• Keine Ergebnisse gefunden

Der isolierten Betrachtung der Stärkeverdauung soll an dieser Stelle zum besseren Verständnis eine kurze Einordnung dieses Rohnährstoffs in die Gruppe der N-freien Extraktstoffe vorangestellt werden (KAMPHUES et al. 2004):

Die Gruppe der N-freien Extraktstoffe wird nach Weender-Analyse des eingesetzten Futtermittels rechnerisch mit folgender Formel ermittelt: TS – (Ra + Rfe + Rfa + Rp).

Diese Fraktion beinhaltet somit α-glykosidisch gebundene Polysaccharide (Stärke, Glykogen), lösliche Zucker (Glucose, Fructose, Saccharose, Lactose, Maltose und Oligosaccharide) und lösliche Teile von Zellulose, Hemizellulosen, Lignin und Pektinen.

Die Bedeutung des Pankreas für die Verdauung von N-freien Extraktstoffen ist daher nur in Abhängigkeit von der Art der eingesetzten Rohnährstoffe näher zu bewerten. Ein direkter Einfluss der im Modelltier vorgenommenen Ligatur des Pankreasgangs auf die Rohfaserverdauung ist aufgrund des Fehlens cellulose-spaltender Enzyme im Pankreassekret nicht zu erwarten. Auch die Nutzung von Zuckern kann weiterhin ungehindert durch die nach wie vor vorhandenen oligo- und disaccharid-spaltenden Enzyme der Bürstensaummembran stattfinden (PÜSCHNER u. SIMON 1988). Wenn durch das Pankreas nicht die physiologischen Mengen amylolytischer Aktivität sezerniert werden ist also vornehmlich bezüglich der praecaecalen Stärkeverdaulichkeit mit Einbußen zu rechnen.

Funktionsmechanismus von Amylasen

Die Endoglykosidase α-Amylase spaltet Stärke an den 1, 4-α-D-Glykosidbindungen (STRYER 1996).

Bedeutung der pankreatischen Amylase für die Stärkeverdauung

Auch bei dieser Nährstoffgruppe sind für die Beurteilung von Verdaulichkeiten sowohl Herkunft als auch eingesetzte Menge des Nährstoffs zu beachten. Ebenso bedingt die mechanische und/oder thermische Bearbeitung der aufgenommenen Stärke - welche in der Regel den Hauptanteil der NfE-Fraktion bildet - Unterschiede bezüglich ihrer Verdaulichkeit.

So weist isolierte Stärke bzw. Quellstärke sowohl im enzymatischen als auch im

Schrifttum

___________________________________________________________________________

fermentativen Abbau deutlich höhere Abbauraten als native Getreidestärke auf (KAMPHUES et al. 2004).

Pankreatische α-Amylase wird wie Pankreaslipase als aktives Enzym in das Darmlumen abgegeben (RINDERKNECHT 1986). Neben der pankreatischen Amylase existiert sowohl beim Menschen (LAYER 1986 b) als auch beim Schwein (LIEBICH 1999) eine chlorid-abhängige Speichelamylase. Die im Speichel enthaltene α-Glucosidase Ptyalin entspricht bezüglich ihres Funktionsmechanismus der im Pankreassaft enthaltenen α-Amylase. Sie spaltet ebenfalls Polysaccharide zunächst in höhermolekulare Polysaccharid-Bruchstücke (Dextrine) und schließlich in Oligosaccharide (4 bis 10 Glukoseeinheiten) und Disaccharide (Maltose und Isomaltose; KREUTZIG 2000). Das Enzym wird dabei durch sein Substrat, Stärke und ihre Abbauprodukte, in gewissem Umfang vor der Denaturierung durch Magensäure und Pepsin geschützt (ROSENBLUM et al. 1988). Ein Teil der Speichelamylase kann daher noch im Dünndarm aktiv sein. Der Anteil der Speichelamylase an der Gesamtamylaseaktivität im vorderen Gastrointestinaltrakt beträgt beim Menschen 11%

(FRIED et al. 1987).

Die bürstensaummembranständigen α-Glucosidasen Maltase und Saccharase sowie die β-Galaktosidase Laktase spalten Maltose, Isomaltose, Saccharose und Laktose (KREUTZIG 2000). Beim Menschen ist die Kapazität dieser Enzyme so groß, dass nicht die enzymatische Spaltung, sondern die Resorption der entstehenden Monosaccharide den limitierenden Faktor bei der Kohlenhydratverdauung darstellt (HICK 2000).

Angesichts der zahlreichen extrapankreatisch sezernierten Enzyme zur Spaltung N-freier Extraktstoffe überrascht es nicht, dass die in früheren Studien dieses Projektes am pankreasgangligierten Schwein ermittelten praecaecalen NfE-Verdaulichkeiten bei Einsatz eines üblichen Mischfutters nicht wesentlich beeinträchtigt waren. In Abhängigkeit von Herkunft und mechanischer oder thermischer Bearbeitung der aufgenommenen Stärke - die in der Regel den Hauptteil der NfE-Fraktion bildet - wurden beim Minischwein praecaecale Verdaulichkeitsraten von 86 bis 98% ermittelt (HELDT 2001; KAMMLOTT 2003;

KARTHOFF 2004). Bei isolierter Betrachtung der praecaecalen Stärkeverdaulichkeit erreichten die pankreasgangligierten Tiere mit zumeist über 60% praecaecaler Stärkeverdaulichkeit (TABELING 1998; MANDISCHER 2002; KAMMLOTT 2003) zwar nicht das Niveau der Kontrolltiere von 97% (TABELING 1998) bis hin zu annähernd 100%

(MANDISCHER 2002), aber dennoch ein sehr hohes Niveau. Im Vergleich zu VQ-Werten anderer Rohnährstoffe ist die praecaecale Stärke-VQ daher noch vergleichsweise hoch. In Gesamtverdaulichkeitsstudien wurden sowohl bei exokrin insuffizienten Tieren als auch bei klinisch gesunden Kontrolltieren NfE-Verdaulichkeiten von 98 bis 100% ermittelt (TABELING 1988; MANDISCHER 2002). Zucker und Stärke werden also selbst bei den pankreasgangligierten Tieren nicht in nennenswertem Umfang mit dem Kot ausgeschieden.

Sowohl bei der Betrachtung der praecaecalen Verdaulichkeiten wie auch bei Beurteilung der Gesamtverdaulichkeiten ist zu beachten, dass die Nährstoffgruppe der N-freien Extraktstoffe sowohl praecaecal, insbesondere aber postileal, einem erheblichen mikrobiellen Umsatz durch Fermentationsprozesse unterliegt. Kohlenhydrate, die praecaecal nicht verdaut, aber postileal fermentiert werden, liefern für den Stoffwechsel vornehmlich kurzkettige Fettsäuren deren Ausbeute an Adenosintriphosphat im Intermediärstoffwechsel theoretisch geringer ist als die von Glucose (HOFFMANN et al. 1990; BERGNER u. HOFFMANN 1996). Eine entsprechend geringere energetische Effizienz ließ sich beim Schwein in Versuchen mit intracaecal infundierten, kurzkettigen Fettsäuren jedoch nicht nachweisen. Mit der energetischen Effizienz für den Ansatz von 0,75-0,82 (ROTH et al. 1988; JORGENSEN et al.

1997) liegen diese Werte nicht unter denen für praecaecal verdaute Stärke (0,76-0,78;

SCHIEMANN et al. 1971; KIRCHGESSNER u. MÜLLER 1998; JENTSCH et al. 2000).

Aufgrund der gebildeten Fermentationswärme (7% der fermentierten Energie; BLAXTER 1962) und Verlusten in Form von Methan in derselben Größenordnung (RIJNEN 2003) ist die energetische Effizienz fermentierter Kohlenhydrate beim Schwein gegenüber dem praecaecalen Abbau also um etwa 15% geringer. Zu beachten ist, dass im gesamten Darmbereich sowohl bei an exokriner Pankreasinsuffizienz erkrankten Menschen (PONGPRASOBCHAI u. DIMAGNO 2002) als auch bei pankreasgangligierten Miniaturschweinen (HELDT 2001; FASSMANN 2001; MANDISCHER 2002) von einer verstärkten mikrobiellen Besiedlung im Sinne eines „bacterial overgrowth“ auszugehen ist.

Erwartungsgemäß lagen die im Rahmen vorangegangener Studien des Projektes im Ileumchymus ermittelten Lipopolysaccharidgehalte - ein Indikator für die Besiedlung mit gramnegativen Keimen - bei den PL- Tieren mit 202 µg/g uS deutlich über den Werten der Kontrolltiere, bei denen im ilealen Chymus mittlere LPS-Gehalte von 7,1 µg/g uS ermittelt wurden (HELDT 2001). Neben dem Abbau durch körpereigene Enzymen ist somit auch ein

Schrifttum

___________________________________________________________________________

praecaecaler Abbau von Substanzen der NfE-Fraktion durch Mikroorganismen gegeben, dessen Anteil an der praecaecalen Stärkeverdauung beim pankreasgangligierten Schwein bisher allerdings nur unzureichend quantifiziert wurde (MÖSSELER et al. 2006). Auch die im Kot ermittelten Lipopolysaccharidgehalte lagen bei den PL-Tieren mit etwa 100 µg/g uS deutlich über den Werten der Kontrolltieren (17 µg/g uS; HELDT 2001). Im Bereich des Dickdarms ist die Kapazität zur NfE-Fermentation demnach entsprechend groß. In vorangegangenen Studien des Projektes wurde diese Kapazität auch dann nicht überschritten, wenn >100 g Stärke pro Tag im Dickdarm anfluteten, was anhand einer fehlenden Stärkeausscheidung im Kot der Miniaturschweine (Körpermasse ca. 40 kg) bewiesen wurde (TABELING 1998; MANDISCHER 2002). Auch in Fällen humaner exokriner Pankreasinsuffizienz wurden Stärkeverdaulichkeiten von bis zu 80% durch extrapankreatische Amylasen beschrieben (LAYER et al. 1986 b); allerdings wurde auch hier der Anteil mikrobieller Fermentationsprozesse nicht quantifiziert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Fehlen der pankreatischen Amylase weitgehend durch extrapankreatische Amylasen kompensiert werden kann. Allerdings gilt es bei der energetischen Beurteilung einer Diät, der vor allem im Dickdarmbereich hohen, mikrobiellen Umsatzrate dieser Nährstoffgruppe Rechung zu tragen. Verdaulichkeitsstudien zur Beurteilung substituierend eingesetzter Amylasen sind vor diesem Hintergrund nur unter Verwendung praecaecal gewonnener Proben sinnvoll (GREGORY et al. 2002).

2. 3 Synthese und Sekretion pankreatischer Enzyme und Einwirkungen auf