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Strukturanalyse und Visualisierung der Prozeßkomponente von

Im Dokument Zufriedenheit mit Dienstleistungen (Seite 125-130)

B. Konzeptionelle Grundlagen zur Analyse der Kunden-

3. Ansätze zur prozeßorientierten Strukturanalyse und Messung von

3.1 Strukturanalyse und Visualisierung der Prozeßkomponente von

Informationen über den vom Kunden typischerweise erlebten Dienstleistungs-prozeß können z.B. auf Basis von Beobachtungen, Einzelinterviews oder Grup-pendiskussionen mit den Konsumenten der Dienstleistung gewonnen werden.222 Zur Umsetzung der aus solchen Erhebungen gewonnenen Informationen in eine systematische Darstellung des Dienstleistungsprozesses lassen sich unterschied-liche Verfahren einsetzen. Diese Verfahren teilen dabei die Gemeinsamkeit, Varianten von Ablaufdiagrammen oder auch sog. Flow Charts darzustellen.

221 Vgl. Gronroos, Ch., Toward a Third Phase in Service Quality Research: Challenges and Future Directions, a.a.O., S. 60.

222 Vgl. Bateson, J.E.G., Managing Services Marketing: Text and Readings, a.a.O., S. 214;

Botschen, G., Bstieler, L., Woodside, AG., Sequence-Oriented Problem ldentification within Service Encounters, in: Manuskript, Januar 1993, S. 13.

SHOSTACK entwickelte Mitte der achtziger Jahre mit dem Instrument des Blue-printing ein erstes Verfahren zur Planung und Kontrolle von Dienstleistungen, dessen zentraler Gegenstand die systematische Erfassung und Darstellung des Dienstleistungsproduktions- und nutzungsprozesses ist.223 Das Verfahren stellt eine Weiterentwicklung der aus dem Einzelhandelsbereich bekannten Kunden-laufstudien dar, welche bereits wichtige Hinweise über die räumlichen und zeit-lichen Nutzungsprofilverläufe von Dienstleistungskunden bereitstellen können, jedoch primär durch einen empirischen (quantitativen) Charakter geprägt sind.224 Das Ziel der Blueprinting Methode besteht dagegen eher in einer (möglichst) voll-ständigen und systematischen Erfassung der Kundenkontaktsituation und der hiermit verbundenen Prozesse. Zu diesem Zweck erfolgt eine Zerlegung des Dienstleistungsprozesses in Teilphasen, die wiederum weitere Teilprozesse bein-halten können. Die ermittelten Prozeßphasen und die hiermit verbundenen Schnittstellen werden in einem graphischen Ablaufdiagramm visualisiert. Eine ,,Line of Visibility" markiert in einem solchem Diagramm den für den Kunden sicht-baren Bereich der Dienstleistungserstellung und damit den Ausschnitt des Pro-duktionsprozesses, den er seinem Zufriedenheitsurteil zugrunde legt. In dieser grundlegenden Vorgehensweise wird die inhaltliche Nähe zum dargestellten ,,Service Script Konzept" deutlich, das ebenfalls auf eine Abfolge erlebter Dienst-leistungssequenzen bei der Bildung des Zufriedenheitsurteils abstellt.

Es liegt im Ermessen des Forschers, wie detailliert ein solcher Blueprint im kon-kreten Anwendungsfall ausgestaltet wird. Skeptiker bezweifeln die Möglichkeit, einen Dienstleistungsprozeß in all seinen Schattierungen abbilden zu können.225 Dieses Argument wird jedoch der Idee des Blueprinting nicht gerecht. Vielmehr gilt es, sich vor dem Hintergrund der Zielsetzung einer Untersuchung auf einen bestimmten Differenzierungsgrad bei der Darstellung der einzelnen Episoden der Dienstleistung zu beschränken. Soll die mit einer vollständigen Transaktion ver-bundene Kundenzufriedenheit ermittelt werden, empfiehlt es sich, zunächst ein

223 Vgl. Shostack, G.L., Designing Services that Deliver, in: HBR, Vol. 62, January/February, 1984, S. 133 ff.; Shostack, G.L., How to Design a Service, in: EJoM, Vol. 18, No. 1, 1984, S. 54 ff.; Shostack, G.L., Service Positioning through Structural Change, in: JoM, Vol. 51, January, 1987, S. 35 ff.

224 Zu der Eignung von Kundenlauf-Beobachtungen bzw. Passagierstromanalysen im Kontext von Verkehrsdienstleistungen vgl. Birkelbach, R., Qualitätsmanagement in Dienstleistungscentern:

Konzeption und typenspezifische Ausgestaltung unter besonderer Berücksichtigung von Verkehrsflughäfen, a.a.O., S. 91 f.

225 Zu einer Aufzählung entsprechender Autoren vgl. Westerbarkey, P., Methoden zur Messung und Beeinflussung der Dienstleistungsqualität: Feedback- und Anreizsysteme in Beherber-gungsunternehmen, a.a.O., S. 50.

globales Blueprint für den gesamten Prozeß zu entwerfen und dieses dann suk-zessiv dem Untersuchungszweck gemäß in seine Bestandteile zu zerlegen. Sind einzelne Ausschnitte des Dienstleistungsprozesses von besonderem Interesse, kann eine entsprechend vertiefte Darstellung der Dienstleistungselemente vorge-nommen werden. Der Untersuchungszweck determiniert damit die Detailgenauig-keit der Darstellung.226

In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, daß die primäre Zielsetzung von SH0STACK in einer Analyse und Visualisierung des Unternehmensprozesses besteht. Die Analyse des Dienstleistungsprozesses erfolgt vornehmlich aus der Unternehmensperspektive und hat in erster Linie den Zweck, produktionsbedingte Ursachen für Leistungsmängel offenzulegen.227 Das Verfahren des Blueprinting erscheint daher für die interne Problementdeckung besonders geeignet, da es eine instrumentelle Hilfe darstellt, den komplexen Charakter von Dienstleistungen zu strukturieren und für interne Planungszwecke in Form graphischer Darstel-lungen zu kommunizieren.

Einen Perspektivenwechsel erfuhr das Konzept des Blueprinting durch KINGMAN-BRUNDAGE und GUMMESS0N. In dem von diesen Autoren entwickelten Instrument des Service Mapping ist der Kundenprozeß Ausgangspunkt der Überlegungen.228 Zentraler Bestandteil einer solchen „Dienstleistungskarte" ist der Kundenpfad, der die chronologische Abfolge der Interaktionen des Kunden mit dem Dienst-leistungsangebot umfaßt und horizontal in einem entsprechenden Abfluß-diagramm abgetragen wird. Auch hier trennt eine „Line of Visibility" den für den Kunden sichtbaren Teil des Dienstleistungserstellungsprozesses von dem für ihn unsichtbaren Teil. Die hierbei entstehenden Bereiche des Front-Office (,,Onstage Actions") und Back-Office (,,Backstage") werden im Rahmen des Service Mapping um weitere vertikale Schichten ergänzt, um die Beziehungen zum System der

226 Vgl. Stauss, B., Kundenprozeßorientiertes Qualitätsmanagement im Dienstleistungsbereich, a.a.O., S. 32.

227 Vgl. Stauss, B., Seidel, W., Prozessuale Zufriedenheitsermittlung und Zufriedenheitsdynamik bei Dienstleistungen, a.a.O., S. 189; Bateson, J.E.G., Managing Services Marketing: Text and Readings, a.a.O., S. 214.

228 Vgl. Kingman-Brundage, J., The ABC's of Service System Blueprinting, in: Designing a Win-ning Service Strategy, Bitner, M.J., Crosby, L.A. (Hrsg.), Chicago 1989, S. 30 ff.; Kingman-Brundage, J., Service Mapping: Gaining a Concrete Perspective on Service System Design, in:

QUiS 3: Quality in Services Conference - Proceedings, Scheuing, E.E. et al. (Hrsg.), New York 1994, S. 235 ff.; Gummesson, E., Kingman-Brundage, J., Service Design and Quality: Applying Service Blueprinting and Service Mapping to Railroad Services, a.a.O., S. 105 ff.

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Abb. 16: Vereinfachte Service Map am Beispiel einer Flugreise

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Leistungserstellung zu verdeutlichen. In Abbildung 16 ist ein Ausschnitt einer solchen Service Map für eine Flugreise dargestellt. Diese wurde bewußt einfach gehalten, um die Übersichtlichkeit der dargestellten Prozesse möglichst wenig zu beeinträchtigen. 229

Die „Line of External lnteraction" unterscheidet in einem solchen Ablaufdiagramm die allein vom Dienstleistungskunden durchgeführten Tätigkeiten von den Inter-aktionen, die mit dem Kundenkontaktpersonal stattfinden. Dagegen trennt die ,,Line of Interna! lnteraction" die unterschiedlichen Interaktionen von Kunden-kontakt- und Back-Office-Personal und Geschäftsleitung. Darüber hinaus besteht

229 Neben den dargestellten Dienstleistungselementen sind auch die eingezeichneten Verbin-dungslinien von besonderer Bedeutung. Aus ihnen lassen sich wertvolle Hinweise auf etwaige Schnittstellenprobleme gewinnen. Dabei gilt es zu beachten, daß verschiedene Prozeß-elemente optional durchlaufen werden. Eine genaue Analyse des Kundenpfades im konkreten Anwendungsfall kann zu einer weitaus komplexeren Darstellung des mit der Nutzung einer Dienstleistung verbundenen Prozesses als in der obigen Abbildung führen. So stellt Shostack im Hinblick auf ein Blueprint für den Scheckverkehr im Privatkundengeschäft von Kredit-instituten fest, daß .,lt is a large and complex system that in fully-detailed diagrammatic form would occupy more than one wall of a very large room." Shostack, G.L., Understanding Ser-vices Through Blueprinting, in: Advances in Service Marketing and Management: Research and Practice, Swartz, T.A., Bowen, D.E., Brown, St.W. (Hrsg.), Greenwich, London 1992, S. 80.

schließlich die Möglichkeit, eine „Line of Implementation" zu berücksichtigen, die zwischen Planungs- und Organisationstätigkeiten der Unternehmensleitung und operativen Tätigkeiten unterstützender Funktionsbereiche differenziert. Die Auto-ren betonen mit einer solchen Sichtweise des Dienstleistungsprozesses die hohe Interdependenz einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Prozesse, aus deren Zusammenspiel sich die Qualität einer Dienstleistung ergibt.

Eine Erweiterung erfährt das Konzept des Service Mapping durch BITNER.230 Die Wichtigkeit des physischen Umfeldes bei der Wahrnehmung einer Dienstleistung betonend, ergänzt die Autorin die „Service Map" um Angaben über Aspekte des physischen Umfeldes, mit denen der Dienstleistungskunde während des Nut-zungsprozesses an den verschiedenen Kontaktpunkten in Berührung kommt.

Diese werden oberhalb des Kundenpfades in das Ablaufdiagramm entsprechend eingetragen (vgl. Abbildung 16). Wie in den bisherigen Ausführungen deutlich wurde, erscheint es gerade im Kontext von Verkehrsdienstleistungen angezeigt, auch die vor und nach dem direkten Kontakt mit dem Verkehrsdienstleister durch den Kunden erbrachten Teilprozesse (z.B. Informationsbeschaffung, An- und Abreise zur bzw. von der Transportlokation etc.) in einer solchen Darstellung zu berücksichtigen. Nur so können alle etwaig zufriedenheitsrelevanten Aspekte des Nutzungsprozesses adäquat erfaßt werden.

Blueprints bzw. Service Maps sind ein geeignetes Instrument zur Visualisierung des Prozeßcharakters von Dienstleistungen. So hat sich ihr Einsatz bei der Erfas-sung, Planung, Steuerung und Kontrolle z.T. sehr unterschiedlicher Dienst-leistungen wie Tankstellen, Speditionen, Hotels oder Krankenhäuser bewährt.231 Auch im Kontext von Verkehrsdienstleistungen finden diese Verfahren inzwischen vereinzelt Anwendung.232 Über die Funktion der Ermittlung und Visualisierung von

230 Vgl. Bitner, M.J., Managing the Evidence of Service, in: The Service Quality Handbook, Scheuing, E.E., Christopher, W.F. (Hrsg.), New York u.a. 1993, S. 358 ff.

231 Vgl. Stauss, B., "Augenblicke der Wahrheit'' in der Dienstleistungserstellung, a.a.O., S. 386;

Mangold, W.G., Babakus, E., Service Quality. The Front-Stage vs. the Back-Stage Per-spective, in: JoSM, Vol. 5, No. 4, 1991, S. 59 ff. Westerbarkey, P., Methoden zur Messung und Beeinflussung der Dienstleistungsqualität: Feedback- und Anreizsysteme in Beherber-gungsunternehmen, a.a.O., S. 49 ff. Zu einer differenzierten Darstellung der Einsatzmöglich-keiten der Blueprinting Technik im Finanzdienstleistungsbereich vgl. Schmitz, G., Qualitäts-management im Privatkundengeschäft von Banken: Konzeption und aufbauorganisatorische Verankerung, a.a.O., S. 118 ff.

232 Vgl. Birkelbach, R., Qualitätsmanagement in Dienstleistungscentern: Konzeption und typen-spezifische Ausgestaltung unter besonderer Berücksichtigung von Verkehrsflughäfen, a.a.O., S. 93 f.; Laakmann, K., Value-Added Services als Profilierungsinstrument im Wettbewerb:

Analyse, Generierung und Bewertung, a.a.O., S. 143 ff.; Gummesson, E., Kingman-Brundage, (Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)

Kontaktpunkten hinaus stellen Blueprints bzw. Service Maps die Basis für den Einsatz bestimmter Meßmethoden der Kundenzufriedenheit dar. Dabei gilt es zu beachten, daß mit dem Einsatz dieser Techniken zeit- und kostenintensive Erhe-bungen verbunden sind.233

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