• Keine Ergebnisse gefunden

6. Empirische Untersuchung

6.1. Studiendesign

hinsichtlich umweltpolitischer und sozialer Belange vortäuschen, um das Unternehmen in der Öffentlichkeit relativ einfach und zu geringen Kosten als nachhaltigen Marktteilnehmer zu platzieren.164 Im Gegensatz dazu gibt es jedoch auch Unternehmen, welche aus anderen Gesichtspunkten nachhaltig agieren. Diese wollen positive Beiträge zur Gesellschaft und Umwelt leisten, aber auch gleichzeitig von dem dadurch generierten wirtschaftlichen Mehrwert, welcher durch das Image als verantwortungsvoller Marktteilnehmer erreicht wird, profitieren.165 Um zu analysieren, ob Unternehmen tatsächlich versteckte Intentionen bei der Durchführung ihrer ESG-Maßnahmen haben, wird in dieser Arbeit abschließend folgende Hypothese untersucht:

H11: Es gibt einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem Ausmaß von kontroversem Unternehmensverhalten und dem ESG-Engagement von Unternehmen.

6. Empirische Untersuchung

Dabei liegt ein besonderer Fokus darauf, ob sich Beziehungen zwischen der Ausprägung der einzelnen Unternehmensdeterminanten und kontroversem bzw. verantwortlichem Unternehmensverhalten feststellen lassen. Zur Beurteilung des ESG-Verhaltens von Unternehmen dienen dabei die vom Medienkonzern Thomson Reuters zur Verfügung gestellten Informationen, welche in den anschließenden Kapiteln näher beleuchtet werden. Um einen Überblick über die untersuchten Unternehmen bzw. den verwendeten Datensatz zu geben, werden diese in Kapitel 6.2.

dargestellt und mittels deskriptiver Statistiken präsentiert. Dabei soll unter anderem ein Verständnis dafür geschaffen werden, welche Unternehmenskontroversen in der Praxis vorherrschend sind und wie sich diese in den vergangenen Jahren entwickelt haben.

Das Kapitel 6.3. beschäftigt sich nun mit den eigentlichen Ergebnissen der empirischen Untersuchung. Die Erkenntnisse werden hierbei, gegliedert nach den Unternehmensdeterminanten, dargestellt, wobei in jedem Kapitel die Ergebnisse der verwendeten Tests beleuchtet und diskutiert werden. Das darauffolgende Kapital 6.4. bietet weiteren Raum für die Interpretation und Diskussion der gewonnenen Erkenntnisse.

6.1.2. Thomson Reuters

Die Ermittlung der für die empirische Analyse benötigten Daten erfolgte über das Börseninformationssystem Thomson Reuters EIKON, welches von der JohannesKepler -Universität Linz für die Bearbeitung der vorliegenden Problemstellung zur Verfügung gestellt wurde. Dieses Finanzinformations- und Analysesystem ermöglicht es, aktuelle börsenorientierte Entwicklungen hinsichtlich breitgefächerter Anlageinstrumente, wie z.B. Aktien, Anleihen, Derivate, Rohstoffe etc., nahe der Echtzeit zu beobachten und zu analysieren und bietet somit wertvolle Informationen für das Investitionsmanagement. Die zugehörige Datenbank Datastream bietet jedoch zusätzlich die Möglichkeit, auf historische Finanzdaten zuzugreifen, welche bis in das Jahr 1950 zurückreichen. Diese Daten umfassen ebenfalls makroökonomische Entwicklungen, Informationen zu den diversesten Anlageklassen, aber auch ESG-Informationen zu mehr als 7500 Unternehmen in mehr als 64 Ländern.166 Aufgrund der immer weiter ansteigenden Wichtigkeit von vergleichbaren, transparenten und genauen ESG-Informationen am Finanzmarkt hat es sich Thomson Reuters zur Aufgabe gemacht, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Dies ermöglicht es Anwendern des Finanzinformationssystems in Anbetracht der Bedeutsamkeit von nachhaltiger und verantwortungsvoller Unternehmensführung, diese Komponenten in ihre

166 Vgl. JKU, 2019; Refinitiv, 2019b.

Investmententscheidungen zu integrieren. Die Messungen und schlussendliche Bewertungen der ESG-Performance eines Unternehmens basieren auf den von Unternehmen bzw. über diese Unternehmen veröffentlichten Berichterstattungen zu diesem Thema.167

Die für diese Arbeit relevanten ESG-Informationen manifestieren sich zum einen in sogenannten ESG-Scores, aber auch in einer Angabe dazu, in welchem Bereich die jeweiligen Unternehmen eine bestimmte Anzahl von Kontroversen aufweisen. Die Scores teilen sich in den ESG-Score, den ESG-Combined-Score und den ESG-Controversies-Score auf. Für diese Arbeit sind vor allem der ESG-Controversies-Score und der ESG-Score relevant, weshalb auf diese in den folgenden Ausführungen näher eingegangen wird.

6.1.3. ESG-Score

Wie anhand oberhalb dargestellter Grafik ersichtlich wird, bildet sich der ESG-Score aus den Kategorien Environmental, Social und Governance heraus. Die Umweltperformance ergibt sich aus den Aktivitäten eines Unternehmens in den Bereichen Ressourcenverwendung, Emissionen und Innovation. Zur Ermittlung der sozialen Performance eines Unternehmens wird das Engagement in den Bereichen Mitarbeiter, Menschenrechte, Stakeholder und Produktverantwortung erfasst. Bei der Beurteilung der Governance-Performance eines Unternehmens fokussiert sich Thomson Reuters auf das Management, den Umgang mit

167 Vgl. Refinitiv, 2019a, 4.

Abb. 2: ESG-Scores Methodik Quelle: Vgl. Refinitiv, 2019a, 4.

Shareholdern und die umgesetzte CSR-Strategie. Um den ESG-Score errechnen zu können, werden die Bewertungen der einzelnen Kategorien unterschiedlich gewichtet und anschließend mit einer speziellen Berechnungsmethode ermittelt. Die schlussendlichen ESG-Scores ergeben sich immer in Abhängigkeit der jeweiligen Branchenzugehörigkeit eines Unternehmens, da bei der Berechnung die ESG-Scores noch zusätzlich in Relation zu allen anderen Unternehmen der Branche gesetzt werden.168 Dies bedeutet, dass ein Unternehmen der Automobilbranche, unter Umständen, einen anderen ESG-Score hätte, würde es z.B. der Pharmaindustrie angehören. Der ESG-Score kann dabei zwischen 0 und 100 liegen. 0 beziffert den Minimalwert und weist somit auf eine schlechte ESG-Performance hin, während 100 den Maximalwert beziffert und auf ein ausgesprochen verantwortungsvolles Unternehmen hinweist. Die Bewertungsmethodik für den ESG-Score wird in der folgenden Abbildung dargestellt.

6.1.4. ESG-Controversies-Score

Der ESG-Controversies-Score beschäftigt sich ausschließlich mit kontroversem Unternehmensverhalten und bezieht kein positives ESG-Engagement in die Berechnung des Scores mit ein. Die Höhe dieses Scores errechnet sich auf Basis von 23 Kontroversenarten, welche in sieben Kategorien eingeteilt werden, und ist davon abhängig, wie viele Unternehmenskontroversen das jeweilige Unternehmen in den entsprechenden Kategorien aufweist. Eine Unternehmenskontroverse im Jahr 2010 hat folglich Einfluss auf die Höhe des Controversies-Score am Ende des Jahres, kann jedoch auch noch Einfluss auf den Score im darauffolgenden Jahr haben, wenn die negativen Folgen des Skandals (z.B. in Form von Strafzahlungen oder Gerichtsverfahren)

168 Vgl. Refinitiv, 2019a, 8ff.

Abb. 3: Bewertungsmethodik für den ESG-Score Quelle: Vgl. Refinitiv, 2019a, 4.

bis ins nächste Jahr reichen. Der schlussendlich ermittelte ESG-Controversies-Score ist genauso wie der ESG-Score branchenabhängig und auch die Bewertungsmethodik, welche in Abbildung 3 dargestellt wird kann gleichfalls angewendet werden. Somit kann der Controversies-Score ebenfalls einen Wert zwischen 0 und 100 annehmen, wobei ein geringer Wert eine hohe Kontroversenanzahl und ein hoher Wert eine geringe Kontroversenanzahl impliziert.169 Im Appendix werden die Kontroversenkategorien und die dazugehörigen Kontroversenarten erläutert, um dem Leser einen Einblick in die in der Praxis vorherrschenden Kontroversenarten zu geben.