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2. 3 Synthese und Sekretion pankreatischer Enzyme und Einwirkungen auf die enzymatische Aktivität

2. 3. 1 Pankreasenzyme im gesunden Individuum

Synthese und Sekretion pankreatischer Enzyme

Im Rahmen einer physiologischen Sekretion produziert die gesunde Bauchspeicheldrüse des Menschen pro Tag etwa 2 l enzym- und elektrolytreiches Sekret (LÖSER u. FÖLSCH 1995).

Beim Schwein (Körpermasse: 35 kg) werden täglich etwa 3,5 bis 4 l Pankreassekret sezerniert (HEE et al. 1985), in einer anderen Studie wurden für Tiere mit einer deutlich höheren

Körpermasse (70 kg) vergleichbare tägliche Sekretionsraten von 3,8 bis 4,7 l ermittelt (MOSENTHIN u. SAUER 1993).

Dabei sezernieren die hydrokinetisch aktiven, duktalen Zellen Bikarbonat und Wasser, die Enzymproduktion findet in den ekbolisch aktiven Azinuszellen statt (CASE 1979). Der pH-Wert im Bauchspeicheldrüsensekret von Schweinen variiert um pH 8,4 (HEE et al. 1982;

GABERT et al. 1996). Chlorid und Bikarbonat bilden den Hauptanteil der Anionen des Sekretes (HICKSON 1970). Der hohe Natriumbikarbonat-Gehalt des Pankreassekretes ermöglicht die Neutralisierung/Abpufferung erheblicher Säuremengen (CORRING u.

BOURDON 1976). Neben dem Pankreassekret dienen auch Sekrete der Darmmukosa und die Gallenflüssigkeit der Neutralisation der Magensäure (AINSWORTH et al. 1997). Das Pankreas sezerniert pro Gramm Gewebe mehr Protein als jedes andere Organ (RINDERKNECHT 1986); Enzyme und Proenzyme stellen mehr als 85% des sezernierten Proteins dar (DESNULLE u. FIGARELLA 1978). Unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme steigt die pankreatische Enzymsekretion um das sechsfache des interdigestiven Niveaus an und erreicht ihr Maximum 20 bis 60 Minuten postprandial (DIMAGNO et al. 1977; KELLER u. LAYER 2005). Daraufhin sinkt die Enzymsekretion im Vergleich zum interdigestiven Niveau auf drei- bis vierfach erhöhte Werte ab, verbleibt drei bis vier Stunden in diesem Bereich und fällt schließlich wieder auf das interdigestive Niveau (KELLER u. LAYER 2005). Im Rahmen der postprandialen Sekretionssteigerung wird in gesunden Individuen eine maximale Lipasesekretion von 3.000-6.000 IU/min und eine mittlere Sekretion von 2.000-4.000 IU/min erreicht (DIMAGNO et al. 1977; KELLER u. LAYER 2005). In der digestiven Phase werden 200-250 mg humaner pankreatischer Lipase sezerniert, dies entspricht 1.600.000-2.000.000 U (internationale Lipase-Units) bzw. 600.000-750.000 FIP (CARRIERE et al. 2001), die spezifische Aktivität entspricht 8.000 U/mg bzw. 3.000 FIP/mg reinem Enzym.

Die Zusammensetzung der Enzymfraktion des Pankreassekretes wird zu einem erheblichen Teil durch die Zusammensetzung der aufgenommenen Nahrung bedingt. Während nach Einsatz von kohlenhydratreichen, fettarmen Rationen erhöhte Aktivitäten von Sukrase, Maltase und Amylase beobachtet wurden (FLORES et al. 1988), resultiert aus einer Erhöhung des Fettgehaltes eine Steigerung der Lipaseaktivität (MOUROT u. CORRING 1979;

CORRING 1980; HEE et al. 1988; FLORES et al. 1988; CORRING et al. 1989; OZIMEK et

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al. 1995; GABERT u. HEDEMANN 1999). Ebenso scheinen rohfaserreiche Rationen die Sekretion pankreatischer Lipase zu erhöhen, wobei zeitgleich allerdings die lipolytische Aktivität um mehr als 50% gehemmt wird (ISAKSSON et al. 1982). Auch der Proteingehalt der Ration und die Sekretion pankreatischer Proteasen korrelieren (AUMAITRE 1971).

Steuerung der Sekretion

Die Sekretion von Enzymen durch die Acinuszellen wird durch Cholecystokinin sowie durch den Parasympathicus (Transmitter: Acetylcholin) vermittelt (SCHARRER u. WOLFFRAM 2000). Die CCK- Abgabe durch endokrine Zellen des proximalen Dünndarmes in die Blutbahn wird dabei insbesondere durch Spaltprodukte der Protein- (Aminosäuren) und Fettverdauung (Fettsäuren) angeregt. In verschiedenen Studien gelang mittels intrailealer Infusion kurzkettiger Fettsäuren eine Stimulation der Pankreassekretion (SOLOMON 1994;

SILEIKIENE et al. 2005). Die Bildung des bicarbonatreichen Sekrets durch die Gangzellen wird über den cAMP- Weg durch das Peptidhormon Sekretin reguliert dessen Abgabe in die Blutbahn durch endokrine intestinale Zellen durch einen niedrigen pH- Wert des Chymus ausgelöst wird (SCHARRER u. WOLFFRAM 2000). Bei Betrachtung der exokrinen Sekretionsleistung sind individuelle Unterschiede zu beachten. Die Sekretionsleistung kann lediglich anhand der Gesamtaktivität realistisch eingeschätzt werden (MOSENTHIN u.

SAUER 1993), Unterschiede in der spezifischen Aktivität können durch Verdünnungseffekte des Sekretes bedingt sein (SAUER u. MOSENTHIN 1999).

Verlust der strukturellen Integrität und enzymatischen Aktivität der sezenierten Enzyme

Der Umfang und die Lokalisation der Nährstoffhydrolyse während des duodeno-ilealen Transits hängt von zweierlei Faktoren ab: Neben der in das Dünndarmlumen sezernierten Enzymmenge ist auch die enzymatische Aktivität entscheidend (LAYER u. HOLTMANN 1994). So bedingt die Zeitspanne, während der die enzymatische Aktivität im Darmlumen erhalten bleibt, auch den Zeitraum, der zur Substratumsetzung zur Verfügung steht.

Generell kommt es während des Dünndarmtransits des Chymus in der postprandialen Phase bei allen pankreatischen Enzymen zu einem deutlichen Aktivitätsverlust (BORGSTRÖM et al. 1957). Das Ausmaß des Aktivitätsverlustes variiert je nach Enzym (LAYER et al. 1986 a).

Von den praecaecal sezernierten enzymatischen Aktivitäten sind im Ileum lediglich 74% der Amylase-, 22% der Trypsin- und nur noch 1% der Lipaseaktivität erhalten. Trypsin und Chymotrypsin verlieren den Großteil ihrer enzymatischen Aktivität distal des mittleren Jejunums (60% der enzymatischen Aktivitäten erreichen das mittlere Jejunum, 20- 30% das terminale Ileum). Die Lipase büßt den Hauptteil ihrer Aktivität bereits in kranialen Bereichen des Dünndarms ein (nur 10% der Lipaseaktivität erreichen das mittlere Jejunum). Für diese Beobachtungen wird eine unterschiedliche Stabilität der Enzyme gegenüber inaktivierend wirkenden Mechanismen angenommen. So wird beispielsweise die Lipase im Vergleich zur Amylase und zu den Proteasen im Dünndarm schneller durch Hydrolyse inaktiviert (LAYER et al. 1986 a; LAYER et al. 1990 a). Der vergleichsweise geringe Aktivitätsverlust der pankreatischen Amylase ist durch die größere Resistenz dieses Enzyms gegenüber proteolytischer Inaktivierung bedingt (GRANGER et al. 1975). Die amylolytische Aktivität bleibt partiell selbst nach dem Transit durch das Colon gesunder Ratten und Menschen erhalten (BORGSTRÖM et al. 1959).

Auch zwischen den Einbußen enzymatischer Aktivität und Immunoreaktivität innerhalb derselben Enzymgruppe bestehen Unterschiede (LAYER et al. 1986 a). Nur 6% der kumulativen postprandialen Trypsin-Immunoreaktivität waren am Ende des Ileums nachweisbar; ihre Abnahme ist damit signifikant größer als die Abnahme der enzymatischen Aktivität. Die strukturelle Integrität des Enzyms ist für die proteolytische Aktivität demnach nicht notwendig. Von der kumulativen Lipase-Immunoreaktivität waren am Ende des Ileums 22% nachweisbar, ihr Abfall ist damit geringer als der Abfall der lipolytischen Aktivität. Der Verlust der lipolytischen Aktivität kann neben einer Hemmung oder Änderung der molekularen Konfiguration auch durch eine Aufsplittung in weiterhin immunoreaktive Teile bedingt sein.

Für den Verlust der strukturellen Integrität und enzymatischen Aktivität der Verdauungsenzyme sind sowohl nicht enzymatische Einflüsse innerhalb des Gastrointestinaltraktes als auch Interaktionen zwischen den Enzymen verantwortlich.

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Nicht-enzymatische Einflüsse

pH-Wert

Der postprandiale pH-Wert im Magen hängt neben der individuellen Säuresekretionsleistung auch von der Menge, der Verweildauer und der Pufferkapazität der aufgenommenen Nahrung ab. In Studien an Schweinen (KAMPHUES 1987) wurde bei restriktiver Fütterung im gesamten Lumen des Magens ein pH-Wert ≤3,5 ermittelt, bei einer Fütterung ad libitum variierte der pH-Wert in der kranialen Hälfte des Organs zwischen 6,67 und 7,3 während in der kaudalen Hälfte auch hier Werte ≤3,5 gemessen wurden. Bei einer ad libitum-Fütterung nach vorausgegangenem Futterentzug wurden pH-Werte ≤3,5 lediglich im kaudalen Drittel des Magens gemessen, im übrigen Lumen variierte der pH etwa zwischen 5,9 und 6,8.

Der intraduodenale pH-Wert resultiert aus der Menge der in das Duodenum übertretenden gastralen Säure, der nahrungsbedingten Volumenverdünnung, der Sekretion biliärer Säuren sowie vor allem auch aus der (Rest-) Bikarbonatsekretion des Pankreas (LÖSER u. FÖLSCH 1995). Bei fortgeschrittener EPI wird eine Absenkung des duodenalen pH-Wertes beschrieben die mitverantwortlich für einen Aktivitätsverlust der pankreatischen Verdauungsenzyme ist.

Eine genauere Betrachtung dieser Problematik – insbesondere auch im Hinblick auf die substituierend eingesetzten Enzyme – erfolgt im entsprechenden Abschnitt.

Anwesenheit des entsprechenden Substrates

In-vitro ist die enzymatische Aktivität pankreatischer Enzyme auch von der Gegenwart der jeweiligen Substrate abhängig (MULLER u. GHALE 1982). Das Vorhandensein der jeweiligen Nährstoffe mindert den Aktivitätsverlust von Lipase und Amylase (HOLTMANN et al. 1997).

Auch in-vivo bleibt bei einer Infusion von Nährstoffen in das Duodenum die Integrität der enzymatischen Aktivität von Lipase und Amylase während des duodeno-ilealen Transits länger erhalten. Die schützende Wirkung von Kohlenhydraten scheint dabei größer zu sein als die von Fetten oder Proteinen (HOLTMANN et al. 1997). Bei der pankreatischen Lipase wird der sowohl in-vitro als auch in-vivo beobachtete protektive Effekt des Substrates auf eine Stabilitätserhöhung des Lipasemoleküls in Gegenwart von Triglyzeriden zurückgeführt (LAYER et al. 1990 b; KELLY et al. 1991; HOLTMANN et al. 1991).

Einfluss von Calcium

Die hydrolytische Aktivität der Triacylglycerol-Lipase lässt sich durch Calcium-Ionen stimulieren (ALVAREZ u. STELLA 1989). Aus der Bindung von Calcium-Ionen an das Enzym resultiert eine Konformationsänderung, welche die Bindung der Lipase an das Substrat erleichtert. Weiterhin wird eine Verminderung der durch Hydrolyseprodukte vermittelten Inhibition der Reaktion durch Entfernung freier Fettsäuren von der Grenzfläche diskutiert. Die sehr komplexe Aktivierung der humanen pankreatischen Lipase durch Calcium-Ionen ist unter anderem vom vorliegenden Substrat sowie der An- oder Abwesenheit von Gallensäuren abhängig (ALVAREZ u. STELLA 1989).

Enzyminteraktionen

Der Verlust der lipolytischen und amylolytischen Aktivität nach Sekretion der Enzyme in das Dünndarmlumen ist hauptsächlich durch eine proteolytische Inaktivierung bedingt (LAYER u. HOLTMANN 1994). Für die Funktion der pankreatischen Lipase ist zusätzlich die physiologische Wechselwirkung mit der Co-Lipase bedeutsam.

In-vitro-Studien zur proteolytischen Inaktivierung

Ergebnisse von in-vitro-Studien lassen darauf schließen, dass die proteolytischen Aktivitäten von Trypsin und Chymotrypsin eine Hauptursache für den Verlust der lipolytischen Aktivität sind, wobei Chymotrypsin diesbezüglich potenter zu sein scheint (THIRUVENGADAM u.

DIMAGNO 1988): Die selektive Hemmung von Trypsin durch Aprotinin - einen durch Inaktivierung von Kallikrein wirkenden Proteasenhemmer - verlangsamt den Aktivitätsverlust der pankreatischen Lipase, die Zugabe von bovinem Trypsin beschleunigt ihn. Die Hemmung von Chymotrypsin durch Puteneiweiß verhindert die Abnahme der lipolytischen Aktivität vollständig. Bovines Chymotrypsin beschleunigt den Aktivitätsverlust der Lipase stärker als Trypsin. Hemmt man Chymotrypsin, führt eine einzelne oder wiederholte Zugabe von Trypsin nicht zu einem Abfall der lipolytischen Aktivität; ohne Hemmung kommt es hingegen zu einem deutlichen Abfall. Die Hemmung von Trypsin schützt die Lipase vor einer Inaktivierung durch Chymotrypsin, die Hemmung von Chymotrypsin hat jedoch keinen Effekt auf die Aktivität von Trypsin. Während Chymotrypsin die Lipase auch bei

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Abwesenheit von Trypsin inaktiviert, erfordert die Inaktivierung durch Trypsin die Gegenwart von Chymotrypsin. Auch die Aktivitäten von porciner Lipase (BOUSSET- RISSO et al. 1985) und lingualer Lipase der Ratte (ROBERTS 1985) werden stärker durch Chymotrypsin als durch Trypsin herabgesetzt. Bezüglich proteolytischer Einwirkungen auf die Lipase und/oder Colipase ist keine differenzierte Betrachtung möglich; die gemessene lipolytische Aktivität reflektiert stets die Aktivität des Lipase-Colipase-Komplexes (BORGSTROM u. ERLANSON 1973).

In-vivo-Studien zur proteolytischen Inaktivierung

Auch In-vivo-Studien mit gesunden Menschen zeigten einen Zusammenhang zwischen dem Verlust lipolytischer Aktivität und der luminalen proteolytischen Aktivität (LAYER et al.

1990 b): Durch kombinierte Hemmung der Pankreasproteasen Trypsin und Chymotrypsin mittels Camostat (synthetischer Serin-Inhibitor) konnten die intraduodenale Lipase- und Amylaseaktivität deutlich erhöht werden. In Jejunum und Ileum waren jedoch lediglich die gemessenen Lipaseaktivitäten erhöht. Die postprandiale Anflutung von nicht absorbiertem Fett im terminalen Ileum konnte - gegenüber dem Zustand ohne Hemmung der Proteasen - um mehr als 80% gesenkt werden (LAYER et al. 1990 b; HOLTMANN et al. 1991). Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass die proteolytische Digestion der Lipase auch in-vivo eine Hauptursache für den Verlust der lipolytischen Aktivität ist.

Die bei verminderter intraluminaler Proteaseaktivität beobachtete erhöhte duodenale Lipase- und Amylaseaktivität ist nicht durch eine verlangsamte proteolytische Zerstörung, sondern durch eine Stimulation der pankreatischen Sekretion bedingt (LAYER et al. 1990 b). Als Ursache wird eine luminale, Protease-vermittelte Feedback-Regulation angenommen. Der Einsatz von Camostat hat keinerlei Einfluss auf die Cholecystokinin-Werte im Plasma, der Rückkoppelungsmechanismus scheint daher zumindest teilweise CCK-unabhängig zu sein (LAYER et al. 1990 b). Der mögliche Einfluss von Trypsin und anderen Proteasen im Dünndarmlumen auf die Pankreassekretion über einen negativen Rückkopplungsmechanismus wurde bereits in zahlreichen Studien diskutiert (SLAFF et al.

1984; OWYANG et al. 1986; DLUGOSZ et al. 1988; OLSEN et al. 1988). Eine erhöhte Trypsinaktivität wurde in einigen, aber nicht allen Studien mit einer reduzierten duodenalen Wiederfindung anderer pankreatischer Enzyme in Verbindung gebracht. Unter gemeinsamer

selektiver Hemmung der pankreatischen Proteasen durch Camostat ist sowohl in-vitro als auch in-vivo nur die Abnahme der lipolytischen, nicht aber jener der amylolytischen Aktivität verlangsamt (LAYER et al. 1990 b). Da die pankreatische Feedback-Stimulation durch Atropin, nicht aber durch Verwendung eines CCK-Rezeptorantagonisten unterdrückt werden kann (ADLER et al. 1989), ist die Beteiligung eines cholinergen Mechanismus anzunehmen.

Auch zwischen den pankreatischen Proteasen bestehen Interaktionen, die mit Aktivitätsverlusten einhergehen: Der Einsatz von Camostat unterbindet die relative Abnahme der Chymotrypsinaktivität zwischen Duodenum und Ileum; Trypsin scheint daher am luminalen Abbau von Chymotrypsin beteiligt zu sein (LAYER et al. 1990 b).

Durch die schnelle proteolytische Inaktivierung der Lipase entgeht auch unter physiologischen Bedingungen ein kleiner Teil des mit der Nahrung aufgenommenen Fettes der Hydrolyse (LAYER u. HOLTMANN 1994). Das Ausmaß dieses Anteils hängt dabei von der aufgenommenen Fettmenge und der Quelle des Fettes ab. Als pathologisch wird eine Fettexkretion von >15 g/Tag angesehen (LÖSER u. FÖLSCH 1995).

Bedeutung der Co-Lipase

Ein weiterer, die Funktion der pankreatischen Triacylglycerol-Lipase beeinflussender Faktor ist ihre Regulation durch Colipase, die wiederum mit Gallensalzen interagiert (JENSEN et al.

1997). Eine hohe Korrelation zwischen der Sekretion von Lipase und Colipase ist dabei Voraussetzung und im Regelfall auch gegeben. Dennoch kann ein Ungleichgewicht in der Stimulation der Sekretion auftreten (OUAGUED et al. 1980). Mehr noch als vom Fettgehalt der Nahrung wird die Sekretion der pankreatischen Colipase vom Proteingehalt stimuliert. Ein Fehlen von Colipase kann zur Malabsorption führen, da die Hydrolyse der Fette durch die Pankreaslipase allein nicht möglich ist (BAUER et al. 2005).

2. 3. 2 Exokrine Pankreasinsuffizienz und pankreatische Enzyme

Synthese und Sekretion pankreatischer Enzyme

Ein progressiver Abfall der sezernierten Enzymmenge mit daraus resultierender zunehmender Malabsorption ist ein charakteristisches Merkmal der chronischen Pankreatitis (LAYER u.

HOLTMANN 1994). Dabei nimmt im Verlauf der Krankheit die Sekretion der Pankreaslipase

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früher und schneller ab als die Sekretion pankreatogener Amylase und Proteasen (DIMAGNO et al. 1975; DIMAGNO et al. 1993).

Eine Steatorrhoe bzw. Azotorrhoe tritt klinisch erst in Erscheinung, wenn die pankreatische Lipase- bzw. Trypsinsekretion unter 10% der physiologischen Sekretion absinkt (DIMAGNO et al. 1973). Dennoch liegt keine „physiologische Hypersekretion“ des exokrinen Pankreas vor. In-vivo zeigte sich bei Hemmung der humanen pankreatischen Lipase (bei zeitgleicher vollständiger Hemmung der gastrischen Lipase mit dem Lipasehemmer Orlistat) eine exakte Korrelation zwischen den duodenal gemessenen lipolytischen Aktivitäten und der jeweiligen Fettexkretion (CARRIERE et al. 2001). In einer Studie mit pankreasgangligierten Miniaturschweinen mussten bei Fütterung einer Fettdiät (75 g Fett/Mahlzeit; 150 g Fett/Tag) fast 100% der physiologisch sezernierten Menge pankreatischer Lipase zugeführt werden, um eine Normalisierung der Fettverdauung zu erreichen (GREGORY et al. 2002). Etwa 1.000.000 FIP/Mahlzeit mussten oral appliziert werden, um die Rohfett- Gesamtverdaulichkeit (31,5%) der PL-Tiere den Werten der Kontrolltiere (95,5%) anzunähern. Bei Schweinen mit einer Körpermasse von 17 bis 25 kg ist von einer Lipase- Sekretionsrate von etwa 650.000 U in 12 Stunden auszugehen (BOTERMANS et al. 2000).

Mit etwa 200 mg sezernierter pankreatischer Lipase entsprechen die Werte der Tiere denen des Menschen (BOROVICKA et al. 1997; SCHWIZER et al. 1997; CARRIERE et al. 2000).

Eine ähnliche Größenordnung bezüglich der erforderlichen Menge pankreatischer Lipase wurde auch bei Hunden mit experimentell induzierter exokriner Pankreasinsuffizienz ermittelt (SUZUKI et al. 1997). Die Normalisierung der Proteinverdauung erforderte in den Studien an pankreasgangligierten Miniaturschweinen eine Applikation von 40.000 FIP Protease/Mahlzeit (Proteingehalt: 40 g/Mahlzeit). Dies zeigt, dass auch pankreatische Proteasen im Rahmen der physiologischen Sekretion nicht im Überschuss produziert werden (TABELING et al. 1999).

Im frühen, noch kompensierten Stadium der chronischen Pankreatitis (verminderte Lipasesekretion, aber physiologische fäkale Fettgehalte) kommt es zu einer Verschiebung der maximalen Nährstoffverdauung vom Duodenum in mehr distal gelegene Abschnitte des Dünndarms (LAYER et al. 1992 a). Die Anflutung entsprechend größerer Mengen unverdauter Nährstoffe im distalen Ileum führt zu einer gestörten Regulation motorischer und sekretorischer Funktionen (READ et al. 1984; SPILLER et al. 1984; LAYER et al. 1990 c;

JAIN et al. 1991; LAYER et al. 1993). Eine Fokussierung auf diesen Aspekt erfolgt im nächsten Abschnitt.

Pathophysiologische Veränderungen im präcaecalen Teil des Gastrointestinaltrakts bei Erkrankung an exokriner Pankreasinsuffizienz

Veränderungen des luminalen pH-Wertes

Die bei schwerer EPI auftretende Malabsorption ist neben einem Mangel an pankreatischen Enzymen auch durch eine eingeschränkte Aktivität der verbliebenen Restaktivität bzw. der möglichen kompensatorisch wirksamen Enzyme anderer Organsysteme (Magen, Darm) aufgrund von pH-Veränderungen bedingt (DUTTA et al. 1979; LAYER u. HOLTMANN 1994):

Verminderung der pankreatogenen Bikarbonatsekretion und Erhöhung der Magensäureproduktion

Die humane exokrine Pankreasinsuffizienz geht mit einer Verminderung der pankreatogenen Bikarbonatsekretion einher (LAYER u. HOLTMANN 1994). Das pankreatogen sezernierte Bikarbonat bewirkt eine Neutralisation der ins Duodenallumen übertretenden Magensäure und ist so für den Schutz der pankreatischen Enzyme vor saurer Degeneration verantwortlich.

Bei Vorliegen einer schweren Insuffizienz kann die Bikarbonatsekretion so niedrig sein, dass der intraduodenale pH-Wert, insbesondere in der späten postprandialen Phase, unter pH 4 fällt (DIMAGNO et al. 1977).

Eine zusätzliche Absenkung des duodenalen pH-Wertes wird durch eine Hypersekretion von Magensäure bewirkt (COX u. ISENBERG 1978; SAUNDERS et al. 1978), die bei etwa einem Drittel der EPI-Patienten auftritt (GULLO et al. 1983) und zu einer schnelleren und stärkeren Durchsäuerung des Mageninhalts führt. Eine mit humaner EPI einhergehende vermehrte gastrale Säureproduktion kommt möglicherweise auch bei Schweinen vor (RADUN et al. 1997). Mechanismen, die hierzu führen, sind bislang ungeklärt (BOVO et al.

1994). Es wird diskutiert, ob eine fehlende Inhibition der Magensäureproduktion durch unvollständige Hydrolyse der Triacylglycerole - und daher erhöhter Konzentration von Mono-

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und Diglyceride im Lumen des Dünndarms - einen auslösenden Faktor darstellt. Es scheint eine Korrelation zwischen verminderter pankreatogener lipolytischer Aktivität und postprandialer gastraler Azidität zu bestehen, eine Hemmung der pankreatischen Lipase mit Orlistat® führt zu einer Absenkung des mittleren pH-Wertes von 3,3 auf 2,7 (BOROVICKA et al. 2000). Die durch im Dünndarmlumen vorhandene Fette induzierte Inhibition der Magensäuresekretion wird durch den Einsatz von Orlistat in gleichem Maße abgeschwächt wie die pankreatobiliäre Sekretion im Gegenzug gehemmt wird (SCHWIZER et al. 1997).

Freie Fettsäuren aus hydrolysierten Fetten hemmen die Säuresekretion deutlich stärker als Triglyceride (SHAY et al. 1939; LONG u. BROOKS 1965; SHIRATORI et al. 1993). Neben der durch die Nahrungsaufnahme stimulierten Magensäuresekretion hemmt „verdautes Fett“

auch die Gastrinsekretion (GROSS et al. 1978; MAAS et al. 1996). Neuere Studien zeigen zudem, dass die intragastrale Säuresekretion individuell erheblich variieren kann. Bei Infektionen mit Helicobacter pylori etwa kann der intragastrale pH-Wert im physiologischen Bereich variieren oder aber signifikant erhöht sein. Im Rahmen einer chronischen, atrophischen Gastritis ist die Säuresekretion hingegen eher erniedrigt (MC COLL et al. 2000).

Eine entsprechende Schwankung des postprandialen duodenalen pH-Wertes von hochgradig reduziert bis in den erhöhten Bereich hinein (HAMLET et al. 1996) ist denkbar, zumal die EPI-bedingte pankreatogene Bikarbonatsekretion je nach Krankheitsgrad unterschiedlich stark beeinträchtigt sein kann. Mögliche Schwankungen des postprandialen duodenalen pH-Wertes der EPI-Patienten im Bereich von 1 bis 7 werden angenommen (CARRIERE et al.

2005 b).

In den vorangegangenen Studien am pankreasgangligierten Miniaturschwein waren die postprandialen intraduodenalen pH-Werte deutlich niedriger als bei den Kontrolltieren. Die im Zeitraum von 0 bis 4 Stunden postprandial im Chymus des distalen Ileums gemessenen pH-Werte der insuffizienten Tiere mit im Mittel 7,04 (MANDISCHER 2002) lagen signifikant unter den Werten der Kontrolltiere, bei denen durchschnittlich Werte von 7,9 gemessen wurden (TABELING 1998; MANDISCHER 2002).

Zusammenfassend bleibt bezüglich des Einflusses der EPI auf den pH-Wert im Dünndarmchymus also festzustellen, dass eine fehlende bzw. mangelhafte Neutralisation der Magensäure durch Bikarbonat im Dünndarm der betroffenen Patienten zu mangelnden Anhebung des pH-Wertes führen kann (DUTTA et al. 1979; REGAN et al. 1979). Dieser

Befund kann durch die oftmals parallel vorliegende Hypersekretion von Magensäure zusätzlich verstärkt werden. Das Ausmaß der pH-Verschiebung kann allerdings individuell erheblich variieren und ist unter anderem auch von weiteren Erkrankungen abhängig (MC COLL et al. 2000; HAMLET u. OLBE 1996).

Auswirkungen der pH-Absenkung auf die Funktion von Enzymen und Gallensäuren

Bei Ferkeln führt sowohl eine Unter- wie auch eine Überschreitung des optimalen pH-Wertes von 7 zu deutlichen Einbußen in der enzymatischen Aktivität der pankreatischen Amylase (KAMPHUES 1987). Eine Reduktion des Chymus-pH-Wertes um eine Einheit hatte dabei eine Abnahme der Amylaseaktivität um 45% zur Folge.

Da sich die pankreatische Lipase im Vergleich zu Amylasen und Proteasen durch eine stärkere Sensitivität gegenüber einer sauren Denaturierung auszeichnet, wird sie bei intraduodenalen pH-Werten < 4 im Besonderen geschädigt (DIMAGNO et al. 1977). Im Falle einer EPI in das Duodenallumen abgegebene, residuale Enzymmengen können so möglicherweise vollständig inaktiviert werden (DIMAGNO u. LAYER 1993). Zudem kann es durch niedrige intraduodenale pH-Werte zur Ausfällung von Gallensäuren kommen. Durch die im sauren Milieu zunehmende Präzipitation glycinkonjugierter Gallensäuren wird die Mizellenbildung und damit die Fettresorption dann zusätzlich gestört (ROY et al. 1977;

REGAN et al. 1979; ZENTLER-MUNRO et al. 1984; ZENTLER-MUNRO u.

NORTHFIELD 1987; NAKAMURA et al. 1993). Auch die Sekretion der alkalisierenden Gallenflüssigkeit wird durch die mit einer Malabsorption einhergehende erhöhte ileale

NORTHFIELD 1987; NAKAMURA et al. 1993). Auch die Sekretion der alkalisierenden Gallenflüssigkeit wird durch die mit einer Malabsorption einhergehende erhöhte ileale