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4.2 Einfluss der Glycosylierung des Asn 201 auf die Bindungs- Bindungs-affinität von Peptiden

4.2.2 SPR-Untersuchungen der Peptide und Glycopeptide 81 - 86

Im Anschluss der erfolgreich durchgeführten Synthesen der Peptide 81-86 wurden SPR-Experimente zur Untersuchung des Einflusses der Glycosylierung am Asp201 der Primärstruktur und der Tertiärstruktur durchgeführt.

Zunächst wurden die Peptide 81 und 82 untersucht. Hierbei wurde der gleiche CM5-Chip verwendet wie bereits bei den Untersuchungen aus Abschnitt 4.1.9. Die Peptide wurden in unterschiedlichen Konzentrationen von 100 50 mM für das Peptid 81 und von 750 µM-180 mM für das Glycopeptid 82 mit einer Flussrate von 30 µL/min über den Chip geleitet.

Die Injektionszeit betrug bei diesen SPR-Experimenten 150 s. Da es sich um Stoffgemische (siehe Abschnitt 4.2.1.1) handelte, musste der exakte Anteil des Produktpeptids im Stoffgemisch durch Integration der Amidsignale im 1H-NMR-Spektrum bestimmt werden.

Dadurch konnte die Konzentration des zu untersuchenden Analyten bestimmt werden.

Auffallend bei den SPR-Experimenten dieser Peptide war, dass ab einer Konzentration von 10 mM sowohl beim Peptid 81 als auch beim Glycopeptid 82 die Messkurven negativ wurden. Die RU-Antworten der unterschiedlichen Konzentrationen sind in Abbildung 59 für beide Peptide dargestellt.

Abbildung 59: SPR-Affinitätsanalyse der Peptide 81 und 82 bezüglich des immobilisierten CD4-Proteins. Links:

Auftragung der RU-Antworten aller Messpunkte des Peptids 81; rot dargestellt sind diejenigen RU-Antworten, die trotz erhöhter Konzentration zu niedrigeren RU-Antworten führen. Rechts: Auftragung der RU-Antworten aller Messpunkte des Peptids 82; rot dargestellt sind diejenigen RU-Antworten, die weder dem one-site-binding-Modell entsprechen und trotz erhöhter Konzentration zu niedrigeren RU-Antworten führen.

Dieser Abfall in den RU-Antworten ist vielleicht durch das Löslichkeitsverhalten der beiden Peptide begründet. Übersteigt die Konzentration der peptidischen Lösung von 81 und 82 10 mM, so wurden die Lösungen milchig, was auf die Ausbildung einer kolloidalen Lösung (mit Veränderung im Brechungsindex der Lösung) hinwies. Dies erklärt den beobachteten

Abfall, da letztlich die aufgenommen Messkurven auf der Detektion der Änderung der Brechungsindexes an der Grenzschicht basieren, kann dies eine Erklärung sein.

Auffallend ist ebenfalls bei der Konzentrationsreihe des Peptids 81, dass die RU-Antworten höher liegen als der theoretische RUmax-Wert. Bei 8%iger Aktivität des CD4-Proteins auf der Chip-Oberfläche (siehe Abschnitt 4.1.9) ist der RUmax-Wert für Peptid 81 mit 17 RU weit niedriger als die bestimmten RU-Werte. Diese erreichen schon bei einer Konzentration von 500 µM den theoretischen Maximalwert, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die erhaltenen RU-Antworten jenseits dieser Konzentration auf unspezifische Wechselwirkungen zwischen dem Liganden und dem auf der Oberfläche immobilisierten CD4-Protein zurückzuführen sind. Ein Fit der ersten drei Konzentrationspunkte zur Bestimmung des KD-Wertes nach dem one-site-binding-Modell wurde nicht durchgeführt und die gesamte Wechselwirkung des Peptids 81 mit dem CD4-Protein weiter ausgewertet.

Der KD-Wert konnte für das Glycopeptid 82 für die ersten fünf Messpunkte, dem one-site-binding-Modell folgend, bestimmt werden. Dieser ergab eine Dissoziationskonstante von 2.71 ± 0.91 mM (Zusammenfassung der KD-Werte siehe Tabelle 11). Der theoretische RUmax-Wert für das Glycopeptid 82 wurde mit 20 RU bestimmt. Der experimentelle RUmax-Wert wurde mit 10 RU ermittelt. Dieser liegt somit um die Hälfte niedriger als erwartet. Die Messpunkte der 22 µM- respektive 44 µM-Konzentration wurden jedoch nicht mit in die Bestimmung des KD-Wertes einbezogen, da die RU-Antwort dieser beiden Punkte nicht mehr mit dem one-site-binding-Modell in Einklang gebracht werden konnten.

Die SPR-Experimente für die Peptide 83 und 84 wurden auf einem von H. Behnken verwendeten CM5-Chip durchgeführt. Es wurde ein mit 15400 RU belegter CM5-Chip verwendet. 15400 RU entsprechen 341 fmol CD4-Protein, welches auf der Matrixoberfläche des Chips immobiliert ist. Ein Aktivitätstest mit GP120-Protein ergab hierbei eine Aktivität von 20% des immobilisierten CD4-Proteins. Die SPR-Experimente und die Bestimmung des KD-Wertes für das nicht glycosylierte Peptid 83 wurden von H. Behnken im Rahmen seiner Diplomarbeit durchgeführt. Es konnte hierbei erfolgreich ein KD-Wert von 468 ± 234 µM bestimmt werden.164

Für die Konzentrationsreihe zur Bestimmung der thermodynamischen Dissoziationskonstante der Bindung des Glycopeptid 84 und dem CD4-Protein wurden unterschiedliche Konzentrationen von 1.5-200 µM verwendet. Nach anschließender Analyse des Fits nach dem one-site-binding-Modell konnte ein KD-Wert von 433 ± 248 µM bestimmt werden. Dieser liegt somit in der gleichen Größenordnung wie der des nicht glycosylierten

Peptids 83. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die primäre Wechselwirkung beider Peptide mit dem CD4-Protein auf dem bekannten Dekapeptid 425NMWQKV430-G-123TPL125 beruht und der neu eingeführte Peptidteil eher sekundär an der Proteinoberfläche bindet, dies jedoch zu einer Verbesserung der Bindungsaffinität um den Faktor zehn gegenüber dem Dekapeptid führt.

Abbildung 60: SPR-Affinitätsanalyse des Peptids 84 bezüglich des immobilisierten CD4-Proteins. Auftragung der RU-Antworten aller Messpunkte; gefittet die nach dem one-site-binding-Modell. Obwohl ein linearer Verlauf der letzten drei Datenpunkte erkennbar ist, wurden diese im Fit der Kurve berücksichtigt, da das Fitten der ersten fünf Datenpunkte einen RUmax-Wert von 9.4 ± 1.7 RU ergab und somit um den Faktor 15 niedriger als der theoretische RUmax-Wert liegt. Der bestimmte KD-Wert aller Datenpunkte liegt mit 433 ± 248 µM in der gleichen Größenordnung, wie der des nicht glycosylierten Peptids 83. Jedoch ist die Affinität des Peptids gegenüber dem CD4-Protein um den Faktor zehn höher, als die des Dekapeptids NMWQKV-G-TPL.

Die SPR-Experimente für das zyklische, nicht glycosylierte Peptid 85 wurden ebenfalls mit dem CM5-Chip von H. Behnken durchgeführt. Hierbei wurde das Peptid 85 in Konzentrationen von 325 nM bis 50 µM über den Chip geleitet. Bemerkenswert war bei dieser Messreihe, dass die Messkurven einen negativen Verlauf besaßen, die normalen SPR-Bindungskurven entsprachen, nur an der x-Achse (Zeitskala) gespiegelt schienen. Da sich die negativen RU-Antworten konzentrationsabhängig änderten und das Detektionverfahren auf der Brechungsindexänderung an der Grenzoberfläche basiert (welche durchaus auch zu negativen Kurven führen kann), ist es zulässig, anstelle der absoluten Werte der RU-Antworten, die Beträge der Werte zu verwenden. Die erhaltenen Messpunkte konnten anschließend nach dem one-site-binding-Modell angefittet und so ein KD-Wert bestimmt werden. Dieser Wert lag mit 91 ± 0.16 µM um den Faktor vier niedriger, als bei den Peptiden 83 und 84. In der folgenden Abbildung 61 ist der Verlauf der RU-Antworten für die unterschiedlichen Konzentrationen der SPR-Experimente für das Peptid 85 dargestellt.

Abbildung 61: SPR-Affinitätsanalyse des Peptids 85 bezüglich des immobilisierten CD4-Proteins. Auftragung der RU-Antworten aller Messpunkte; gefittet die nach dem one-site-binding-Modell. Der bestimmte KD-Wert liegt mit 91 ± 16 µM um den Faktor vier niedriger, als das entsprechende lineare Peptid 83. Die erhöhte Affinität kann nur durch das Strukturelement der Disulfidbrücke erklärt werden.

Die SPR-Experimente des zyklischen, glycosylierten Peptids 86 wurden wiederum auf dem CM5-Chip der vorangegangenen Experimente durchgeführt. In diesem Fall wurden Konzentrationen von 50 nM – 10 µM verwendet. Der Fit der RU-Antworten gemäß dem one-site-binding-Modell ergab die in Abbildung 62 dargestellte Kurve.

Abbildung 62: SPR-Affinitätsanalyse des Peptids 86 bezüglich des immobilisierten CD4-Proteins. Auftragung der RU-Antworten aller Messpunkte; gefittet die nach dem one-site-binding-Modell. Der bestimmte KD-Wert liegt mit 10 ± 3.1 µM um den Faktor neun niedriger, als das entsprechende nicht glycosylierte Peptid 85. Die erhöhte Affinität kann nur durch die Glycosylierung des Asn201 erklärt werden. Die durch die Disulfidbrücke in der nativen räumlichen Orientierung zum Epitop des NMWQKV-G-TPL fixiert ist.

Der KD-Wert konnte mir 10 ± 3.1 µM bestimmt werden und liegt somit um den Faktor neun niedriger als der des nicht glycosylierten Peptids 85. Ähnlich wie in dem Fall des Peptids 85,

sind die verwendeten Konzentrationen unterhalb des ermittelten KD-Wertes, jedoch ist der errechnete RUmax-Wert mit 32 RU in der gleichen Größenordnung zu sehen, wie der theoretische RUmax-Wert von 43 RU.

Die mittels SPR-Experimenten erhaltenen KD-Werte der Peptide 81-86 sind in Tabelle 11 zusammengefasst.

Tabelle 11: Zusammenfassung der ermittelten KD-Werte der Peptide 81-86. Es zeigt sich deutlich, dass die Peptidsequenz um das Asn201 keine hohe Bindungsaffinität gegenüber dem CD4-Protein besitzt. Die Kombination dieser Sequenz mit dem bekannten Epitop 425NMWQKV430-G-123TPL125 hingegen führt zu einer Erhöhung in der Affinität. Die Einführung der Disulfidbrücke führt zusätzlich zu einer starken Erhöhung in der Affinität, da es die räumliche Struktur der nativen GP120-Sequenz mimikriert und die GlcNAc-Einheit so in ihrer nativen Position fixiert wird. * von H. Behnken durchgeführtes SPR-Experiment.164

Nr. Peptid-Typ KD [µM] Nr. Glycopeptid-Typ KD [µM]

81 Linear kurz unspezifisch 82 Linear kurz 2710 ± 910 83 Linear lang 468 ± 234* 84 Linear lang 433 ± 248

85 Zyklisch 91 ± 16 86 Zyklisch 10 ± 3.1

Eine Analyse der KD-Werte zeigt, dass die Peptidsequenz um die Glycosylierungsstelle des Asn201 (Peptid 81) keinen entscheidenden Beitrag zur Bindungsaffinität. Ist hingegen dieselbe Sequenz mit einem GlcNAc glycosyliert, so ist das Glycopeptid 82 in der Lage, schwache Wechselwirkungen zum CD4-Protein einzugehen. Kombiniert man nun diese Peptide mit dem bereits bekannten Motiv 425NMWQKV430-G-123TPL125 des GP120, so scheint der Hauptteil der Wechselwirkung zum CD4-Protein vom Dekapeptid auszugehen, wobei die zusätzlich neu eingeführten C-terminalen Peptidteile zu einer Intensivierung der Bindung führen, so dass beide Peptide (83 und 84) um etwa den Faktor zehn stärker binden.

Führt man zusätzlich zu der Verlängerung der Peptidsequenz ein Tertiärstruktur-Element in Form einer Disulfidbrücke ein, so verstärkt sich die Bindung des jeweiligen Peptids noch einmal. Das zyklische Peptid 85 bindet um einen Faktor vier stärker an das CD4-Protein als die beiden linearen Peptide 83 und 84. Somit resultiert aus der Zyklisierung des Peptids eine bessere definierte 3D-Struktur, die zu einer Verstärkung der Bindung zum CD4-Protein führt.

Glycosyliert man nun das Asn201, so wird die Bindungsaffinität noch einmal um den Faktor neun gesteigert. Dies belegt eindeutig, dass die die räumliche Orientierung der GlcNAc-Einheit durch die Tertiärstruktur des Peptids von großer Bedeutung für die Bindung zum CD4-Protein ist.