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2 Literaturübersicht

2.1 Bakterielle Superantigene

2.1.4 Superantigene bei Staphylokokken-Infektionen der Haustiere

S. aureus ist ein wichtiger pathogener Erreger für Rinder. Er ist Ursache für variable Formen der klinischen und subklinischen Mastitis. Bereits frühere Studien deuten auf eine mögliche Rolle von Superantigenen in der Pathogenese der bovinen Mastitis durch S. aureus Infektionen hin. NISKANEN et al. (1978) provozierten durch Injektion von SEA in das Euter gesunder Tiere entzündliche Reaktionen, die denen einer klinischen Mastitis sehr ähnlich waren. Die Bedeutung von TSST-1 und SEC für die Pathogenese der perakut verlaufenden Mastitis diskutierten MATSUNAGA et al. (1993). Die spezifische Art der Interaktion von Superantigenen mit den Zellen des Immunsystems (s. 2.1.2) findet zumindest beim Rind genauso statt wie bei Mensch und Maus (SCHMALTZ et al. 1995, YOKOMIZO et al. 1995, SCHUBERTH et al. 1996, 1998, FERENS et al. 1998, HENDRICKS et al. 2000). Das Rind stellt bisher die einzige Haustierspezies dar, in der grundlegende Superantigen-vermittelte Mechanismen detaillierter untersucht wurden.

FERENS et al. (1998) fanden heraus, daß die Aktivierung boviner Zellen des Blutes mit Staphylococcus Enterotoxin C (SEC) zur Expression eines neu identifizierten Aktivierungsmoleküls (ACT3) auf CD8+ T-Zellen führt. Außerdem konnten sie beobachten, daß vermehrt IL-4 und IL-10 produziert wurde, was wiederum zu einer zeitweiligen Hemmung (Tag 0-4) der proliferativen Antwort der T-Zellen führte, zu sehen anhand der sinkenden Zahl CD4-positiver T-Zellen und der nur leicht ansteigenden Zahl CD8-positiver T-Zellen. Zwischen Tag 4 und 7 kommt es zu einer starken und präferentiellen Proliferation der CD8-positiven T-Zellen. Im bovinen System können Superantigene wahrscheinlich durch Induktion von sog. TH2-Zytokinen (IL-4, IL-10) eine schützende Immunantwort verhindern. Die Ergebnisse stimmen mit der Hypothese überein, daß Superantigene an Immunsuppression und immunmodula-torischen Mechanismen beteiligt sind.

Weitere Studien befassten sich intensiv mit der Frage nach Superantigen-induzierten, immunmodulatorischen Mediatoren auf Seite der Superantigen-präsentierenden Zellen.

SCHUBERTH et al. (1998) und HENDRICKS et al. (2000) zeigten, daß Superantigene die Produktion von Prostaglandin E2 (PGE2) und Stickstoffmonoxid (NO) in bovinen mononukleären Zellen induzieren. Obgleich NO zytotoxische Eigenschaften aufweist und in anderen Systemen als immunmodulatorisch beschrieben wurde - u.a. die Regulation bestimmter T-Zellfunktionen betreffend - (NATHANS 1992, MARCINKIEWICZ & CHAIN 1993, BARNES & LIEW 1995), wurde festgestellt, daß

Superantigen-induziertes NO das Proliferationsverhalten und vor allem die Zusammensetzung der zellulären Subpopulationen (CD4+ und CD8+ T-Lymphozyten, B-Lymphozyten) unter den bovinen Blasten nicht beeinflußte. Dies steht in großem Gegensatz zum Proliferations-hemmenden Effekt von NO im Nagersystem nach allogener, mitogener und superantigener Stimulation (FAST et al. 1991, CUNHA et al.

1993, HAUSCHILD et al. 1993, UPHAM et al. 1995). Daher scheint die Vermutung nahe zu liegen, daß die NO-Produktion im bovinen System nur ein Phänomen der zellulären Situation darstellt und keine Konsequenzen für die Proliferationsreaktion in vitro oder für die Zelldifferenzierung hat (HENDRICKS 1998).

Prostaglandin E2 (PGE2) ist ein wesentliches Produkt des Arachidonsäure-metabolismus und wird hauptsächlich von aktivierten Monozyten und Makrophagen gebildet. Es ist prinzipiell bekannt, daß die Signaltransduktion über MHC-Klasse-II-Moleküle nach Kreuzvernetzung durch Superantigene zur Induktion Cyclooxigenase-abhängiger Arachidonsäure-Metaboliten wie PGE2 führt (MEHINDATE et al. 1995).

Beim Rind ergab sich eine starke individuelle Heterogenität der durch Superantigene induzierbaren PGE2-Synthese (HENDRICKS 1998). Dies könnte zur individuellen Reaktivität auf Superantigene beitragen, da gezeigt wurde, daß PGE2 die Proliferationsreaktion boviner mononukleärer Zellen in höheren Konzentrationen hemmen kann. Allerdings bezog sich diese Hemmung im wesentlichen auf beide Haupt-T-Zellpopulationen (CD4+, CD8+). HENDRICKS (1998) schloß daraus, daß PGE2 nicht der verantwortliche Mediator für die beim Rind so hervorstechende präferentielle Proliferation von CD8+ T-Zellen nach Superantigenstimulation ist.

Weitere Informationen über die regulative Bedeutung des induzierten PGE2 nach Superantigenstimulation existieren kaum (MEHINDATE et al. 1995) oder nur sehr indirekt (FERNANDEZ et al. 1996). Ob und in welcher Weise die jeweiligen Super-antigene die PGE2-Produktion steuern ist unklar. Denkbar wäre, daß durch die bakteriel-len Superantigene in Abhängigkeit von ihrer Avidität zu den exprimierten allebakteriel-len MHC-Klasse-II-Produkten jeweils bestimmte Arachidonsäureprodukte oder unterschiedliche Verhältnisse dieser Metaboliten induziert werden. Unterschiedliche Verhältnisse einzel-ner Eicosanoide können insofern von Bedeutung sein, als sie zum Teil gegenläufige immunmodulatorische Wirkungen aufweisen. Dies wurde für LTB4 und PGE2

(ANTONELLI et al. 1990, SNIJDEWINT et al. 1993) oder Thromboxan A2 und PGE2

(GOETZL et al. 1995) beschrieben.

PGE2 besitzt überdies ein eindrucksvolles immunregulatorisches Potential. Es fördert bspw. die Proliferation von Colon-Karzinomzellen (QIAO et al. 1995, HANIF et al.

1996), während die Proliferation von T-Zellen normalerweise gehemmt wird (YU et al.

1993, PICA et al. 1996). In Abhängigkeit vom Thymozyten-Differenzierungsstadium führte dieser Arachidonsäuremetabolit zur Ausdifferenzierung oder zur Apoptose (JUZAN et al. 1992, SAIAGH et al. 1994).

Inwieweit die beschriebenen Mediatoren NO und PGE2 die Apoptose von neutro-philen Granulozyten fördern oder hemmen, wird in der Literatur interessanterweise kontrovers beurteilt (ROSSI et al. 1995, BANNO et al. 1997, KOLLER et al. 1997, WALKER et al. 1997, FORTENBERRY et al. 1998) (s. Tab. 1, s. 2.4.3).

Die Produktion von Superantigenen oder die Anwesenheit von Genen, die für Superantigene kodieren, ist fast immer auf einen Teil aller möglichen Enterotoxine beschränkt (HIROOKA et al. 1988, KANG et al. 1991, MATSUNAGA et al. 1993, BECKER et al. 1998). Dies mag das Fehlen von klaren epidemiologischen Daten be-züglich der Rolle von Superantigenen in der Pathogenese von bestimmten Krankheiten, z.B. der Mastitis der Rinder erklären. Die Frequenz Superantigen-bildender S. aureus Stämme beim Rind reicht je nach Untersuchung und Nachweisverfahren von 0-76%.

Abhängig von der jeweiligen Studie wurden, z. B. in Isolaten von an Mastitis erkrank-ten Rindern, entweder keine Superantigen-produzierenden Stämme gefunden (LEE et al. 1998) oder die Frequenz erreicht 50% (ADESIYUN et al. 1998) oder sogar 76%

(KANG et al. 1991). STEPHAN et al. (1999) stellten bei insgesamt 63 S. aureus Isolaten aus Milchproben von Kühen mit Mastitis in 34 Fällen (54%) eine Produktion von Superantigenen fest. Davon produzierten sieben Stämme jeweils 2 verschiedene Enterotoxine, die meisten jedoch SEC (21 Isolate).

Beim Hund produzierten 25-50% der S. intermedius- und der S. aureus Isolate aus infektiösen Erkrankungen Enterotoxine (FUKUDA et al. 1984, ALMAZAN et al. 1987, HIROOKA et al. 1988). Auf die mögliche Beteiligung von Superantigenen bei der caninen juvenilen Polyarthritis und der steril eitrigen Meningitis-Arteriitis weisen TIPOLD et al. (1996 a, b) hin. S. intermedius spielt außerdem eine wichtige Rolle bei der Pyodermie der Hunde (BURKETT & FRANK 1998).

2.2 Weitere zytotoxische Virulenzfaktoren von