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Synthese der geschützten Tetramsäure für Penicillenol C 12

3. Vorstellung der Teilprojekte (Σύνοψη)

3.3 Synthese von natürlichen 3-Acyltetramsäuren

3.3.1 Synthese der geschützten Tetramsäure für Penicillenol C 12

Der Tetramsäurebaustein von 10 und 12 enthält zwei Stereozentren. Wie schon oben erwähnt dienen Aminosäuren in der Biosynthese als Vorläufer der Tetramsäuren.

Aminosäuren sind aus Proteinhydrolysaten und mittels anderer Verfahren in ihrer natürlichen Konfiguration leicht optisch rein erhältlich und deshalb auch als Ausgangsmaterial für Laborsynthesen geeignet.

Als erster Schritt vom ungeschützten Threonin 172 aus existieren entweder sauer katalysierte Veresterungen, weil im Sauren das Amin nicht nucleophil ist, oder Schützungen mit Carbamatderivaten, welche selektiv mit dem Amin reagieren.

Die zwei gängigsten Ester für die Zyklisierung zum Tetramat sind Methyl und Benzyl. Der Methylester lässt sich am leichtesten mit SOCl2 in Methanol quantitativ darstellen. Die Benzylveresterung läuft unter deutlich schlechteren Ausbeuten und die Entfernung des hochsiedenden Benzylalkoholes kann Probleme bereiten. Der Trimethylsilylester kann nur im basischen mit bereits geschütztem Stickstoff eingeführt werden. Entschützung des Methyltetramates jedoch läuft nur in konzentrierter wässriger HCl, was die Wahl der zweiten Sauerstoffschutzgruppe im Threonin drastisch einschränkt. Somit bleibt der Benzylester als guter Kompromiss zwischen flexibler Einführung und schonender Entschützung (katalyt. Hydrierung).

Die zwei gängigsten Carbamatschutzgruppen sind Boc und Fmoc. Die Schützung unterscheidet beide nicht, wohl aber liefert die Entschützung von Boc im Sauren nur gasförmige Nebenprodukte, weshalb keine Reinigung erforderlich ist. Nach der Fmoc- Entschützung muss quantitativ schwer lösliches Piperidin- Dibenzofulvenaddukt abgetrennt werden.

Ein weiteres wichtiges Merkmal bei den Penicillenolen stellt die Methylgruppe am Stickstoffatom dar. Diese ist in proteinogenen Aminosäuren nicht enthalten. Bringt man die Methylgruppe samt dem Stickstoff als Methylamin bei der Synthese ins Molekül ein, so ist eine enantioselektive Reaktionsführung erforderlich und die natürlichen Quellen der Aminosäuren können nicht mehr genutzt werden. Bei der Monoalkylierung von Aminen ist Mehrfachalkylierung oft eine unerwünschte Nebenreaktion, da sekundäre Amine nucleophiler sind als primäre. Daher existieren mehrere Möglichkeiten, die Reaktivität des Stickstoffatoms zu reduzieren. Eine Methode, die in meiner Diplomarbeit verwendet wurde (Abb. 72), überführt das Amin 173 mittels Formaldehyd im sauren Medium in das nicht nucleophile Immoniumion57 174. Dieses kann durch die benachbarte Hydroxygruppe leicht zum Oxazolidin 175 zyklisieren und so als einigermaßen stabiles Zwischenprodukt grob vom

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nicht reagierten Formaldehyd abgetrennt werden. Anschließend wird unter großem Überschuss an TFA 174 mit Triethylsilan zu 176 reduziert. Trotzdem wurde noch zweifach alkyliertes Produkt 177 isoliert. Obwohl letztere Reaktion unter trockenen Bedingungen geführt wurde, haben wohl Spuren von Wasser zur Hydrolyse von Immoniumionen und damit zur Freisetzung von Formaldehyd geführt. Dieser kann dann nämlich mit dem schon entstandenen sekundären Amin 176 erneut zu einem Immoniumion kondensieren und zum tertiären Amin 177 reduziert werden. Dies führt allein schon aufgrund der Stöchiometrie allerdings auch dazu, dass mit jedem Molekül tertiärem Amin ein Molekül Edukt-Aminosäureester 173 entsteht. Dies erklärt die schlechten Ausbeuten dieser Reaktions-sequenz. Ein zusätzlicher Nachteil liegt an dem benötigten sehr großen Überschuss der zwei teuren Reagenzien TFA und Triethylsilan auf einer sehr frühen Stufe des Syntheseweges zu einem Tetramat, weshalb dieser Weg nicht mehr verwendet wurde.

Abb.72: Darstellung von N-Methyl-threoninmethylester 176 durch reduktive Aminierung

Deshalb wurde zunächst der N-Boc-Threoninmethylester 178 PMB-geschützt. Im Basischen ließ sich auch die N-Methylgruppe einführen. Danach stellte sich allerdings heraus, dass unter mild sauren Bedingungen 179 und 180 samt Schutzgruppe solange unverändert blieben, bis es nach Erhöhung der Säurekonzentration zur Zersetzung kam.

O OH

NH3 O

Cl OH

OH

NH2 O

O O

HN O

O OH

HN MeOH, O

SOCl2

HCHO,

0.1 N TFA TFA, Et3SiH

74% roh 22%

O OH

N O 5%

O HO

N O

H+ H

172 173 175 176

174 177

70

Abb. 73: erfolglose Erprobung der PMB- Schutzgruppe für die Threonin- Hydroxygruppe

Überhaupt stellte sich die Boc- Schutzgruppe als ungünstig für Threonin heraus, denn sie konnte auch später von 183 und 184 nicht ohne Zersetzung entfernt werden.

O

Abb. 74: Threoninderivate, von denen die Boc- Schutzgruppe nicht entfernt werden konnte

Die Acetalschutzgruppen waren auch ungeeignet, denn noch bevor Aminoester 185 auf dem DC vollständig verschwand, begann bei der THP-Schützung schon unter katalytisch sauren Bedigungen die auf dem DC leiterartig erkennbare Zersetzung. Mit Dimethoxy-methan schloß sich bei freiem Amin sofort das Oxazolidin 186.

172 178 179 182

180 181

183 184

71 O

OH

NH2 O

O O

NH2 O O

1.DHP, HCl 2.Et3N

Dimethoxymethan, HCl

O O

NH O

Abb. 75: Acetalschutzgruppen erwiesen sich als ungeeignet für die Threonin- Hydroxygruppe

Als nächstes wurden Silylschutzgruppen erprobt und es stellte sich heraus, dass sie zunächst einen deutlichen Vorteil besitzen: sie verwandeln die so polaren Aminosäuren in leicht handhabbare organische Verbindungen, die sich problemlos aus der Wasser-phase extrahieren und sehr sauber chromatographieren lassen. Dazu leistet der Benzyl-ester einen weiteren Beitrag. Da sich das Boc- Derivat 183 nicht entschützen ließ, wurde 172 als erster Schritt, unter Inaktivierung des Amins als Hydrotosylat, in den Benzylester 185 überführt, aus welchem sich der TIPS- geschützte Aminoester 188 erhältlich war.

OH

OH NH2

O

O OH

NH2 BnOH, TosOH O

O O

H2N O 1.Et3N

2.TIPSCl/DMF Si

37% 30%

Abb. 76: Darstellung von 188 auf kurzem Wege

Obwohl sehr kurz, befriedigte diese Variante bei großen Substanzmengen wegen der geringen Ausbeuten nicht. Um die Silylierungseffizienz zu verbessern wurde das reaktivere Triflat eingesetzt. Was im kleineren Ansatz noch zu einer geringfügigen, aber aufgrund des höheren Preises für das Triflat auch nicht signifikanten, Verbesserung führte, entstand im größeren Ansatz, wahrscheinlich wegen der schlechteren Temperaturkontrolle, selektiv N-Silylverbindung 189. Der Stickstoff konkurrierte nicht nur um die Silylgruppe, auch eine nachträgliche Verschiebung unter diversen Bedingungen erfolgte trotz der hohen Oxophilie des Siliciums nicht; wahrscheinlich wegen der sterischen Hinderung zwischen sekundärem Alkohol und drei Isopropylresten.

185 187

186

172 185 188

72

Abb. 77: ungünstige Silylierung von 185

Also entschied ich mich, eine zusätzliche Schutzgruppe für den Stickstoff zu verwenden.

Naheliegend war die Fmoc-Schutzgruppe, welche außerdem eine erhebliche Verbesserung der Ausbeute für die Veresterung ermöglichte. So entwickelte sich letztendlich die veröffentlichte Synthese zum Penicillenol C 12 (Abschnitt 4.3).