• Keine Ergebnisse gefunden

Stellenwert der Bodenfunktion „Schadstoffsenke“ im Rahmen des Boden- Boden-schutzes in der räumlichen Planung

1.1 Inhalt der Funktion

Vorangestellt sei, daß diese Funktion meistens als „stoffliche Regelungsfunktion“ oder ähn-lich lautend angesprochen wird. In der folgenden Diskussion wird daher auch dieser Begriff verwendet.

Unter den Gefährdungen des Bodens, die einen Bodenschutz erforderlich machen, steht an erster Stelle die fortschreitende Überformung und Versiegelung der Böden durch die Nut-zung als Siedlungs-, Industrie-, Gewerbe-, Verkehrs- und Freizeitfläche. Als weitere nach-teilige Einwirkungen sind Schadstoffeinträge aus unterschiedlichen Quellen, Verdichtungen und Bodenerosion anzuführen (vgl. UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG 1994; CORDSEN 1990).

Das Ziel des Bodenschutzes wird allgemein mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Bo-denfunktionen formuliert. Hierzu müssen an erster Stelle die relevanten BoBo-denfunktionen, anhand derer eine Quantifizierung des Schutzguts Boden vorgenommen werden kann, defi-niert und voneinander abgegrenzt werden. Bodenschutz hat somit keinen ideellen Charakter, sondern ist funktionsbezogen.

Im Bundes-Bodenschutzgesetz (BUNDESGESETZGEBER 1998) sowie in allen weiteren Konzepten und Veröffentlichungen zum Schutz von „intakten“ bzw. nicht kontaminierten Bö-den wird als natürliche BoBö-denfunktion die Regelungsfunktion im Stoffkreislauf aufgeführt. Der Boden wird im BBodSchG zu diesem Punkt definiert als „Abbau-, Ausgleichs- und Auf-baumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwand-lungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers“.

In einigen Konzepten wird der Begriff der Regelungsfunktion erweitert und faßt die Filter- und Puffereigenschaften mit der Regulation des Wasserhaushalts, dem Wasserrückhalte-vermögen, unter der Hauptfunktion „Regelung“ zusammen (ARNOLD 1996, ARGUMENT GmbH 1995, ÖKOTEC 1995). Im Gutachten von ARGUMENT (1995), ähnlich in ÖKOTEC (1995), wird in Anlehnung an den Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU 1985) mit einer sehr extensiven Begriffsbestimmung der Regelungsfunktion gearbeitet. Es sind hierin unter anderem alle „Stoff- und Energieflüsse im Ökosystem“, gegliedert in eine physi-kalisch-mechanische und eine chemisch-biologische Teilfunktion, enthalten. Die so ausge-stattete Regelungsfunktion besitzt größte Komplexität und dadurch eine „zentrale öksy-

stemare Bedeutung, die die anderen Funktionen maßgeblich mit beeinflußt“ (ARGUMENT 1995: 10).

Die Definition im BBodSchG ist deckungsgleich mit der bodenkundlichen Begriffsbestim-mung, in welcher dem Boden die Funktion des Filters, Puffers und Transformators zuge-ordnet wird (BLUME 1990: 96). Hierin wird die Fähigkeit des Bodens charakterisiert, im Bo-denwasser suspendierte oder gelöste Stoffe zu filtern. Diese werden durch die Filterung der Einwirkung auf Bodenorganismen und Pflanzenwurzeln, der Aufnahme durch Pflanzenwur-zeln sowie des Transports in das Grundwasser und in Oberflächengewässer entzogen. Die Filterung wird nach ihrer Wirkungsweise unterschieden in Filterung, Pufferung und Trans-formation. Unter Filterung wird die rein mechanische Rückhaltung im Porensystem des Bo-dens verstanden. Die Pufferung beschreibt die Adsorption aufgrund der physikochemischen Eigenschaften der Bodenkolloide, die chemische Fällung, bei der gering wasserlösliche Ver-bindungen entstehen sowie die Neutralisation von Säuren nach der Reaktion mit bo-deneigenen Stoffen. Bei der Transformation erfolgt ein biologischer Um- oder Abbau der Substanzen, die danach meistens keine Schadstoffwirkung mehr besitzen.

Die beschriebenen Filtereigenschaften der Böden können auch zusammengefaßt als Ge-samtfilterwirkung definiert werden (AG BODEN 1994). Hierdurch kann die Handhabung der Regelungsfunktion vereinfacht werden.

Es sollte aus inhaltlichen Gründen und wegen der Anwendbarkeit grundsätzlich eine Be-schränkung der Regelungsfunktion auf die Funktion im Stoffkreislauf erfolgen, wobei die Wasserhaushaltsfunktion als eigenständige Hauptfunktion zu bearbeiten ist (vgl. BMU 1996, UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG 1994, BLUME 1990). Die Anwendung einer hochkomplexen Hauptfunktion beinhaltet die Gefahr, daß interne Widersprüche und gegenseitige Aufhebungen bei der Klassifizierung entstehen.

Bei der Definition der Funktion sollten die eigentliche Funktion und die Parameter, die zu ih-rer Klassifizierung herangezogen werden, getrennt werden. So sind z.B. die in ARGUMENT (1995) als Teilfunktion der Regelungsfunktion aufgeführten Regelungen des Bodenwärme und -lufthaushalts als Parameter anzusehen, die zur Beurteilung des Bodens als Pflanzen-standort herangezogen werden können.

Zusammenfassend wird vorgeschlagen, die Regelungsfunktion im Stoffkreislauf auf den Rahmen der Gesamtfilterwirkung, angelehnt an AG BODEN (1994), zu beschränken, in der die wesentlichen Reaktionen des Bodens auf stoffliche Einflüsse subsumiert sind.

Die stoffliche Regelungsfunktion des Bodens wird in allen Publikationen als eine allgemeine Bodenfunktion, zum Teil auch in Verbindung mit ökologischen Bodenfunktionen (ARGU-MENT 1995) aufgeführt. Über die Beanspruchung des Bodens als Medium des Grundwas-serschutzes erlangt dieser die Funktion einer Schadstoffsenke. Zu bedenken ist, daß eine dauerhafte Inanspruchnahme der Schadstoffilterung und -pufferung letztlich zu einer irrepa-rablen Bodenkontamination führen kann (vgl. SCHACHTSCHABEL et al. 1998). Das führt zu einer Zerstörung dieser Bodenfunktion.

Die stoffliche Regelungsfunktion ist wegen ihres bodenbelastenden Charakters am sinn-vollsten bei den Nutzungsfunktionen und bodenbelastenden bzw. -zerstörenden Nutzungs-ansprüchen einzuordnen.

Betrachtet man diese Bodenfunktion unter dem Gesichtspunkt der auf den Boden wirkenden Schadstoffeinträge, so sind dabei die gezielten und beabsichtigten von den ungesteuerten Einträgen zu unterscheiden (von MUTIUS 1990).

In die erste Kategorie gehören Schadstoffeinträge durch Düngemittel, Pestizide oder Klär-schlammaufbringungen. Derartige Einträge zu filtern und puffern läßt der Regelungsfunktion den Status einer „Mißbrauchsfunktion“ zukommen. Es ist hierbei zu prüfen, ob dies eine Auf-gabe des Bodenschutzes ist oder ob im geltenden Recht bereits Regelungen existieren, die diesen Gefährdungen entgegenwirken. In Frage kommen dabei Vorschriften mit unmittelbar bodenschützendem Inhalt wie das Abfallgesetz, Pflanzenschutzgesetz oder Düngemittelge-setz (vgl. von MUTIUS 1990).

Zu den ungesteuerten Schadstoffeinträgen gehören ungezielte Immissionen, die entweder unmittelbar oder über Luft und Wasser in den Boden gelangen. Die Hauptemittenden hierfür sind Industrie, private Haushalte und der Individualverkehr. Als besonders problematisch werden hierbei persistente Schadstoffe, v.a. die Schwermetalle, angesehen, die im Boden nicht oder nur in langen Zeiträumen abgebaut werden (von MUTIUS 1990). Auch für diese Schadstoffeinträge stellt sich die Frage, ob sie durch den Bodenschutz oder durch bereits existierende, vorgeschaltete Regelungen wie das Bundesimmissionsschutzgesetz zu bear-beiten sind.

Des weiteren ist es zweifelhaft, ob die ungesteuerten Schadstoffeinträge, besonders in Form von Schwermetallen, in so großer Menge erfolgen, daß sie eine Grundwassergefährdung darstellen und einer Filterung in der Bodenpassage bedürfen. D.h., es soll hier grundsätzlich die Notwendigkeit der Regelungsfunktion unter diesem Aspekt in Frage gestellt werden. In der Hydrogeologie werden als Ursachen der Grundwasserbelastung in erster Linie gezielte Einträge aus Mülldeponien, Altlasten und landwirtschaftlichen Flächen ver-

merkt (vgl. HÖLTING 1996). Als weitere bedeutende Schadstoffquellen sind Industrie- und Transportunfälle anzuführen, die aber ebenso wie die zuvor genannten Emittenden nicht durch den Bodenschutz zu regeln sind.

1.2 Die stoffliche Regelungsfunktion in der Bauleitplanung

Ausgehend davon, daß hierzulande die fortschreitende Bodenversiegelung die größte Ge-fährdung des Bodens darstellt, wird der Bodenschutz hier unter dem Aspekt der Bauleitpla-nung betrachtet.

Unter Bodenversiegelung ist die Bedeckung des Bodens mit undurchlässigen Substanzen, mit Teer, Beton oder Gebäuden zu verstehen, die ein weitestgehendes Unterbinden des Wasser- und Gasaustauschs zwischen Boden und Atmosphäre verursacht. Die Art, Aus-formung und das Ausmaß der Bodenversiegelung und ihre Folgen sind differenziert zu be-trachten. Es gilt aber als Grundsatz, daß vollständig, z.B. durch Gebäude, versiegelte Böden ihre Funktionen als Pflanzenstandort, ihre Regelungsfunktionen im Wasserhaushalt und Stoffkreislauf verloren haben (vgl. CORDSEN 1990).

Betrachtet man den Verlust der Filterwirkung des Bodens hinsichtlich des Zwecks der stoff-lichen Regelungsfunktion, so entfällt zunächst die Aufgabe, im Bodenwasser suspendierte Schadstoffe der Einwirkung auf Bodenorganismen und Pflanzenwurzeln und der Aufnahme durch Pflanzenwurzeln zu entziehen, da diese an dem betreffenden Standort nicht mehr e-xistieren. Etwas, das nicht existiert, bedarf auch keines Schutzes mehr.

Die weitere und im BBodSchG als vordringlich beschriebene Aufgabe, Schadstoffeinträge in das Grundwasser zu unterbinden, entfällt auch, da mit dem Unterbinden der Infiltration auch keine Schadstoffe mehr in Boden und Grundwasser eingetragen werden. Der Funkti-onsverlust bedeutet in keinem Fall eine Einschränkung hinsichtlich des Ziels Grundwasser-schutz. Er kann im Gegenteil, bei Böden mit einer geringen Gesamtfilterwirkung, eine Ver-besserung des Grundwasserschutzes bedeuten.

Zusammengefaßt bedeutet diese Überlegung, daß die Beachtung der stofflichen Rege-lungsfunktion in der Bauleitplanung keinen Sinn ergibt.

Eine Beachtung der stofflichen Regelungsfunktion in der Bauleitplanung ist aber dagegen bei der Standortauswahl der Bebauung denkbar. Wenn Standorte unterschiedlicher Qualität für eine geplante Versiegelung in Frage kommen, so kann von der Seite des Bodenschutzes eine dahingehende Entscheidung getroffen werden, daß der Boden mit der als

schlechter klassifizierten Regelungsfunktion dem mit der besseren vorgezogen wird. Hierbei stellt sich die Frage, ob bei der Bodenbewertung hinsichtlich der Regelungsfunktion diese einzeln erfaßt werden muß oder ob sie nicht bei anderen Funktionen, z.B. bei der Klassifi-zierung als Pflanzenstandort, mit erfaßt wird (vgl. Kap. 3). Dies zu entscheiden wäre aber die Aufgabe einer Sensibilitätsprüfung der einzelnen Funktionen.

2. Bewertung der stofflichen Regelungsfunktion in den Gesetzgebungen zum