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8. Bewertung der Funktion „Regelung im Wasserhaushalt“

8.1 Inhalt der Funktion und Grundlagen der Bewertung

Böden üben einen maßgeblichen Einfluß auf die Enstehung von Oberflächenabfluß und die Grundwasserneubildung aus. Sie haben dadurch eine wichtige Funktion in der Regelung des Wasserhaushaltes einer Landschaft. Die Regelungsfunktion im Wasserhaushalt gliedert sich in diese beiden Teilaspekte.

Bei der Bewertung der Bodenfunktion "Regelung im Wasserhaushalt" soll aufgezeigt werden, wie gut verschiedene Böden diese Funktion potentiell erfüllen könnten. Wie bei den anderen Bodenfunktionen auch, sollen qualitative Standortsunterschiede in bezug auf die potentielle Erfüllung der Funktion deutlich gemacht werden. Ziel der Bewertung ist es nicht eine quanti-tative Bestimmung der hierfür ausschlaggebenden Phänomene, wie beispielsweise der Grundwasserneubildung, vorzunehmen.

Bei der Herleitung einer Bewertungsmethode sind wiederum die für die praktische Umset-zung des Bodenschutzes wichtigen Kriterien der leichten Anwendbarkeit und Verfügbarkeit der Datengrundlagen zu berücksichtigen (vgl. Kapitel 5.3). Es wird daher auch für die Bewer-tung dieser Bodenfunktion die Bodenschätzung als Grundlage herangezogen. Was noch zu klären ist, ist die Frage, mit Hilfe welcher Parameter die beiden Teilaspekte der Funktion unter der oben formulierten Prämisse bewertet werden kann.

8.1.1 Regelung von Oberflächenabfluß

Zuviel Oberflächenabfluß kann zu Überschwemmungen führen. Er kann außerdem Boden-erosion zur Folge haben. Oberflächenabfluß entsteht, wenn die Niederschlagsintensität die Infiltrationskapazität eines Bodens übersteigt. Er tritt daher besonders häufig bei Nieder-schlägen mit hoher Intensität, z.B. bei Gewitterregen, auf.

Die Infiltrationskapazität wird von der Gründigkeit und dem Wassergehalt eines Bodens be-einflusst, aber letztlich durch seine gesättigte Wasserleitfähigkeit (kf-Wert) begrenzt (GREEN

& AMPT 1911, zit. in HILLEL 1980). Für die Bewertung der Teilfunktion „Regelung von O-berflächenabfluß“ werden deshalb zunächst die kf-Werte herangezogen und in die Katego-rien in Tabelle 14 eingeteilt (Kap. 8.3). Diese Einteilung ist an die kf-Stufen der „Bo-denkundlichen Kartieranleitung“ (KA4) angelehnt (AG BODEN 1994).

8.1.2 Regelung von Grundwasserneubildung

Grundwasser ist die wichtigste Quelle für Brauch- und Trinkwasser für Menschen. Sie wird durch Grundwasserneubildung wieder aufgefüllt. Um möglichst viel Grundwasser zur Verfü-gung zu haben, muß möglichst viel Grundwasser neu gebildet werden.

Grundwasserneubildung entsteht, wenn die Niederschlagsmenge, die in den Boden infiltriert, die Wasserspeicherkapazität eines Bodens übersteigt. Die Wasserspeicherkapazität wird daher häufig als der entscheidende bodenbürtige Faktor der Grundwasserneubildung ange-sehen und zu dessen Ermittlung herangezogen (z.B. MÜLLER et al. 1992). Aus diesem Grund wird dieser Vorgang hier näher betrachtet.

Theoretisch entspricht die maximale Wasserspeicherkapazität eines Bodens seiner Porosi-tät. Die Poren in einem Boden sind unterschiedlich groß. Aus den größeren Poren fließt das Wasser als Folge der Schwerkraft schnell ab, so daß in der Praxis nicht der gesamte Poren-raum als Wasserspeicher zur Verfügung steht. Die Wassermenge, die ein Boden gegen die Schwerkraft zurückhalten kann, ist die sogenannte Feldkapazität (FK). Sie hängt von der Bodenart und vom Abstand zum Grundwasser ab und ist der höchste Wassergehalt, den ein Boden unter natürlichen Bedingungen halten kann (HARTGE 1978).

In der Praxis ist die FK gleichzeitig auch der niedrigste Wassergehalt, den ein Boden er-reicht, wenn keine Evaporation (Verdunstung von Wasser von der Bodenoberfläche) oder Transpiration (Verdunstung von Wasser durch Pflanzen) stattfindet, da hierbei nach der o.g.

Definition kein Wasser mehr fließt.

Evaporation wirkt sich nur auf die oberen 5 - 10 cm eines Bodens aus, da sie den Boden von oben her austrocknet und dadurch die Nachlieferung von Wasser aus tieferen Bodenzonen gehemmt wird (CAMPBELL 1985).

Durch Transpiration können Pflanzen einem Boden bis in die Tiefe Wasser entziehen, in die ihre Wurzeln reichen. Abhängig von der Pflanzenart können Wurzeln wenige Zentimeter bis mehrere Meter tief wachsen (BORG & GRIMES 1986). Allerdings ist nicht das gesamte Bo-denwasser pflanzenverfügbar. Mit abnehmender Menge wird es im Boden zunehmend fester gehalten. Ab einem bestimmten Wassergehalt können Pflanzen daher kein weiteres Wasser mehr aus dem Boden aufnehmen und verwelken nach kurzer Zeit, wenn dem Boden kein Wasser zugefügt wird (CAMPBELL 1985). Dieser Bodenwassergehalt wird deshalb perma-nenter Welkepunkt (PWP) genannt. Das dann noch im Boden vorhandene Wasser befindet sich in sehr kleinen Poren, in denen es praktisch nicht mehr fließt. Abgesehen von den obe-ren 5 - 10 cm, wo Evaporation den Boden weiter austrocknen kann, ist

der permanente Welkepunkt daher der niedrigste Wassergehalt, den ein Boden unter natürli-chen Bedingungen erreicht. Er ist von der Boden- und Pflanzenart abhängig.

Die maximal verfügbare Wasserspeicherkapazität eines Boden ergibt sich somit aus der Dif-ferenz zwischen dem höchsten (FK) und dem niedrigsten Wassergehalt (PWP), der unter natürlichen Bedingungen vorkommen kann, multipliziert mit der Wurzeltiefe der Pflanzen. Die Differenz FK - PWP wird nutzbare Feldkapazität (nFK) genannt. Sie hängt hauptsächlich von der Bodenart ab, wird aber auch vom Abstand zum Grundwasser und der Pflanzenart beeinflußt. Das ergibt sich aus den Faktoren, die die Feldkapazität und den permanenten Welkepunkt bestimmen.

Die Anzahl der Wurzeln nimmt mit der Tiefe ab (GERWITZ & PAGE 1974). Da die Wasser-aufnahme von der Anzahl der Wurzeln abhängt, kann aus größeren Bodentiefen nicht soviel Wasser aufgenommen werden, wie aus geringeren. Um diesem Umstand gerecht zu wer-den, wird zur Berechnung der maximal verfügbaren Speicherkapazität nicht die maximale Wurzeltiefe, sondern eine sogenannte effektive Durchwurzelungstiefe (We) benutzt (AG BODEN 1994). Sie beträgt ca. 50 - 60 % der maximalen Wurzeltiefe. Die maximal verfügbare Wasserspeicherkapazität (WSK) errechnet sich letztlich also als WSK = nFK × We. Sie ent-spricht der Menge an pflanzenverfügbarem Wasser.

Wenn in einem Boden keine Pflanzen wachsen, wird ihm also außer in den obersten Zen-timetern kein Wasser entzogen. Der Bodenwasserspeicher ist daher praktisch voll und der Wassergehalt ist die Feldkapazität. Mit jedem Niederschlagseintrag steigt der Bodenwas-sergehalt dann über die Feldkapazität, so daß das Wasser schnell in tiefere Bodenschichten sickert. Unter diesen Umständen wird die Grundwasserneubildung durch die Infiltrati-onskapazität begrenzt.

Ein Boden, in dem Pflanzen wachsen, kann dagegen bis zum permanenten Welkepunkt ausgetrocknet werden. Der Bodenwasserspeicher ist daher meist nicht voll und der Was-sergehalt schwankt zwischen Feldkapazität und permanentem Welkepunkt. Niederschlags-wasser, das in den Boden infiltriert, füllt dann zunächst den Bodenwasserspeicher auf. Das überschüssige Wasser sickert anschließend weiter nach unten bis zum Grundwasser. In diesem Fall sind die Infiltrationskapazität und die Wasserspeicherkapazität für die Grund-wasserneubildung eines Bodens maßgeblich. Die Infiltrationskapazität bestimmt, wieviel Wasser in den Boden einsickert und damit theoretisch für die Grundwasserneubildung zur Verfügung steht. Die Wasserspeicherkapazität bestimmt, wieviel davon tatsächlich für Grundwasserneubildung übrig bleibt, nachdem der Bodenwasserspeicher aufgefüllt ist. Je größer die Wasserspeicherkapazität ist, desto größer ist ihr Einfluß auf die Grundwasser-neubildung. Bei sehr hohen Werten, also hoher nFK und/oder großer Wurzeltiefe, ist sie

der dominierende Faktor. Über die Wurzeltiefe hat die Art der Vegetation damit einen großen Einfluß auf die Grundwasserneubildung.

Im Rahmen des Bodenschutzes in der räumlichen Planung soll das Potential eines Bodens zur Erfüllung verschiedener Funktionen bewertet werden. Deshalb wird hier der Einfluß der Vegetation auf die Grundwasserneubildung nicht berücksichtigt und davon ausgegangen, daß der Boden vegetationsfrei ist. Wie oben ausgeführt, ist dann die Infiltrationskapazität der ausschlaggebende Faktor, so daß für die Bewertung der Bodenfunktion „Regelung der Grundwasserneubildung“ ebenfalls der kf-Wert herangezogen werden kann.

Diese Vorgehensweise kommt der Praxis nahe. Will man nämlich einen Boden primär für Grundwasserneubildung nutzen, sollte er vegetationsfrei sein, weil dann die Grundwasser-neubildung am größten ist. Wenn eine Vegetationsdecke nötig ist, um Erosion oder die Ver-siegelung der Poren an der Bodenoberfläche durch die kinetische Energie der Regentropfen zu verhindern (was wiederum zu Oberflächenabfluß und damit Erosion führen kann), sollten dafür Pflanzen mit möglichst geringer Wurzeltiefe angesiedelt werden, damit die Wasser-speicherkapazität (nFK × We) möglichst gering gehalten und dadurch die Grundwasser-neubildung möglichst wenig behindert wird. Unter diesen Bedingungen ist auch die Infiltrati-onskapazität der dominierende Faktor.

In der von UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG (1994) veröffentlichten Be-wertungsmethode wird die Bodenfunktion als „Ausgleichskörper im Wasserkreislauf“ an Hand des kf-Werts und der nFK bewertet. Die Verwendung der nFK setzt die Annahme vor-aus, daß auf allen Böden die gleiche Vegetation wächst und diese außerdem eine relativ große Wurzeltiefe erreicht, denn nur dann ist die nFK der Faktor, der die bildung bestimmt. Dadurch wird aber nicht die Fähigkeit eines Bodens zur Grundwasserneu-bildung bewertet, sondern die einer Kombination aus Boden und (relativ tiefwurzelnder) Ve-getation.

Auf der Grundlage der Darlegungen in diesem Kapitel wird die Teilfunktion der Regelung von Grundwasserneubildung in gleicher Weise wie der Oberflächenabfluß nach dem kf-Wert der Böden bewertet. Das heißt, daß die Regelungsfunktion im Wasserhaushalt mitsamt ihrer beiden Teilfunktionen durch den kf-Wert als Ganzes eingestuft werden kann (Kap.8.3). Wei-tere Ausführungen werden hierzu in Anlage 4 gemacht.