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1 Einleitung

1.3 Stand der Forschung

Trotz der Bedeutung von Bibliotheken als wichtige außerschulische Akteure auf dem Gebiet der Medienkompetenzförderung12 und der eingangs geschilderten Relevanz der Medienpädagogik in öffentlichen Bibliotheken, sind sie im medienpädagogischen Wis-senschaftsdiskurs deutlich unterrepräsentiert. Der Fokus medienpädagogischer For-schung liegt – gerade hinsichtlich der empirischen Erfassung – vor allem auf dem Hand-lungsfeld Schule.13

Die außerschulische Medienkompetenzförderung – und somit auch Bibliotheken als ein bedeutender Teil dieses Praxisfeldes – sind in der Vergangenheit kaum Gegenstand empirischer Untersuchungen gewesen. Über die Arbeit, welche Medienpädagog:innen in außerschulischen Einrichtungen leisten, ist somit nur wenig bekannt. Dies betonen auch Wahl et al. in ihrer Studie aus dem Jahr 2014, in welcher sie den Versuch unter-nehmen, das Praxisfeld der außerschulischen Medienkompetenzarbeit mittels einer Um-frage unter 417 beruflich medienpädagogisch Tätigen zu vermessen. Die Autor:innen kommen zu dem Ergebnis, dass die befragten Medienpädagog:innen bei ihrer Arbeit die aktive und kreative Medienbildungsarbeit als den wichtigsten Aspekt ihrer Vermittlungs-tätigkeit betrachten.14

12 Vgl. Elisa Hermann, „Gesellschaftliche Teilhabe durch Öffentliche Bibliotheken.“

Bibliotheksdienst 49, 3-4 (2015): 323–24, doi:10.1515/bd-2015-0040.

13 Vgl. hierzu Gerhard Tulodziecki, Silke Grafe und Bardo Herzig, „Medienbildung in Schule und Unterricht: Grundlagen und Beispiele.“ (2019); Gerhard Tulodziecki und Ulrike Six „Me-dienerziehung in der Grundschule: Grundlagen, empirische Befunde und Empfehlungen zur Situation in Schule und Lehrerbildung.“ (2000) oder Christian Lenz, „Aufgaben, Möglichkei-ten und Grenzen der schulischen Medienpädagogik“ In Medien und Bildung (2011), 265-277.

14 Vgl. Stefanie Wahl, Christoph Klimmt und Alexandra Sowka, „Außerschulische

Medienkompetenzarbeit: Akteure, Prioritäten, erlebte Herausforderungen.“ M&K Medien &

Kommunikationswissenschaft 62, Nr. 2 (2014).

Einen Einblick in die inhaltlichen Schwerpunkte sowie die beruflichen Herausforderun-gen von Personen zu erhalten, die in öffentlichen Bibliotheken medienpädagogische Ar-beit leisten, ist nur vereinzelt möglich. Zu diesem Thema existiert bisher nur wenig For-schungsliteratur. Häufig liegen die Informationen zur medienpädagogischen Praxis in Bibliotheken in Form von Projektberichten, Präsentationen, Konferenzberichten oder Pressemitteilungen vor.15 Hier offenbart sich jedoch die Vielfältigkeit medienpädagogi-scher Arbeit, die in öffentlichen Bibliotheken geleistet wird. Eine Einsicht in die Berufs-wirklichkeit von Medienpädagog:innen sowie mögliche Perspektiven in Bezug auf die gestellten Anforderungen seitens der Bibliotheken bieten auch Podcasts.16 Dass öffent-liche Bibliotheken als kulturelle Treffpunkte auch ideale Orte für das Thema inklusive Medienpädagogik darstellen, verdeutlicht der Bericht von Heinz und Gühnemann aus dem Jahr 2015. Die Autor:innen stellen nicht nur erfolgreiche Praxisbeispiele – mit Fokus auf den Bereich Gaming – vor, sondern geben auch konkrete Handlungsanweisungen, wie Bibliotheken ihr Angebot zukünftig noch weiter in Richtung inklusiver Medienpäda-gogik ausbauen können.17

Ein Blick in die ältere Literatur zeigt, dass sich öffentliche Bibliotheken bereits in den 1980er Jahren intensiv mit medienpädagogischer Arbeit auseinandergesetzt haben. Zu diesem Zeitpunkt stand das damals neuartige Medium Video im Fokus medienpädago-gischer Bemühungen. Nach erfolgreicher Integration des Mediums in den Bibliotheksbe-stand wurde darüber hinaus das Potenzial der pädagogischen Auseinandersetzung da-mit erkannt und war Anlass für ein vom Deutschen Bibliotheksinstitut (dbi) gefördertes medienpädagogisches Projekt, das in Kooperation mit der Stadtbibliothek Bielefeld und der Stadtbibliothek Duisburg durchgeführt wurde. Die Projektleiter:innen resümieren in ihrem Abschlussbericht, dass die öffentliche Bibliothek der ideale Ort für die aktive Me-dienarbeit sei, betonen aber auch, dass die Kontinuität medienpädagogischer Arbeit in der Bibliothek nur mit Hilfe von Spezialist:innen18 zu gewährleisten wäre.19

15 Zum Beispiel die Workshops und Projekte der Stadtbibliothek Ludwigsburg im Rahmen der Medienwerkstatt. Vgl. https://stabi.ludwigsburg.de/start/angebote/medienwerkstatt.html, zu-letzt geprüft am 12.07.2021, das Projekt „Podcasting – Hör- und Klanggeschichten aus der Bibliothek.“ Vgl. https://medienpaedagogik-ohne-grenzen.de/hoer-und-klanggeschichten/, zuletzt geprüft am 12.07.2021 oder die medienpädagogischen Angebote der Stadtbibliothek Rostock. Vgl. https://rathaus.rostock.de/de/rathaus/aktuelles_medien/stadtbibliothek_bie-tet_neue_medienpaedagogische_angebote_fuer_kitas_und_schulen/279487, zuletzt geprüft am 12.07.2021.

16 Vgl. hierzu Dennis Kranz und Lukas Opheiden, „Eduthek: Der Podcast rund um Medienpädagogik in Bibliotheken.“ 23.05.2021, zuletzt geprüft am 23.05.2021,

https://eduthek-podcast.de/ oder Gabriele Fahrenkrog und Dennis Kranz, „Über Podcasts und Medienpädagog*innen in Bibliotheken.“ 07.08.2020,

https://www.fraufahrenkrog.de/podcast/bibfunk3-dennis-kranz/.

17 Vgl. Daniel Heinz und Denise Gühnemann, „Inklusive Medienpädagogik in Bibliotheken.“

Bibliothek Forschung und Praxis 39, Nr. 3 (2015), doi:10.1515/bfp-2015-0044.

18 Als Beispiele für Spezialist:innen nennen die Autorinnen: eine:n Dipl.-Pädagog:in mit medi-enpädagogischem Schwerpunkt; eine:n Bibliothekar mit entsprechender (Zusatz-)Ausbildung oder eine:n Dipl.-Pädagog:in, die oder der eine Referendarausbildung zum Höheren Biblio-theksdienst an das Studium anschließt. In jedem Fall sind medienpädagogische Kenntnisse eine Voraussetzung,

19 Vgl. Kluth, Ferling und Thier, Medienpädagogik in Öffentlichen Bibliotheken.

Die neuste Literatur zum Thema Medienpädagogik in öffentlichen Bibliotheken beschäf-tigt sich neben den Aufgabenbereichen von Medienpädagog:innen unter anderem auch mit der bereits erwähnten Stellenanzeigenproblematik. Im Rahmen der Vorbereitung für das 5. Forum Bibliothekspädagogik im Jahr 2020 untersuchte eine Gruppe von Studie-renden der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) stichproben-artig entsprechende Stellenanzeigen. Anschließend führten die Studierenden Interviews mit Medienpädagog:innen der Bücherhallen Hamburg durch, mit dem Ziel zu untersu-chen, welche Tätigkeiten Medienpädagog:innen tatsächlich in Bibliotheken überneh-men. Zusammenfassend kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Befragten hauptsäch-lich mit der Konzeption und Durchführung von Veranstaltungen zur Stärkung der Medi-enkompetenz aller Altersgruppen betreut sind, wobei der Fokus der Veranstaltungen auf handlungsorientierter Medienarbeit liegt.20

Wildeisen nimmt in ihrem Artikel „Rettung in Sicht?!“, der 2020 in der Zeitschrift BuB:

Forum Bibliothek und Information veröffentlicht wurde, Bezug auf bibliothekarische Stel-lenausschreibungen, die mit ihrer Aufgabenauflistung beide Berufsfelder vermischen und dadurch sowohl für Jobsuchende der bibliothekarischen als auch der medienpäda-gogischen Profession irritierend seien. Als eine mögliche Ursache für eine derartige For-mulierung der Stellenanzeigen vermutet die Autorin, dass eine möglichst große Anzahl an potenziellen Bewerber:innen angesprochen werden soll, da der Fachkräftemangel in Bibliotheken bereits deutlich zu spüren sei.21 Raphaela Müller bietet in ihrem Artikel „Wer macht jetzt eigentlich was?“, der ebenfalls im Jahr 2020 in BuB erschienen ist, einen Überblick über das Feld der Medienpädagogik in öffentlichen Bibliotheken. Neben den Aufgabenbereichen und Zielsetzungen der Medienpädagogik findet hier auch die Schwierigkeit einer Ausdifferenzierung der Bibliotheks- und der Medienpädagogik Er-wähnung. Die Autorin stellt außerdem die Frage, welche Mitarbeiter:innen in öffentlichen Bibliotheken medienpädagogische Aufgaben übernehmen sollten und betont, dass diese Entscheidung in erster Linie vom Selbstverständnis sowie den finanziellen und perso-nellen Ressourcen der einzelnen Bibliotheken abhängig sei.22

Im Rahmen des 109. Deutschen Bibliothekartages, der vom 16.06 bis zum 18.06.2021 in Bremen stattfand, wurden die Ergebnisse eines studentischen Projekts des berufsbe-gleitenden Studiengangs Informationsmanagement der Hochschule Hannover vorge-stellt. Die Studie beschäftigte sich mit den Kompetenzen und Aufgaben von Medienpä-dagog:innen in Bibliotheken. Hierfür wurden Stellenprofile und Curricula verschiedener Studiengänge ausgewertet und Interviews mit Personen geführt, die fest angestellt oder freiberuflich in Bibliotheken medienpädagogisch arbeiten. Aufbauend auf den Erkennt-nissen der Studie wurde ein Kompetenzprofil für medienpädagogisch Tätige erstellt. Ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist, dass Medienpädagog:innen ein

20 Vgl. Sarah Wildeisen, „Berufsfeld Medien- und Bibliothekspädagogik: Zu Besuch auf dem 5.

Forum Bibliothekspädagogik in Leipzig am 29.01.2020.“ API Magazin 1, Nr. 2 (2020), doi:10.15460/apimagazin.2020.1.2.44.

21 Vgl. Sarah Wildeisen, „Rettung in Sicht?! Medienpädagoginnen und -pädagogen in Öffentlichen Bibliotheken.“ BuB - Forum Bibliothek und Information 72, 02 - 03 (2020).

22 Vgl. Müller, „Wer macht jetzt eigentlich was?“.

bedeutender Teil des multiprofessionellen Bibliotheksteams sind und die medienpäda-gogische Arbeit einer kontinuierlichen Weiterbildung bedarf.23

Im Zentrum der jüngsten Forschung und Diskussion zum Thema Medienpädagogik in öffentlichen Bibliotheken steht folglich nicht länger die Frage, ob Bibliotheken die geeig-neten Orte für Medienpädagogik sind, sondern vielmehr die Frage nach der Zuständig-keit und den benötigten Kompetenzen für diese medienpädagogischen Aufgaben, denn zunehmend öffnen sich Bibliotheken auch für fachfremde Professionen.24 Vor allem Ab-solvent:innen medienpädagogischer Studiengänge werden in den multiprofessionellen Teams (öffentlicher) Bibliotheken zukünftig noch häufiger ein Arbeitsfeld finden.25 Einen Einblick in die Praxis von Personen, die in öffentlichen Bibliotheken medienpäda-gogisch tätig sind, sowie den Anforderungen, welche von Seiten der Bibliotheken an diese gestellt werden, soll die vorliegende Arbeit ermöglichen.