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5. Diskussion

5.1 Arrhythmogenese bei chronischer Herzinsuffizienz und dem langen-QT-

Der plötzliche Herztod als Folge ventrikulärer Tachyarrhythmien stellt eine der Hauptursachen für die Mortalität bei chronischer Herzinsuffizienz dar [208]. Dabei haben wir bei unserem Modell das Hauptaugenmerk auf die nicht ischämische Herzinsuffizienz gelegt, die im Gegensatz zum Myokardinfarkt weit mehr Fragen bei der Entstehung von Arrhythmien offen lässt. Da es nur selten gelingt, elektrokardiographische Aufzeichnungen über solche tödlich verlaufenden Arrhythmien zu bekommen, ist es oft schwierig den genauen Hergang zu rekonstruieren. Im Gegensatz dazu ist das klinische Bild des langen-QT-Syndroms mit den typischen EKG-Veränderungen bei Torsade de Pointes relativ deutlich, doch auch hier liegen noch immer Unklarheiten bezüglich ihrer Entstehung vor. Es werden eine Reihe von Mechanismen diskutiert, die für die Entstehung dieser potentiell lebensbedrohlichen Rhythmusstörung von Bedeutung sind. Zum Beispiel werden eine verlängerte Repolarisation, eine erhöhte Dispersion der Repolarisation, das

Auftreten von frühen Nachdepolarisationen sowie eine unterschiedliche Verteilung der an der Repolarisation beteiligten Kaliumkanäle in Betracht gezogen [66]. Doch auch bei chronischer Herzinsuffizienz werden häufig komplexe Arrhythmien und polymorphe ventrikuläre Tachykardien, vor allem in den frühen Stadien, als Ursache für die hohe Mortalität angesehen [102].

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie spiegeln dies wider. Unter den besonderen Bedingungen einer Tachykardiomyopathie, die durch schnelle Schrittmacherstimulation hervorgerufen wurde, zeigte sich zum Einen echokardiographisch eine signifikante linksventrikuläre Funktionsstörung und zum Anderen konnte die deutliche Neigung dieser insuffizienten Herzen, Kammerarrhythmien zu entwickeln, bestätigt und elektrophysiologisch näher untersucht werden. Dazu legten wir unser Hauptaugenmerk auf elektrophysiologische Größen wie die MAP-Dauer, die spatiale (räumliche) und zeitliche Dispersion, die Refraktärzeit sowie die QT-Zeiten. Alle diese Größen haben einen Einfluss auf die so genannte Repolarisationsreserve [209].

So kam es bereits unter Ausgangsbedingungen durch die erzeugte Herzinsuffizienz zu einer signifikanten Zunahme der Aktionspotentialdauer und der Refraktärzeiten, sowie zu einer Verlängerung des QT-Intervalls und der Dispersion der Repolarisation. Eine verlängerte Aktionspotentialdauer, und eine damit verbundene verlängerte Repolarisation ohne weitere medikamentöse Blockade, lässt sich sowohl mit einer verminderten Funktion der verantwortlichen Kaliumkanäle oder aber mit einer Reduktion ihrer Anzahl erklären [216]. Man kann daraus schlussfolgern, dass die erzeugte chronische Kardiomyopathie ursächlich und in direktem Zusammenhang mit einer verminderten Funktion oder einer Downregulation der an der Repolarisation beteiligten Kaliumkanäle steht. Dies entspricht auch den Befunden verschiedener Autoren [107-111], die eine Reduktion der auswärtsgerichteten Kaliumionenströme für die verlängerte Aktionspotentialdauer bei Herzinsuffizienz verantwortlich machen.

Schließlich konnte zusätzlich durch die proarrhythmischen Effekte einer Kaliumkanalblockade des repolarisationsverlängernden Medikaments Erythromycin, mittels IKr-Blockade das LQT2-Syndrom simuliert werden und die bereits erwähnten

elektrophysiologischen Größen zusätzlich zur Herzinsuffizienz unter diesen besonderen Bedingungen untersucht werden. Durch die Zugabe des potenten IKr -Blockers Erythromycin kam es bei den insuffizienten Herzen im Vergleich zu den Kontrolltieren zu einer weiteren deutlichen Repolarisationsverlängerung, was die Hypothese einer Funktionsminderung oder Downregulation der Kaliumkanäle stützt.

Der deutlichste Verlängerungseffekt war bei den herzinsuffizienten, mit G-CSF behandelten Tieren unter der höchsten Erythromycinkonzentration zu sehen. Durch das Erzeugen einer Herzinsuffizienz werden ebenso, wie durch die Gabe von Erythromycin, in Verbindung mit der so entstandenen Repolarisationsverlängerung, geeignete Bedingungen für das Entstehen von frühen Nachdepolarisationen geschaffen. Diese wiederum können als geeigneter Trigger für das Entstehen von TdPs dienen, wenn der Boden eines geeigneten Substrats vorhanden ist, wie eine erhöhte Dispersion der Repolarisation [118].

5.1.1 Repolarisationsreserve

Der bereits mehrfach angesprochene Begriff der Repolarisationsreserve wurde 1998 von Roden geprägt [118]. Er bezeichnet verschiedene, teils redundante Mechanismen der myokardialen Repolarisation. Da die Repolarisation abhängig ist vom genauen Zusammenspiel verschiedener Ionenströme und deren spezifischer Kanäle [18], können Störungen dieses Zusammenspiels schnell zu Komplikationen führen. Damit nicht jede kleinere Störung dieses Systems wie z.B. die Blockade von spezifischen Ionenkanälen durch Medikamentenwirkung oder Funktionsverlust bestimmter Kanäle bei Herzinsuffizienz zu exzessiver QT-Zeit-Verlängerung führt, sollen sich die verschiedenen redundanten Mechanismen dann an den Vorgängen der Repolarisation beteiligen und so einen natürlichen Puffer des Herzens bilden [119]. Es handelt sich also um eine patienten-spezifische Antwort auf die Repolarisation beeinflussende Störungen [209]. So können Fehler im System der Ionenkanäle, sei es durch genetische Mutationen (z.B. LQT-Syndrom) oder Herzinsuffizienz hervorgerufen, zunächst ohne klinische Relevanz bleiben [119].

Entsteht auch kein vollständiger Phänotyp des Long-QT-Syndroms, erhöht sich

dennoch das Risiko für eine Aktionspotentialverlängerung und die Entstehung von Arrhythmien, wenn zusätzlich Risikofaktoren hinzukommen und das Risiko potenzieren [120]. Wirkt also auf eine subklinisch ausgeglichene Veränderung eine weitere Störgröße auf das System, kann es zur deutlichen Aktionspotentialverlängerung und so zu frühen Nachdepolarisationen mit der Folge von Rhythmusstörungen wie Torsade de Pointes kommen [118]. Eine solche subklinische Veränderung der Repolarisationsreserve könnte zum Beispiel die genetische Mutation im Sinne des LQT-Syndroms sein, aber auch eine gering ausgeprägte Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium 1-2. In einem Screening könnten solche individuellen subklinischen Voraussetzungen eines Patienten nicht unbedingt erfasst werden, aber zu erheblichen Komplikationen beim Hinzukommen einer weiteren Störgröße führen [118].

Im Rahmen dieser Studie konnte deutlich die Verlängerung der Repolarisation der chronisch geschädigten Myozyten im Vergleich mit den sham-operierten Herzen gezeigt werden. So kam es in der vorliegenden Arbeit zu einer ausgeprägten Verlängerung der Aktionspotentialdauer. In Anbetracht der Erkenntnisse der Arbeitsgruppe um Roden [118] kann man daraus schlussfolgern, dass die chronische Herzinsuffizienz also eine bedeutende Rolle bei der Reduktion der Repolarisationsreserve der untersuchten Herzen spielt. Eine bestehende Herzinsuffizienz erhöht demnach die Empfindlichkeit gegenüber dem proarrhythmischen Potential IKr-blockierender Substanzen wie Erythromycin. Dies wiederum impliziert zunächst, dass bei bekannter Herzinsuffizienz eines Patienten die Verordnung auch bereits etablierter Medikamente besonders sorgfältig abgewogen werden muss [34]. Im Besonderen gilt dies natürlich für den unkritischen Einsatz neuerer viel versprechender pharmakologischer Errungenschaften wie dem Zytokin G-CSF bei bestehender Herzinsuffizienz.

Weiterhin zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit die regionalen Unterschiede in der Kaliumkanalexpression. Diese unterschiedliche Verteilung wird besonders nach der Gabe der IKr-Blockers Erythromycin deutlich, wonach die Repolarisationszeiten (siehe Kap. 4.5, Abb. 53) deutlich voneinander differieren und auch die Dispersion der Repolarisation zunimmt. Wir können also mit unseren Ergebnissen bestätigen,

dass der schnelle Kaliumkanal nicht gleichmäßig epi- und endokardial verteilt ist [28, 29].

5.1.2 Spatiale und temporale Dispersion

Die elektrophysiologischen Veränderungen, die durch die chronische Herzinsuffizienz hervorgerufen werden, sind Bestandteil aktueller Studien [105]. Zu diesen Veränderungen am Herzen zählt neben der bereits erwähnten Verlängerung der Repolarisation auch die Zunahme der Heterogenität der Repolarisationszeiten [105]. Eine Verlängerung der Repolarisation gilt als Risikofaktor für das Entstehen von frühen Nachdepolarisationen. Sie können als arrhythmogene Trigger bei Herzinsuffizienz wirken und in Verbindung mit einer Erhöhung der Dispersion der myokardialen Repolarisation zum Auftreten von polymorphen ventrikulären Tachykardien vom Typ Torsade de Pointes führen [210]. Für die Entstehung von TdPs werden unterschiedliche Faktoren angeführt [211]. Dazu gehören eine regional unterschiedliche Verteilung von Kaliumkanälen, eine erhöhte Dispersion der Repolarisation sowie frühe Nachdepolarisationen, wobei der genaue Entstehungsmechanismus nach wie vor Gegenstand intensiver Forschungsbemühungen ist. Die Dispersions-Hypothese, eine ungleichmäßige temporale [212] und spatiale [213] Verlängerung der Aktionspotentiale als Plattform für Re-entry wird als grundlegender Mechanismus für TdPs angenommen. Dabei bilden EADs dafür den Trigger, eine erhöhte Dispersion der Repolarisation (ungleich lange Repolarisations- und Refraktärzeiten) das Substrat für die Entstehung von Arrhythmien. Diese Thesen decken sich mit den Ergebnissen dieser Arbeit.

Durch den regional unterschiedlichen Grad der Aktionspotentialverlängerung erhöhte sich sowohl die interventrikuläre (p<0,05) wie auch die transmurale Dispersion (p<0,05) unter Herzinsuffizienz und Erythromycin im Vergleich zu den Sham-Kontrolltieren signifikant. Bei der zeitlichen Dispersion zeigte sich erst nach Zusammenkommen von 300M Erythromycin und G-CSF-Behandlung eine signifikante Erhöhung der BVR. Nach Hinzukommen der Herzinsuffizienz stieg die

BVR weiter signifikant an. Diese veränderten Dispersionen spielen für das Auftreten und Andauern von Torsade de Pointes wahrscheinlich eine große Rolle, weil so das Substrat für die Aufrechterhaltung von Re-entry-Arrhythmien geschaffen wird [213].

Der unterschiedliche Grad der Repolarisationsverlängerung lässt auch auf eine unterschiedliche Verteilung von IKr schließen, wie bereits für IKs beschrieben [35]. Die

„Reverse-use-dependence“, eine stärkere Verlängerung der Zykluslängen bei langsamen (900 ms) im Vergleich zu schnellen (300 ms) Frequenzen und ein typisches Zeichen für den IKr-Blocker Erythromycin [207], ist über eine exzessive Verlängerung des QT-Intervalls bei langsamen Zykluslängen in den Entstehungsmechanismus von TdPs ebenso mit einzubeziehen [214], wie die Veränderung der Refraktärzeiten [59]. Beides konnten wir in unseren Versuchen bestätigen. Es konnte deutlich gezeigt werden, dass es durch die Herzinsuffizienz und unter dem zusätzlichen Einfluss von Erythromycin signifikant häufiger zum Auftreten von Herzrhythmusstörungen im Sinne von frühen Nachdepolarisationen und polymorphen ventrikulären Tachykardien kam, als bei den Kontrolltieren.

Alle diese Befunde waren in den durchgeführten Versuchen nach der Behandlung mit dem Stammzellpräparat G-CSF noch einmal deutlich verstärkt.

5.2 Einfluss von G-CSF auf die Arrhythmogenese bei