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2 Theoretischer Hintergrund

3.4 Methodische Vorgehensweise

Da zur Vorgehensweise bei Stellenanzeigenanalyse nur wenig Literatur existiert, wurde bei der Auswertung und Darstellung Bezug genommen auf andere Arbeiten, in welchen eine solche Analyse bereits durchgeführt wurde. Besonders zu erwähnen sind hier die Arbeit von Behm-Steidel195 aus dem Jahr 2001 sowie die Arbeiten von Bauschmann196 aus dem Jahr 2012 und Zellmann197 aus dem Jahr 2018.

Im ersten Schritt wurden sämtliche Stellenanzeigen, die den in Kapitel 3.3 genannten Inklusionskriterien entsprachen, manuell aus dem Stellenanzeigenarchiv extrahiert und in einer Datei zusammengeführt. Anschließend wurden die Stellenanzeigen auf Dublet-ten hin überprüft, welche beispielsweise entstanden sind, wenn eine Ausschreibung pa-rallel sowohl über InetBib als auch in OpenBiblioJobs geschaltet wurde oder, wenn eine Anzeige aufgrund einer Verlängerung der Bewerbungsfrist erneut inseriert wurde. Da der Fokus der Auswertung auf den in den Stellenanzeigen genannten Aufgabenberei-chen lag, wurden zunächst die Abschnitte, welche die Aufgaben enthielten aus den An-zeigen extrahiert und auf wesentliche Angaben reduziert. Bei der Extraktion der Aufga-ben konnte dabei von der typischen Struktur der Stellenanzeigen profitiert werden, denn diese folgen bei ihrem Aufbau in der Regel einem bestimmten Muster.198 Unter

194 Martin Bauschmann, „Qualifikationsanforderungen in der Dynamik des informationstechnologischen Wandels: Ein Längsschnittvergleich von

Stellenausschreibungen der Bibliotheks- und Informationsbranche“ (Bachelorarbeit, HTWK Leipzig, 2012), https://slub.qucosa.de/id/qucosa:2716, 26.

195 Vgl. Gudrun Behm-Steidel, „Kompetenzen für Spezialbibliothekare: Eine Untersuchung zu Anforderungen und Qualifizierung von Beschäftigten in internen Informationsabteilungen“

(Diss., Humboldt-Universität zu Berlin, 2001), http://serwiss.bib.hs-hannover.de/frontdoor/index/index/docId/66.

196 Vgl. Bauschmann, „Qualifikationsanforderungen in der Dynamik des informationstechnologischen Wandels“.

197 Vgl. Cedrik Zellmann, „Bibliothekare und Informationswissenschaftler mit IT-Schwerpunkt:

Bedarf, Aufgaben, Kompetenzanforderungen und Vergleich der IT-Kompetenzen in Praxis und Studium“ (Bachelorarbeit, Hochschule Hannover, 2018).

198 Typischerweise erfolgt am Anfang eine Kurzvorstellung der jeweiligen Einrichtung, gefolgt von einem Abschnitt, welcher Auskunft über die zukünftigen Aufgaben der Bewerber:innen gibt. In einem weiteren Abschnitt finden sich die Kompetenzanforderungen, ein typischer

Ausnutzung dieser Struktur wurden neben den Aufgabenbeschreibungen auch die ge-nannten Kompetenzanforderungen für die Inhaltsanalyse extrahiert und auf wesentliche Angaben reduziert. Im Gegensatz zu den Aufgaben enthalten die Kompetenzen jedoch meist sehr allgemeine Formulierungen, die wenig Aussagekraft bezüglich der tatsächli-chen Anforderungen in der Berufsrealität von Personen, die medienpädagogisch in Bib-liotheken tätig sind, zulassen. Häufig wurden hier Allgemeinplätze wie „Flexibilität“ oder

„Belastbarkeit“ genannt, deren Vorhandensein für beinahe jede Stelle — unabhängig von der Branche — von Vorteil sein dürfte. Dennoch wurden vollständigkeitshalber auch die Kompetenzen in die Analyse miteinbezogen.

Nach der Sichtung des Materials wurden für die Aufgaben möglichst trennscharfe und beschreibende Kategorien entwickelt. Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Kategorien ergaben sich bei den Aufgaben – aber auch bei den Kompetenzen – vor allem dadurch, dass teilweise viele verschiedene Aufgaben hinter einem Spiegelstrich oder einem Satz in der Stellenanzeige genannt wurden. Für ein besseres Verständnis der Vorgehens-weise, soll anhand eines Beispiels ein Einblick in die Codierung der Aufgaben gegeben werden. Der folgende Ausschnitt stammt aus einer Stellenanzeige für Medienpäda-gog:innen und Bibliothekar:innen und nennt folgende Aufgaben:

Abbildung 1: Auszug aus den genannten Aufgaben einer Stellenanzeige

Erfasst wurden hier gemäß dem Kategoriensystem (Anhang B), die folgenden Aufga-benkategorien:

• Konzeption und Durchführung medienpädagogischer Angebote

• Angebote zur Leseförderung

• Angebote zur Informationskompetenzvermittlung

• Angebote zur Medienkompetenzvermittlung

• Netzwerkarbeit / Kooperation mit Bildungspartner:innen

Teilweise haben die Bibliotheken auch ein unterschiedliches Verständnis davon, was die Zuständigkeitsbereiche der Medienpädagogik anbelangt, so zum Beispiel im Fall der Le-seförderung. In der häufig verwendeten Formulierung „Konzeption und Durchführung von medienpädagogischen Angeboten zur Leseförderung“, wird die Leseförderung als Ziel der medienpädagogischen Arbeit angesehen. Da die Leseförderung jedoch eine der

Indikator hierfür ist die Bezeichnung „Ihr Profil“. Im dritten Bereich der Stellenausschreibun-gen finden sich meist Angaben, die nicht zwinStellenausschreibun-gend Bewerbungsvoraussetzung sind, sondern lediglich als wünschenswert erachtet werden. Im Schlussteil der Stellenausschreibungen fin-den sich in der Regel Angaben zu fin-den Leistungen der ausschreibenfin-den Einrichtungen sowie Formalia zum Bewerbungsablauf.

ursprünglichen Kernaufgaben öffentlicher Bibliotheken darstellt199, soll für die vorlie-gende Analyse die Leseförderung zum bibliothekarischen Aufgabenbereich gezählt wer-den. Eine ebenfalls häufig gebrauchte Formulierung in den Stellenanzeigen – aber auch im allgemeinen Sprachgebrauch – ist die Vermittlung von Medien- oder Informations-kompetenz. Es ist hierbei jedoch wichtig anzumerken, dass Kompetenzen nicht vermit-telt werden können, sondern vielmehr lebenslang erworben oder ausgebaut werden. Der Mensch kann in diesem Prozess des Kompetenzerwerbs unterstützt oder gefördert wer-den, aber eine Vermittlung der eigentlichen Fähigkeiten ist nicht möglich.200 Die Formu-lierung wurde dennoch in die Auswertung übernommen, da sich die Benennung der Ka-tegorien so nah wie möglich am Material orientiert.

Einige Kategorien, wie die Erstellung von didaktischen Anleitungen, Materialien und Me-thodenkatalogen oder das Durchführen einer pädagogischen Sprechstunde wurden ebenfalls dem Bereich der Veranstaltungs- und Programmarbeit zugeordnet, da sich ein pädagogisch-didaktisches Aufgabenfeld nur schwer vom Bereich der Veranstaltung- und Programmarbeit trennen lässt. Teilweise mussten auch mehrere Aufgaben in einer Ka-tegorie zusammengefasst werden, damit das KaKa-tegoriensystem nicht zu kleinteilig gerät, wie beispielsweise bei der Kategorie Bestandsmanagement, die sowohl die Aufgaben Erschließung, Erwerbung und Bestandspflege umfasst. Bei der Einteilung der Kompe-tenzen ergab sich das Problem, dass hier in den Stellenanzeigen im entsprechenden Abschnitt sehr häufig Kenntnisse und weniger eigentliche Kompetenzen oder spezielle Fähigkeiten genannt wurden. Um die methodische Vorgehensweise besser nachvoll-ziehbar zu machen und mögliche Synonyme, die in den Stellenanzeigen genannt wur-den zu verzeichnen, wurde ein Kategoriensystem erstellt. Wurde eine Aufgabe oder eine Kompetenzanforderung mehrmals in derselben Stellenanzeige synonym genannt, so wurde die entsprechende Kategorie nur einmal pro Stellenanzeige vergeben. In einem abschließenden Schritt wurde das quantitative Vorkommen der Kategorien gezählt. Die Kategorien der Aufgaben wurden anschließend verschiedenen Aufgabenfeldern zuge-ordnet. Neben einem bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Tätigkeitsbereich und einem Tätigkeitsbereich der Veranstaltungsarbeit und Programmarbeit, wurden hier auch die Bereiche der Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkarbeit, des Managements so-wie das Aufgabenfeld der Informationstechnik berücksichtigt.

Die Kompetenzen wurden in Anlehnung an das von Behm-Steidel im Rahmen ihrer Dissertation entwickelte Kompetenzprofil für Spezialbibliothekare201 verschiedenen Be-reichen zugeordnet. Dieses Kompetenzmodell bietet sich deshalb an, da es die Erfas-sung der Kompetenzen im bibliothekarischen Berufsfeld ermöglicht, aber auch auf die genannten Kompetenzen in den Stellenanzeigen für Medienpädagog:innen anwendbar

199 Vgl. Kerstin Keller-Loibl und Susanne Brandt, Leseförderung in Öffentlichen Bibliotheken, Praxiswissen (Berlin: De Gruyter, 2015), 1.

200 Vgl. Wildeisen, „Rettung in Sicht?!,“ 119.

201 Vgl. Behm-Steidel, „Kompetenzen für Spezialbibliothekare“.

ist. Behm-Steidel unterteilt ihr Kompetenzmodell in mehrere Teilkompetenzen202, von de-nen diejenigen, welche für die vorliegende Auswertung der Stellenanzeigen relevant sind, hier vorgestellt werden:

Die methodisch-fachliche Kompetenz stellt als Fachqualifikation die Bedingung für die Ausübung der berufsspezifischen Tätigkeiten dar.203 Im Falle der vorliegenden Analyse sind dies, aufgrund des oftmals gemischten Profils der Stellenanzeigen, sowohl biblio-thekarische als auch medienpädagogische Kompetenzen.

Die IT-Kompetenz umfasst sämtliche Kenntnisse in Bezug auf die Anwendung der Da-tenverarbeitung sowie Kenntnisse der Informations- und Kommunikationstechnologie.204 Die Managementkompetenz beinhaltet Kenntnisse der Betriebswirtschaft, der Personal-führung, des Qualitätsmanagements und im Marketing.205

Die personale Kompetenz wird weiter unterteilt in die Aspekte Selbstkompetenz, welche die „Fähigkeit zum selbstverantwortlichen Handeln“206 beschreibt sowie den Aspekt der sozialen Kompetenz, die als Fähigkeit beschrieben wird „zu anderen Personen Kontakte zu unterhalten und mit ihnen positiv zu interagieren.“207

Weitere Kompetenzen, die Behm-Steidel in ihrem Kompetenzprofil erläutert, sind die Wissenschaftskompetenz und die unternehmensbezogene Kompetenz. Diese wurden bei der Auswertung nicht berücksichtigt, da sie vor allem für die Berufsgruppe der Spe-zialbibliothekar:innen relevant sind. Neben der Auswertung der qualitativen Variablen, welche die in den Stellenanzeigen genannten Aufgaben und Kompetenzanforderungen umfassen, wurden auch die quantitativen Variablen betrachtet. Diese enthalten neben der Gesamtzahl der Stellenanzeigen auch die Entwicklung der Stellenanzeigenanzahl über den Untersuchungszeitraum hinweg. Um einen Eindruck davon zu gewinnen, wel-cher Größenordnung Bibliotheken hauptsächlich zuzuordnen sind, die Stellenanzeigen für Fachkräfte im Bereich der Medienpädagogik inserieren, wurde außerdem der Ver-such unternommen die Bibliotheken anhand ihrer dbv-Sektionen zu analysieren. Bei den

202 Die Differenzierung von Kompetenzen in einem Kompetenzmodell ist nicht auf die Arbeit von Behm-Steidel zurückzuführen, sondern stellt ein zentrales Instrument in der Personalwirt-schaft, aber auch im Bildungswesen dar. Die einzelnen Modelle unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Benennungen der Teilkompetenzen. Neben der Einteilung von Roth (1971) in die Bereiche Selbst-, Sozial und Sachkompetenz oder der Differenzierung von Mudra (2004) in Persönlichkeits-, Sozial-, sowie Fach- und Methodenkompetenz, ist auch der Kom-petenzatlas von Heyse und Erpenbeck (2004) bekannt, der neben der personalen Kompe-tenz, der sozial-kommunikativen Kompetenz und der Fach- und Methodenkompetenz auch die Aktivitäts- und Handlungskompetenz unterscheidet. Vgl. Michael Gessler, „Das

Kompetenzmodell.“ In Handbuch Personalentwicklung: Die Praxis der Personalbildung, Personalförderung und Arbeitsstrukturierung, hrsg. v. Reiner Bröckermann und Michael Müller-Vorbrüggen, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage (Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag, 2010).

203 Vgl. Behm-Steidel, „Kompetenzen für Spezialbibliothekare“, 212.

204 Vgl. ebd., 230.

205 Vgl. ebd., 235 – 239.

206 Ebd., 254.

207 Ebd., 254.

stellenausschreibenden Institutionen, die im Rahmen der Stellenanzeigenanalyse be-trachtet wurden, handelt es sich ausschließlich um öffentliche Bibliotheken. Der Deut-sche Bibliotheksverband (dbv) gliedert diese in die vier verschiedenen Sektionen 1, 2, 3a und 3b, die wie folgt definiert werden:

Sektion 1 des dbv umfasst die größten öffentlichen Bibliotheken und Bibliothekssys-teme, gegenwärtig besteht die Sektion aus 20 Mitgliedern. Sie vertritt Einrichtungen, welche in Städten mit über 400.000 Einwohner:innen liegen.208

Sektion 2 umfasst öffentliche Bibliotheken und Bibliothekssysteme für Versorgungsbe-reiche zwischen 100.000 und 400.000 Einwohner:innen. Aktuell besteht die Sektion 2 aus insgesamt 86 Mitgliedern.209

Sektion 3a besteht aus öffentlichen Bibliotheken und Bibliothekssystemen mit Versor-gungsgebieten zwischen 50.000 bis 100.000 Einwohner:innen sowie Landkreisen mit bibliothekarischen Einrichtungen. Aktuell besteht die Sektion aus 101 Mitgliedern.210 Sektion 3b umfasst öffentliche Bibliotheken und Bibliothekssysteme mit Versorgungs-bereichen bis zu 50.000 Einwohner:innen sowie Landkreise mit bibliothekarischen Ein-richtungen. Aktuell besteht die Sektion aus 1164 Mitgliedern.211

Von den 76 medienpädagogischen Stellenanzeigen, die im Rahmen der Analyse be-trachtet wurden, sind 32 Stellenanzeigen (42,1%) von Bibliotheken der Sektion 2 ausge-schrieben worden. 22 Stellenanzeigen (28,9%) von Bibliotheken der Sektion 3b, 15 Stel-lenanzeigen (19,7%) sind Bibliotheken der Sektion 3a zuzuordnen und 7 Stellenanzei-gen (9,2%) wurden von Bibliotheken der Sektion 1 inseriert.

Es lässt sich anhand der Auswertung vermuten, dass vor allem die größeren Bibliothe-ken der Sektionen 1 und 2 auf der Suche nach medienpädagogischen Fachkräften sind, wenn man die Ergebnisse im Verhältnis zur Mitgliederanzahl der einzelnen Sektionen betrachtet. Da einige Bibliotheken mehrere Stellenanzeigen ausgeschrieben haben und der dbv außerdem Stadtteilbibliotheken teilweise derselben Sektion wie die Hauptstelle, teilweise aber auch kleineren Sektionen zuordnet, hat sich das Kriterium der dbv-Sekti-onen für die Analyse als nicht belastbar erwiesen. Aufgrund der genannten Schwierig-keiten wird die erwähnte Untersuchung nicht im Ergebnisteil dargestellt, es konnte je-doch eine Tendenz hinsichtlich der Größenordnung von Bibliotheken, die auf der Suche nach medienpädagogischen Fachkräften sind, aufgezeigt werden.

208 Die Informationen zur Anzahl der Mitglieder der einzelnen Fachgruppen sind der statisti-schen Übersicht des dbv entnommen, die Informationen über die Größe entstammen den einzelnen Fachgruppenseiten des dbv. Vgl. Deutscher Bibliotheksverband e.V., „Statistik:

Mitglieder im dbv.“ Zuletzt geprüft am 15.05.2021,

https://www.bibliotheksverband.de/mitglieder/mitgliederdaten/statistik.html; Deutscher Bibliotheksverband e.V., „Sektionen.“ Zuletzt geprüft am 15.05.2021,

https://www.bibliotheksverband.de/fachgruppen/sektionen.html.

209 Vgl. ebd.

210 Vgl. ebd.

211 Vgl. ebd.