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5.2 Ultradünne CoPt 3 -Filme auf WSe 2

5.2.1 Strukturelle Eigenschaften

Das Wachstum der Filme wurde mit in-situ RHEED und einem UHV-STM/AFM/MFM untersucht. Für ex-situ Untersuchung (XRD) wurden die Proben mit Ru oder V als Oxidationsschutz bedeckt. Diese beiden Materialien führen in einem Röntgendiffraktogramm zu Beugungsreflexen, die sich nicht mit denen von CoPt3(111)-Einkristallen überlagern.

In Abb. 5.4 ist eine STM-Aufnahme eines 50 Å dicken CoPt3-Filmes gezeigt, der bei 300°C auf WSe2(0001) aufgedampft wurde. Im STM-Bild sieht man einen granularen Film, der aus dreieckigen Inseln mit einem mittleren Durchmesser von 10 nm besteht. Anhand der RHEED-Bilder erkennt man, dass die Körner des Films aus einer einkristallinen CoPt3 (111)-Legierung bestehen, die epitaktisch aufgewachsen ist. Dieser granulare Film zeigt eine langreichweitige chemische Ordnung (→ Beugungsreflexe zwischen den Reflexen des fcc-Beugungsbildes). Außerdem haben die Beugungsreflexe im [112-]-Azimut eine dreieckige Form und im [101-]-Azimut sind die Beugungsreflexe gegenüber der Vertikalen geneigt. Diese Form der Beugungsreflexe wird durch die Facettierung der Inseln, und die dadurch resul-tierende 3D-Beugung der Elektronen, verursacht. Eine genaue Erklärung zur Inselfacettierung wird in Kapitel 5.3.1 anhand einer einzelnen isolierten Nanostruktur gegeben.

30 nm

[11 ]2

[10 ]1

Abb. 5.4: STM-Bild und zugehörige RHEED-Bilder eines 50 Å dicken CoPt3(111) granularen Filmes, der bei 300°C auf WSe2(0001) aufgedampft wurde.

Abb. 5.4 zeigt die typische Morphologie aller im Folgenden ausgewerteten Proben. Eine CoPt3-Bedeckung größer als eine Monolage führt immer zu einem granularen Film, der aus einkristallinen facettierten Inseln besteht, die sich zum Teil berühren. Das Auftreten der langreichweitigen chemischen Ordnung hängt von der Substrattemperatur während des Aufdampfens ab.

Um den Einfluss der Substrattemperatur auf das Wachstum und die chemische Ordnung der CoPt3-Legierung zu untersuchen, wurde eine Serie von 30 Å dicken CoPt3(111)-Filmen zwischen Raumtemperatur und 700°C hergestellt. In Abb. 5.5 sind davon exemplarisch RHEED-Bilder von Proben gezeigt, die bei Raumtemperatur, 200°C, 600°C und bei 700°C hergestellt wurden. Man sieht in jedem RHEED-Bild die typischen Beugungsreflexe für eine fcc-Einheitszelle. Es handelt sich also im gesamten Temperaturbereich um eine einkristalline CoPt3(111)-Legierung. Die Tatsache, dass man keine Strich- sondern Punktreflexe sieht, wird durch den granularen Charakter der Filme verursacht. Wie in Kapitel 4.1 dargestellt wurde, führen Inseln auf einer Oberfläche zu solchen Punktreflexen im Beugungsbild, da sie von dem RHEED-Elektronenstrahl durchstrahlt werden und somit 3D-Streuung vorliegt. Es ist deutlich zu sehen, dass die RHEED-Bilder der Proben, die bei 200°C hergestellt wurden, eher

“verschmierte“ Beugungsreflexe zeigen. Für Aufdampftemperaturen oberhalb 200°C erhält man scharfe Beugungsreflexe (größere Mobilität der Atome während des Aufdampfens), die eine eindeutig erkennbare dreieckige Form haben. Diese spezielle Form der Reflexe wird durch facettierte Inseln verursacht, da der Elektronenstrahl ebenfalls an den Inselfacetten gebeugt wird. Zusätzlich sind Beugungsreflexe zu erkennen, die zwischen den Beugungs-reflexen der fcc-Einheitszelle liegen. Diese Reflexe werden durch eine langreichweitige

chemische Ordnung (L12-Phase) der CoPt3(111)-Legierung erzeugt, da die regelmäßige Anordnung der Co- und Pt-Atome in der (111)-Oberfläche zu einer chemischen Überstruktur führt (siehe Abb. 5.1). Die Beugungsreflexe der langreichweitigen chemischen Ordnung treten deutlich für Temperaturen zwischen 200°C und 600°C auf. Bei Raumtemperatur und 700°C sind keine Punktreflexe der chemischen Ordnung zu sehen.

RT Tdep

[11 ]2 [10 ]1

200°C

700°C 600°C chemische Ordnung

131 021 201

3 11 111

Abb. 5.5: Serie von RHEED-Bildern für die beiden Azimute [101-] und [112-]

von jeweils 30 Å dicken einkristallinen granularen CoPt3-Filmen. Die Proben wurden zwischen Raumtemperatur und 700°C aufgedampft.

Um den Grad der chemischen Ordnung zu bestimmen, wurde für jede Aufdampftempe-ratur die Intensität der Beugungsreflexe der fcc-Einheitszelle und der chemischen Überstruktur entlang der roten Linie in Abb. 5.5 bestimmt. Das Verhältnis dieser beiden

Intensitäten ist nur ein grobes Maß für den chemischen Ordnungsparameter η, da bei der Beugung der Elektronen z.B. kein Absorptionsfaktor berücksichtigt wird.

Der Intensitätsverlauf der Beugungsreflexe, der entlang der roten Line aufgenommen wurde, ist bezüglich des Untergrundes korrigiert worden. Danach wurden die Intensität der jeweiligen Beugungsreflexe durch Gaußkurven angenähert. Für jeden Beugungsreflex erhält man somit eine Fläche A unterhalb der Gaußkurven. Der Grad der chemischen Ordnung berechnet sich nun folgendermaßen:

x Hauptrefle

urreflex Überstrukt

A

= A

η (5.1)

Eine Zusammenfassung der chemischen Ordnungsparameter als Funktion der Aufdampf-temperatur für alle hergestellten Proben zwischen RaumAufdampf-temperatur und 700°C und einer Dicke von 30 Å (blaue Quadrate) ist in Abb. 5.6 dargestellt.

0 100 200 300 400 500 600 700 0,0

0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

Aufdampftemperatur [°C]

Ordnungsparameter η

30 Å CoPt auf WSe (0001)3 2 3000 Å CoPt (111) auf Pt(111)3

Abb. 5.6: Zusammenfassung des chemischen Ordnungsparameters η als Funktion der Aufdampftemperatur.

Die roten Datenpunkte sind aus [Ro95] entnommen. Dies sind die Werte des chemischen Ordnungsparameters für 3000 Å dicke glatte CoPt3(111) Filme, die auf Pt(111) aufgedampft wurden. Diese Proben können im Gegensatz zu den 30 Å dicken CoPt3(111) granularen Filmen auf WSe2(0001) als Volumenproben angesehen werden.

In der Literatur findet man eine Vielzahl an Arbeiten zum Wachstum von CoPt3 -Filmen auf Pt(111) [Ro95, Ma97], allerdings tritt eine geordnete L12 Phase nur bei Substrat-temperaturen zwischen 550°C und 700°C auf. Die chemische Ordnung tritt in den granularen Filmen dagegen bereits ab 150°C auf. Zwischen 200°C und 600°C erhält man dafür einen

relativ konstanten Wert η, der oberhalb 700°C verschwindet. Dies stimmt mit dem Ordnungs-Unordnungsübergang in Volumenproben überein. Bei Substrattemperaturen unterhalb 150°C findet man immer noch einkristallines Wachstum in (111)-Orientierung, jedoch ohne zusätzliche chemische Ordnung. Für 30 Å dicke granulare CoPt3(111)-Filme wurde also die Temperatur, ab der eine chemische Ordnung vorhanden ist, um 400 K zu niedrigeren Temperaturen gegenüber Volumenproben verschoben.

Diese auf WSe2 auftretende starke Reduzierung der Ordnungstemperatur ist in erster Linie mit der Nanostrukturbildung und der Facettierung der Inseln verknüpft. Nanostrukturen erhalten somit eine völlig neue Funktionalität: Auftreten einer stark erhöhten Ordnungskinetik wahrscheinlich aufgrund eines großen Verhältnisses Oberfläche zu Volumen, verbunden mit einer höheren Oberflächenbeweglichkeit.

In einer Arbeit über Cu3Au(001) [Re97] wurde das temperaturabhängige Relaxations-verhalten beim Übergang von der ungeordneten Phase in die L12-Phase mittels zeitaufgelöster Röntgenbeugung untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Struktur in senkrechter Richtung zur Probenoberfläche schnell in die L12-Phase relaxiert, während die Ordnungs-bildung parallel zur Probenoberfläche relativ langsam erfolgt (τ−1 > 20 τ||−1). Dieses Verhalten kann als Ausgangspunkt einer 2D-Nukleation der L12-Phase angesehen werden.

Wie weiter unten in Abb. 5.21 gezeigt wird, sind die CoPt3-Nanostrukturen facettierte Inseln mit drei (100)-Facetten. Diese (100)-Facetten dienen in den Inseln vermutlich als Ausgangspunkt für die L12-Phase und führen während des Wachstums zur Ausbildung der langreichweitigen chemischen Ordnung in den CoPt3(111) Nanostrukturen.

Die L12-Phase besteht entlang der (001)-Richtung aus zwei verschiedenen Ebenen (vgl.

Abb. 5.1). Eine Ebene besteht nur aus Pt-Atomen und die andere Ebene enthält Pt- und Co-Atome zu jeweils 50%. Dieser Zustand wird als chemische Ordnung senkrecht zur (001)-Oberfläche bezeichnet. Entlang der (111)-Richtung besteht die L12-Phase aus Ebenen, die jeweils Co- und Pt-Atome im Verhältnis eins zu drei enthalten.

Deshalb muss die Mobilität der Co- und Pt-Atome selbst ab einer Aufdampftemperatur von 150°C in den einzelnen facettierten Nanostrukturen des granularen Filmes groß genug sein, dass sich während des Aufdampfens ein geordneter granularer Film bilden kann. Bei Aufdampftemperaturen größer als 500°C ist auch in Volumenproben die Mobilität der Co- und Pt-Atome hoch genug, um ebenfalls einen geordneten Film zu erhalten.

In Abb. 5.7 sind RHEED-Bilder eines 20Å dicken CoPt3-Filmes gezeigt, der bei Raumtemperatur auf WSe2(0001) aufgedampft wurde. Dieser Film wurde anschließend bis auf 600°C geheizt und gleichzeitig wurden RHEED-Bilder aufgenommen. Bei Raum-temperatur erhält man einen granularen Film, der keine langreichweitige chemische Ordnung (LRO) zeigt, erst bei einer Temperatur von 380°C sind schwache Beugungsreflexe zu sehen, die auf eine chemische Ordnung hindeuten. Bei 500°C sind diese Beugungsreflexe sehr deutlich zu sehen und der Ordnungsparameter ist bei dieser Temperatur maximal. Ausserdem haben die Punktreflexe eine deutlich dreieckige Form, was ein Hinweis auf facettierte Inseln ist.

T = 500°CA

chemische Ordnung

20 Å CoPt auf WSe (0001), jeweils [11 ] Azimut3 2 2

T = RTdep T = 380°CA

Beginn der chem. Ordnung

Abb. 5.7: RHEED-Bilder eines 20 Å dicken granularen CoPt3-Films, der bei Raumtemperatur auf WSe2(0001) hergestellt wurde und anschließend auf verschiedene Temperaturen geheizt wurde.

Ein bei Raumtemperatur auf WSe2 hergestellter granularer CoPt3-Film kann also durch Heizen in die L12-Phase überführt werden, wobei erst bei einer Temperatur von 500°C die chemische Ordnung in den RHEED-Bildern deutlich sichtbar ist. Dies entspricht der Tempe-ratur, ab der auch in einer Volumenprobe eine chemische Ordnung auftritt. Da aber schon bei einem 30 Å dicken granularen CoPt3-Film, der bei 200°C auf WSe2 hergestellt wurde, der chemische Ordnungsparameter sein Maximum erreicht hat (siehe Abb. 5.6), ist in dieser Probe die Mobilität der Atome während des Aufdampfprozesses schon hoch genug, um die L12-Phase zu bilden. Die Morphologie eines solchen Filmes unterscheidet sich gerade dadurch von einer Volumenprobe, dass er aus einkristallinen facettierten Inseln besteht, die durch das Volmer-Weber-Wachstum auf dem WSe2-Substrat hervorgerufen werden. Die Inselbildung während das Aufdampfens spielt also eine entscheidende Rolle.

Um den Einfluss des Substrats auf das Auftreten der L12-Phase in CoPt3-Filmen genauer zu untersuchen, wurden jeweils 30 Å dicke CoPt3 Filme auf einer Pt-Zwischenschicht hergestellt. Diese Pt-Zwischenschichten wurden auf WSe2(0001) und auf Al2O3(0001) aufgedampft. Auf Al2O3(0001) wurde bei 650°C eine 20 Å und auf WSe2(0001) bei 500°C eine 100 Å dicke Pt-Zwischenschicht aufgedampft. Man erhält in beiden Fällen einen einkristallinen glatten Pt(111)-Film (siehe Abb. 5.8). Auf dem WSe2-Substrat erhält man zusätzlich eine 4x4-Rekonstruktion, da jedes vierte Pt-Atom aufgrund der Gitterfehl-anpassung zum Substrat eine etwas erhöhte Position in der (111)-Oberfläche hat. Diese Rekonstruktion ist nur sichtbar, da der Pt-Film sehr glatt ist.

100 Å Pt auf WSe (0001) [10 ]1 2

20 Å Pt auf Al O (0001) [10 ]12 3

30 Å CoPt , [10 ], T = 300°Cdep 3

1 chem. Ordnung

30 Å CoPt , [10 ], T = 300°Cdep 3

1

Abb. 5.8: RHEED-Bilder von 30 Å CoPt3 auf einer Pt-Zwischenschicht, die auf WSe2(0001) (mit 4x4-Rekonstruktion) und auf Al2O3(0001) aufge-bracht wurde.

Diese zwei Proben wurden nun im selben Aufdampfprozess bei 300°C mit einem 30 Å dicken CoPt3-Film bedampft. In dem Fall von Al2O3(0001) als Substrat erhält man einen glatten einkristallinen CoPt3(111)-Film, der wie zu erwarten keine chemische Ordnung zeigt.

Im Fall von WSe2(0001) als Grundsubstrat erhält man einen granularen aber ebenfalls einkristallinen CoPt3(111)-Film. Dieser Film, der aus einkristallinen Nanostrukturen besteht, zeigt aber eine chemische Ordnung. Diese kann nun eindeutig auf die Formation von Inseln während des Aufdampfprozesses zurückgeführt werden, da schon nach einer Dicke von 3 Å Punktreflexe im RHEED-Bild zu sehen sind.

Es können nun die beiden folgenden Feststellungen gemacht werden:

• Der Schichthalbleiter WSe2 führt durch Volmer-Weber-Wachstum zur Inselbildung.

Diese Nanostrukturen bestehen aus einer einkristallinen CoPt3-Legierung und sind facet-tiert.

• Das Vorhandensein von facettierten Inseln führt zu einer großen Mobilität der Co- und Pt-Atome während des Aufdampfprozesses. Deshalb zeigt ein granularer CoPt3-Film aufgedampft auf WSe2 bei einer um 400 K niedrigeren Aufdampftemperatur im Vergleich zu Volumenproben eine langreichweitige chemische Ordnung.

Die bisherigen Messungen wurden alle mittels RHEED durchgeführt. In diesen Untersu-chungen zeigte sich, dass auf dem Substrat WSe2(0001) ein einkristalliner granularer Film vorliegt, der aus facettierten Inseln besteht und dass es für gewisse Aufdampftemperaturen eine langreichweitige chemische Ordnung gibt. Da RHEED eine oberflächensensitive Mess-methode ist, bei der die Elektronen nur wenige Ångström in den zu untersuchenden Film

eindringen, kann keine gesicherte Aussage über das Volumen einer Nanostruktur im granularen Film gemacht werden. Ausserdem beträgt die Kohärenzlänge der Elektronen in einem RHEED-Experiment nur wenige 100 Å. Die langreichweitige chemische Ordnung kann daher auch nur auf wenige 100 Å lateraler Ausdehnung bestimmt werden. Deshalb wurden Röntgenbeugungsexperimente durchgeführt. Diese Messungen wurden am ESRF (European Synchrotron Radiation Facility) in Grenoble an der Beamline BM02 (linear polarisierter Photonenstrahl, in unseren Messungen λ = 1,63137 Å) durchgeführt, da die Filme nur wenige Nanometer dick sind, und deswegen nur ein geringes Probenvolumen zur Verfügung steht. In diesen Messungen wurden der Gitterparameter senkrecht zur Substratoberfläche, die senk-rechte und laterale Kohärenzlänge und der chemische Ordnungsparameter der einkristallinen granularen Filme bestimmt.

Bestimmung des chemischen Ordnungsparameters der L12-Phase mittels Röntgenbeu-gung:

In der L12-Phase gibt es für zwei unterschiedliche Atome folgende verschiedene Posi-tionen im fcc-Kristallgitter: die Würfelecken und die Zentren der Würfelseitenflächen (siehe Abb. 5.1). Es gibt also N(1) = 8·1/8 = 1 Eckplätze und N(2) = 6·1/2 = 3 Seitenplätze je fcc-Einheitszelle. Man erhält somit folgende Besetzungsdichten für die zwei verschiedenen Plätze:

ν Besetzungsdichte der Eckplätze (5.2)

4 1−ν=3

=

µ Besetzungsdichte der Seitenplätze (5.3) Definiert man nur pX(i) als Besetzungswahrscheinlichkeit für Atome der Sorte X auf Platz i erhält man folgende Relationen:

pA(1) + pB(1) = 1 (5.4)

pA(2) + pB(2) = 1 (5.5)

νpA(1) + (1-ν)pA(2) = cA (5.6)

νpB(1) + (1-ν)pB(2) = cB (5.7)

Der chemische Ordnungsparameter η ist dann folgendermaßen definiert [Mic95]:

ν

Falls die Komposition der Legierung von Co25Pt75 abweicht, d.h. in der L12-Phase wäre N(1) : N(2) ≠ 1 : 3, erhält man ein ηmax < 1 für cA ≠ ν.

Zur Bestimmung des chemischen Ordnungsparameters wurde die Intensität des 113-Fundamentalreflexes der fcc-Einheitszelle und die Intensität des 112-Überstrukturreflexes der L12-Phase in Transmissionsgeometrie mittels Röntgenbeugung bestimmt. Die jeweilige Inten-sität eines Beugungsreflexes lässt sich folgendermaßen berechnen:

hkl

fi: mittlerer atomarer Streufaktor der Atomsorte i

Debye-Waller-Faktor: DB =eBsin2θhklλ2 mit B: Versetzungsfaktor (wenige Å)

µ = linearer Absorptionsfaktor der CoPt3-Legierung θ = Bragg-Winkel θhkl

φ = Winkel zwischen Substratoberfläche und der Beugungseben Lorentzfaktor:

Der Strukturfaktor berücksichtig, dass es nur für gewisse Kombinationen der h, k, l Beu-gungsreflexe gibt. Der Debye-Waller-Faktor beschreibt die Schwächung der Reflexe durch Gitterschwingungen, der Absorptionsfaktor die Schwächung des Photonenstrahls bei der Beugung an der Probe und der Lorentzfaktor berücksichtigt die unterschiedliche Durchdrin-gungslänge des Photonenstrahls zwischen den beugenden Ebenen bei verschiedenen Beu-gungswinkeln.

F112 und F113 berechnen sich folgendermaßen:

F112 = η(fCo – fPt) = η~F112

(5.11)

F113 = 4(fCocCo + fPtcPt) (5.12)

Als Formel für den chemischen Ordnungsparameter η erhält man durch Einsetzen von 5.11 und 5.12 in 5.10 und Verhältnisbildung aus I112 und I113:

Zur Berechnung des chemischen Ordnungsparameters η müssen die Intensität I112 und I113 der Beugungsreflexe bestimmt werden. Dazu werden nach Abzug des Untergrundes an die experimentellen Messkurven (Bragg- und Rockingkurven) gaußförmige Kurven ange-passt. Aus der maximalen Höhe und den jeweiligen Breiten der Gaußkurven werden die Intensitäten berechnet.

In Abb. 5.9 sind die experimentellen Messdaten für Bragg- und Rockingkurven exem-plarisch für eine am ESRF untersuchte Probe gezeigt. Die schwarze Kurve ist die gemessene Intensität, an der eine graußförmige Kurve (rot) nach Abzug eines Untergrundes (blau) angepasst wurde. Man sieht deutlich, dass die Intensität des 112-Reflexes, die durch die Überstruktur hervorgerufen wird, sehr viel kleiner als die Intensität des Fundamentalreflexes des fcc-Gitters ist.

Intensität IntensitätIntensität

Intensität

Messkurve Gausskurve Untergrund

30 Å CoPt (111) auf WSe (0001) @ 500°C3 2

Abb. 5.9: Bragg- und Rockingkurven der 113- und 112-Reflexe eines 30 Å dicken granularen CoPt3(111)-Filmes, der bei 500°C auf WSe2(0001) aufgedampft wurde.

Der Gitterparameter des gemessenen Filmes senkrecht zur Substratebene lässt sich aus dem 111-Reflex nach folgender Formel bestimmen:

d111

Anhand dieses Gitterparameters kann nach Gl. 8.1 (Anhang) auf die Komposition rück-geschlossen werden. Falls die Komposition nicht exakt Co25Pt75 ist, ergibt sich eine zu berücksichtigende Korrektur für den chemischen Ordnungsparameter.

In Tabelle 5.1 ist eine Übersicht über den chemischen Ordnungsparameter und die Komposition der untersuchten Proben gegeben. Der maximale Ordnungsparameter ηmax ist kleiner als 1, da der Co-Anteil nicht exakt bei 25 % liegt. Der effektive Ordnungsparameter ist der aus den experimentellen Daten berechnete und mit dem maximalen Ordnungsparameter gewichtete Wert.

Eine Abweichung von der exakten Komposition Co25Pt75 um wenige Prozent hat auf die chemische Ordnung jedoch fast keinen Einfluss, da es im Phasendiagramm der Co/Pt-Legie-rung (siehe Abb. 8.1, Anhang) einen relativ breiten Stabilitätsbereich der L12-Phase gibt.

Für die effektiven Ordnungsparameter ηeff ergibt sich ein Fehler von ± 0.02, wenn man eine Ungenauigkeit in der Bestimmung der jeweiligen Winkel (2θ) der Beugungsreflexe von

± 0.1° annimmt.

Substrattemperatur ηmax ηeff = ηexpmax Co-Anteil Pt-Anteil

RT - - 39 % 61 %

200°C 0,81 0,77 39 % 61 %

300°C 0,94 0,63 29 % 71 %

500°C 0,93 0,59 30 % 70 %

600°C 0,97 0,62 27 % 73 %

Tab. 5.1: Zusammenfassung des chemischen Ordnungsparameters für verschie-dene Aufdampftemperaturen und der Komposition der jeweiligen Proben mit einer jeweiligen Dicke von 30 Å.

In Abb. 5.10 werden die aus Röntgenbeugung gewonnenen Werte für den chemischen Ordnungsparameter mit den Werten aus RHEED-Messungen verglichen.

Die Werte für den chemischen Ordnungsparameter, die mittels Röntgenbeugung be-stimmt wurden, stimmen sehr gut mit den Werten aus RHEED-Messungen überein. Das bedeutet, dass das gesamte Volumen einer Nanostruktur eine langreichweitige chemische Ordnung aufweist und die Ordnung nicht nur an den Oberflächen der Facetten besteht.

Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die gesamte Nanostruktur aus einkristallinem CoPt3(111) besteht. Die RHEED-Messungen liefern, obwohl die Messmethode RHEED eigentlich nur auf wenige Atomlagen an der Oberfläche eines Filmes sensitiv ist, ein korrektes Ergebnis, da der einfallende Elektronenstrahl die Insel durchstrahlt.

Aufdampftemperatur [°C]

Abb. 5.10: Ordnungsparemater als Funktion der Aufdampftemperatur eines 30 Å dicken CoPt3-Filmes auf WSe2, der mit RHEED und Röntgenbeugung bestimmt wurde.

Aus den Reflexpositionen der 222- und 113-Reflexe der jeweiligen granularen Filme kann eine mögliche rhomboedrische Verzerrung des kubischen fcc-Gitters bestimmt werden.

Aus der 222-Reflexposition ergibt sich die Gitterkonstante chex und aus der 113-Reflex-position ein ahex eines hexagonalen Gitters, welches sich aus den 111-Ebenen eines fcc-Gitters konstruieren lässt. Aus diesen beiden Werten lässt sich die Gitterkonstante und der Winkel α der möglichen rhomboedrischen verzerrten Einheitszelle bestimmen:

222

Eine rhomboedrische Verzerrung einer fcc-Einheitszelle wird durch eine Kompression entlang der [111]-Wachstumsrichtung verursacht. Daraus ergibt sich ein Winkel αroh > 90°.

Für den Winkel αroh ergibt sich ein Fehler von ± 0.04°, wenn man eine Ungenauigkeit in der Bestimmung der jeweiligen Winkel (2θ) der Beugungsreflexe von ± 0.1° annimmt. Dieser

Fehler liegt praktisch in der Rundungsungenauigkeit beim Runden auf eine Nachkommastelle.

Substrattemperatur αroh

RT 90,9°

200°C 90,8°

300°C 90,3°

500°C 90,2°

600°C 90,1°

Tab. 5.2: Zusammenfassung der rhomboedrischen Verzerrung bei verschieden-en Aufdampftemperaturverschieden-en der 30 Å dickverschieden-en granularverschieden-en CoPt3 Filme aufgedampft auf WSe2.

Wie man Tab. 5.2 entnehmen kann, ist die Kompression entlang der [111]-Wachstums-richtung sehr gering, d.h. die Spannung in der 111-Ebene ist ebenfalls sehr klein. Die Verspannung nimmt mit einer höheren Aufdampftemperatur ab, da die Mobilität der Co- und Pt-Atome größer wird. Somit kommt es zu einer Relaxation der Einheitszelle. Eine mögliche rhomboedrische Verzerrung hat also keinen Einfluss auf das Auftreten der chemischen Ordnung bei kleineren Aufdampftemperaturen verglichen mit einer Volumenprobe.

Aus den Breiten (FWHM) der an die gemessenen Bragg- und Rockingkurven der 111-Reflexe angepassten Gaußkurven können nach Gl. 4.5 und Gl. 4.6 die Kohärenzlängen in der Filmebene (L||) und in Wachstumsrichtung (L) der granularen Filme bestimmt werden.

Für die Kohärenzlängen ergibt sich ein Fehler von ± 0.2 Å, wenn man eine Ungenauigkeit in der Bestimmung der jeweiligen Winkel (θ) der Beugungsreflexe von ± 0.1° annimmt.

Dieser Fehler liegt praktisch in der Rundungsungenauigkeit beim Runden auf volle Ångström.

Substrattemperatur L|| L

RT 84 Å 32 Å

200°C 43 Å 42 Å

300°C 26 Å 40 Å

400°C 23 Å 60 Å

500°C 57 Å 75 Å

600°C 53 Å 83 Å

Tab. 5.3: Zusammenfassung der Kohärenzlängen in der Filmebene (L//) und in Wachstumsrichtung (L) bei verschiedene Aufdampftemperaturen der 30 Å dicken granularen CoPt3 Filme aufgedampft auf WSe2.

Die Kohärenzlänge in der Filmebene müsste dem Durchmesser einer Nanostruktur und die Kohärenzlänge in Wachstumsrichtung der Filmdicke entsprechen. Die Probe, die bei Raumtemperatur hergestellt wurde, hat eine viel größere laterale Kohärenzlänge als alle anderen Proben aber gleichzeitig die geringste senkrechte Kohärenzlänge. Deshalb kann der Wert für L|| nur eine Mittelung über mehrere Nanostrukturen sein, da diese sehr dicht beieinander liegen müssen, weil die senkrechte Kohärenzlänge praktisch exakt der nominellen Filmdicke entspricht. Der Wert für L hat mehr Aussagekraft, da er mit der effektiven Film-dicke übereinstimmen muss.

In Abb. 5.11 sind zwei AFM-Bilder von jeweils 30 Å dicken granularen CoPt3-Filmen gezeigt. Die bei Raumtemperatur hergestellte Probe (Abb. 5.11a) zeigt Inseln, die einen mittleren Durchmesser von 5 nm haben. Die bei 400°C aufgedampfte Probe (Abb. 5.11b) besteht aus Inseln mit einem mittleren Durchmesser von 10 nm. Eine Analyse der Rauigkeit der AFM-Bilder (250 nm · 250 nm) ergibt eine mittlere Rauigkeit von 0,34 nm für Abb. 5.11a und 0,55 nm für Abb. 5.11b. Die höhere Rauigkeit der Probe, die bei 400°C hergestellt wurde gegenüber der Probe, die bei Raumtemperatur hergestellt wurde, stimmt überein mit der Zunahme der senkrechten Kohärenzlänge (≅ mittlere Inselhöhe). Dies bedeutet, dass bei höheren Aufdampftemperaturen die Inseln einen größeren Durchmesser haben und zusätzlich die Höhe der Inseln zunimmt. Das führt dazu, dass in Abb. 5.11b mehr Substrat sichtbar ist

In Abb. 5.11 sind zwei AFM-Bilder von jeweils 30 Å dicken granularen CoPt3-Filmen gezeigt. Die bei Raumtemperatur hergestellte Probe (Abb. 5.11a) zeigt Inseln, die einen mittleren Durchmesser von 5 nm haben. Die bei 400°C aufgedampfte Probe (Abb. 5.11b) besteht aus Inseln mit einem mittleren Durchmesser von 10 nm. Eine Analyse der Rauigkeit der AFM-Bilder (250 nm · 250 nm) ergibt eine mittlere Rauigkeit von 0,34 nm für Abb. 5.11a und 0,55 nm für Abb. 5.11b. Die höhere Rauigkeit der Probe, die bei 400°C hergestellt wurde gegenüber der Probe, die bei Raumtemperatur hergestellt wurde, stimmt überein mit der Zunahme der senkrechten Kohärenzlänge (≅ mittlere Inselhöhe). Dies bedeutet, dass bei höheren Aufdampftemperaturen die Inseln einen größeren Durchmesser haben und zusätzlich die Höhe der Inseln zunimmt. Das führt dazu, dass in Abb. 5.11b mehr Substrat sichtbar ist