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3.3 Typisierung der untersuchten Isolate

3.3.2 ESBL-/AmpC-produzierende Escherichia coli

Die komplexe Populationsstruktur von E. coli ist durch intensiven horizontalen Gentransfer geprägt und zeichnet sich durch eine große genetische Vielfalt innerhalb der Spezies aus, was auf die hohe Anpassungsfähigkeit von E. coli an verschiedene Habitate zurückgeführt wird (SELBITZ et al. 2011; CHANDRAN u. MAZUMDER 2015). Phylogenetische Analysen zeigten jedoch, dass bei E. coli vier große phylogenetische Hauptgruppen unterschieden werden können (A, B1, B2, D) (CLERMONT et al. 2000). Eine Gruppenzuordnung von Isolaten kann dabei mittels PCR-Nachweis der An- bzw. Abwesenheit von drei Genen bzw.

DNA-Abschnitten erfolgen: (i) chuA, welches für einen Häm-Transporter codiert und einen Virulenzfaktor darstellt, (ii) yjaA, dessen Genprodukt vermeintlich an der zellulären Antwort auf verschiedene Stressoren sowie an der Biofilmbildung beteiligt ist, und (iii) TSPE4.C2, ein DNA-Fragment mit unbekannter Funktion (CLERMONT et al. 2000; LEE et al. 2010).

Klinische Isolate vom Menschen sind zumeist chuA-positiv und gehören demnach vorwiegend zur Gruppe B2, gefolgt von Gruppe D. Bei der gesunden Bevölkerung hingegen werden häufiger Stämme der Gruppe A nachgewiesen, welche vorwiegend kommensale E.

coli umfasst (VALENTIN et al. 2014; CLERMONT et al. 2016). Auch Isolate tierischer Herkunft gehören häufig zur Gruppe A oder zur Gruppe B1 (VALENTIN et al. 2014).

Unter den untersuchten Isolaten aus legal und illegal importierten Fleischwaren konnten alle vier phylogenetischen Hauptgruppen nachgewiesen werden. Am häufigsten war Gruppe D vertreten, der die Hälfte aller Isolate angehörte, gefolgt von Gruppe B1. Gruppe A und Gruppe B2 waren weniger häufig vertreten. Die hohe Anzahl von Isolaten aus Gruppe D weist auf eine mögliche Pathogenität dieser Isolate für den Menschen hin, während es sich bei nur vergleichsweise wenigen Isolaten um präsumtiv kommensale Stämme handelte. Auf die

Zusammenfassung der Ergebnisse und übergreifende Diskussion 31

gezielte Überprüfung der Virulenzeigenschaften der Isolate wird in Kapitel 3.5.2 eingegangen. Für die weitere Differenzierung der Isolate wurden ergänzend zu der allgemeinen Einteilung anhand ihrer phylogenetischen Gruppen weitere Typisierungsverfahren verwendet.

Eine schon seit langer Zeit verwendete Methode zur phänotypischen Charakterisierung von E. coli ist die Bestimmung des Serotyps. Neben der aufwendigen und kostenintensiven Serotypisierung über den Nachweis der Oberflächenantigene mittels Agglutinationstests gibt es mittlerweile auch DNA-basierte Verfahren, die eine präzise Vorhersage des Serotyps ermöglichen (FRATAMICO et al. 2016). Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Mikroarray-Analyse ermöglichte ebenfalls eine Bestimmung der O- und H-Antigene über den Nachweis entsprechender Gene bzw. Genvarianten (BALLMER et al. 2007). Dabei zeigte sich, dass eines der Isolate zum Serotyp O157:H4 gehörte. Die Serogruppe O157 ist bekannt für ihre Assoziation mit Shiga-Toxin-produzierenden E. coli-Stämmen (STEC). Der überwiegende Teil aller STEC-Infektionen des Menschen werden von E. coli dieser Serogruppe hervorgerufen, besonders von dem prominenten Serotyp O157:H7 (RAHAL et al.

2012; EFSA u. ECDC 2017). Auch O157:H4-E.coli produzieren mitunter Shiga-Toxine. In einer Studie aus Süddeutschland gehörten STEC aus kleinen Wiederkäuern am zweithäufigsten zu diesem Serotyp (SCHILLING et al. 2012). Bei dem Isolat, das im Rahmen dieser Arbeit untersucht wurde, konnte jedoch weder das Gen stx1 noch stx2 nachgewiesen werden und es handelte sich somit nicht um ein STEC-Isolat (s. auch Kapitel 3.5.2).

Auch für E. coli stellt die MLST eine weit verbreitete und aussagekräftige, sequenzbasierte Typisierungsmethode dar, die im Rahmen dieser Studie für die Typisierung aller Isolate verwendet wurde (TARTOF et al. 2005). Dabei wurde eine Vielzahl verschiedener Sequenztypen unter den Isolaten in dieser Arbeit identifiziert. Am häufigsten waren ST101 und ST117 vertreten, mit jeweils drei Isolaten. ST117 wird regelmäßig mit geflügelpathogenen Stämmen („avian pathogenic E. coli“, APEC) in Verbindung gebracht, jedoch gehören auch klinische Isolate aus der Humanmedizin sowie Isolate von anderen Tieren diesem Sequenztyp an (MALUTA et al. 2014; S. W. KIM et al. 2017). In einer brasilianischen Studie gehörten E. coli, die aus an Osteomyelitis oder Arthritis erkrankten

Masthühnern isoliert wurden, am häufigsten diesem Sequenztyp an (BRAGA et al. 2016). In einer weiteren Studie von Day und Kollegen wurden E.coli von Menschen, Tieren und Lebensmitteln untersucht. Dabei wurden bei Geflügel und Geflügelfleisch neben ST117 besonders häufig auch ST88 und ST10 nachgewiesen (DAY et al. 2016). Diese beiden Sequenztypen wurden im Rahmen der aktuellen Arbeit jedoch nicht nachgewiesen.

Ein einzelnes der in dieser Arbeit untersuchten Isolate gehörte zum ST131, welcher sich weltweit zu einem dominanten ExPEC-Sequenztyp entwickelt hat und zu dem viele Stämme mit hoher klinischer Relevanz gehören (H. KIM et al. 2017; PITOUT u. DEVINNEY 2017).

Vier Isolate konnten keinem beschriebenen Sequenztyp zugeordnet werden. Für die Zuteilung der Sequenztypen in der Datenbank (http://enterobase.warwick.ac.uk/) wurden diese Isolate einer Ganzgenomsequenzierung unterzogen. Zwei Isolate aus illegal importiertem Fleisch gehörten zu demselben neu definierten Sequenztyp, sodass insgesamt drei neue Typen ermittelt wurden.

Des Weiteren erfolgte eine Feintypisierung aller Isolate mittels Makrorestriktionsanalyse und PFGE. Für E. coli wurde dabei das für diese Spezies geeignete Restriktionsenzym XbaI verwendet. Auch mit diesem Verfahren zeigte sich eine deutliche genetische Diversität unter den Isolaten. Sie zeigten zum überwiegenden Teil nur etwa 40% - 70% Übereinstimmung der Bandenmuster mit dem jeweils ähnlichsten Isolat. Einzelne Isolate zeigten jedoch auch identische Bandenmuster, was auf eine sehr enge Verwandtschaft hindeutet.

Insertionen oder Deletionen mobiler genetischer Elemente sowie größere Rekombinations-ereignisse innerhalb der chromosomalen DNA können zu Veränderungen von PFGE-Bandenmustern führen (NEMOY et al. 2005; SABAT et al. 2013). Die bereits am Anfang des Kapitels erwähnte genetische Diversität von E. coli und die hohe Frequenz horizontaler Gentransferprozesse fördern somit eine besonders große Variabilität der PFGE-Ergebnisse bei dieser Spezies. Entsprechend beschreiben auch andere Studien eine deutliche Heterogenität der Bandenmuster von Isolaten außerhalb von Ausbruchsgeschehen (BERGERON et al.

2012; OLSEN et al. 2014).

Eine vollständige Übersicht der Sequenztypen, Makrorestriktionsprofile und der phylo-genetischen Gruppenzugehörigkeit aller Isolate ist Fig. 1 aus Publikation 2 zu entnehmen.

Zusammenfassung der Ergebnisse und übergreifende Diskussion 33