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Diskussion und Fazit

Im Dokument Soziale Arbeit im Kontext Schule (Seite 45-49)

Bedeutung und Herausforderungen

5. Diskussion und Fazit

Mit der Einführung der Schulsozialarbeit stellen sich wichtige Fragen zur Ausgestaltung von Zusammenarbeitsformen zwischen Schulsozialarbeiten-den, Lehrpersonen und anderen Akteurinnen und Akteuren. Dieser Beitrag ging von den fünf Merkmalen interdisziplinärer Zusammenarbeit nach Bron-stein (2003) aus und beschrieb, wie diese in der Zusammenarbeit zwischen Schulsozialarbeitenden und Lehrpersonen nach der Einschätzung der Schul-sozialarbeitenden ausgeprägt sind.

Die Ergebnisse aus vier Kantonen zeigen, dass die interdisziplinäre Zu-sammenarbeit von den Schulsozialarbeitenden insgesamt eher positiv bewertet wird, in Bereichen wie der regelmässigen Überprüfung gemeinsamer Arbeits-prozesse oder der Einigung auf gemeinsame Ziele aber Optimierungspotential besteht. Ausserdem wird ersichtlich, dass die Zusammenarbeit in rund einem Viertel der Schulen nicht intensiv gepflegt wird. Dies ist daran zu erkennen, dass die fünf Dimensionen interdisziplinärer Zusammenarbeit von den befrag-ten Schulsozialarbeibefrag-tenden höchsbefrag-tens mittelmässig eingeschätzt wurden. Struk-turelle und berufskulStruk-turelle Unterschiede sowie Informationsdefizite über die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der jeweils anderen Profession können Gründe dafür sein (Bronstein, 2003; Olk, 2005). Wir schliessen daraus, dass die strukturelle Basis der Zusammenarbeit in vielen Schulen gestärkt werden sollte.

Für die Überwindung von Kooperationsbarrieren braucht es angemessene Strukturen und Gefässe, in deren Rahmen sich die Beteiligten regelmässig über Herausforderungen, Arbeitsprozesse und Zielsetzungen verständigen und ge-gebenenfalls auf Anpassungen einigen können (Bronstein, 2003; Mellin, Bron-stein & Anderson-Butcher, 2010). Die relativ guten Werte hinsichtlich Flexibi-lität, Kompromissbereitschaft und gegenseitiger Unterstützung sind gute Vo-raussetzungen für den Aufbau solcher Strukturen und Gefässe.

Die Ergebnisse der Studie widerspiegeln die Sicht der Schulsozialarbei-tenden. Diese Perspektive ist wichtig, weil Schulsozialarbeitende in einem vergleichsweise jungen Berufsfeld der Sozialen Arbeit tätig sind und sich auf

«institutionellem Fremdgebiet» bewegen. Sie arbeiten am Ort der Schule und

mit Lehrkräften zusammen, die in Überzahl vertreten sind. Die Perspektive der Lehrpersonen, Schulleitungen oder der Speziallehrkräfte wurde in diesem Beitrag dagegen nicht abgebildet. Auch die Ursachen für die beobachteten Unterschiede hinsichtlich der interdisziplinären Zusammenarbeit konnten im Rahmen dieser Teilauswertung nicht geprüft werden. Zukünftige Studien sollten deshalb die Erklärungskraft verschiedener Einflussfaktoren prüfen, Zusammenarbeitsformen zwischen mehreren Berufsgruppen untersuchen und dabei die Sicht mehrerer Berufsgruppen berücksichtigen. Insbesondere ist in-teressant zu untersuchen, inwiefern und wo sich die Einschätzungen der ver-schiedenen Berufsgruppen decken. Diese und weitere Aspekte sind Gegen-stand weiterer Untersuchungen im Rahmen des Gesamtprojekts „Kooperati-onsformen und Nutzungsstrukturen in der Schulsozialarbeit“ (www.phbern.ch/

schulsozialarbeit).

Literatur

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„Die wissen gar nicht, was wir alles machen“. Befunde zu multiprofessioneller Kooperation im Zuge der Einführung von Tagesschulen in der Stadt Zürich Emanuela Chiapparini, Kadrie Selmani, Christa Kappler, Patricia Schuler

In zahlreichen Studien gelten multiprofessionelle Kooperationen als eine zentrale Einflussgrösse für die Optimierung organisatorischer Abläufe in Re-gelschulen und besonders in Tagesschulen (Fischer et al., 2013; Olk, Speck

& Stimpel, 2011). Kooperationen mit anderen Professionen stellen für Lehr-kräfte eine zeitliche Entlastung dar, stärken das eigene Professionsverständ-nis, werden als förderliche Lernräume betrachtet oder sollen gelingende Schulentwicklung, z.B. beim Einführen von Tagesschulen, sichern.

Gleichzeitig werden professionelle Kooperationen als Spannungsfeld (Merten & Kaegi, 2015) beschrieben und hohe Erwartungen an eine gelin-gende Kooperationskultur von schulpädagogischen, sozialpädagogischen und anderen Fachkräften in der Schule gestellt.

Hier knüpft der vorliegende Beitrag an, in welchem auf die Kooperation von Lehrkräften und sozialpädagogischen Fachkräften1 fokussiert wird. Auch in der Schweiz werden zunehmend Tagesschulen eingeführt und die Koope-ration zwischen Lehrkräften und sozialpädagogischen Fachpersonen konzep-tionell verankert und gefordert wie z.B. im Zürcher Tagesschulmodell (Stadt Zürich, 2017).

1 Die Begriffe „Soziale Arbeit“ und „Sozialpädagogik“ werden im vorliegenden Beitrag als konvergent (Lambers, 2013) verstanden.

Zudem umfasst die Bezeichnung „sozialpädagogische Fachkräfte“ alle Personen, die sozi-alpädagogisch qualifiziert sind. Hierzu zählen Fachkräfte, die einen Bachelorabschluss in Sozialer Arbeit an einer Fachhochschule oder höheren Fachschule vorweisen, und weitere Fachkräfte mit sozialpädagogischem Wissen.

In der Schweiz sind darüber hinaus für die sozialpädagogischen Fachkräfte die Bezeich-nungen Fachperson Soziale Arbeit oder Fachpersonen Betreuung, Hortner/-innen oder schlicht Betreuungspersonen üblich (vgl. AvenirSocial 2011). Die Verbreitung des ungsbegriffs hängt ebenfalls mit der verbreiteten Berufsausbildung „Fachpersonen Betreu-ung“ zusammen. Diese Fachkräfte bringen sozialpädagogisches Wissen mit und sind im Tagesschulbereich stark vertreten.

Schliesslich zeigen diese Ausführungen die Heterogenität und Länderspezifik der Bezeich-nungen im Fachgebiet Soziale Arbeit auf.

49 Während in der Schulforschung in Deutschland bereits einzelne Studien zu förderlichen Bedingungen für Kooperationen zwischen schulischen und sozialpädagogischen Fachkräften vorliegen, wurden die Kooperationsformen von sozialpädagogischen Fachkräften im schweizerischen Schulsystem unge-nügend empirisch untersucht. Ausgehend von Konzepten der „multiprofessi-onellen“, „inter-/intraprofessionellen“ und „transprofessionellen“ Kooperati-on und der Klärung des professiKooperati-onstheoretischen Verständnisses werden in diesem Beitrag empirische Befunde aus dem laufenden SNF-Forschungspro-jekt zu pädagogischen Zuständigkeiten an Tagesschulen (AusTEr, 2016) vor-gestellt. Dazu werden die Fragen aufgegriffen und erkundet, wie Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte die Zusammenarbeit unter sich wahrneh-men und welche daraus folgenden Bezüge zum Professionalisierungsver-ständnis sich präsentieren.

Im Dokument Soziale Arbeit im Kontext Schule (Seite 45-49)