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Strategiebaustein „Erhöhung der Effizienz der Flächennutzung“

Im Dokument 38/2018 (Seite 117-120)

6 Aktionsplan Flächensparen – strategische Bausteine

6.3 Strategiebaustein „Erhöhung der Effizienz der Flächennutzung“

forderlich ist, sind aus naturschutzfachlicher Sicht Einwände zu erwarten, die sich auf die zumindest teilweise notwendige Abkehr von der bislang vorwiegenden Praxis der Sicherung und Entwicklung von Flächen mit hoher Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz beziehen. Klärungsbedürftig sind die planerische oder sonstige Sicherung als Freiflächen bzw. Flächen für den Naturschutz sowie Fra­

gen einer möglichen Offenheit und Flexibilität des Renaturierungsprozesses. Zudem ist eine sinnvolle Kopplung renaturierungsbezogener Finanzierungsinstrumente mit bestehenden Instrumenten für einen Rückbau von Gebäuden und Anlagen anzustreben.

Bisher gibt es keine gesetzlichen Grundlagen bzw. Förderprogramme für eine qualifizierte Renaturie­

rung vormals bebauter Flächen. Gleiches gilt für Weiße Zertifikate, die im Zusammenhang mit handel­

baren Flächenzertifikaten eingeführt werden sollen, für die Baulandausweisungsabgabe oder einen ökologisierten kommunalen Finanzausgleich.

Ob und wie sich diese Instrumente in das bestehende Planungssystem integrieren lassen, ist abhängig von ihrer Ausgestaltung. Einen möglichen Anknüpfungspunkt bietet die naturschutzfachliche Ein­

griffsregelung. Eine Anschlussfähigkeit an den Flächenzertifikatehandel bieten die Weißen Zertifikate.

Eigens für eine qualifizierte Renaturierung vormals bebauter Flächen eingesetzte Finanzierungsin­

strumente sind ein wichtiger Baustein zur Erreichung der flächenpolitischen Mengenziele. Mit Blick auf den notwendigen gesetzlichen Rahmen sind sie jedoch recht voraussetzungsvoll. Empfohlen wird, Finanzierungsinstrumente für eine Renaturierung vormals baulich genutzter Flächen zu entwickeln und einzusetzen.

positiv (+) neutral (o) negativ (-)

 Reduzierung ☒ ☐ ☐

 Mobilisierung ☒ ☐ ☐

 Effizienz ☐ ☒ ☐

 Gesetzlicher Rahmen ☐ ☒ ☐

 Umsetzungsbedingungen ☐ ☒ ☐

 Stand der Praxisanwendung ☐ ☒ ☐

Anschlussfähigkeit an das bestehende Planungs­

 ☐ ☒ ☐

system

 Anschlussfähigkeit an den Flächenzertifikatehandel ☐ ☒ ☐

6.3 Strategiebaustein „Erhöhung der Effizienz der Flächennutzung“

In Städten und Gemeinden mit großer Flächennachfrage, insbesondere in stark wachsenden Groß- und Mittelstädten, wirken Marktkräfte, Nachfrage und kommunale Akteure in der Regel bereits auf eine hohe Ausnutzung der Flächen und damit auch der vorhandenen Infrastrukturen. Aber auch in Kom­

munen mit weniger wirksamen Marktkräften lässt sich die Effizienz der Flächennutzung steigern, wenn gleichzeitig die Neuinanspruchnahme von Flächen begrenzt wird. Angemessen hohe bzw. maß­

volle bauliche Dichten im Neubau und die Ausschöpfung von Nachverdichtungspotenzialen im bauli­

chen Bestand bieten – auch in kleineren Städten und ländlichen Gemeinden – die Chance für die An­

siedlung von Betrieben, die Schaffung von Wohnraum, die Entwicklung nutzungsgemischter Struktu­

ren und eine hohe Wohn- und Lebensqualität in Quartieren mit kurzen Wegen. Die „doppelte Innen­

entwicklung“, d.h. die Qualifizierung und Erweiterung von Grün- und Freiflächen, der Erhalt von Frischluftbahnen oder von mikroklimatisch wirksamem Grün sollte nicht als Grenze der Nachverdich­

tung, sondern als ihre Voraussetzung diskutiert werden.

Der Instrumentenkasten der Kommunen ist in diesem Strategiebaustein prinzipiell gut gefüllt, vor allem durch die vorhandenen Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen (vgl. Kap. 4.1.5.1.).

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Einen wichtigen Ansatzpunkt zur Nachjustierung bietet insbesondere die Reform der Grundsteuer B.

Darüber hinaus lassen aber auch Instrumente, die den beiden ersten Strategiebausteinen zugeordnet wurden, eine Steigerung der Effizienz der Flächennutzung erwarten – etwa die Kontingentierung der Flächenneuinanspruchnahme (vgl. Kap. 6.1.1.).

6.3.1 Reform der Grundsteuer B – Weiterentwicklung zu einer Bodenwertsteuer

Die Grundsteuer B in ihrer bisherigen Form ist eine Realsteuer, die sich auf die Beschaffenheit und den Wert eines Grundstücks und der vorhandenen Bebauung bezieht (Difu 2007, S. 37). Die bisherige Aus­

gestaltung der Grundsteuer begünstigt flächenzehrende Siedlungsformen, da bei Ein- und Zweifamili­

enhäusern Grundstücksflächen bis zur Größe von 1.500 qm nicht in die Bewertung einbezogen wer­

den und auch die Steuermesszahlen niedriger sind (Deutscher Bundestag 2007, S. 86). Die Grundsteu­

er B in ihrer jetzigen Ausgestaltung konterkariert damit die flächenpolitischen Ziele. Ihr Gesamtvolu­

men beläuft sich (2015) auf 12,8 Mrd. Euro pro Jahr.

Die politische Debatte um die Reformbedürftigkeit der Grundsteuer – angestoßen durch eine Ent­

scheidung des Bundesfinanzhofs – macht sich vor allem an den veralteten Einheitswerten fest. In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Reformvorschläge diskutiert (Deutscher Bundestag 2007, S.

87; IW 2014; Henger, Schaefer 2016):

Verkehrswertmodell: Berechnung der Grundsteuer nach dem Verkehrswert einer Immobilie.

Mit diesem Modell ist ein hoher Verwaltungsaufwand (Immobilienbewertung) verbunden. Zu­

dem belastet das Verkehrswertmodell Grundstücke in zentralen Lagen mit hohen Immobilien­

preisen.

Wertunabhängiges Modell: Grundsteuerberechnung auf Grundlage der Fläche und der Ge­

schosszahl eines Gebäudes. Kennzeichnend ist der geringe Verwaltungsaufwand, allerdings gibt es keine Anreize zur effizienten Bodennutzung, da die Größe des Grundstücks, auf dem sich die Immobilie befindet, unberücksichtigt bleibt.

Gebäudewertunabhängiges Kombinationsmodell: Die Grundsteuerberechnung basiert auf der Bruttogrundfläche des Gebäudes sowie dem Bodenwert des zu besteuernden Grundstücks. Da Bodenrichtwerte flächendeckend vorliegen (Gutachterausschüsse), ist das Verfahren einfach durchzuführen. Einfamilienhäuser in besseren Lagen werden deutlich stärker belastet als im wertunabhängigen Modell.

Bodenwertmodell („Bodenwertsteuer“): Nur der Bodenwert eines Grundstücks wird zur Steu­

erberechnung herangezogen – und zwar unabhängig davon, ob es bebaut ist oder nicht. Größe­

re und teurere Grundstücke werden somit stärker besteuert als kleinere und günstigere. Be­

baute Grundstücke werden entlastet, unbebaute Grundstücke belastet. In die Variante „Flä­

chensteuer“ geht nur die Grundstücksgröße in die Berechnung ein.

Im Juni 2016 haben die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder mehrheitlich beschlos­

sen, eine Bundesratsinitiative für eine bundesweite Neubewertung aller bebauten und bebaubaren Grundstücke zu starten. Diese soll im Jahr 2023 beginnen und ab dann regelmäßig aktualisiert werden.

Ab ca. 2027 sollen diese Neubewertungen zur Neufestsetzung der Grundsteuer herangezogen werden.

In die Bewertung der Gebäude sollen die Herstellungskosten, die Gebäudeart und das Baujahr einflie­

ßen (vgl. BR-Drs. 515/16 in Verbindung mit 514/16). Der vom Bundesrat im Herbst 2016 hierzu be­

schlossene Gesetzentwurf zur Änderung des Bewertungsgesetzes und des Grundgesetzes (als erste Stufe der Grundsteuerreform) liegt dem Bundestag seit Dezember 2016 vor. Damit wird ein Ver­

kehrswertmodell favorisiert, das in Bezug auf das Flächensparen verschiedene kontraproduktive Wir­

kungen entfalten würde wie die Erhöhung der Steuerlast nach Maßnahmen für eine effizientere Grundstücksausnutzung sowie eine Nicht- bzw. Geringbelastung erschlossener, aber unbebauter und teilbebauter Grundstücken bzw. leerstehender Immobilien.

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Fazit

Da deutliche Auswirkungen auf die Flächeneffizienz nur von einer reformierten Grundsteuer B mit rein flächenbezogener Lenkungswirkung (Bodenwert- bzw. Bodensteuer) oder von einem Modell, das sowohl Bodenwert als auch beanspruchte Fläche berücksichtigt, ausgehen, beziehen sich die folgen­

den Bewertungen nur auf diese Modelle. Von einer reformierten Grundsteuer B, die den aktuellen Be­

schlüssen des Bundesrats folgt, sind in Bezug auf das Flächensparen keine positiven lenkenden Effekte zu erwarten.

Der Bodenwert- bzw. Bodensteuer liegt eine gebäudeunabhängige Berechnung zugrunde, so dass ein Anreiz für eine hohe Grundstücksausnutzung geschaffen werden kann. Einfamilienhäuser und unbe­

baute Grundstücke würden deutlich stärker belastet als bisher. Beide Verfahren sind einfach durchzu­

führen, weil Flächenangaben vorliegen und Bodenrichtwerte flächendeckend verfügbar sind (Gut­

achterausschüsse). Im kombinierten Verfahren werden Grundstücke in besseren Lagen höher besteu­

ert. Im rein flächenbezogenen Modell verschiebt sich das Steueraufkommen stark zu Lasten periphe­

rer Regionen, in denen flächenzehrende Bauweisen vorherrschen und die Flächenneuinanspruchnah­

me besonders hoch ist. Allerdings müsste eine Lösung für die inflationsbedingte Erosion des Aufkom­

mens gefunden werden. Unabhängig vom Reformmodell sind – vor allem bei einer Erhöhung des Ge­

samtvolumens – positive Wirkung auf eine effektive Flächennutzung und die Mobilisierung von unbe­

bauten Grundstücken zu erwarten. Bei Aufkommensneutralität verfügen alle Reformmodelle grund­

sätzlich über geringe Lenkungswirkungen.

Die Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer B liegt beim Bund. Die Kommunen verfügen über ein Hebesatzrecht zur Ausgestaltung der Höhe der Besteuerung. Zu den meisten Reformmodellen lie­

gen Studien bzw. Referenzbeispiele aus dem europäischen Ausland vor (vgl. IW 2014). Ungeklärt ist der Umgang mit dem Zielkonflikt zwischen der Administrierbarkeit (z.B. über pauschalisierte Wertan­

sätze) und der Verfassungsfestigkeit einer zu groben Pauschalisierung (Deutscher Städtetag 2014).

Zum jetzigen Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass eine reformierte Grundsteuer mit flächenbezoge­

ner Lenkungswirkung nicht anwendungsreif ist.

Eine reformierte Grundsteuer, die die Kosten der Flächenneuinanspruchnahme erhöht, ist mit den handelbaren Flächenzertifikaten vereinbar, sie unterstützt deren Lenkungswirkung.

Die Grundsteuer B kann dann als geeignetes Instrument für das Flächensparen angesehen werden, wenn als Ergebnis einer nicht aufkommensneutralen Reform der Grundsteuer B eine kombinierte Bo­

denwert- und Flächensteuer bzw. Bodenwertsteuer eingeführt wird. Der laufende Aushandlungspro­

zess sollte deshalb genutzt werden, um Ziele des Flächensparens im Sinne eines fiskalischen An­

reizsystems zu implementieren.

positiv (+) neutral (o) negativ (-)

 Reduzierung ☐ ☒ ☐

 Mobilisierung ☒ ☐ ☐

 Effizienz ☒ ☐ ☐

 Gesetzlicher Rahmen ☐ ☐ ☒

 Umsetzungsbedingungen ☐ ☐ ☒

 Stand der Praxisanwendung ☐ ☐ ☒

Anschlussfähigkeit an das bestehende Planungs­

 ☒ ☐ ☐

system

 Anschlussfähigkeit an den Flächenzertifikatehandel ☐ ☒ ☐

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Im Dokument 38/2018 (Seite 117-120)