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4.3 Funktion von RTP1p

4.3.2 Analyse funktioneller und struktureller Aspekte von RTP1p

4.3.2.1 Strukturelle Analyse von RTP1p

In silico Analysen mithilfe des Algorythmus TANGO (Fernandez-Escamilla et al., 2004) ergaben, dass RTP1p zwei potenzielle Domänen besitzt, welche in der Lage sind eine β-Aggregation zu induzieren. β-Aggregationen sind von entscheidender Bedeutung bei der Amyloidgenese globulärer Proteine (Linding et al., 2004; Sanchez de Groot et al., 2005).

Zahlreiche neurodegenerative Krankheiten wie z. B. Kreuzfeld-Jakob oder Alzheimer werden durch diese Art der Aggregation verursacht wobei entweder globuläre Proteine mit definierter 3D-Struktur wie z. B. Prion-Proteine (Chaudhuri und Paul, 2006) oder natürlich ungefaltete Proteine wie z. B. β-Amyloid-Peptide (Tartaglia et al., 2005) verantwortlich sind. Während bei Tier und Mensch die β-Aggregation meist pathogenen Charakter besitzt, ist die

Aggregation von Prion-Proteinen bei Pilzen nicht prinzipiell pathogen. So besitzt sie z. B.

eine Funktion bei der Differenzierung neuer Phänotypen, da sie Einfluss auf die Termination der Translation, den Stickstoff Metabolismus oder die Ausbildung des Heterokaryons nimmt (Uptain und Lindquist, 2002). Eines der am besten untersuchten pilzlichen Prion-Proteine ist das Het-s-Protein von Podospora anserina welches für die Heterokaryon-Inkompatibilität verantwortlich ist und durch Aggregation zum Absterben inkompatibler Kreuzungstypen führt (Coustou et al., 1997). Als wesentliches Strukturelement für die Infektiösität des Proteins bei inkompatiblen Kreuzungen wurde innerhalb des Proteins eine β-Strang-Loop-β-Strang Struktur identifiziert, welche für die β-Aggregation relevant ist (Ritter et al., 2005). Die in silico-Analysen von RTP1p ergaben, dass die Aggregationsdomäne I ebenfalls eine β-Strang-Loop-β-Strang Struktur aufweist, wobei die beiden β-Stränge nach Analyse durch BETApro (Cheng und Baldi, 2005) antiparallel angeordnet sind. Diese in silico-Analysen konnten durch CD-spektroskopische Analysen eines synthetischen Peptids dieser Domäne (RTP1p135-155) gestützt werden. Vergleiche mit Strukturanalysen des Fibrillen bildenden Alzheimer Amyloid-β-Fragments (Serpell et al., 2000) zeigen, dass diese auch als β-Hairpin (β-Haarnadel) bezeichnete Struktur, eine weit verbreitete Grundeinheit der β-Faltblatt-Aggregation in Amyloid-Fibrillen darstellt (Aravinda et al., 2004).

Obwohl auch ein einzelner β-Strang für eine Aggregation mit β-Strängen weiterer Moleküle ausreicht, wurde die Aggregationsdomäne II nicht weiter analysiert, da die Analysen mit TANGO zeigten, dass die Aggregationsdomäne I eine positive Korrelation mit der Protonen-konzentration aufweist, während für die Aggregationsdomäne II eine negative Korrelation errechnet wurde. Wie in der Arbeit von Kemen (2006) durch Sedimentationsversuche dargelegt, weist das gesamte Protein eine positive Korrelation zur Protonenkonzentration auf, so dass eine Aggregation des gesamten Proteins nicht auf der Aggregationsdomäne II beruhen kann. Versuche mit RTP1p135-155 bestätigen die in silico erhaltenen Daten der pH-Abhängig-keit der Aggregationsdomäne I. Je niedriger der pH gewählt wurde, desto geringer war die Konzentration an freiem, nicht sedimentierbarem Peptid (Abbildung 3-26).

Nelson et al. (2005) zeigten durch Röntgenstrukturanalysen, dass ein aus 7 Aminosäuren bestehender β-Strang in der Lage ist, hoch geordnete, amyloid-ähnliche Fibrillen aufzubauen, welche detaillierte Strukturanalysen ermöglichten. Sie konnten so zeigen, dass die von Sunde und Blake (1997) als cross-β-Strukturen bezeichneten Aggregate, zum Einen über die Verknüpfung der Rückrad-Wasserstoffbrücken (C=O H-N) gebildet werden, zum Anderen auf der Interaktion der Seitenketten beruhen. Über die Rückrad-Wasserstoffbrücken lagern sich zwei β-Stränge zusammen, welche über ihre Seitenketten reisverschlussartig mit den

Seitenketten gleicher β-Stränge interagieren. Sind die Seitenketten so angeordnet, dass dies möglich ist, so spricht man auch von einem „steric zipper“ (Nelson und Eisenberg, 2006).

Während der „steric zipper“ des Hefe-Prion-Proteins Sup35p hydrophile Seitenketten auf-weist, weist die potenzielle Aggregationsdomäne des Maus PrPSc (Norstrom und Mastrianni, 2005), wie die potenziellen Aggregationsdomänen von RTP1p, hydrophobe Seitenketten auf.

In diesem Zusammenhang wurde von Ross et al. (2005) gezeigt, dass die Funktionalität der Aggregationsdomäne nur als Summe aller enthaltenen Aminosäuren gesehen werden kann, da die Primärsequenzreihenfolge keinen Effekt auf die Aggregationsfähigkeit besitzt, wohl aber die Länge der zur Aggregation befähigten Domäne. Es ist daher schwer auf Sequenzebene zu beurteilen, wie stabil die Aggregate von RTP1p im Vergleich zu den bisher bekannten aggregierender Proteine sind.

Obwohl bereits in verschiedenen Arbeiten die Bedeutung von intra- und intermolekularen Disulfidbrücken beschrieben wurde (Bosques und Imperiali, 2003; Lee und Eisenberg, 2003), ist RTP1p das einzige bisher beschriebene Protein, welches unmittelbar in der Aggregations-domäne ein Cystein besitzt. Ein so positioniertes Cystein könnte in der Lage sein, inter-molekulare Disulfidbrücken auszubilden, welche unmittelbar in die Aggregation involviert sind. Experimente mithilfe des synthetischen Peptids der Aggregationsdomäne RTP1p135-155

zeigten jedoch (Abbildung 3-26), dass die Anwendung von DTT nur einen geringen Einfluss auf die kritische Konzentration der Aggregation aufweist, die ein Maß für die Aggregations-fähigkeit eines Proteins unter bestimmten Bedingungen ist (Harper und Lansbury, 1997).

Somit scheint dieses Cystein nur eine untergeordnete Rolle bei der Stabilisierung von Aggregaten zu spielen.

Auffällig ist insbesondere in der Aggregationsdomäne I von RTP1p der hohe Anteil an Aromaten. Für Aromaten in Aggregationsdomänen wurde gezeigt, dass sie zum Einen für die thermodynamische Stabilität in Aggregaten durch π-π-Stapelung verantwortlich sind (Makin et al., 2005), zum Anderen, dass sie bei der Ordnung und Ausrichtung der Monomere bei der Aggregation wichtig sind (Gsponer et al., 2003).

Zusätzlich zu den Aromaten in den antiparallel angeordneten β-Strängen, konnte ein Tyrosin im Loop der β-Hairpin-Struktur identifiziert werden. Neben seiner potenziellen Bedeutung bei der Aggregation, wurde für Alzheimer, Prion und HIV-1-Proteine ein solches Motiv als Sphingolipid-Bindedomäne beschrieben (Mahfoud et al., 2002), wie dies bereits bei der Aufnahme über den retrograden Weg diskutiert wurde (siehe 4.1.4). Die Bindung erfolgt direkt zwischen den π-Elektronen des exponiert stehenden aromatischen Rings der Amino-säure und den aliphatischen Protonen des Zuckers, welche eine positive Partialladung tragen

(Fantini, 2003). Dass diese Bindung einen wesentlichen Einfluss auf die Aggregations-fähigkeit von Prionen ausübt, wurde an PrPC exprimierenden Maus-Neuroblastoma N2a Zellen gezeigt (Naslavsky et al., 1999). Durch Inhibition der Sphingolipid-Biosynthese kam es hier zu einer 3 bis 4 mal höheren Konformationsänderung von PrPC in PrPSc und somit zu einer Aggregation des Proteins, verglichen mit nicht inhibierten Zellen. Ein Hinweis darauf, dass diese Domäne auch in RTP1p135-155 funktionell ist, liefert die Beobachtung, dass nach Zugabe von Galaktose, einem häufig vorkommenden endständigen Zucker der Sphingolipide (Fantini, 2003), die kritische Konzentration der Aggregation um ca 1/3 erhöht wird. Dies könnte bedeuten, dass eine Bindung der Galaktose an das im Loop befindliche Tyrosin, die Aggregationsfähigkeit von RTP1p reduziert.

Um die postulierte Konfiguration der Aggregationsdomäne und insbesondere der Glykolipid-Bindedomäne zu verifizieren, sind NMR- oder Röntgenstruktur-Analysen die Methoden der Wahl. Um jedoch die Spezifität und Funktionalität der Glykolipid-Bindedomäne, wie von Mahfoud et al. (2002) durchgeführt weiter zu analysieren, bietet sich sowohl für RTP1p135-155

als auch für ΠRTP1p eine Messung der Bindung an Matrix gekoppelte Glykolipide, mithilfe eines Mikrotensiometers an.

Gezielte Aminosäureaustausche in RTP1p135-155 oder auch ΠRTP1p könnten dann bei der Identifikation essenzieller Seitenketten helfen und so eine Funktionszuordnung ermöglichen.

4.3.2.2 Funktionelle Aspekte der Aggregationsdomäne für das gesamte RTP1p