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Stämme, unter diesen Negush, aus welchem das Ge

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Rund um den tief ins Land hinein sich krümmenden Meerbusen, den man Bocche di Cattaro nennt, siebt steil

lein 9 Stämme, unter diesen Negush, aus welchem das Ge

schlecht der geistlichen Landesherren Petrovitschj, und Ze-tinja, wo jene ihre Residenz haben. Diese Verbindung zu einer Naja bildet eigentlich eine Art von Staat, der mit den übrigen ]\aije im Runde steht, so dafs er zwar bei der allgemeinen Versammlung des Zernagorischen Volks er­

scheint, aber über die Anträge abgesondert berathet und stimmt. Er hat einen Repräsentanten in der Regierung als Beamten der Administration in dem Serdar, von dem nachher die Rede sein soll.

Fünf solcher Naije bilden den Freistaat von Zernagora, nemlich: Kattunsia, Rjetsclila, Ljeschansha, Tscliernitsch-la Naja und Herda s Moritschom, Piperimaj Pjeschivzami.

In den letztern sind neue Eroberungen von der Pforte ent­

halten, die eben darum, wie z. B. das Dorf Bjelopavlitsch), immer erneuerten Angriffen ausgesetzt sind, weil das Ver-hältnifs Zernagora's zur Pforte durch keinen Friedensver­

trag festgestellt ist, der die Unabhängigkeit dieses Landes anerkannte. *)

Die allgemeine Volksversammlung, „sbor oder wetsche",

*) Ein solcher müTste aber auch die Grenzen des Landes so regulireti, dafs die Zernagorzen ekistiren können, und nicht, wie zum Theil jetzt, auf die Kriegsbeute angewiesen sind. Diese ist verlockend, denn im Sommer 1832 kamen bei einem Anfalle der Türken auf Zernagora eine bedeutende Menge schöner Waffen und Pferde ein, welche letztere das Stück zu <jo bis too Fl. W . W . in Cattaro ko.

»leten.

besteht aus der Vereinigung der 5 Naije, und ist, als W i l ­ lensausspruch des ganzen V o l k s , die höchste Autorität*

Sie entscheidet alle diejenigen Fragen, welche nicht zur Competenz der Regierung in administrativer Hinsicht gehö­

ren, als z . B. K r i e g , Frieden, neue Gesetze und Ordnun­

gen u. s. w . , und der in dieser Versammlung ausgespro­

chenen Stimmenmehrheit müssen sich alle Theile unterwer­

fen. Die Volksversammlung tritt in der Ebene von Zetinja zusammen, weil solches die Residenz des geistlichen Lan­

desherrn und auch mehr die Mitte des Landes ist. Ein er­

höhter Sitz auf einem Felsenvorsprunge gebührt der Regie­

rung, dem Wladyka nenilich und den höchsten Staatsbeam­

ten. Diese haben die Initiative und legen ihre Vorschläge den versammelten Naije und in diesen den Stämmen zur Berathung und Entscheidung vor. Hat solche so lange ge­

dauert, dafs ein Beschlufs gefafst werden konnte, so gebie­

tet ein Zeichen durch Glockengeläute Stille und das Volk wird über seinen Beschlufs befragt, jede Naja besonders.

Acclamationen finden aber auch statt, z. B. auf die Frage:

„ W o l l e t ihr also?" „ W i r wollen!" (Olschemo). Klei nerc Ver­

sammlungen finden auch wohl vor der Halle des Klosters Zetinja statt, auf dem mit einer Ringmauer in der Höhe eines Sitzes umgebenen gemauerten Boden, der sonst als Dreschtenne dient.

In den Naije können auch Specialversammlungen auf den offenen Plätzen vor den Kirchen vorkommen, ebenso auch in den einzelnen Stämmen, um ihre besondern Ver­

hältnisse zu ordnen.

Obgleich zwar überall die sogenannten Aeltesten Ein-flufs üben, durch ihr Ansehen und die erbliche Stellung als Knesj, Woiwodj und Barjaktarj, verbunden mit einem ungeheuren Ehrgeiz, ihre Stellung würdig zu behaupten, M u t h , Erfahrung und Kenntnisse an den T a g zu legen, so kann man dennoch die Verfassung nicht eine aristokrati­

sche nennen, weil überall die Stimmenmehrheit im Allge*

meinen, folglich der zahlreichere Anhang dieser oder jene1 , Partei entscheidet. Mit Ausnahme des jungen Volks is*

keiner von der Berathung ausgeschlossen und die Familien' ansichten stärker, als die Ueberzeugung.

Jene erblichen Würdenträger sind auch keineswegs re»"

eher oder in stärkerer Familienverbindung, als andere, noch kommen ihnen besondere Rechte und Yortheile zu Statten.

Ohngeachtet dieser demokratischen Verfassung und des tiefbegründeten Frciheitsgefühls der Zernagorzen war die Regierung des verstorbenen Metropoliten Peter Petrovitsch Negush dennoch eine willkührliche und unumschränkte zu nennen, aber freilich begründet auf Zuneigung und unbe­

grenztes Vertrauen, welche sich bei seinem Tode durch den lebhaftesten Ausdruck des Schmerzes und wirklich

ungeheu-ch?lte Wehklagen äufserten.

Diese, man könnte sagen, monarchische Periode tastete aber keine der Formen verletzend an, in welchen sich die Volksfreihcit aussprach, sondern begnügte sich einzig und allein durch die reine Kraft der Intelligenz, TJeberzeugung und, im äufsersten Nothfalle, durch religiösen Zwang zu herr­

schen, so dafs bei dem Ende derselben nicht das Geringste in dein Hergebrachten verändert worden war. Freilich hat eine geistliche, oder überhaupt auf Glauben gestützte Herr­

schaft eine tiefer begründete Macht über die Gemüther, als die rohe Gewalt, aber ihre Stellung ist auch eben darum viel zarter. W i e sehr Peter Petrovitsch diese begriffen hatte, beweist die allgemeine Volksmeinung, er sei ,,ein Heiliger" gewesen. Nie hat ihn jemand dem natürlichsten physischen Bedürfnisse unterworfen gesehen und er starb ohne Krankheit. Ein rauhes, aber unverdorbenes, keusches, tapferes und freies Volk, wie er zu regieren, erfordert aller­

dings einen hohen Grad innerer, sittlicher Vollkommenheit, Würde und äufsere Rücksichten.

Folgendes sind die politischen Rechte des geistlichen R e ­ gentenhauses der Petrovitschj. Der jedesmal regierende Bi­

schof, Metropolit, oder welches seine geistliche Würde Grie­

chischer Kirche sein möge (die höhere Weihe kann er nur von einem auswärtigen kirchlichen Oberhaupte erlangen, die niedere ertheilt er selbst), ist Oberhaupt der Kirche und des ganzen Landes, welches er mit Beihülfe einiger hoher Staats­

beamten regiert. Seine eigene Wahl sollte eigentlich ur­

sprunglich durch die Klostcrgeistlichkeit und die

Volkshäup-t e* stattfinden, ist aber, gleich den übrigen erblichen Wür­

den, seit langer Zeit erblich in dem Geschlechte der Petro­

vitschj aus dem Stamme Negush geblieben, indem jedesmal

e r Nachfolger bei Lebzeiten bestimmt, zu diesem Behufe

sorgfältig erzogen und auf der Volksversammlung anerkannt worden ist. Ebenso hatte der verstorbene Metropolit seinen Bruderssohn erwählt und ihm eine geistliche Erziehung g e ­ ben wollen, jener aber fand sie gegen seine Neigungen, und nach einigen Jahren war man genöthigt, einen zweiten Neffen zu erwählen; dieser war noch jung an Jahren, kaum zum Archimandriten geweiht, als der Oheim starb, und dem unerfahrenen aber talentvollen Jüngling ein in mancher Hinsicht aufgeregtes und unruhiges V o l k empfahl. Innere Familienkriege und eine Partei, welche, um ehrgeitzige Absichten zu verfolgen, eine auswärtige bisher fremde Verbindung anzuknüpfen trachtete, zerrissen das Land.

Die Volksversammlung trat aber zusammen und legte ein schönes Zeugnifs a b , wie tiefen Eindruck, moralische Gro­

fse auf unverdorbene und reine Naturmenschen macht. Die Verlesung des Testaments Peter Petrovitsch's fand statt, und der letzte politische Rath des, einem Heiligen gleich Verehrten war: „dafs die einander feindlich Gesinnten, auf seiner Leiche den Familienfrieden und die allgemeine Ein­

tracht beschwören, und nie in der Dankbarkeit und Er­

gebenheit gegen Rufsland wankend werden sollten". Mit lautem Schmerzensausdrucke ward dieser Friede und Ge­

horsam dem letzten Herrscherwillen in der Kirche zu Z e ­ tinja beschworen, treu gehalten, die Ernennung des jungen Archimandriten anerkannt und ihm der ehrende Name Peter Petrovitsch (zur Erinnerung an den tiefverchrten Verstor­

benen) beigelegt, da er vorher Radoje Petrovitsch gehiefsert hatte. Der allgemeine Volkswille befreite das Land von j e ­ ner unruhigen Partei, und die Einigkeit und der Gemein­

wille standen kräftiger d a , als vorher.

Der Titel des Regenten ist: „ V o n Gottes Gnaden Archi' mandrit, Bischof oder Metropolit von Zernagora uhd Berda"«

Er hat zwar zu verschiedenen Zeiten verschiedene Ansprüche auf einen weitern und engern Kirchsprengel gemacht, z . ß«

Antivari, Dolcigno, Scanderia und Primorie zu behaupten gesucht, ist aber jetzt auf das Gebiet von Zernagora be­

schränkt. In Anreden nennt man ihn: „Swetj Wladyhol'1 E ' führt das Wappen der Tschernojevitschj, den zweiköpfigen Adler, und hat seine eigene Fahne, welche als das Haupt' banner nur dem ersten Staatsbeamten (ehemals dem Gover-natore) anvertraut war. Er hat zwei Residenzen in de"

Klöstern von Zetinja und Stanjewitschj • ) , und besitzt seine eigenen Klosterländereien und W e i d e n , welche aus Schen­

kungen der Tschernojewitschj herstammen und meist in der Ebene von Zetinja liegen. Diese werden, wie die meisten L ä n ­ dereien Dalmatiens, zum Theil gegen die Hälfte des E r ­ trages, wenn das Land ergiebig, oder gegen die Entrichtung des dritten Theils (zwei Drittel dem Anbauer für seine K o ­ sten und Arbeit) bebaut. Nächst dem Ackerbau zieht er Ertrag von Schaf heerden, Bienenstämmen und einigen Rechten auf Fischereien. D a der Archimandrit hieraus nicht blos seine Haushaltung bestreitet, sondern auch Ein­

zelne aus dem V o l k e , ja in allgemeinen Nöthen einen gro-fsen Theil des Volks wirklich ernährt, so würde er schwer-Üaiv, bestehen können, wenn nicht von Rufsland aus eine Geldunterstützung dieses schöne Verhältnifs eines Landes­

regenten in seiner möglichen Fortdauer erhielte.

Er ist gastfrei und hält eine Anzahl Diener „momli"

(momal, ein Jüngling), welche mit den Aeltesten des V o l k s , die täglich wegen ihrer Geschäfte nach Zetinja kommen, alle glänzend bewaffnet, in der geschwärzten Halle des K l o ­ sters vor dem brennenden ungeheuren Heerde einen eigen-thümlichen kriegerischen Anblick gewähren. Ueberau W a f ­ fengeklirr , ausdrucksvolle feurige Gesichter mit langen Schnauzbärten, und die Haare von der Stirne bis zur Hälfte des Kopfes geschoren.

Die Zernagorische Kirche ist selbstständig. Sie steht unter keinem Patriarchen oder andern kirchlichen Häuptern, sondern der Archimandrit ist das Haupt über Kloster- und Weltgeistlichkeit; dafs er die W e i h e außerhalb Landes

empfängt, liegt in den Umständen und Beobachtung der al­

ten Kirchenregel, begründet aber keine Unterordnung. P e ­ ter Petrovitsch wurde von einem Bischof seines Glaubens in Ungern geweiht, dessen Vorgänger von dem Haupte der Griechisch-Serbischen Kirche, dem Patriarchen von Pech;

der Archimandrit beabsichtigt die W e i h e in Serbien zu

*) Auf diese! letztere, sagt man, macht Oesterreich aus einer alten be­

dingten Venetianischen Cession Ansprüche, wahrscheinlich um «ich tiefer ins Gebirge hinein festzusetzen, denn was läge wohl sonst an einigen Wein- und Obstgärten im Gebirge? Dem Regenten von Zer­

nagora ist aber selbst diese kleine Besitzung von vielem Werthe,

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empfangen, um sich nicht auf zu lange Zeit aus dem Lande zu entfernen, dessen Regierung ihm obliegt. Diese führt er mit Beirath und Hülfe folgender hoher Staatsbeamten:

1 ) des Governatore und 2) der Serdarj. Gegenwärtig ist zwar an die Stelle derselben ein Senat mit einem Präsiden­

ten getreten, doch nur die Würde des Governatore verän­

dert, denn die Serdarj haben zugleich den Beinamen der Senatoren erhalten. Da diese Neuerungen weniger Zusam­

menhang mit der Vorzeit und den übrigen Institutionen ei­

nes solchen Volksstammes haben, so werde ich die frühere Verfassung darzustellen fortfahren, in deren W e s e n den­

noch nichts verändert ist, indem anstatt eines Governatore, ein Präsident des Senats genannt wird.

Der Governatore sollte, wie es heifst, auf der Volks­

versammlung gewählt werden, war aber dennoch seit länge­

rer Zeit zu einer Erbwürde geworden, welche die Rado-nitschj seit zwei Generationen behaupteten; dergestalt daß der junge 16jährige Sohn des letzten, auf Beschlufs def Volksversammlung mit seinem ganzen Geschlechte verbann­

ten, bald darauf in Cattaro verstorbenen Badonitsch, sich als ein seines rechtmäfsigen Erbes beraubter ansah, be­

hauptend, sein Recht sei heilig und über den Beschlufs def Volksversammlung erhaben gewesen. Auch sein Oheii»

Marco erkannte ihn als den wahren Erben der Würde ani wie aber solches Recht zu beweisen sei und ob Urkunden demselben zur Unterstützung dienen, habe ich nicht erfah­

ren können. Auch Wukotitschj sollen einst diese Würde inn«

gehabt haben. Jener unglückliche Jüngling sprach mit vaÜ lange und beredt über sein Recht, und schlofs mit den rüh­

renden Worten: „Nichts bin ich mehr! einst war ich ein freier Zernagoraz, jetzt gehöre ich nirgends hin, ich hab«

kein Vaterland, keine Angehörigen, mein Leben ist dahin!"

W i e diese Würde entstanden sei, mit ihrer fremdartigen B«' nennung (Governatore), wufste man nicht; nothwendig W«' s i e , da ein geistliches Oberhaupt für viele Gegenstände ie1 Regierung eines weltlichen Stellvertreters bedurfte. Dod1 genofs der Governatore eigentlich nie besondere Vorrecht*

oder Ehrenbezeugungen; er gehörte zwar nothwendig *"

dem Staats- und Regierungsrath, aber zugleich mit de"

Serdarj, und unter der obersten Leitung des Bischofs. P 'e Hauptfahne war ihm anvertraut, und daraus schliefse

auf den Oberbefehl über die Kriegsmacht, worin er also dem Grofsfeldherrn des Staats von Poglizza in Oalmatien glich. Seine Theilnahme an den Verhandlungen der V o l k s ­ versammlung war nicht ausgezeichnet durch irgend ein V o r ­ recht, indem alle Initiative von der Regierung überhaupt ausging, in dieser jedoch der Serdar so gut wie der Gover-natorc einen Vorschlag mifsbilligen durften, daher die B e ­ hauptung (bei Bergmann im oben angcf. Journal S. 108),

„dafs ohne seine Genehmigung kein Antrag Gesetzeskraft erlangen könne," mir zweifelhaft erscheint; es sei denn seine Stellung ehemals bedeutender gewesen und durch den geistlichen Landesherrn beschränkt worden, was in H i n ­ sicht des letzten Governatore Oestrerreichische Beamte be­

haupten wollen.

Die Serdarj, von jeder Naja gewählt (anfangs waren ihrer 4 , nachmals 5 , denn man räumte den neuvereinigten Naije das Recht, einen Serdar zum Regierungs- und Kriegs­

rath zu senden, ein), sind der beständige Rath des Regen­

ten, und als gewählte Beamte, gewissermafsen Repräsentan­

ten der Naja. In unruhigen Zeiten gebieten sie auch über die bewaffnete Landwache oder die Panduren an den Gren­

zen. Gegenwärtig fügen sie ihrem Titel noch den der S e ­ natoren hinzu, und stehen unter der Präsidentschaft des Iwan Wukotitsch, eines durch Vaterlandsliebe ausgezeich­

neten Mannes, der, nicht unbemittelt, allen Bequemlichkei­

ten eines civilisirten Lebens in Rufsland entsagt h a t , um zum Nutzen seines Vaterlandes zu wirken. Die Serdarj, so wie der Governatore, bezogen sonst keinen Gehalt; erstcre erhalten jedoch jetzt eine Entschädigung. Die W ü r d e eines Serdar kann jeder tapfere und erfahrene Zernagoraz. er­

langen.

Der Secretär des Archimandritcn ist ein gebildeter jun­

ger Serbe. Er besorgt die Correspondenz mit auswärtigen Regierungen, fafst Beschlüsse und Urkunden der Volksver­

sammlung schriftlich a b , wie auch was im Senate schrift­

lich verhandelt werden mufs. Auf Versammlungen der Nai­

je oder Stämme würden Geistliche das schriftliche Verfah­

ren besorgen, falls solches nolhwendig befunden würde: ein

*n Zernagora noch seltener Fall, wo das glückliche G e -dächtnifs füv die einfachen Verhältnisse ausreicht.

Für den Fall des Krieges ergreift die ganze Nation die

Waffen, so lange ein jeder kräftig ist; darum läfst sich die Zahl der Streiter nicht mit Bestimmtheit berechnen, denn die, Meinung im Lande übertreibt natürlicherweise die Angaben bis zu 30 und 40,000, Eine zufällig von mir ge­

fundene Berechnung, für deren Alter und Richtigkeit ich aber nichts anführen kann, giebt nur eine geringere Anzahl, nemlich: der Kattunska Naja für 16 Dörfer, 2015 Bewaff­

nete auf 8000 Einwohner; Ljeschanska Naja für 34 Dörfer, 22S6 Bewaffnete auf 9000 Einwohner; Rjetschka Naja für 40 Dörfer, 2936 Bewaffnete auf 12000 Einwohner; Tscher-nitschka Naja für 18 Dörfer, 1666 Bewaffnete auf 7000 Ein­

wohner; Pjeschivzj 8 Dörfer, 660 Bewaffnete auf 2500 Ein­

wohner; zusammen 116 Dörfer, 9563 Bewaffnete auf 38,500 Einwohner. Die Angabe stimmt überein in Hinsicht der Dorfschaften mit der in Bergmann's Journal (a. a. O. S. 100), nicht aber in Hinsicht der Bewaffneten und Einwohner, de­

ren dort 15,000 und 60,000 angenommen werden.

Im Felde kämpfen sie getheilt in Familien, Stämme und Naije; oft auch Bundesbrüder und Genossen aneinan-derhaltend zum gegenseitigen Schutze. Die Stämme haben ihre Banner * ) , ihren Bannerträger „Barjaktar" und Heer­

führer, der gewöhnlich bis 1000 Mann befehligt. Eine Ein-theilung in 10,000 unter ausgezeichneten Heerführern, auch wohl Serdarj, kommt zuweilen nach den Umständen vor.

Bisweilen hat der Regent selbst die Kriegsmacht geführt, das Kreuz in der Hand und sein Banner voran. Kara-Macbmud, Pascha von Scutari, der zuletzt seinen eigenen Kopf in Zernagora liefs, konnte es nie verschmerzen, von einem Mönche überwunden worden zu sein.

Die Zernagorzen sind im Gebirgskriege sehr erfahren, besonders auf ihrem eigenen Gebiete, wo sie den Feind in engen Pässen einzuschliefsen wissen, und wenn er durch das heftige und wohlbcrecbnete Feuer hinter Felsen, Stei­

nen und Gebüschen in Unordnung geräth, die Niederlage durch Einbauen im Handgemenge entscheiden. Sie schlei­

chen heimlich und unbemerkt wie der W o l f ihrer Gebirgs-wälder heran, entfliehen eben so leicht auf unwegsamen

• ) Der Banner «ollen roo bis 150 «ein. Folglich mögen wohl auch ein­

zelne Geschlechter oder Familien ihr Banner führen, denn der Stäm­

me könnten doch nur höchstens 5 0 seyn.

Gebirgen, oft von Stein zu Stein springend, und gehen selbst in dunkler Nacht auf Pfaden, welche Ungewohnten

aJ« lichten Tage nicht gefahrlos sind. Ihre Bewaffnung ist

^i ne lange Türkische oder Venetianische Flinte, z w e i

Pisto-^n und der scharfe Handshiar. W e r keine Waffen von dem

ater erbte, mufs sich solche verdienen oder kaufen; in ernagora aber werden keine gefertigt, daher Waffen zu­

nächst und dann das Haupt des nicht christlichen Feindes I r Augenmerk sind. Schon mancher kühne Knabe, listig

^"t Hinterhalte versteckt und mit einer schlechten Pistole

•^Waffnet, gewann sich eine volle Bewaffnung und das

«aupt des Feindes obendrein. Der entfliehende Türke

Wirft in der Regel die kostbaren Waffen von sich, um den

V e rf ° l g c n d c n Zernagorzen aufzuhalten; jener erkennt aber

m e ,s t auf einen Blick die Gegend, wo die Waffe fiel, und sucht dann noch das Haupt zu gewinnen. Solches dient als

^l egeszeichen in Häusern und auf Mauern, und gar häufig mst der Zernagoraz mit dem eigenen Leben diesen

Tri-U t np b , denn die meisten werden bei dem Kopfabschneiden y^°n dem Feinde erschossen. Den eignen Kopf dem

n <*e zu überlassen ist aber schimpflich, daher eine Zcrna-d e nS' Tl e Mu t te r mchrerc Tage freiwillig als Gefangene nes folgte, bis es ihr gelang den Kopf ihres Soh-math*11 rau^en u n a dieser traurigen Beute in die Hei­

schein Z"r i i.c l c z u l c e n r c n' D i e S i t t e des Kopfabschneidens

tien n .Ü I L R I8E N S seit den Türkenkriegen überall in

Dalma-na u | r ;e"s.c h t zu haben, denn die Volkslieder zählen g e -nracht^hab fe' W el ch e ihre H e l d en a u s d e m KamPfe 6E _

A . v. RpüTZ.

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