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2. Literaturübersicht

2.5 G-CSF und der Einfluss von Stammzellen am Herzen

2.5.2 Stammzelltherapie bei der Herzinsuffizienz

Herkömmliche Therapiestrategien der Herzinsuffizienz beruhen vorwiegend auf einer Hemmung des Fortschreitens der Erkrankung, ohne dass dabei eine „Restitutio ad integrum“ erreicht würde. Immer mehr Patienten erlangen allerdings dennoch das Finalstadium der Herzinsuffizienz, in dem momentan einzig eine Herztransplantation als Therapie bleibt [141]. Bei einer durchschnittlichen Wartezeit von 9-12 Monaten

versterben allerdings bereits 30 % der gelisteten Patienten auf der Warteliste [141].

Deshalb stellt sich vor allem auch im Terminalstadium der Herzinsuffizienz die Frage nach neuen Therapieoptionen, wie der Stammzelltherapie, bei der im Rahmen der regenerativen Medizin die Erneuerung und der effektive Ersatz von Zellen und Gewebe im Mittelpunkt stehen [142].

2.5.2.1 Embryonale Stammzelltherapie

Embryonale Stammzelllinien (ES), die aus der inneren Zellmasse (ICM) von Embryonen im Blastozystenstadium (v.a. im Achtzellstadium) gewonnen werden, sind pluripotent und haben die Fähigkeit, sich in alle Zelltypen zu differenzieren, wie in der embryonalen Entwicklung. Dabei sind sowohl Human- wie auch Mäuse-ES Gegenstand intensiver Forschungsbemühungen, auch in Hinblick auf die Differenzierung in Kardiomyozyten [143-145]. Die ersten embryonalen Mäusestammzelllinien (mES) wurden 1981 isoliert, und es konnten inzwischen in vitro funktionstüchtige Kardiomyozyten davon abgeleitet werden, die sowohl typische molekulare, zelluläre und physiologische Charakteristika von Herzzellen aufweisen [145]. Dabei wurden auch die verschiedenen speziellen Zelltypen am Herzen, wie Vorhof-, Ventrikel-, Sinusknoten- und Purkinjefaserzellen anhand ihrer charakteristischen Aktionspotentiale gefunden [145]. Für die Differenzierung in Kardiomyozyten gibt es eine Reihe von Faktoren, die bei dem Differenzierungsprozess eine wichtige Rolle spielen, wie zum Beispiel die Zusammensetzung des Nährmediums, Wachstumsfaktoren, Zytokine, Zusatzstoffe, die Zelllinie und die Startzahl von Zellen in den sogenannten „Embryoid bodies“

(EBs) [143, 145]. Vieles, was man bisher über die Differenzierung von ES in Kardiomyozyten weiß, hat man durch die Studien an mES gelernt, aber es konnten auch einige wichtige Unterschiede zwischen mES und hES festgestellt werden [145].

Als Thomson und seine Mitarbeiter 1998 die ersten humanen embryonalen Stammzellen ableiteten, galt dies als großer Durchbruch [146]. Dennoch gibt es eine tiefe Kluft zwischen der Möglichkeit ES in Myokard zu differenzieren und dies klinisch zu nutzen. Es konnte aber in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass

Transplantate von embryonalem kardialem Gewebe aus ES in normalem Myokard bestehen und auch Gap Junctions ausbilden [144]. Xiao [146] stellt die Ergebnisse verschiedener tierexperimenteller Studien vor, in denen embryonale Stammzellen im insuffizienten Herzmuskel integriert werden konnten. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass sowohl Transplantate von mES, wie auch intravenös applizierte Stammzellen sich erfolgreich im geschädigten Myokard ansiedeln und in funktionsfähige Kardiomyozyten differenzieren, dort die Vaskularisation fördern und auf diese Weise die Herzfunktion wieder steigern und die Todesrate im Tierexperiment signifikant senken. Auch die Infarktgröße war nach ES-Transplantationen bei verschiedenen Tiermodellen deutlich reduziert [146]. Zhang und Mitarbeiter konnten jedoch im „whole-cell patch-clamp“-Modell zeigen, dass die aus embryonalen Stammzellen differenzierten Kardiomyozyten gegenüber natürlichen Myozyten deutliche Aktionspotentialheterogenität, verlängerte Aktionspotentialdauer und leicht zu induzierende getriggerte Aktivität aufweisen. Die Arbeitsgruppe machte deutlich, dass im „patch-clamp“-Modell ein unerwartetes arrhythmogenes Potential in Kardiomyozyten steckt, die von embryonalen Stammzellen abgeleitet wurden [147]. So zeigten die ventrikel-ähnlichen Kardiomyozyten verlängerte Aktionspotentiale, frühe und späte Nachdepolarisationen und schließlich sogar PVTs. Auch Zhang [147] vermutet Veränderungen der Kalium- und Kalziumionenströme an von Stammzellen abgeleiteten Kardiomyozyten als Auslöser für das nachgewiesene arrhythmogene Potential.

Ganz andere, vielleicht ebenso gewichtige Probleme stellen jedoch die Tumorgenität, die Immunogenität und nicht zuletzt ethische Bedenken gegen den Einsatz von hES beim Menschen dar [144,145, 146].

2.5.2.2 Knochenmarksstammzelltherapie

Zwei entscheidende Punkte bieten einen deutlichen Vorteil autologer Knochenmarkszellen (BMC) und deren Subpopulationen gegenüber den embryonalen Stammzellen. Sie zeigen keine immunologische Abstoßungsreaktion, da die Zellen aus dem körpereigenen Knochenmark des Patienten gewonnen

werden können und sie sind ethisch unbedenklich und daher auch gut für klinische Studien einsetzbar [148]. Stammzellen und Progenitorzellen, die vom Knochenmark in die Blutbahn freigesetzt werden, sind ein von der Natur angelegtes Reparatursystem für Schädigungen der Organe. Die Kapazität dieses physiologischen Reparatursystems ist jedoch lediglich für eine geringgradige, langsame Reparatur ausgelegt, möglicherweise als Gegengewicht zur Alterung der Organe oder geringen Verletzungen. Bei einer massiven Gewebeschädigung wie einem Myokardinfarkt ist diese Reparaturfähigkeit allerdings bei weitem überfordert [149]. Es ist bekannt, dass das Knochenmark ein exzellentes Reservoir für viele adulte Stammzellen ist und dass vom Knochenmark abgeleitete Stammzellen dazu fähig sind, Grenzen von Zelllinien zu durchbrechen und sich in verschiedene Zelltypen wie Hepatozyten, Endothelzellen, Skelettmuskelzellen und Neuronen zu differenzieren. Andererseits wird die Fähigkeit zur Differenzierung in Herzmuskelzellen sehr kontrovers diskutiert [150]. Dennoch sind vom Knochenmark abgeleitete Stammzellpopulationen erfolgreich am Herzen eingesetzt worden, inklusive hämatopoetischer Stammzellen (HSC), mesenchymaler Stammzellen (MSC) und endothelialer Progenitorzellen (EPC) [151].

Menasché [152] konnte zunächst beeindruckende Erfolge durch die Behandlung von Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion und Myokardinfarkt mit pluripotenten Zellen verzeichnen. Im Folgenden wurde jedoch bei größeren Patientenzahlen von Rhythmusstörungen berichtet, die soweit führten, dass prophylaktisch ICDs implantiert werden mussten und die MAGIC-Studie vorzeitig abgebrochen wurde [153]. Der Grund für die Zunahme des proarrhythmischen Potentials ist vermutlich die unvollständige Einkopplung der implantierten Zellen in das funktionelle Synzytium des Herzmuskels: Skelettmuskelzellen bilden - im Gegensatz zu Herzmuskelzellen – keine für die Zell-Zell- Verbindung notwendigen Gap junctions aus und sind daher elektrophysiologisch isoliert.

Bei einem anderen klinischen Ansatz schließlich gelang es der Arbeitsgruppe B. E.

Strauer 2001 erstmals isolierte mononukleäre Knochenmarkszellen einige Tage nach einem überstandenen Herzinfarkt zu transplantieren. Es kam dabei zu einer Abnahme der Infarktgröße, zu einer Zunahme der Auswurffraktion, des Herz- und

Schlagindexes und zu einer Abnahme des enddiastolischen Volumens sowie des linksventrikulären Füllungsdrucks unter Belastung [154, 155]. Dieser ersten klinischen Studie folgten weitere größere Studien von der Arbeitsgruppe um Prof.

Zeiher (TOPCARE-AMI) [149, 156, 157, ], einer Arbeitsgruppe aus Hannover (BOOST-Studie) [158] sowie der REPAIR-AMI Studie [159], die allesamt belegen konnten, dass die intrakoronare Infusion von BMC sowohl klinisch durchführbar und sicher ist, als auch zu einer deutlichen Verbesserung der linksventrikulären Funktion nach akutem Myokardinfarkt (MI) führt [160].

Neben den tierexperimentellen und den klinischen Studien nach akutem Herzinfarkt gibt es bereits auch einige Studien zum Einsatz von Stammzellen bei chronischer Herzinsuffizienz. Doch bei chronischen Herzerkrankungen sind die Voraussetzungen für die Stammzelltherapie wesentlich schlechter als nach akutem Infarkt, denn das frisch ischämische Myokard ist für den Empfang der Zellen durch die Aktivierung des Endothels, die Expression von Rezeptoren und die Freisetzung von Botenstoffen bereits sensibilisiert [149]. Eine japanische Arbeitsgruppe um Ishida und Tomita [161]

konnte dennoch am Doxorubicin induzierten Herzinsuffizienzmodell an Ratten demonstrieren, dass nach Injektion von BMC in die linke freie Ventrikelwand gegenüber der Vergleichsgruppe sowohl die Mortalitätsrate gesunken, als auch positive Effekte auf die Vaskularisation beobachtet werden konnten [161] Dieser positive Effekt konnte durch Aktivierung der Knochenmarkszellen mit Hilfe von G-CSF bestätigt werden [162].

2.5.2.3 Mobilisationstherapie mit GCSF

Nach Link und Hess [137] mobilisiert G-CSF in therapeutischen Dosen Stammzellen und Progenitorzellen aus dem Konchenmark in das periphere Blut. Ischämisches Gewebe, z.B. Myokard nach einem Herzinfarkt, exprimiert Rezeptoren und entsendet Botenstoffe [163], welche sowohl das Einwandern, wie auch die Adhäsion und die Differenzierung der durch G-CSF stimulierten Progenitorzellen steuern. Die Differenzierung in bestimmte Parenchymzellen erfolgt wahrscheinlich über Zell-Zell-Kontakte mit den vor Ort bereits vorhandenen, differenzierten Zellen [149]. Sowohl nach einem Herzinfarkt, als auch bei fortschreitender Herzinsuffizienz, unterliegt der

Herzmuskel einem Umbauprozess, der begleitet wird von einem Zelluntergang mit Verlust der Gap Junctions, Fibrosierung und Expansion der Ventrikel.

Abb. 9: Schematische Darstellung des Cardiac Remodelling; modifiziert nach [166].

Sugano [164] konnte an Ratten nach akutem Herzinfarkt zeigen, dass bei subkutaner G-CSF-Injektion die Expansion der Kammern abgemildert werden konnte. Weitere experimentelle Studien konnten den positiven Effekt von G-CSF auf das Remodelling nach einem akuten Herzinfarkt (MI) bestätigen [165,166]. Es konnte gezeigt werden, dass G-CSF nicht nur über die Mobilisation von Stammzellen aus dem Knochenmark wirkt, sondern auch direkte Wirkung auf die Kardiomyozyten, z.B.

durch Aktivierung verschiedener Signalwege (extrazelluläre signal-regulierende Kinasen, Signalgeber und Aktivatoren der Transkription) hat. Diese kardioprotektiven Effekte zeigen sich in der Induktion der Angiogenese und in einer Abnahme der Apoptose. Schlussendlich kann G-CSF so ein verheerendes Remodeling des linken Ventrikels und Dysfunktion nach akutem MI verhindern (anti-remodeling effect) [166].

Abb. 10: Anti-remodeling Effekt des G-CSF nach Takano [166].

In einer kürzlich veröffentlichten Studie des Universitätsklinikums Münster konnte ein weiterer neuer Aspekt nach einer G-CSF Behandlung von Mäusen mit künstlich induziertem Infarkt beschrieben werden. Es kam nicht nur zu einer Verbesserung der Pumpfunktion, sondern auch zu einer deutlichen Abnahme der Anfälligkeit für ventrikuläre Tachykardien. Anscheinend führte die G-CSF Behandlung im Randgebiet des Infarktes zu einem deutlich geringeren Abfall der Connexin43- Expression im Vergleich zur Placebogruppe und so zu einer Verminderung des arrhythmischen Potentials [11]. Auch bei großen abgeheilten Infarkten konnte gezeigt werden, dass die aus dem zurückliegendem Infarkt resultierende chronische Insuffizienz sich durch eine G-CSF Behandlung deutlich verbessert [167]. Diese Effekte begründete man auf einer Zunahme der G-CSF-Rezeptoren im insuffizienten Herzen, einer Aktivierung verschiedener Signalgeber, sarkomerer Proteine, einer vermehrten Expression von Metalloproteinasen und demgegenüber einer Reduzierung von TNF, AT1, sowie TGF-1 [167]. Doch der Einsatz von G-CSF im Myokardmodell wird kontrovers diskutiert. So kam es bei einer Studie mit G-CSF und intrakoronarer Stammzellinfusion zwar zu einer Verbesserung der Herzfunktion und

einer Förderung der Angiogenese, aber auch zu einer Erhöhung der Re-Stenose Anfälligkeit [168]. Eine weitere Arbeitsgruppe berichtete, dass eine subkutane Gabe von GM-CSF (Granulozten-Monozyten Kolonie stimulierender Faktor) nach akutem Infarkt keinen Effekt auf die Infarktgröße und die linksventrikuläre Funktion beim Schwein zeigte [169].

Neben diesen Studien zur Wirkungsweise von G-CSF beim Herzinfarkt liegen auch erste Ergebnisse bei chronischer Herzinsuffizienz vor, die ebenfalls mit einem Untergang von Kardiomyozyten einhergeht. Neben dem Effekt der Stammzellmobilisation und Migration ins kranke Myokard wird eine direkte Wirkung des G-CSF auf die Kardiomyozyten durch G-CSF- Rezeptoren und Signalwege angenommen [170]. Wie auch im Infarktmodell konnte Wei et al. [171] zeigen, dass bei Adriamycin- induzierter Kardiomyopathie die Fas-Protein Expression, die für die Kardiomyozyten- Apoptose verantwortlich gemacht wird, deutlich abgeschwächt und so der Zelltod deutlich vermindert war und die Ultrastruktur der Kammermuskulatur besser erhalten blieb. Auch hier hatte sich die Pumpfunktion gegenüber der Vergleichsgruppe verbessert. Takemura et al. [172] hingegen führten die verbesserte Pumpfunktion, das Remodeling und die erhöhte Überlebensrate beim Herzinsuffizienzmodell an der Maus nach Doxorubicininduktion und G-CSF- Gabe auf einen Rückgang der Autophagozytose (Typ 2 des programmierten Zelltodes) der Herzzellen zurück. G-CSF induzierte hier durch Aktivierung der molekularen Signalwege, Erhöhung von Matrix Metalloproteinasen und Reduzierung von TNF

Veränderungen [173]. In einer Studie mit Doxorubicin induzierter Herzinsuffizienz bei der Maus konnte Takemura [174] diese Ergebnisse bestätigen. G-CSF schützte das Herz vor Atrophie, Degeneration, Fibrose, inflammatorischer Zellinfiltration, Herunterregulierung von GATA-4 und Sarcomerer Proteine, „Myosin heavy chain“, Troponin I und Desmin. Degenerative Veränderungen wie fibrilläres Derangement und Zerreißungen sowie die Ausweitung des Volumens subzellulärer Organellen konnte durch die G-CSF Behandlung signifikant abgeschwächt werden. Schließlich konnte auch in einer ersten kürzlich erschienen tiermedizinischen klinischen Studie an drei Hunden mit dilatativer Kardiomyopathie (DCM) und Therapieresistenz auf konventionelle Therapieverfahren nach subkutaner Injektion von G-CSF (10 g/kg)

eine deutliche Verbesserung der Herzfunktion im Herzultraschall gezeigt werden [175]. Auch eine erste kleine Studie am Menschen zeigte bei 10 Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz nach subkutaner G-CSF-Injektion postive Effekte auf die Herzfunktion, ohne signifikante nachteilige Effekte der Therapie [176]. Es scheint also, als könne G-CSF nicht nur durch Mobilisation von Stammzellen in der Krebstherapie eingesetzt werden [177], sondern es gilt weiter herauszufinden, ob sich die günstigen Eigenschaften von G-CSF am Herzen in weiteren Studien bestätigen lassen und die genaue Funktionsweise zu studieren. Aufgrund der Berichte von verminderter Arrhythmieanfälligkeit nach G-CSF-Gabe beim Infarktmodell [11] und positiver Effekte auf die Herzfunktion auch bei chronischer Herzinsuffizienz, wollten wir am Beispiel der induzierten Tachymyokardie erstmals Untersuchungen zur Arrhythmognese am insuffizienten Herzen nach G-CSF-Gabe durchführen. Es stellt sich die Frage ob eine G-CSF dabei eine positive Rolle bei der Verhinderung von Proarrhythmie spielt.