im Kontext Schule (Seite 131-134)