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Experimentelle Untersuchungen zum Einfluss einer G-CSF-Therapie auf die Arrhythmogenese bei Herzinsuffizienz an Langendorff-perfundierten isolierten Kaninchenherzen

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Experimentelle Untersuchungen zum Einfluss einer G-CSF- Therapie auf die Arrhythmogenese bei Herzinsuffizienz an

Langendorff- perfundierten isolierten Kaninchenherzen

INAUGURAL-DISSERTATION

Zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von

Kati Dieks, geb. Hagemeister aus Leipzig

Hannover 2009

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: 1. Prof. Dr. Michael Fehr, Klinik für Kleintiere, Tierärztliche Hochschule Hannover

2. Prof. Dr. Lars Eckardt, Medizinische Klinik und Poliklinik C (Kardiologie und

Angiologie), Universitätsklinikum Münster

1. Gutachter: Prof. Dr. Michael Fehr 2. Gutachter: Prof. Dr. Wolfgang Bäumer

Tag der mündlichen Prüfung: 20.05.2009

(3)

Meinem Mann, Holger Dieks Meinem Sohn, Jonatan Robert Dieks

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ... 9

2. Literaturübersicht ... 11

2.1 Anatomie und Physiologie des Kaninchenherzens ... 11

2.1.1 Anatomie des Kaninchenherzens ... 11

2.1.2 Elektrophysiologische Grundlagen des Aktionspotentials der Herzmuskelzelle ... 12

2.2 Pathophysiologie der Repolarisation... 15

2.2.1 Elektrische Heterogenität des Kammermyokards... 15

2.2.2 Frühe Nachdepolarisationen, induzierte getriggerte Aktivität und Re-entry ... 18

2.2.3 Torsade de Pointes ... 21

2.2.4 Angeborenes und erworbenes langes QT-Syndrom (LQTS)... 23

2.3 Die chronische Herzinsuffizienz ... 26

2.3.1 Arrhythmogenese bei Herzinsuffizienz ... 28

2.3.2 Der plötzliche Herztod ... 30

2.4 Einfluss von Erythromycin auf die Repolarisation ... 33

2.5 G-CSF und der Einfluss von Stammzellen am Herzen ... 36

2.5.1 Struktur des G-CSF ... 37

2.5.2 Stammzelltherapie bei der Herzinsuffizienz... 37

2.5.3 Kardiale Connexine ... 45

2.6 Der Langendorff- Versuch... 46

2.6.1 Ein geschichtlicher Überblick... 47

2.6.2 Die historische Langendorff-Anlage... 48

2.6.3 Die Perfusionslösung... 49

3. Material und Methode... 50

3.1 Versuchstiergut ... 50

3.2 Schrittmacherimplantation... 51

(6)

3.2.1 Operationsvorbereitung ... 51

3.2.2 Operation... 52

3.3 Stimulation ... 56

3.3.1 Anschließen des externen Schrittmachers ... 56

3.3.2 Intensivierung der Stimulation ... 57

3.4 Klinische Untersuchung der Tiere ... 58

3.5 G-CSF Applikation ... 58

3.6 Echokardiographie ... 59

3.7 Der Langendorff-Versuch... 62

3.7.1 Präparation des isolierten Kaninchenherzens ... 62

3.7.2 Versuchsaufbau... 64

3.7.3 Versuchsprotokoll bzw. Versuchsdurchführung... 70

3.7.4 Auswertung ... 75

3.8 Statistik ... 77

4. Ergebnisse ... 78

4.1 Erzeugung einer signifikanten Herzinsuffizienz... 78

4.2 Einfluss der Herzinsuffizienz auf die myokardiale Repolarisation ... 80

4.2.1 Einfluss der Herzinsuffizienz auf die QT-Zeit... 84

4.2.2 Einfluss der Herzinsuffizienz auf die Dispersion der Repolarisation ... 85

4.3 Einfluss der Herzinsuffizienz auf die myokardiale Refraktärzeit... 89

4.4 Einfluss der Herzinsuffizienz und des Zytokins G-CSF auf das Entstehen von Kammerflimmern... 90

4.5 Einfluss des Zytokins G-CSF bei Herzinsuffizienz auf die myokardiale Repolarisation ... 92

4.5.1 Einfluss des Zytokins G-CSF bei Herzinsuffizienz auf die QT-Zeit... 97

4.6 Einfluss des Zytokins G-CSF auf die myokardiale Refraktärzeit ... 99

4.7 Einfluss des Zytokins „G-CSF“ auf die Entstehung von Torsade de Pointes bei Herzinsuffizienz... 100

5. Diskussion ... 103

5.1 Arrhythmogenese bei chronischer Herzinsuffizienz und dem langen-QT- Syndrom... 104

(7)

5.1.1 Repolarisationsreserve... 106

5.1.2 Spatiale und temporale Dispersion... 108

5.2 Einfluss von G-CSF auf die Arrhythmogenese bei chronischer Herzinsuffizienz ... 109

5.3 Grenzen der Methode ... 112

5.4 Ein Ausblick ... 113

6. Zusammenfassung ... 116

7. Summary ... 118

8. Literaturverzeichnis ... 120

9. Abkürzungsverzeichnis ... 139

10. Danksagung ... 140

(8)
(9)

1. Einleitung

Deutschlandweit steigt die Zahl der Kleintierhalter seit 2001 kontinuierlich an [1].

Besonders die vermeintlich leichter zu haltenden Heimtiere nehmen in den letzten Jahren zu. Bestätigt wird das durch einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an Heimtieren am Patientengut einer Tierarztpraxis. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit für den Tierarzt, neben den häufig vorkommenden Erkrankungen der Zähne, des Verdauungs-, Harn- und des Geschlechtsapparats beim Kaninchen, auf Erkrankungen zu stoßen, deren Ursachen im Bereich des Herzkreislaufsystems zu suchen sind. Aufgrund des hohen Informationsgehaltes aus den Medien und dem Internet steigt das Bedürfnis der Patientenbesitzer nach qualifizierter tierärztlicher Betreuung.

In der humanmedizinischen Forschung werden Kaninchen schon seit Jahrzehnten erfolgreich als Tiermodell bei der Erforschung verschiedener Herzerkrankungen eingesetzt [2]. Neben Untersuchungen zur Myokardischämie [3], zum Herzinfarktmodell [4] und zu Klappenfehlern [5], sind vor allem Untersuchungen zur induzierten Herzinsuffizienz am Kaninchenherzen Bestandteil intensiver Forschungsbemühungen [6]. Hier hat sich am Universitätsklinikum Münster das Herzinsuffizienzmodell durch schnelle Schrittmacherstimulation etabliert. Dabei wird die Entwicklung der Herzinsuffizienz durch klinische Untersuchung und serielle M- mode-Echokardiographie beurteilt. Anschließend werden die Herzen explantiert und an einer Langendorff- Anlage elektrophysiologisch untersucht.

Vor dem Hintergrund steigender Fälle von chronischer Herzinsuffizienz beim Menschen besteht hier ein großer Forschungsbedarf. Der plötzliche Herztod ist dabei ein häufiges Ereignis, das jedes Jahr etwa 100000 Todesopfer in Deutschland fordert [7]. In vielen dieser Todesfälle sind ventrikuläre Tachyarrhythmien bei bestehender chronischer Herzinsuffizienz dafür verantwortlich. Unabhängig vom plötzlichen Herztod führt die chronische Herzinsuffizienz neben einem gehäuften Auftreten von

(10)

Vorhofflimmern auch zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität und laut Framingham-Studie [8] zu einer 5-Jahres Überlebensrate von unter 40 %. Außerdem sei bei einem Patientenkollektiv mit Herzinsuffizienz die Sterblichkeitsrate sechs bis sieben Mal höher als in der Normalbevölkerung [8].

Im Gegensatz zu den Mechanismen der Pathogenese von Herzrhythmusstörungen bei bestehender koronarer Herzkrankheit mit durchgemachtem Herzinfarkt sind die pathophysiologischen Grundlagen der Entstehung von Arrhythmien bei Herzinsuffizienz und deren adäquate Behandlung weit weniger bekannt. Da die Untersuchung der elektrophysiologischen und hämodynamischen Vorgänge im Rahmen einer chronischen Herzinsuffizienz, sowie der ihr zugrunde liegenden Arrhythmiemechanismen sowohl für die Humanmedizin, als auch für die Veterinärmedizin von grundlegender Bedeutung sind, entstand diese Promotionsarbeit als Kooperation zwischen der Kleintierklinik der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Medizinischen Klinik C (Kardiologie) des Universitätsklinikum Münster. Da wesentliche elektrophysiologische Charakteristika des Herzmuskelgewebes beim Kaninchen auch auf das Myokard des Menschen zutreffen [9, 10], sind die Ergebnisse dieser Arbeit sowohl für die Veterinär- als auch für die Humanmedizin zu interpretieren.

Ziel dieser Arbeit ist es, neue Erkenntnisse hinsichtlich der pathophysiologischen Mechanismen der elektrophysiologischen Veränderungen und der daraus entstehenden Arrhythmien bei der chronischen Herzinsuffizienz zu gewinnen. Dies soll als Grundlage für die Weiter- und Neuentwicklung von Behandlungsstrategien dienen und eventuell neue therapeutische Ansätze bei der Behandlung der Herzinsuffizienz aufzeigen.

Da erste Ergebnisse einer Studie aus Münster beim Herzinfarktmodell mit dem Stammzellpräparat G-CSF positive Effekte auf die Herzfunktion zeigten [11], soll in dieser Arbeit festgestellt werden, ob sich auch beim Modell der chronischen Herzinsuffizienz die positiven Auswirkungen auf die Herzfunktionen durch eine Behandlung mit G-CSF bestätigen lassen.

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2. Literaturübersicht

2.1 Anatomie und Physiologie des Kaninchenherzens

2.1.1 Anatomie des Kaninchenherzens

Das Herz des Kaninchens ist wie beim Menschen kegelförmig und sitzt umgeben von einem dünnen Herzbeutel der ventralen Brustwand breitflächig auf. Die Herzspitze ist links des Sternums im Bereich des dritten Intercostalraums gelegen. Das Kaninchenherz liegt vergleichsweise weit kranial, der rechte Ventrikel reicht dabei weit nach dorsal. Im blutleeren Zustand liegt das Herzgewicht ca. bei 0,4 % des Körpergewichtes [12]. Auch die vier Herzklappen des Kaninchens sind Endokardduplikaturen und dem Herzskelett angeheftet. Durch die Segelklappen werden die Vorhöfe von den Herzkammern getrennt. Die linke Atrioventrikularklappe ist zweizipflig (Valva mitralis), die rechte dreizipflig (Valva trikuspidalis) [13]. Durch die sehnigen Chordae tendineae sind die freien Ränder der Klappensegel mit den Papillarmuskeln verbunden [14]. Im Vergleich zu den Ventrikeln sind die Vorhöfe dünnwandig. Die Taschenklappen, aus je drei Semilunarklappen bestehend, sitzen am Ursprung der Aorta und des Truncus pulmonalis. Die Wand der Pulmonalarterie ist dicker als bei anderen Tierarten, die kollaterale Blutgefäßversorgung des Myokards hingegen ist vergleichsweise geringer [15]. Daraus resultiert nach Huston [15] eine Prädisposition zur Ischämie mit Tod durch Anaphylaxie, verursacht durch pulmonale Hypertension, Konstriktion der Pulmonalarterie und folgender Dilatation des rechten Herzens.

Nach Donally [16] liegt die physiologische Herzfrequenz beim Kaninchen zwischen 180- 200 Schlägen pro Minute, die Atemfrequenz zwischen 30-60 Atemzügen pro Minute und die Körpertemperatur liegt bei 38,5-40 °C.

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2.1.2 Elektrophysiologische Grundlagen des Aktionspotentials der Herzmuskelzelle

Das Herz ist ein Organ mit autonomer Reizbildung im Reizbildungs- und Erregungsleitungssystem des Myokards. Die Herzmuskelzellen dieses Systems (bestehend aus Sinusknoten, AV-Knoten, His-Bündel, den Tawara-Schenkeln und den Purkinjefasern) besitzen die Fähigkeit zu spontaner Reizbildung, weshalb das Herz auch außerhalb des Körpers bei entsprechender Versorgung weiter schlägt [17]. Durch Doppelmembranen, den so genannten Glanzstreifen, einer Diphospholipidschicht, die mit unzähligen elektrisch leitenden Ionenkanälen bestückt ist, sind die einzelnen Herzmuskelzellen voneinander abgegrenzt, aber elektrisch leitend miteinander verbunden (funktionelles Syncytium) [17]. Jeder Herzschlag wird durch ein Aktionspotential ausgelöst. Das Aktionspotential ist das Ergebnis verschiedener ein- und auswärts fließender Ionenströme an aufeinanderfolgenden Zeitpunkten durch transmembranäre porenbildende Kanalproteine [18].

Abb. 1: Ionenkanäle und die auf molekularer Basis verantwortlichen Gene; Schematische Darstellung des zeitlichen Verlaufs des kardialen Aktionspotentials; mod. nach [24].

(13)

Die verschiedenen Ionenkanäle besitzen dabei eine unterschiedliche Selektivität für die beteiligten einzelnen Ionen.

Das Aktionspotential (AP) des Herzens unterscheidet sich wesentlich durch seine Länge von ca. 300 ms, von dem der Skelettmuskelzelle, welches nur wenige Millisekunden (ms) dauert [19]. Das lange AP des Herzens ist notwendig, um die Kontraktion zu kontrollieren und das Herz vor frühzeitiger Kontraktion und daraus resultierender Tetanie zu schützen. Keating und Sanguinetti teilen das Aktionspotential des Herzens in fünf Phasen ein (0-4) [20]. Phase 0 repräsentiert die Depolarisation der Myozyten. Diese Phase wird durch die rasche Öffnung bzw.

Aktivierung der spannungs- und zeitgesteuerten Na+-Kanäle initialisiert und führt zu einem massiven Na-Ionen- Einstrom [21].

Fast zeitgleich werden die ebenfalls spannungs- und zeitgesteuerten Ca-Kanäle aktiviert. Dabei werden vor allem die L-Typ (long-lasting) und die T-Typ (high threshold oder tiny [22]) Ca-Kanäle unterschieden. Die L-Kalziumkanäle haben zum einen die Aufgabe, die Depolarisation zu verstärken und so das lange Aktionspotential des Herzens zu erhalten, und zum anderen direkt zu einer Ca- Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum zu führen [18, 21]. Sie tragen auf diese Weise zum Plateau des Aktionspotentials bei.

Phase 1 des Aktionspotentials ereignet sich direkt nach dem Peak der Depolarisation und kann als kurze Repolarisation an der Zellmembran wahrgenommen werden („notch“). Diese initiale Repolarisation entsteht durch das Schließen der Natrium- Kanäle und durch den spannungsabhängig inaktivierbaren Kaliumkanal im Herzen It0

[23]. Dieser Kanal ist für die frühe Repolarisation des AP und die Überleitung in die Plateauphase verantwortlich [23]. Dieser transiente auswärtsgerichtete Strom ist nicht gleichmäßig über den Herzmuskel verteilt. Er ist endokardial deutlich geringer, was das Ausbleiben einer prominenten Einkerbung im endokardial abgeleiteten Aktionspotential erklärt [24].

Phase 2 des Aktionspotentials ist die so genannte Plateauphase, bei der die Nettoladungsverschiebung fast gleich null ist. Sie wird durch einen Na+/Ca2+- Austauscher (Nettokationeneinstrom in Form von Na+) und einen kompensatorischen Kaliumausstrom gebildet [25]. In dieser Phase ist das Herz refraktär, das heißt also,

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nicht durch einen Reiz erregbar. Bereits geringe Veränderungen des Ionenstroms in dieser Phase können zu deutlichen Auswirkungen auf den Verlauf des Aktionspotentials führen [20].

In der Phase 3 der Repolarisation bestimmen auswärtsgerichtete spannungsabhängige Kaliumströme das Aktionspotential maßgeblich [26]. Boyett et al. beschreiben 17 verschiedene Kaliumströme [21]. Dabei spielt für die Repolarisation der verzögerte Gleichrichterstrom IK mit seiner schnell (rapid=r) aktivierenden IKr und seiner langsam (slow=s) aktivierenden Komponente IKs eine entscheidende Rolle [27]. Beide Ströme sind im Myokard mit einer unterschiedlichen Dichte (Heterogenität von IKs:IKr ) verteilt, was das Aktionspotential stark beeinflussen kann [28, 29]. Sowohl beim Menschen, wie auch beim Kaninchen wird IKs deutlich geringer exprimiert als IKr [30]. Aufgrund dieser Tatsache hängt die Repolarisation mehr von IKr ab und reagiert daher sensitiver auf eine Blockade dieses Kanals [31].

Die Kanaleinheit des IKr Kanals wird durch das HERG- Gen kodiert [32], genetische Defekte dieser Kanaleinheit sind verbunden mit dem kongenitalen (LQT2 und LQT6) und dem erworbenen langen QT-Syndrom (LQTS) [33, 34]. Die Leitfähigkeit von IKr

nimmt mit der Membrandepolarisation ab, die Aktivierung steigt jedoch mit zunehmender Repolarisation, so dass vor allem die terminale Phase 3 wesentlich von IKr bestimmt wird [33]. Die unterschiedliche Verteilung der repolarisierenden Ionenkanäle im Myokard [35] führt auch zu deutlichen Aktionspotentialunterschieden bei den verschiedenen Spezies. So hat die Maus ein kurzes Aktionspotential, während das von Kaninchen und Mensch aufgrund einer deutlich ausgeprägteren Plateauphase sehr ähnlich ist. Das Kaninchen ist aus diesem Grunde besonders für unser Modell geeignet.

Die Repolarisationsphase wird also wesentlich von Kaliumionenströmen bestimmt und ist Ansatzpunkt vieler Antiarrhythmika, aber auch von nicht kardiovaskulären Medikamenten [36].

(15)

Abb. 2: Die an der Repolarisation beteiligten Kaliumkanäle [23]

Die Phase 4 des Aktionspotentials wird auch als Ruhepotential bezeichnet, wobei das Membranpotential wieder zu seiner Ausgangslage um -85 mV zurückkehrt [20].

Der einwärtsgerichtete Kaliumgleichrichterstrom IK1 bestimmt dabei das Membranruhepotential wesentlich [37]. Der Kanal wird erst gegen Ende der Repolarisationsphase permeabel und ist während des Aktionspotentials inaktiviert.

Diese Ruhephase repräsentiert die Diastole der Ventrikel.

2.2 Pathophysiologie der Repolarisation

2.2.1 Elektrische Heterogenität des Kammermyokards

Da im Gegensatz zu den depolarisierenden Ionenkanälen, die homogen im Myokard verteilt sind, die an der Repolarisation beteiligten Kanäle, wie bereits erwähnt, heterogen im Herzen verteilt sind, kann das zu erheblichen Differenzen in der Erregungsrückbildung führen. Ursache kann aber auch eine unterschiedliche Verteilung von Gap-Junctions zwischen aneinander grenzenden Myozyten oder das übermäßige Vorhandensein von Fibroblasten sein [38]. Ein erniedrigter pH-Wert, Ca2+-Überladung der Myokardzelle, Zunahme von Na+, Verlust von ATP oder Hypoxie können die Leitfähigkeit von Ionenkanälen in den Gap-Junctions reduzieren

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und eine Entkopplung bewirken. Dies hat eine Abnahme der Erregungsleitungsgeschwindigkeit, sowie einen Anstieg der Dispersion, also der lokalen Inhomogenität der AP-Dauer, zur Folge [39]. Antzelevitch [40] beschreibt, dass das Myokard aus drei elektrophysiologisch und funktionell unterschiedlichen Zelltypen zusammengesetzt ist. Es gibt sowohl eigene Repolarisationsprofile von epikardialen, endokardialen und midmyokardialen Zellen (M-Zellen), wie auch von links und rechtsventrikulären Ableitungen [38], was wesentlich zur elektrischen Heterogenität des Kammermyokards beiträgt. Sicouri und Antzelevitch konnten experimentell zeigen, dass unter Bradykardie die Aktionspotentialdauer (APD) bei M- Zellen deutlich länger als in epi- oder endokardialen Zellen ist [41]. Das liegt auch daran, dass die beiden Kaliumkanäle, die bedeutend für die Repolarisation des Aktionspotentials sind (IKs und IKr), in den M-Zellen gegenüber anderen Myozyten deutlich reduziert sind (vor allem IKs fast halbiert), während die Zahl der für die Depolarisation vor allem verantwortlichen Na+-Kanäle (late-INa) und Na+-Ca2+- Austauscher (INa-Ca) doppelt so hoch wie im Epikard sind [40, 42]. Weiterhin unterscheiden sich die Zelltypen dadurch, dass epi- und midmyokardiale Zellen, nicht aber die endokardialen Zellen eine prominente Phase 1 mit deutlichem „notch“

infolge der sensitiven auswärtsgerichteten Ionenströme It0 aufweisen [43, 44].

Während M-Zellen histologisch den epi- und endokardialen Zellen ähneln, sind sie elektrophysiologisch und pharmakologisch Hybride zwischen Purkinjefasern und Ventrikelzellen. Wie auch die Purkinjefasern zeigen M-Zellen eine deutliche APD- Verlängerung und die Entstehung von frühen Nachdepolarisationen (EADs) als Antwort auf IKr-Blocker, während epi- und endokardiale Zellen dies nicht zeigen. Im Gegensatz zu den Purkinjefasern weisen M-Zellen ebenso wie epi- und endokardiale Zellen eine APD-Verlängerung infolge von IKs-Blockade auf [40]. Yan und Shimizu konnten zeigen, dass die M-Zellen mit dem längsten Aktionspotential im tiefen Subendokard der linken Kammervorderwand beim Kaninchen gelegen sind [45].

Messbare Abweichungen bei der Repolarisation (die Differenz zwischen kürzestem und längstem Aktionspotential = Synchronisation der zellulären Repolarisation in den verschiedenen Regionen des Herzens), die durch verschiedene Einflüsse in der Repolarisationsphase entstehen können (z.B. Blockierung von IKr), nennt man auch

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die Dispersion der Repolarisation in der untersuchten Region. Diese lässt sich auf der Herzoberfläche, also epikardial messen (Unterschiede rechtes/ linkes Herz, bzw.

basal/apikal), wie auch von außen nach innen durch das Myokard hindurch, also transmural.

Transmurale und apiko-basale Heterogenität der Repolarisation im Ventrikelmyokard wird für die im EKG messbare T-Welle verantwortlich gemacht [24]. Die komplette Repolarisation des APs des Epikards stimmt mit dem Peak der T-Welle und die Repolarisation der M-Zellen stimmt mit dem Ende der T-Welle überein. Das Intervall zwischen Peak und Ende der T-Welle (TPeak- TEnde) scheint ein Index für die transmurale Dispersion der Repolarisation zu sein und prognostischen Wert für proarrhythmisches Risiko zu haben [24, 43, 46, 47].

Einen weiteren und wertvollen prognostischen Marker stellt die „beat-to-beat“

Variabilität der Repolarisation (BVR) dar. Die BVR ist ein Maß für die zeitliche Dispersion [48], wobei die Variation der Repolarisation mehrerer aufeinanderfolgender Schläge verglichen wird [49]. In einem Modell mit Hunden mit chronischem AV-Block konnte gezeigt werden, dass das Auftreten medikamenten- induzierter TdPs mit dem Anstieg der BVR der linken endokardialen MAP-Dauer korreliert. Auch wurde bei Hunden, die später dem plötzlichen Herztod (PHT) erlagen, gegenüber Kontrollhunden eine deutlich erhöhte BVR gemessen. Die QT- Zeiten und MAP-Dauern zeigten hingegen keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen [50]. Neben der Identifikation von Risikopatienten kann mittels der BVR auch das proarrhythmische Potential von Medikamenten bewertet werden [51].

In einer klinischen Studie an Patienten mit vorberichtlichen medikamenten- induzierten Torsade de Pointes (TdPs) konnte die BVR des QT-Intervalls als nicht- invasiver wertvoller Marker identifiziert werden [52].

Folglich kann die BVR sowohl benutzt werden, um Patienten mit einem Risiko für ventrikuläre Tachykardien zu identifizieren, als auch das proarrhythmische Potential von Medikamenten einzuschätzen.

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2.2.2 Frühe Nachdepolarisationen, induzierte getriggerte Aktivität und Re-entry

Frühe Nachdepolarisationen (early afterdepolarisations=EAD) sind pathologische Depolarisationen, die auftreten, bevor die Repolarisation der Herzmuskelzelle vollständig abgeschlossen ist. Eine solche Nachdepolarisation ist begründet in Schwankungen des transmembranären Potentials. Ein neues Aktionspotential (AP) wird dann ausgelöst, wenn ein kritisches Schwellenpotential für die Aktivierung eines depolarisierenden Ionenflusses erreicht ist [53]. Es haben sich zwei Typen von Nachdepolarisationen hervorgetan. Die verspäteten (delayed afterdepolarisations (DADs)) und die eigentlichen frühen Nachdepolarisationen (EADs). Während DADs definiert wurden als Schwankung des Membranpotentials, welche nach der Repolarisation des Aktionspotentials auftritt, also während der Phase 4, sind EADs definiert als Schwankungen während der Plateauphase des Membranpotentials (Phase 2, -30 mV) oder etwas später während der Repolarisation des Aktionspotentials (Phase 3, -60 mV) [53]. Mittlerweile weiß man, dass EADs und DADs nicht demselben Mechanismus folgen, wie noch von Priori und Corr [54]

angenommen.

Hypokaliämie, Hypomagnesämie, langsame Herzfrequenz sowie Katecholamine begünstigen das Auftreten von EADs.

EADs entstehen durch Veränderungen der normalen Repolarisation, also einem Ungleichgewicht zwischen extra- und intrazellulären Ionenströmen. Für das Manifestieren von EAD- induzierter getriggerter Aktivität [56], die nicht direkt durch externe Stimulation entsteht, sind jedoch mehrere Faktoren verantwortlich. Zunächst eine kritische Verlängerung der Repolarisationsphase, welche entsteht, wenn einwärtsgerichtete depolarisierende Ströme die auswärtsgerichteten repolarisierenden Ströme übersteigen. Diese so genannte Konditionierungsphase bewegt sich in einem Spannungsbereich um -35 mV, die zu einer Reaktivierung der L-Typ Ca2+-Ströme führt, welche eine wesentliche Rolle bei der nun folgenden Depolarisation spielen [55, 57].

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I II III aVR aVL aVF MAP LV post.

MAP RV post.

MAP RV ant.

MAP RV ant.

MAP LV ant.

MAP LV lat.

MAP LV post.

MAP LV endo.

Abb. 3: Typisches Beispiel für EADs in einem Langendorff-perfundierten Kaninchenherzen während Hypokaliämie und 150 M Erythromycin.

Durch die Reaktivierung von ICa-L, einer Ca2+ Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum und einer Aktivierung der transienten einwärtsgerichteten Ionenströme kommt es zu einer Zunahme positiver Ionen im Zellinneren [55]. Ein Netto-Depolarisationsstrom [56,57] wird aber auch durch eine Blockade der auswärtsgerichteten repolarisierenden K- Ströme (IK , It0) begünstigt [58]. In dieser labilen Phase kann bei Vorliegen des geeigneten Substrats, zum Beispiel erhöhter Dispersion der Repolarisation mit heterogenen Refraktärzeiten, ein passender Trigger wie zum Beispiel eine vorzeitige ektope Erregung, eine frühe Nachdepolarisation auslösen. Diese kann nach dem Auftreten beendet sein, oder aber der erste Schlag einer Torsade de Pointes sein.

Eine von EADs gestartete Tachykardie kann durch Ausbildung eines Re-entry- Kreises aufrechterhalten werden. Re-entry-Kreise stellen die häufigste Ursache für das Auftreten von supraventrikulären und ventrikulären Tachykardien dar.

Physiologisch ist das Myokard durch die Refraktärzeit der Zellen vor einer Wiedererregung geschützt. Ein Re-entry tritt dann auf, wenn der sich ausbreitende Impuls nicht stoppt, weil die aktivierende Front immer wieder auf erregbares

(20)

Herzgewebe trifft [59]. Bedingung für solches Re-entry ist ein initialer Trigger, dessen Erregungsfront auf eine unidirektionale Blockade trifft, die Aktivierungsfront aber fähig ist, diese Blockade zu umgehen. Ursachen für den unidirektionalen Block können Änderungen der passiven Membraneigenschaften sowie eine Abnahme der Erregbarkeit sein. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Gap-junctions zwischen den Herzmuskelzellen. Eine Azidose, eine Ca 2+-Überladung der Myokardzelle, eine Zunahme von Na+ sowie der Verlust von Adenosintriphosphat (ATP) oder Hypoxie können die Leitfähigkeit von Ionenkanälen in den Gap-junctions reduzieren und eine Entkopplung bewirken. Dies hat eine Abnahme der Erregungsleitungsgeschwindigkeit sowie einen Anstieg der Dispersion, also der lokalen Inhomogenität der AP-Dauer, zur Folge [59].

Die Erregungswelle kann jedoch nur zirkulieren, wenn die Wellenlänge (das Produkt aus Fortleitungsgeschwindigkeit und der effektiven Refraktärzeit des am Re-entry beteiligten Gewebes) kürzer ist, als die Strecke, die die Welle zurücklegen soll oder aber die Fortleitungsgeschwindigkeit so verlangsamt ist, dass die Erregungswelle immer wieder auf bereits erregbares Gewebe trifft [59, 60].

Eine Verlängerung der Aktionspotentialdauer und damit der Repolarisation wird in Bezug auf Re-entry als antiarrhythmisch bewertet. Diese Verlängerung des Aktionspotentials ist auch das Wirkprinzip von Klasse III- Antiarrhythmika [61].

Abb. 4: Schematische Darstellung des Re-entry.

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2.2.3 Torsade de Pointes

Torsade de Pointes (TdPs) sind lebensbedrohliche polymorphe Arrhythmien, die zum plötzlichen Herztod führen können. Der exakte elektrophysiologische Mechanismus der Entstehung von TdPs im Zusammenhang mit dem Long QT-Syndrom ist noch immer nicht vollständig geklärt. So wird die QT-Verlängerung als Grundvoraussetzung, das Auftreten von EADs als Trigger oder Auslöser und Re- entry infolge Verlängerung der Dispersion der Repolarisation als Substrat für die Induktion und Aufrechterhaltung von polymorphen Arrhythmien angesehen [62,63].

Einige Studien haben gezeigt, dass die Messung der QT-Dispersion bessere Informationen für das Risiko von TdPs gibt als die Messung der QT-Länge allein [64].

Abb. 5: Zur Veranschaulichung dargestelltes Haarband und EKG mit Torsade de Pointes.

Symptome für TdPs reichen von heftigem Herzklopfen über Synkopen bis hin zum Herzstillstand und sind abhängig von der Dauer der TdPs. Normalerweise terminieren TdPs spontan, sie können aber bei längerer Dauer auch in

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Kammerflimmern degenerieren [64]. Sie sind dabei mindestens 6 Schläge lang und weisen im Oberflächen EKG eine charakteristische Umkehr der QRS-Komplexe (Spitzenumkehrtachykardie) auf [65]. Unter bestimmten Voraussetzungen wirkt eine Verlängerung der Repolarisation, wie unter 2.2.2 beschrieben, proarrhythmisch. Die häufigsten proarrhythmischen Effekte wurden von primär nicht kardiovaskulär wirksamen Medikamenten wie z.B. einigen Makrolidantibiotika [127], Antihistaminika [89] sowie einigen antiarrhythmisch wirksamen Medikamenten beschrieben, vor allem dann, wenn sie IKr blockieren [34, 66]. Die Gesamtinzidenz von TdPs bei Patienten, die einen IKr Blocker nehmen, liegt jedoch unter 3 % [34]. Zum einen, weil sie nicht alle das gleiche proarrhythmische Potential besitzen, zum anderen, gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die beim Auftreten von Torsade de Pointes eine Rolle spielen [34]. So sah Zwillinger bereits 1935 einen Zusammenhang zwischen niedrigem Serum-Magnesium und polymorphen ventrikulären Arrhythmien [67], und auch heute werden TdPs unter anderem mit Magnesiuminfusionen therapiert [68].

Weiterhin konnte gezeigt werden, dass eine niedrige extrazelluläre Kaliumkonzentration zu einer zusätzlichen Blockade von IKr führt und damit zu einer potentiellen Verlängerung der Repolarisation [69]. Ebenso zeigte Turgeon [70, 71], dass Diuretika zu einer Verlängerung des Aktionspotentials führen können, entweder durch Erniedrigung des totalen Körper-Kalium-Wertes (Serum-Kaliumwert war normal) oder aber durch direkte Wirkung des Diuretikums auf repolarisierende Ionenkanäle (z.B. IKs).

Besonders unter Bradykardie können einige repolarisationsverlängernde Medikamente zu Torsade de Pointes führen. Patienten mit einem kompletten AV- Block zeigten eine Repolarisationsverlängerung selbst nach Schrittmacherimplantation, wenn dieser auf <60 Schläge/min eingestellt war [72].

Verschiedene Studien konnten zeigen, dass auch das weibliche Geschlecht ein signifikanter unabhängiger Risiko-Faktor für das Auftreten von TdPs darstellt. Es ist bekannt, dass Frauen ein längeres Zykluslängen- abhängiges QT-Intervall (QTc- Intervall) haben als Männer [73, 74]. Besonders bei Kaninchen wird auch IKr bei weiblichen Tieren deutlich weniger exprimiert als bei männlichen Tieren, was dazu führt, dass sich weibliche Kaninchen besonders gut für tierexperimentelle Versuche

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zu repolarisationsverlängernden Medikamenten eignen [75, 76]. Ein zusätzliches Risiko für das Auftreten von Rhythmusstörungen besteht bei Patienten, die an Lebererkrankungen leiden oder Patienten, die zusäztlich zu IKr-Blockern Substanzen einnehmen, die deren Abbau in der Leber inhibieren. Der Hauptabbauweg vieler Medikamente ist die Verstoffwechslung über das Enzymsystem Cytochrom P450.

Konkurrieren mehrere Arzneimittel um gleiche Isoenzyme in diesem System, können sich die Plasmaspiegel erheblich verändern [34]. Schließlich gehören Patienten mit einem angeborenen Long-QT-Syndrom natürlich zu einem Kollektiv mit erhöhtem Risiko für das Auftreten von TdPs [34].

12 Kanal-EKG

MAP LV post.

MAP RV post.

MAP RV ant.

MAP RV ant.

MAP LV ant.

MAP LV lat.

MAP LV post.

MAP LV endo.

Abb. 6: Torsade de Pointes- Aufzeichnung eines Kaninchenherzens bei hypokalämischer Krebs-Henseleit-Lösung (KHB) und 200 M Erythromycin

2.2.4 Angeborenes und erworbenes langes QT-Syndrom (LQTS)

Die im EKG gemessene Strecke zwischen dem Beginn des QRS-Komplexes und dem Ende der T-Welle korreliert mit der Dauer des kardialen Aktionspotentials (AP).

Die QT-Dauer umfasst somit sowohl die Depolarisations-, als auch die Repolarisationsphase. Die Unterschiede der QT-Dauern im Oberflächen-EKG

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reflektieren eine inhomogene Repolarisation in der Ventrikelwand. Die QT- Dispersion, also die Differenz zwischen längstem und kürzestem QT-Intervall im 12 Kanal-EKG liegt physiologisch zwischen 40-50 ms. Eine frequenzkorrigierte QT- Verlängerung (QTc) von über 0,50 s gilt als pathologisch [39], dabei besteht nach Haverkamp [77] eine recht gute Korrelation zwischen dem Ausmaß des QTc- Intervalls eines Patienten und der Häufigkeit klinischer Ereignisse.

Eine Verlängerung des Intervalls wird durch einen Anstieg der Aktionspotentialdauer der Myozyten verursacht. Diese Verlängerung kann durch Medikamente induziert oder kongenital bedingt sein.

Das kongenitale, also angeborene LQTS ist eine genetisch bedingte, primär elektrische Herzerkrankung, im Rahmen dessen die Verlängerung des QT-Intervalls mit sich wiederholenden Synkopen und einem vermehrten Auftreten des plötzlichen Herztodes assoziiert ist [43]. Beides resultiert aus dem spontanen Auftreten von lebensbedrohlichen ventrikulären Arrhythmien vom Torsade de Pointes Typ [77]. Es lassen sich zehn Subtypen differenzieren. Mindestens sieben verschiedene Gene, die Ionenkanäle kodieren, sind beteiligt.

Zwei Formen der vererbten Form konnten identifiziert werden. Die nach den Erstbeschreibern benannte, autosomal-dominant vererbte Form des LQTS wird als Romano-Ward-Syndrom bezeichnet und tritt mit einer Häufigkeit von 1:100.000 auf [78]. Bei der zweiten, autosomal- rezessiven Form liegt zusätzlich eine angeborene Innenohr-Schwerhörigkeit vor. Sie ist wesentlich seltener und wird als Jervell-Lange- Nielsen-Syndrom bezeichnet [79]. Die Diagnose LQTS basiert auf dem verlängerten QTc-Intervall (während der Nacht, also in Ruhe größer als während täglicher Aktivität) sowie einer abnormen T-Wellen-Morphologie [80]. Die klinische Manifestation des LQTS erfolgt meist in der Jugend und Kindheit. Auch ein Teil der Fälle des plötzlichen Kindstodes werden dem Syndrom zugeschrieben [81]. Wie bereits erwähnt, handelt es sich beim kongenitalen LQT-Syndrome um eine genetisch heterogene Erkrankung, der Mutationen von Genen zugrunde liegen, die für Ionenkanäle kodieren, wobei sich am häufigsten Mutationen von KCNQ1 und HERG finden [82,83].

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Neben dem angeborenen ist aber in den letzten Jahren auch zunehmend das erworbene LQT-Syndrom von großem wissenschaftlichem und praktischem Interesse [34].

Von einem erworbenen QT-Sydrom spricht man, wenn es z.B. im Rahmen einer medikamentös antiarrhythmischen Therapie oder aber auch einer primär nicht rhythmuskorrigierenden Therapie zu einer QT-Zeit Verlängerung kommt. Eine der ersten Beschreibungen über medikamenteninduzierte Synkopen, dem klinischen Korrelat von TDP, stammt von Frey aus dem Jahre 1918, der das Antiarrhythmikum Chinidin untersuchte [86]. Das QT-Intervall der Patienten ist dabei vor Therapiebeginn normal lang, erst nach der Gabe eines repolarisationsverlängernden Medikaments kommt es zu einer QT-Verlängerung [87]. Da es inzwischen eine große Zahl bekannter kardial und primär nicht kardial wirksamer Medikamente gibt, kommt dem erworbenen LQT-Syndrom eine größere klinische Bedeutung zu als dem angeborenen LQT-Syndrom [34]. Vor allem die Einnahme von repolarisationsverlängernden Antiarrhythmika der Klasse Ia und III (z.B. Chinidin, Sotalol, Dofetilid, Clofilium und Disopyramid) kann zum unerwünschten Auftreten von Torsade de Pointes durch eine IKr- Blockade führen [34, 88]. Jedoch kommt es auch bei einer immer größer werdenden Zahl nicht kardiovaskulärer Medikamente zu einer QT-Zeit Verlängerung und dem damit verbundenen Auftreten von Torsade de Pointes, (wie z.B. bei Antihistaminika; Terfenadin [89], Darmmotalitätsanregern;

Cisaprid [90], Neuroleptika; Haloperidol [91] sowie einigen Makrolidantibiotika [92, 93]). Bei den primär nicht kardiovaskulären Therapeutika ist im Vergleich zu den Antiarrhythmika eine repolarisationsverlängernde Wirkung in der Regel nur bei hohen Plasmakonzentrationen nachweisbar. Eine Inzidenzschätzung für das Auftreten von Torsade de Pointes während einer Behandlung ist schwierig, da für einige dieser Medikamente nur wenige Fallberichte zur Verfügung stehen [34]. Es finden sich dabei häufig zusätzliche Faktoren wie Elektrolytimbalancen (z.B. Hypokaliämie, Hypomagnesiämie), Bradykardie (AV-Block) oder Kardiomyopathien, die die Neigung zum Auftreten von TdPs erhöhen [34].

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2.3 Die chronische Herzinsuffizienz

Es gibt zwar zahlreiche Definitionen für die chronische Herzinsuffizienz, doch werden dort meist nur einige spezifische Aspekte hervorgehoben. Eine simple, objektive und umfassende Definition ist kaum möglich, da es keinen Parameter am Herzen gibt, der alleinig eine Aussage über den Zustand der Herzfunktion zulässt [94].

Pathophysiologisch betrachtet, handelt es sich um eine unzureichende Funktion des Herzens, so dass es nicht mehr imstande ist, eine der Anforderung entsprechende Förderleistung zu bringen. Daraus resultieren eine unzureichende Sauerstoffversorgung der Peripherie, Stauungserscheinungen im großen und kleinen Kreislauf, Herzhypertrophie, Rhythmusstörungen (Tachykardien, Bradykardien) und Zyanose [95]. Zur Einschätzung des Stadiums der Herzinsuffizienz eines Patienten dient die NYHA-Klassifikation (New York Heart Association) [96]:

> Klasse I: Herzerkrankung ohne körperliche Einschränkung. Alltägliche Belastung verursacht keine inadäquate Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris.

> Klasse II: Herzerkrankung mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Alltägliche körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris

> Klasse III: Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Geringe körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris.

> Klasse IV: Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und in Ruhe. Bettlägerigkeit.

Mit zunehmendem Alter des Patienten steigt die Prävalenz deutlich an. Hinzu kommt, dass bei der derzeitigen demographischen Entwicklung in Deutschland die Herzinsuffizienz weiter an Bedeutung gewinnen wird. Insbesondere wenn die Ursache nicht frühzeitig erkannt wird, ist die Prognose bei Herzinsuffizienz schlecht.

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Die Hälfte der Patienten verstirbt innerhalb von 4 Jahren, Patienten im Stadium III und IV haben sogar meist nur eine Lebenserwartung von maximal einem Jahr [97].

Trotz bemerkenswerter Therapiefortschritte bleibt die Mortalität bei Herzinsuffizienz sehr hoch. Die Inzidenz für den plötzlichen Herztod liegt abhängig vom Ausmaß der Erkrankung zwischen 10 % und 50 %, wobei mit zunehmendem Schweregrad mehr Patienten durch Pumpversagen als durch plötzlichen Tod mit Herzrhythmusstörungen versterben [98]. Aufgrund der multifaktoriellen Genese der Herzinsuffizienz kann eine Reihe von arrhythmogenen Faktoren zu Arrhythmien führen, die die Herzinsuffizienz damit verkomplizieren. Bei den Grunderkrankungen, die einer Insuffizienz zu Grunde liegen, unterscheidet man zwischen koronaren Herzerkrankungen (KHK), dilatativen Kardiomyopathien, Hypertrophien, Ventrikeldilatationen und Aneurysmen [99]. Ventrikuläre Arrhythmien bei Herzinsuffizienz zeigen eine große Variabilität. Weder die Art, noch die Frequenz der Rhythmusstörung gibt einen Hinweis auf die der Herzinsuffizienz zugrunde liegende Erkrankung. Frequenz und Komplexität der Rhythmusstörungen korrelieren im Allgemeinen aber sehr gut mit dem Ausmaß der ventrikulären Dysfunktion [99].

Bei der Behandlung von Herzrhythmusstörungen herzinsuffizienter Patienten steht zunächst eine optimale Herzinsuffizienztherapie im Vordergrund. Revaskularisation, soweit erforderlich, Beta-Blocker und ACE-Hemmer sollte, falls keine Kontraindikationen bestehen, Bestandteil jeder Herzinsuffizienztherapie sein [99]. Die beiden Hauptgründe für eine medikamentöse Antiarrhythmika-Therapie sind eine Minderung der Symptome und die Verbesserung der Prognose, wenn trotz oben genannter Therapie Arrhythmien persistieren [100]. Der Einsatz von Antiarrhythmika bei Herzinsuffizienz muss jedoch penibel überwacht werden und wird vielfach durch die negativ-inotropen Eigenschaften limitiert. Die mittlerweile unumstritten beste verfügbare Therapie zur Vermeidung des plötzlichen Herztods durch ventrikuläre Tachykardien oder Kammerflimmern stellt der implantierbare Kardioverter Defibrillator (ICD) dar. Er führt zu einer deutlich besseren Prognose und einer Verringerung der Gesamtmortalität bei betroffenen Patienten [101].

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2.3.1 Arrhythmogenese bei Herzinsuffizienz

Für die Entstehung von Herzrhythmusstörungen bei chronischer Herzinsuffizienz sind eine Vielzahl von Mechanismen verantwortlich, zu denen strukturelle myokardiale Prozesse ebenso wie Veränderungen des elektrophysiologischen Substrats zählen. Die Komplexität von Herzrhythmusstörungen wird daran erkennbar, dass in den verschiedenen Abschnitten des Herzens unterschiedliche Ionenströme mit zum Teil unterschiedlicher Intensität an der Ausbildung des Ruhe- und Aktionspotentials beteiligt sind. Abhängig von der Ursache der Herzinsuffizienz sind unterschiedliche Faktoren, die zu Rhythmusstörungen führen von Bedeutung [100].

Bei koronaren Herzerkrankungen und Myokardinfarkt spielen vor allem durch Fibrose bedingte strukurelle Veränderungen eine entscheidende Rolle, die das Auftreten von Arrhythmien durch Re-entry- Mechanismen (siehe 2.2.2) fördern [99].

Die arrhythmogenen Mechanismen bei nicht- infarktbedingten Insuffizienzen sind meist vielfältiger [102]. Dabei kommt gesteigerter Automatie, die auch durch hämodynamische Größen direkt beeinflusst wird [103], und der getriggerten Aktivität im Subendokardium eine besondere Bedeutung zu [104]. Die Entstehung getriggerter Aktivität und der ihr meist vorausgehenden frühen Nachdepolarisationen, gehen in der Regel mit einer auf zellulärer Ebene stattfindenden Verlängerung des QT-Intervalls einher. Akar und Rosenbaum [105] konnten zeigen, dass dem Mechanismus für die Entstehung von polymorphen ventrikulären Tachykardien (PVTs) bei Herzinsuffizienz, die heterogene und selektive Verlängerung der Repolarisation der verschiedenen Zelltypen der Ventrikelwand das zugrunde liegende Substrat ist. Den verschiedenen Veränderungen bei Herzinsuffizienz, einschließlich QT-Intervall-Verlängerung, transmuraler Heterogenität der Repolarisation und die Anfälligkeit für Leitungsblockaden sowie PVTs, liegt vor allem die selektive Verlängerung des Aktionspotentials der M-Zellen zugrunde [105].

Die QT-Verlängerung bei Herzinsuffizienz wird durch mehrere Veränderungen der Ionenkanaldichte der Myozytenmembranen hervorgerufen [106]. Unterschiedliche Autoren konnten nachweisen, dass am insuffizienten Herzen eine Verminderung der

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auswärtsgerichteten transmembranären Ionenströme, bedingt durch eine Abnahme der Kaliumkanäle, vorliegt [107-111]. Für die reduzierten Kaliumströme werden verschiedene komplizierte zelluläre und molekulare Mechanismen, wie z.B. ein z.T.

veränderter m-RNA-Level, verantwortlich gemacht [111]. Die Kinetik des kardialen Aktionspotentials wird wie unter 2.1.2 bereits beschrieben, durch die Aktivität verschiedener transmembranärer Ionenströme determiniert. Die verminderte Anzahl der Kaliumkanäle und der damit einhergehende verminderte repolarisierende Kaliumstrom führen zu einer verzögerten Repolarisation mit konsekutiver Verlängerung des Aktionspotentials.

Darüber hinaus konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass es beim insuffizienten Herzen auch zu Veränderungen der Kalziumhömostase kommt, die für eine vermehrte Proarrhythmie verantwortlich sein kann [106, 107, 109]. Hier steht vor allem die erhöhte Expression des Na/Ca- Austauschers im Vordergrund, der physiologisch gegen Ende der Systole durch einen Natriumeinstrom im Tausch gegen ein Ausschleusen von Kalzium die myokardiale Homöostase gewährleisten soll [112]. Die durch einen Anstieg der Expression und zusätzlichen Aktivitätssteigerung hervorgerufene Kalziumbeladung könnte in Stresssituationen durch katecholaminerge Stimulation bei den frühen Stadien der Herzinsuffizienz eine erhöhte Sensitivität gegenüber -adrenerger Stimulation hervorrufen [110]. Man geht außerdem davon aus, dass es weiterhin zu einer vermehrten Kalziumbeladung des sarkoplasmatischen Retikulums mit Entstehung eines so genannten „Kalzium-Leck“

kommt [110]. Eine spontane Freisetzung von Kalzium aus dem sarkoplasmatischen Retikulum führt zu einer Aktivitätssteigerung des Na/Ca- Austauschers und so zu einem Na-Einwärtsstrom mit deutlicher Zunahme positiver Ladungen im Zellinneren [217]. Dies könnte zum Auftreten von Nachdepolarisationen und getriggerter Aktivität führen.

Abgesehen von chronischen strukturellen Veränderungen kann sich das elektrophysiologische Substrat bei Herzinsuffizienz in sehr kurzer Zeit verändern.

Eine Vielzahl transienter Faktoren, die die Entstehung von Rhythmusstörungen bedingen, sind die Folge von Regelmechanismen, durch die das Herz versucht, eine ausreichende Sauerstoffversorgung sicher zu stellen. So kommt es über komplexe

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Veränderungen des neuro-humoralen Systems bei der Herzinsuffizienz zu einer gesteigerten Aktivität des sympathischen Nervensystems mit erhöhten Noradrenalinwerten im Plasma [113]. Über eine Aktivierung des Renin- Angiotensin- Aldosteron- Systems (RAAS) [109] oder noch häufiger aufgrund einer Behandlung mit Diuretika können in kurzer Zeit Elektrolytimbalancen, wie Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie, auftreten. Beide spielen, wie schon unter 2.2.4 erwähnt, bei der Entstehung von Rhythmusstörungen ebenfalls eine wichtige Rolle und erhöhen das Risiko für den plötzlichen Herztod. Darüber hinaus erhöhen sie das Risiko proarrhythmischer Effekte, insbesondere von Klasse III Antiarrhythmika (Sotalol, Amiodaron), aber auch repolarisationsverlängernder, nicht kardiovaskulärer Medikamente, indem sie die Entstehung polymorpher Kammertachykardien vom Torsade de Pointes- Typ begünstigen [34]. Neben Tachyarrhythmien sind orthostatische Fehlregulationen aufgrund vasovagaler Dysfunktion, eine medikamentöse Therapie mit Vasodilatoren bzw. Diuretika, Bradyarrhythmien und ein fehlender Anstieg des Herzzeitvolumens bei Belastung bei der Entstehung von Synkopen von Bedeutung [99].

2.3.2 Der plötzliche Herztod

Die Definition des plötzlichen Herztodes ist umstritten, da es nur selten gelingt, mittels EKG ein solches kardiologisches Ereignis zu verifizieren, und ohne eine solche Aufzeichnung bleibt der zugrunde liegende Vorgang meist unklar.

Dennoch wird der plötzliche Herztod vielfach als unerwarteter Tod infolge eines irreversiblen Herz-Kreislauf-Stillstandes definiert, der innerhalb von 1h nach Auftreten von klinischen Beschwerden eintritt [114]. Dabei wird der plötzliche Herztod selten durch einzelne Faktoren hervorgerufen, sondern ist vielmehr als multifaktorielles Geschehen aufzufassen. Die Komplexität der Auslösemechanismen erschwert die Identifizierung von Hochrisiko-Kollektiven im Allgemeinen und macht die zeitliche Vorhersagbarkeit eines solchen Ereignisses beim individuellen Patienten unmöglich [115].

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Die Häufigkeit des plötzlichen Herztodes ist schwer zu ermitteln, da die Angaben mehr Schätzungen als genaue Zahlen sind. Man geht jedoch davon aus, dass der plötzliche Herztod beim Erwachsenen mit einer jährlichen Inzidenz von 0,1-0,2 % auftritt. Das entspricht in Deutschland zwischen 70.000 und 100.000 Menschen, in den USA sogar 450.000 Patienten, die einem plötzlichen Herztod erliegen [114]. Dies ist etwa die Hälfte der kardial bedingten Todesfälle in den USA [116, 117].

Bei einer Großzahl der verstorbenen Personen liegen ursächlich eine strukturelle Herzerkrankung, wie beispielsweise eine koronare Herzerkrankung oder eine dilatative Kardiomyopathie vor, die tachykarde Herzrhythmusstörungen verursachen.

Bei der Herzinsuffizienz und der Herzhypertrophie treten adaptive Veränderungen der Genexpression und Proteinfunktion auf, die arrhythmogene Folgen haben.

Solche Veränderungen sind zunächst nicht primär als Verlängerung des Aktionspotentials oder des QT-Intervalls in Ruhe zu erkennen. Vielmehr führen die subtilen Veränderungen der repolarisierenden Ionenströme vorerst nur zu einer verminderten „Repolarisationsreserve“, also einem kleineren zellulären Puffer, der Schwankungen in den repolarisierenden Strömen des Aktionspotentials auffangen kann [116]. Unter dem Begriff der Repolarisationsreserve subsummiert man also verschiedene teils überlappende und redunante Mechanismen der myokardialen Repolarisation, die eine elektrophysiologische Stabilität gewährleisten und zunächst eine exzessive QT-Verlängerung durch äußere Einflüsse verhindern [118]. Roden [118] stellte das Konzept der „Repolarisationsreserve“ auf und konnte zeigen, dass der Funktionsverlust der an der Repolarisation beteiligten Mechanismen (z.B.

herunterregulierter IKr-Ionenstrom) nicht automatisch zu klinischen Konsequenzen führt, solange nicht zusätzliche Faktoren wie z.B. subklinische Mutationen von Ionenkanälen, anderen Genen, Herzinsuffizienz oder Linksherzhypertrophie vorliegen [119]. Die myokardiale Repolarisationsreserve wird zum Beispiel durch Bradykardie, Hypokaliämie oder aber auch durch ein weibliches Geschlecht (verlängertes QT-Intervall im Vergleich zu Männern) [74] reduziert.

Bei Überstrapazierung myokardialer Kompensationsmechanismen durch verschiedene gleichzeitig auftretende Faktoren kann die Repolarisationsreserve soweit reduziert werden, dass neben einer QT-Verlängerung polymorphe ventrikuläre

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Tachykardien resultieren. Diese terminieren zwar meist spontan, können aber auch in Kammerflimmern degenerieren und somit zum plötzlichen Herztod führen [121].

Durch die vermehrte Arbeitsbelastung der Myozyten bei Herzinsuffizienz wird ein verändertes genetisches Programm abgerufen, welches sonst nur in fetalen Kardiomyozyten abläuft. Dieser Prozess verursacht schließlich auch potentiell arrhythmogene elektrophysiologische Veränderungen und strukturelle Umbauprozesse, insbesondere eine vermehrte fokale Fibrose [116].

Die Analyse der Todesfälle herzinsuffizienter Patienten zeigte, dass etwa die Hälfte an myokardialem Pumpversagen verstarb, die andere Hälfte am plötzlichen, arrhythmiebedingten Herztod. In der MERIT-HF Studie konnte gezeigt werden, dass je ausgeprägter der klinische Schweregrad der Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse III-IV), desto größer die Todesrate durch Pumpversagen ist, während der Anteil plötzlicher Todesfälle steigt, je niedriger der Herzinsuffizienzgrad (NYHA-Klasse I-II) ist [114].

Etwa 5–10 % der plötzlichen Herztodesfälle betreffen allerdings strukturell völlig herzgesunde Personen. Der Anteil jüngerer Menschen (< 40 Lebensjahre) beträgt in dieser Gruppe sogar 10–20 % [122]. Bei älteren Personen sind koronare Herzerkrankung und dilatative Kardiomyopathie für den überwiegenden Teil der plötzlichen Herztodesfälle verantwortlich. Bei diesen Menschen beginnt die tödliche Kaskade in aller Regel mit einer ventrikulären Tachykardie, die in Kammerflimmern übergeht [123]. Die Ergebnisse zahlreicher Studien zu einer Korrelation zwischen nicht-anhaltenden VT und dem plötzlichen Herztod sind widersprüchlich, so dass diesbezüglich keine eindeutige Aussage getroffen werden kann [99]. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz führt die ventrikuläre Tachykardie unabhängig von der Herzfrequenz schnell zu Synkopen, weil es wesentlich schneller zu einer hämodynamisch relevanten Abnahme des Herzzeitvolumens kommt. Patienten mit hämodynamisch tolerierter VT haben jedoch im Vergleich zu Patienten, bei denen bereits die initiale Episode zu einer Synkope oder einem Herzstillstand führte, ein geringeres Risiko, an einem plötzlichen Herztod zu versterben [124].

Bei jüngeren Patienten sind neben strukturellen Erkrankungen des Herzmuskels primär elektrische Erkrankungen des Herzens als wesentliche Differentialdiagnose in Betracht zu ziehen. Angeborene genetische Veränderungen von kardialen

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Ionenkanälen, Proteinen des kontraktilen Apparats, der intrazellulären Kalziumspeicher oder von Zell-Struktur-Proteinen können angeborene arrhythmogene Erkrankungen verursachen [116]. Dazu gehören das lange QT- Syndrom, das kurze QT-Syndrom, das Brugada-Syndrom und die katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie [122]. Diese Erkrankungen unterscheiden sich elektrokardiographisch, teilweise durch spezifische klinische Trigger der Arrhythmieentstehung, in der invasiven Diagnostik und im therapeutischen Vorgehen. Molekulargenetische Untersuchungen konnten bei einem Teil der jeweiligen Erkrankungen Mutationen spezifischer Ionenkanäle aufdecken [122].

Durch die zunehmenden Kenntnisse im Rahmen molekulargenetischer Untersuchungen mit Aufdeckung sowohl der zugrunde liegenden spezifischen Ionenkanaldefekte, als auch der Mechanismen der Arrhythmogenese, gewinnt eine medikamentöse Genotyp-spezifische Therapie an Bedeutung und gibt für die betroffenen Patienten zukünftig Hoffnung [122].

2.4 Einfluss von Erythromycin auf die Repolarisation

Makrolidantibiotika sind eine relativ neue Klasse von Antibiotika aus der Stoffklasse der Makrolide. Sie wirken bakteriostatisch durch Hemmung des Enzyms Translokase und damit der Proteinbiosynthese von Bakterien. Der älteste Vertreter ist Erythromycin, welches 1952 erstmals aus Streptomyces erythreus isoliert werden konnte. „Modernere Varianten“ sind Clarithromycin, Azithromycin oder Roxithromycin, die heute halb- oder vollsynthetisch hergestellt werden. Das Wirkungsspektrum von Erythromycin ist mit dem Wirkungsspektrum von einigen Penicillinen vergleichbar. Es ist relativ gut verträglich, wodurch sich ähnliche Anwendungsgebiete ergeben. Daher kann Erythromycin eingesetzt werden, wenn Allergien gegen β-Lactam-Antibiotika bestehen oder wenn Resistenzen deren Anwendung verhindern. Das Makrolidantibiotikum hat einen 14-gliedrigen Lactonring ohne Doppelbindungen. An jedem zweiten C-Atom ist es methylverzweigt und ist glykosidisch mit Cladinose (C3) bzw. Desoamin (C5) verknüpft [125].

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Struktur der Erythromycine

Erythromycin Allgemeine Struktur R1 R2

Abb. 7: Strukturformel von Erythromycin.

Erythromycin ist ein Hemmstoff des Cytochroms CYP34 in der Leber. Somit ist die Biotransformation von Medikamenten, bei denen dieses Enzym beteiligt ist, z. B.

Ciclosporin, Diazepam, Lidocain, Warfarin u. v. a., beeinträchtigt, was zur Wirkstoffakkumulation durch erhöhte Plasmaspiegel und zur Verstärkung von Haupt- und Nebenwirkungen führt, wie das Risiko für das Auftreten von ventrikulären Arrhythmien und dem plötzlichen Herztod [126]. Patienten mit Lebererkrankungen sind besonders gefährdet Torsade de Pointes Tachykardien zu entwickeln, wenn sie mit Makrolidantibiotika behandelt werden, da diese über die Leber verstoffwechselt werden und so ihr Wirkspiegel bei Exkretionsstörungen erhöht ist [126]. Abgesehen von ihrem antibiotischen Effekt wurde bei Makroliden außerdem eine Verlängerung des QT-Intervalls festgestellt und damit einhergehend unterschiedliche proarrhythmische Eigenschaften. Sie spielen damit auch bezüglich einer Verlängerung der Repolarisation in der Gruppe der nicht-kardiovaskulären Medikamente eine Rolle [127]. Es konnte in unzähligen Studien gezeigt werden, dass die Verlängerung der Repolarisation während der Phase 3 durch Blockade der schnellen Komponente des verzögerten Gleichrichter- Kaliumstroms IKr

hervorgerufen wird [69,128-131]. Wie bereits ausführlich unter 2.2.3 sowie 2.2.4 beschrieben, kann die Repolarisationsverlängerung, vor allem in Zusammenhang mit

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weiteren prädisponierenden Faktoren wie Bradykardie, Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie, das Auftreten von lebensbedrohlichen ventrikulären Tachyarrhythmien vom Torsade de Pointes Typ hervorrufen. Schon vor längerer Zeit konnten Studien und Fall-Schilderungen TdPs unter Erythromycin, aber auch Clarithromycin- Therapie sowohl nach intravenöser, wie auch nach oraler Gabe belegen [132,133-135]. Dabei sind etwa 70 % des Erythromycins an Plasmaproteine im Blut gebunden und Torsade de Pointes konnten vor allem dann beobachtet werden, wenn der Erythromycin-Plasmaspiegel seinen Gipfel ca. 2 h nach der i.v.

Gabe erreicht hatte [136]. Zu beachten ist außerdem, dass der Erythromycinspiegel im Gewebe, also auch im Herzmuskel, nach intravenöser Gabe noch deutlich höher liegt, als der korrespondierende Plasmaspiegel im Blut, so dass der erreichte Gewebespiegel so hoch ist, dass zumindest bei in vitro „Patch-Clamp“ Versuchen eine Kaliumkanalblockade nachweisbar ist, die zu Repolarisationsverlängerung und potentiellen Rhythmusstörungen führt [130]. Gemessen am weitverbreiten Einsatz der Makrolidantibiotika und trotz ihrer nachgewiesenen Fähigkeit zur Repolarisationsverlängerung, sind die Makrolid- assoziierten Rhythmusstörungen insgesamt aber eher selten [92].

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2.5 G-CSF und der Einfluss von Stammzellen am Herzen

Blutzellen stammen von den pluripotenten hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark ab. Über verschiedene hämatopoetische Wachstumsfaktoren und Zytokine wird die Bildung sämtlicher Blutzellen reguliert. Die Wachstumsfaktoren steigern dabei die Proliferation bestimmter Zellen der Hämatopoese und in vielen Fällen auch die Funktion der reifen Endzellen [137]. Der Granulozyten-Kolonie stimulierende Faktor (G-CSF) stimuliert das Überleben und die Proliferation unreifer Vorläuferzellen des hämatopoetischen Systems (Prä-CFU) und determinierter Progenitorzellen für neutrophile Granulozyten (CFU-GM). Bei einem Mangel an neutrophilen Granulozyten zum Beispiel infolge einer Entzündung reagiert der Körper mit einem Anstieg der hämatopoetischen Wachstumsfaktoren wie G-CSF [137].

G-CSF kann in der Zwischenzeit auch industriell produziert und für folgende Therapien eingesetzt werden: 1. Reduktion infektiöser Nebenwirkungen von Chemotherapien 2. Reduktion von Morbidität und Letalität durch Neutropenie, 3.

Mobilisation von hämatopoetischen Stammzellen aus dem Knochenmark in das periphere Blut, um allogene und autologe Stammzellen für die Transplantation zu gewinnen [137]. Die Verwendung von Stammzellen stellt einen neuen vielversprechenden Ansatz zur Prävention und Therapie der Herzinsuffizienz dar [138]. Ausdifferenzierte Kardiomyozyten sind in der Regel nicht mehr in der Lage sich zu teilen. Ihr Untergang infolge einer Erkrankung geht daher mit Funktionsverlust und Ersatz durch Narbengewebe und Fibrosierung einher.

Wenngleich verschiedene Forschungsgruppen auch im Herzen die Präsenz von stammzell-ähnlichen Zellpopulationen nachweisen konnten, die sich in Kardiomyozyten differenzierten [139]. Im Gegensatz dazu besitzt eine undifferenzierte Stammzelle die Fähigkeit, sich selbst zu vermehren und reife ausdifferenzierte Tochterzellen zu bilden. Man unterscheidet dabei zwischen embryonalen Stammzellen, die aus der inneren Zellmasse des Embryos stammen und pluripotent sind sowie adulten Stammzellen, von denen man bisher annahm, dass deren Teilungsfähigkeit und Differenzierungspotential deutlich eingeschränkt ist. Ein neuer potentieller therapeutischer Ansatz für die Behandlung der Herzinsuffizienz wäre daher, die untergegangenen Kardiomyozyten durch neue

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funktionelle zu ersetzen, als Alternative zum bisherigen einzigen kausalen Therapieansatz, der vollständigen Herztransplantation [138].

2.5.1 Struktur des G-CSF

Abb. 8: Bändermodell der Proteinstruktur von G-CSF [84]

Das humane Glykoprotein besteht aus 178 Aminosäuren, ist an der Hydroxylgruppe des Threonin 133 glykosyliert und besitzt eine Molekülmasse von 19,6 kDa. Die Zuckerkette macht etwa 4 % des Gesamtgewichts aus und besteht aus α-N-Acetyl- Neuraminsäure, β-Galaktose und N-Acetyl-Galaktosamin. Die Zuckerkette des G- CSF spielt eine wesentliche Rolle bei der Stabilität des Proteins und bei der Stimulierung bestimmter Funktionen der neutrophilen Granulozyten. Ein weiteres wesentliches Element der Sekundärstruktur sind zwei Disulfidbrücken. Das Gen von G-CSF liegt auf Chromosom 17 im Genlocus q11.2-q12 [140].

2.5.2 Stammzelltherapie bei der Herzinsuffizienz

Herkömmliche Therapiestrategien der Herzinsuffizienz beruhen vorwiegend auf einer Hemmung des Fortschreitens der Erkrankung, ohne dass dabei eine „Restitutio ad integrum“ erreicht würde. Immer mehr Patienten erlangen allerdings dennoch das Finalstadium der Herzinsuffizienz, in dem momentan einzig eine Herztransplantation als Therapie bleibt [141]. Bei einer durchschnittlichen Wartezeit von 9-12 Monaten

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versterben allerdings bereits 30 % der gelisteten Patienten auf der Warteliste [141].

Deshalb stellt sich vor allem auch im Terminalstadium der Herzinsuffizienz die Frage nach neuen Therapieoptionen, wie der Stammzelltherapie, bei der im Rahmen der regenerativen Medizin die Erneuerung und der effektive Ersatz von Zellen und Gewebe im Mittelpunkt stehen [142].

2.5.2.1 Embryonale Stammzelltherapie

Embryonale Stammzelllinien (ES), die aus der inneren Zellmasse (ICM) von Embryonen im Blastozystenstadium (v.a. im Achtzellstadium) gewonnen werden, sind pluripotent und haben die Fähigkeit, sich in alle Zelltypen zu differenzieren, wie in der embryonalen Entwicklung. Dabei sind sowohl Human- wie auch Mäuse-ES Gegenstand intensiver Forschungsbemühungen, auch in Hinblick auf die Differenzierung in Kardiomyozyten [143-145]. Die ersten embryonalen Mäusestammzelllinien (mES) wurden 1981 isoliert, und es konnten inzwischen in vitro funktionstüchtige Kardiomyozyten davon abgeleitet werden, die sowohl typische molekulare, zelluläre und physiologische Charakteristika von Herzzellen aufweisen [145]. Dabei wurden auch die verschiedenen speziellen Zelltypen am Herzen, wie Vorhof-, Ventrikel-, Sinusknoten- und Purkinjefaserzellen anhand ihrer charakteristischen Aktionspotentiale gefunden [145]. Für die Differenzierung in Kardiomyozyten gibt es eine Reihe von Faktoren, die bei dem Differenzierungsprozess eine wichtige Rolle spielen, wie zum Beispiel die Zusammensetzung des Nährmediums, Wachstumsfaktoren, Zytokine, Zusatzstoffe, die Zelllinie und die Startzahl von Zellen in den sogenannten „Embryoid bodies“

(EBs) [143, 145]. Vieles, was man bisher über die Differenzierung von ES in Kardiomyozyten weiß, hat man durch die Studien an mES gelernt, aber es konnten auch einige wichtige Unterschiede zwischen mES und hES festgestellt werden [145].

Als Thomson und seine Mitarbeiter 1998 die ersten humanen embryonalen Stammzellen ableiteten, galt dies als großer Durchbruch [146]. Dennoch gibt es eine tiefe Kluft zwischen der Möglichkeit ES in Myokard zu differenzieren und dies klinisch zu nutzen. Es konnte aber in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass

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Transplantate von embryonalem kardialem Gewebe aus ES in normalem Myokard bestehen und auch Gap Junctions ausbilden [144]. Xiao [146] stellt die Ergebnisse verschiedener tierexperimenteller Studien vor, in denen embryonale Stammzellen im insuffizienten Herzmuskel integriert werden konnten. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass sowohl Transplantate von mES, wie auch intravenös applizierte Stammzellen sich erfolgreich im geschädigten Myokard ansiedeln und in funktionsfähige Kardiomyozyten differenzieren, dort die Vaskularisation fördern und auf diese Weise die Herzfunktion wieder steigern und die Todesrate im Tierexperiment signifikant senken. Auch die Infarktgröße war nach ES- Transplantationen bei verschiedenen Tiermodellen deutlich reduziert [146]. Zhang und Mitarbeiter konnten jedoch im „whole-cell patch-clamp“-Modell zeigen, dass die aus embryonalen Stammzellen differenzierten Kardiomyozyten gegenüber natürlichen Myozyten deutliche Aktionspotentialheterogenität, verlängerte Aktionspotentialdauer und leicht zu induzierende getriggerte Aktivität aufweisen. Die Arbeitsgruppe machte deutlich, dass im „patch-clamp“-Modell ein unerwartetes arrhythmogenes Potential in Kardiomyozyten steckt, die von embryonalen Stammzellen abgeleitet wurden [147]. So zeigten die ventrikel-ähnlichen Kardiomyozyten verlängerte Aktionspotentiale, frühe und späte Nachdepolarisationen und schließlich sogar PVTs. Auch Zhang [147] vermutet Veränderungen der Kalium- und Kalziumionenströme an von Stammzellen abgeleiteten Kardiomyozyten als Auslöser für das nachgewiesene arrhythmogene Potential.

Ganz andere, vielleicht ebenso gewichtige Probleme stellen jedoch die Tumorgenität, die Immunogenität und nicht zuletzt ethische Bedenken gegen den Einsatz von hES beim Menschen dar [144,145, 146].

2.5.2.2 Knochenmarksstammzelltherapie

Zwei entscheidende Punkte bieten einen deutlichen Vorteil autologer Knochenmarkszellen (BMC) und deren Subpopulationen gegenüber den embryonalen Stammzellen. Sie zeigen keine immunologische Abstoßungsreaktion, da die Zellen aus dem körpereigenen Knochenmark des Patienten gewonnen

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werden können und sie sind ethisch unbedenklich und daher auch gut für klinische Studien einsetzbar [148]. Stammzellen und Progenitorzellen, die vom Knochenmark in die Blutbahn freigesetzt werden, sind ein von der Natur angelegtes Reparatursystem für Schädigungen der Organe. Die Kapazität dieses physiologischen Reparatursystems ist jedoch lediglich für eine geringgradige, langsame Reparatur ausgelegt, möglicherweise als Gegengewicht zur Alterung der Organe oder geringen Verletzungen. Bei einer massiven Gewebeschädigung wie einem Myokardinfarkt ist diese Reparaturfähigkeit allerdings bei weitem überfordert [149]. Es ist bekannt, dass das Knochenmark ein exzellentes Reservoir für viele adulte Stammzellen ist und dass vom Knochenmark abgeleitete Stammzellen dazu fähig sind, Grenzen von Zelllinien zu durchbrechen und sich in verschiedene Zelltypen wie Hepatozyten, Endothelzellen, Skelettmuskelzellen und Neuronen zu differenzieren. Andererseits wird die Fähigkeit zur Differenzierung in Herzmuskelzellen sehr kontrovers diskutiert [150]. Dennoch sind vom Knochenmark abgeleitete Stammzellpopulationen erfolgreich am Herzen eingesetzt worden, inklusive hämatopoetischer Stammzellen (HSC), mesenchymaler Stammzellen (MSC) und endothelialer Progenitorzellen (EPC) [151].

Menasché [152] konnte zunächst beeindruckende Erfolge durch die Behandlung von Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion und Myokardinfarkt mit pluripotenten Zellen verzeichnen. Im Folgenden wurde jedoch bei größeren Patientenzahlen von Rhythmusstörungen berichtet, die soweit führten, dass prophylaktisch ICDs implantiert werden mussten und die MAGIC-Studie vorzeitig abgebrochen wurde [153]. Der Grund für die Zunahme des proarrhythmischen Potentials ist vermutlich die unvollständige Einkopplung der implantierten Zellen in das funktionelle Synzytium des Herzmuskels: Skelettmuskelzellen bilden - im Gegensatz zu Herzmuskelzellen – keine für die Zell-Zell- Verbindung notwendigen Gap junctions aus und sind daher elektrophysiologisch isoliert.

Bei einem anderen klinischen Ansatz schließlich gelang es der Arbeitsgruppe B. E.

Strauer 2001 erstmals isolierte mononukleäre Knochenmarkszellen einige Tage nach einem überstandenen Herzinfarkt zu transplantieren. Es kam dabei zu einer Abnahme der Infarktgröße, zu einer Zunahme der Auswurffraktion, des Herz- und

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Schlagindexes und zu einer Abnahme des enddiastolischen Volumens sowie des linksventrikulären Füllungsdrucks unter Belastung [154, 155]. Dieser ersten klinischen Studie folgten weitere größere Studien von der Arbeitsgruppe um Prof.

Zeiher (TOPCARE-AMI) [149, 156, 157, ], einer Arbeitsgruppe aus Hannover (BOOST-Studie) [158] sowie der REPAIR-AMI Studie [159], die allesamt belegen konnten, dass die intrakoronare Infusion von BMC sowohl klinisch durchführbar und sicher ist, als auch zu einer deutlichen Verbesserung der linksventrikulären Funktion nach akutem Myokardinfarkt (MI) führt [160].

Neben den tierexperimentellen und den klinischen Studien nach akutem Herzinfarkt gibt es bereits auch einige Studien zum Einsatz von Stammzellen bei chronischer Herzinsuffizienz. Doch bei chronischen Herzerkrankungen sind die Voraussetzungen für die Stammzelltherapie wesentlich schlechter als nach akutem Infarkt, denn das frisch ischämische Myokard ist für den Empfang der Zellen durch die Aktivierung des Endothels, die Expression von Rezeptoren und die Freisetzung von Botenstoffen bereits sensibilisiert [149]. Eine japanische Arbeitsgruppe um Ishida und Tomita [161]

konnte dennoch am Doxorubicin induzierten Herzinsuffizienzmodell an Ratten demonstrieren, dass nach Injektion von BMC in die linke freie Ventrikelwand gegenüber der Vergleichsgruppe sowohl die Mortalitätsrate gesunken, als auch positive Effekte auf die Vaskularisation beobachtet werden konnten [161] Dieser positive Effekt konnte durch Aktivierung der Knochenmarkszellen mit Hilfe von G- CSF bestätigt werden [162].

2.5.2.3 Mobilisationstherapie mit GCSF

Nach Link und Hess [137] mobilisiert G-CSF in therapeutischen Dosen Stammzellen und Progenitorzellen aus dem Konchenmark in das periphere Blut. Ischämisches Gewebe, z.B. Myokard nach einem Herzinfarkt, exprimiert Rezeptoren und entsendet Botenstoffe [163], welche sowohl das Einwandern, wie auch die Adhäsion und die Differenzierung der durch G-CSF stimulierten Progenitorzellen steuern. Die Differenzierung in bestimmte Parenchymzellen erfolgt wahrscheinlich über Zell-Zell- Kontakte mit den vor Ort bereits vorhandenen, differenzierten Zellen [149]. Sowohl nach einem Herzinfarkt, als auch bei fortschreitender Herzinsuffizienz, unterliegt der

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Herzmuskel einem Umbauprozess, der begleitet wird von einem Zelluntergang mit Verlust der Gap Junctions, Fibrosierung und Expansion der Ventrikel.

Abb. 9: Schematische Darstellung des Cardiac Remodelling; modifiziert nach [166].

Sugano [164] konnte an Ratten nach akutem Herzinfarkt zeigen, dass bei subkutaner G-CSF-Injektion die Expansion der Kammern abgemildert werden konnte. Weitere experimentelle Studien konnten den positiven Effekt von G-CSF auf das Remodelling nach einem akuten Herzinfarkt (MI) bestätigen [165,166]. Es konnte gezeigt werden, dass G-CSF nicht nur über die Mobilisation von Stammzellen aus dem Knochenmark wirkt, sondern auch direkte Wirkung auf die Kardiomyozyten, z.B.

durch Aktivierung verschiedener Signalwege (extrazelluläre signal-regulierende Kinasen, Signalgeber und Aktivatoren der Transkription) hat. Diese kardioprotektiven Effekte zeigen sich in der Induktion der Angiogenese und in einer Abnahme der Apoptose. Schlussendlich kann G-CSF so ein verheerendes Remodeling des linken Ventrikels und Dysfunktion nach akutem MI verhindern (anti-remodeling effect) [166].

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