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3.3 Typisierung der untersuchten Isolate

3.3.1 Staphylococcus aureus

Für S. aureus existiert eine Reihe anerkannter, sequenzbasierter Typisierungsverfahren. Diese umfassen insbesondere die MLST, basierend auf Allelen von sieben Haushaltsgenen, und die spa-Typisierung (COOKSON et al. 2007; JOHLER u. STEPHAN 2010). Letztere erfolgt anhand von Polymorphismen im Gen für das Protein A, welches der Zellwand von S. aureus aufgelagert ist (JOHLER u. STEPHAN 2010). Genetisch verwandte Linien werden basierend auf den Ergebnissen der Sequenzanalysen zu sogenannten klonalen Komplexen zusammengefasst. Der im Rahmen dieser Studie verwendete DNA-Mikroarray ermöglicht ebenfalls eine Zuordnung zu klonalen Komplexen anhand von Hybridisierungsmustern, welche eine gute Korrelation mit der Zuordnung anhand von MLST-Daten aufweist (MONECKE et al. 2008).

Unter den 23 im Rahmen dieser Arbeit untersuchten S. aureus waren Isolate aus sieben verschiedenen klonalen Komplexen vertreten. Am häufigsten wurden Isolate den klonalen Komplexen (CC) 1 oder 5 zugeordnet. Beides sind weit verbreitete klonale Komplexe. Sie umfassen diverse MRSA-Stämme mit hoher klinischer Relevanz, entweder als Erreger nosokomialer Infektionen („hospital-associated MRSA“, HA-MRSA) oder von Erkrankungen ohne Bezug zu Krankenhausaufenthalten („community-associated“, CA-MRSA) (MONECKE et al. 2011). Zudem werden auch Nutztier-assoziierte MRSA und MSSA diesen beiden klonalen Komplexen zugeordnet (KÖCK et al. 2013; ALBA et al. 2015). In der EU werden auf Fleischprodukten am häufigsten S. aureus-Isolate des CC398 nachgewiesen, welcher als dominanter Nutztier-assoziierter CC in Europa gilt (DE BOER et al. 2009;

TEGEGNE et al. 2017; EFSA u. ECDC 2018). Zunehmend werden allerdings auch durch CC398-MRSA und andere Nutztier-assoziierte Stämme hervorgerufene Erkrankungen bei Menschen beschrieben, auch wenn ihr Anteil an den gesamten humanen MRSA-Infektionen derzeit vergleichsweise gering ist (KÖCK et al. 2013; BERNING et al. 2015; LARSEN et al.

2017). Von den Isolaten, die im Rahmen dieser Arbeit untersucht wurden, gehörte jedoch keines zu diesem klassischen Nutztier-assoziierten CC. Drei der MRSA-Isolate, die aus illegal eingeführtem Geflügelfleisch aus Ägypten isoliert wurden, gehörten dem CC80 an. Dieser setzt sich zum überwiegenden Teil aus einer spezifischen klonalen Linie von CA-MRSA zusammen, die auch als europäischer CA-MRSA-Klon bezeichnet wird (MONECKE et al.

Zusammenfassung der Ergebnisse und übergreifende Diskussion 27

2011). Trotz dieser Bezeichnung sind diese Stämme auch im Nahen Osten, und somit auch in Ägypten, weit verbreitet (MONECKE et al. 2011; ABDULGADER et al. 2015).

Für die weitere Differenzierung phylogenetischer Beziehungen zwischen den Isolaten wurde eine spa-Typisierung durchgeführt und jeweils ein repräsentatives Isolat pro spa-Typ wurde zusätzlich mittels MLST untersucht. Insgesamt wurden zehn verschiedene spa-Typen identifiziert. Am häufigsten war der spa-Typ t127, welcher mit dem MLST Sequenztyp ST1 assoziiert ist. Diesem gehörten acht MSSA- sowie zwei MRSA-Isolate an. In einer umfangreichen epidemiologischen Analyse wurde ermittelt, dass MSSA-Isolate von Patienten mit invasiven Infektionsverläufen in Europa am sechsthäufigsten dem spa-Typ t127 angehören (GRUNDMANN et al. 2010). Eine weitere Studie zeigte, dass etwa ein Drittel aller CA-MRSA in einem britischen Krankenhaus t127 angehörte (OTTER et al. 2009). CC1 MRSA des spa-Typs t127 werden auch regelmäßig aus Nutztieren isoliert. In einer vergleichenden Studie wurde gezeigt, dass t127 MRSA von Rindern eine sehr hohe genetische Ähnlichkeit zu Isolaten von Menschen aufwiesen, was das zoonotische Potential dieser Stämme verdeutlicht (ALBA et al. 2015).

In Deutschland gehören MRSA aus Geflügelfleisch besonders häufig spa-Typen an, die mit CC398-assoziiert sind, beispielsweise t011 (FESSLER et al. 2011; KÖCK et al. 2013). Zu den häufigsten nicht-CC398-assoziierten spa-Typen bei Isolaten von Geflügelfleisch zählen t1430 (CC9) und t002 (CC5) (KÖCK et al. 2013; VOSSENKUHL et al. 2014). Letzterem wurden auch zwei Isolate im Rahmen dieser Arbeit zugeordnet, wohingegen kein Isolat einem CC398-assozierten spa-Typ angehörte.

Die MLST-Analyse von insgesamt zehn Isolaten zeigte, dass drei der Isolate neue Varianten eines Allels oder eine neue Kombination bekannter Allele aufwiesen. Sie konnten dementsprechend keinem bestehenden Sequenztyp zugeordnet werden. Basierend auf den Sequenzen dieser Isolate wurden somit vom Kurator der S. aureus MLST-Datenbank (https://pubmlst.org/saureus) die neuen Sequenztypen ST3216, ST3217 und ST3218 definiert.

Sie unterschieden sich in jeweils einem einzelnen Allel von den Sequenztypen ST15, ST80 bzw. ST5 und gehörten somit zu den klonalen Komplexen CC15, CC80 oder CC5. Diese vergleichsweise hohe Anzahl neu beschriebener Sequenztypen weist auf bisher wenig

bekannte S. aureus-Klone hin, die über Fleisch- und Fleischprodukte aus Drittländern in die EU gelangen.

Für MRSA gibt es weitere Typisierungsverfahren, welche auf einer Charakterisierung der für ihre Methicillin-Resistenz verantwortlichen Genkassette beruhen. Dieses sogenannte

„staphylococcal cassette chromosome mec (SCCmec)“ enthält neben der Methicillin-Resistenzdeterminante mecA auch Rekombinase-Gene und regulatorische Elemente, sowie in variablem Maße weitere Gene, über die eine Einteilung in verschiedene SCCmec-Typen vorgenommen werden kann (MONECKE et al. 2011). Die neun untersuchten MRSA-Isolate trugen SCCmec-Elemente der Typen IV oder V. Ein Isolat konnte anhand der Mikroarray-Ergebnisse keinem definierten Typ zugeordnet werden. SCCmec IV und V kommen sowohl bei CA-MRSA als auch bei Nutztier-assoziierten MRSA vor und sind auch bei Isolaten aus Fleischprodukten am häufigsten vorzufinden (FESSLER et al. 2011; MONECKE et al. 2011;

VOSSENKUHL et al. 2014). Im Gegensatz dazu tragen HA-MRSA typischerweise SCCmec-Elemente der Typen I, II oder III (MONECKE et al. 2011). Entsprechend ist davon auszugehen, dass es sich bei den untersuchten Isolaten um CA-MRSA oder Nutztier-assoziierte MRSA handelte.

Eine weitere Möglichkeit der MRSA-Typisierung besteht in der Analyse direkter Sequenzwiederholungen (direkt repeat units, dru) in der Umgebung des SCCmec-Elements.

Dies bietet eine zusätzliche Differenzierungsmöglichkeit für MRSA-Isolate, die sich nicht durch andere Typisierungsverfahren unterscheiden lassen (GOERING et al. 2008). Unter den neun MRSA aus illegal importiertem Fleisch wurde am häufigsten der dru-Typ dt10a nachgewiesen. Dabei handelt es sich um einen international weit verbreiteten dru-Typ und es wird angenommen, dass es sich dabei um den Ausgangstyp handelt, aus dem sich die anderen Typen entwickelt haben (BARTELS et al. 2013). Bei drei Isolaten konnten jedoch auch neue dru-Typen ermittelt werden. Zwei dieser Isolate wiesen dabei den gleichen neuen dru-Typ, dt11dc auf, während das dritte Isolat dem dru-Typ dt10dg zugeordnet wurde.

Eine Feintypisierung aller Isolate erfolgte zudem über eine Makrorestriktionsanalyse mit dem Enzym SmaI und anschließender PFGE. Die Ergebnisse zeigten eine gute Korrelation mit jenen der spa-Typisierung und der Mikroarray-Analyse (s. auch Fig. 1, Publikation 1). Isolate

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mit identischen Bandenmustern gehörten jeweils zum gleichen klonalen Komplex und spa-Typ. Unter den Isolaten des CC1 und CC5 konnte eine Clusterbildung beobachtet werden, bei der sich jeweils die MRSA- und MSSA-Isolate deutlich voneinander unterschieden.

Insgesamt konnte eine deutliche genetische Heterogenität unter den Isolaten beobachtet werden. Eine typische Eigenschaft von CC398-Isolaten ist eine Methylierung der SmaI-Schnittstellen wodurch sie nicht mittels SmaI-PFGE typisiert werden können (BOSCH et al.

2010). In einer niederländischen Studie wurden CC398-Isolate stattdessen mittels Cfr9I-PFGE typisiert, wobei sich insgesamt eine recht hohe Ähnlichkeit der Isolate zeigte (BOSCH et al. 2010). Da im Rahmen dieser Arbeit keine CC398-Isolate nachgewiesen wurden, konnte die PFGE-Analyse jedoch nach dem etablierten HARMONY-Protokoll mit SmaI-Verdau erfolgen (COOKSON et al. 2007).

Um weitere Rückschlüsse auf die mögliche Quelle der untersuchten Isolate zu ziehen, wurden sie auf das Vorhandensein von Genen des sogenannten „Immune Evasion Clusters (IEC)“

getestet. Das IEC enthält verschiedene Virulenz-assoziierte Gene, darunter das Gen scn, welches für ein Komplement-inhibierendes Protein codiert, sowie variable Kombinationen der Gene chp (codiert einen Chemotaxis-Inhibitor), sea (Staphylokokken-Enterotoxin A) und sak (Staphylokinase). Unter human-adaptierten S. aureus ist das IEC weit verbreitet, während es nur selten bei Isolaten tierischen Ursprungs vorkommt (VERKAIK et al. 2011; HAU et al.

2015). Von den untersuchten Isolaten wiesen insgesamt 16 der 23 Isolate, darunter alle MRSA, mindestens zwei Gene des IEC auf. Demnach gehört ein Großteil der Isolate zu klonalen Linien, die häufig beim Menschen vorkommen. Dies deutet auf eine Kontamination durch Personen im Laufe der Verarbeitung oder des Transportes hin. Viele der MSSA sowie alle MRSA wurden aus illegal importiertem Fleisch isoliert, wo mangelhafte hygienische Bedingungen beim Umgang mit den Produkten keine Seltenheit sind (FALK et al. 2013).

Jedoch wurden auch bei drei der sechs Isolate aus legalen Proben Gene des IEC nachgewiesen.

Des Weiteren erfolgte ein Nachweis bestimmter mobiler genetischer Elemente, die mit einer Adaptation von S. aureus an Geflügel in Verbindung gebracht wurden (LOWDER et al.

2009). Bei einem MSSA-Isolat aus legal importiertem Geflügelfleisch konnte der β-konvertierende Phage φAvβ sowie das Plasmid pAvX nachgewiesen werden, was auf einen

aviären Ursprung dieses Isolats hindeutet. Ein weiteres CC5-Isolat beherbergte das Plasmid pAvY, jedoch stammte dieses Isolat aus Schweinefleisch und trug zudem Gene des IEC.

Möglicherweise kommt pAvY somit auch bei Stämmen vor, die nicht Geflügel-assoziiert sind. Bei den übrigen Isolaten konnten keine der von Lowder et al. beschriebenen Geflügel-assoziierten mobilen genetischen Elemente nachgewiesen werden.