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8 INTEGRATION DER MODELLIERUNGSERGEBNISSE IN EINEN

8.3 Spektrale Information zur Beschreibung der teilschlagspezifischen

Düngebedarfsermittlung

Die Möglichkeiten der Verwertung aktueller Bestandsinformationen aus spektralen Daten werden im Folgenden anhand des Beispiels der Düngebedarfsermittlung für die Stickstoffdüngung aufgezeigt. Hierbei wird ein einfaches Bilanzierungsverfahren, wie es in den meisten Fällen im Getreidebau verwendet wird, auf den teilflächenspezifischen Ackerbau angepasst.

Die traditionellen Verfahren zur N-Bedarfs-Ermittlung basieren auf der Nmin-Beprobung von ganzen Schlägen oder im besten Falle in einem groben Raster für einen Schlag einheitlicher Nutzung. Im einfachsten Fall wird über das klassische Sollwertverfahren (Sollwert - Lieferung (Nmin) = Düngung) aus den N -Vorratswerten im Frühjahr ein Anhaltswert für den Gesamt-N-Bedarf des Bestands abgeleitet. Diese Gesamtmenge wird dann auf mehrere Gaben (i. d. R. 2 oder 3) verteilt zugeführt. Modernere Verfahren wie z. B. das SBA-System der LUFA Sachsen-Anhalt (LUFA [Hrsg.] 2000) oder das NPK-Online-Verfahren von HydroAgri (HYDROAGRI 2002) wenden in der Praxis bereits seit einiger Zeit zusätzlich schlag- bzw.

soweit vorhanden teilschlagspezifische Standortbedingungen (z. B. Bodenart, Bodendichte, durchwurzelbare Tiefe) für die Ermittlung des pflanzenverfügbaren Anteils bzw. der N-Nachlieferung an. Je nach Ausprägung der Einflussgrößen erfolgt ein Zu- oder Abschlag auf den N-Bedarfswert.

min

Die Variabilität der Standortparameter wird im vorliegenden Beispielmodell aus den zur Verfügung stehenden digitalen Geobasisdaten abgeleitet. Zunächst erfolgt eine Korrektur der N-Bedarfsmenge durch die Berücksichtigung der Bodenvariabilität über die vorliegende digitale Bodenkarte im Maßstab 1:5.000. Anhand der Bodenartenkartierung kann auf die potentielle Bodenverdichtung und -durchlüftung geschlossen werden, was wiederum den Wasser- und Nährstoffhaushalt entscheidend beeinflusst. Die Bodenarten werden hierzu nach ihrem Ton- und Feinsandanteil in Gruppen eingeteilt (nach DIN 19682, vgl. LUFA [Hrsg.]

2000). Das Resultat ist eine bodenartenspezifische Karte des N-Bedarfs, die bereits eine verbesserte N-Düngung ermöglicht.

Eine Alternative oder Ergänzung zur digitalen Bodenkarte für die flächenhafte Ableitung von Zustandsparametern der Ackerfläche ist die Einbeziehung einer Ertragskartierung. Die Ertragskartierung bildet unterschiedliche Ertragsniveaus innerhalb eines Schlages ab.

Ertragsunterschiede und die ihnen zugrunde liegenden räumlichen Variabilitäten sind über mehrere Jahre und für unterschiedliche Kulturpflanzenarten für einen Schlag relativ konstant.

Sie sind deshalb ein guter Indikator für Unterschiede im Boden, insbesondere für dessen Wasserspeicherfähigkeit (WANING et al. 2000), d.h. für Bodenarten bzw. Korngrößenklassen.

Als weiteres Merkmal zur Ausscheidung kleinster Areale homogener Standortbedingungen kann die weiter oben beschriebene (Kap. 8.1) Kartierung der elektrischen Leitfähigkeit (ECa) herangezogen werden. Ebenso wie bei der Bodenarten- oder Ertragskartierung ist durch die Verschneidung der ECa-Messwerte mit den Bedarfsberechnungen für den Gesamtschlag eine Regionalisierung des Schlages in einzelne Teilflächen homogener Eigenschaften, d.h. gleicher Dünger-Gaben möglich. Welche der Kombinationen in der Praxis Anwendung findet, ist in

erster Linie von der Datenverfügbarkeit abhängig. In dem geplanten GIS-gestützten Düngeberatungsprogramm sind diese Merkmale beliebig kombinierbar.

In einem solchen anzustrebenden precision farming GIS-System ist darüber hinaus die Implementierung weiterer standortspezifischer Merkmalsebenen denkbar. Eine bedeutende Rolle bei der Standortbewertung zur Ableitung pflanzenverfügbarer Nährstoffe spielt die Ausprägung des Reliefs. In Senkenbereichen kommt es durch Verlagerung (oberirdischer Abfluss und Materialtransport durch Erosion, Rutschung ! Kolluvienbildung) zur Konzentration aufgetragener Düngegaben, insbesondere bei extremen Witterungsbedingungen (Starkregen oder lange Trockenphasen in Verbindung mit starken Winden). Auf den Kuppen bzw. an Hängen kommt es dagegen zum Abtrag eines Teils der Düngergaben. Die Parametrisierung dieser reliefbedingten Standortvariabilität kann z. B. durch die Berechnung eines Wölbungsfaktors (Vertikal- und Horizontalkrümmung) aus den digitalen Höhendaten erfolgen (siehe hierzu z. B. SCHMIDT & BILL 2000).

Ertragskartierung Relief

Bodenartenkartierung N-Konzentration Pflanze N-Konzentration Boden K-Konzentration Pflanze Elektrische Leitfähigkeit (ECa)

Abb. 70: Mehrebenen-Konzept zur Bewertung der Standortvariabilität von Winterweizenschlägen

Die bis zu diesem Verarbeitungsschritt erstellte Karte der Standortvariabilität kann zu jedem Zeitpunkt angefertigt und dem Landwirt, z. B. zur Durchführung von Grunddüngungsmaßnahmen (P, K, Mg, etc.) zur Verfügung gestellt werden. In einem weiteren Schritt kann dann durch die Einbeziehung der aus spektroradiometrischen Aufnahmen gewonnenen Karten der Nährstoffvariabilität in der Pflanze (vgl. Kap. 8.1) eine modifizierte Applikationskarte für die Stickstoffdüngung (2. und 3. Gabe) erstellt werden.

Die Bestimmung der pflanzenverfügbaren N-Anteile in der Ackerkrume basiert auf der Annahme eines Zusammenhangs zwischen dem verfügbaren Stickstoff im Boden und dem Ntot-Gehalt bzw. Proteingehalt in der Pflanze, der aus Aufnahmen von Pflanzenbeständen mit Hilfe abbildender Sensoren flächenhaft abgeleitet werden kann. Solche in der Regel linearen Zusammenhänge konnten bereits in früheren Untersuchungen für Getreidebestände nachgewiesen werden (siehe z. B. RAUN et al. 1998, STONE et al. 1996, VAUGHAN et al.

1990). In jüngeren Untersuchungen hat sich gezeigt, dass die Beziehung für den optimalen Versorgungsbereich linearer Natur ist (BAUSCH & DIKER 2001, ENGEL 1999). Im Luxusbereich kommt es zu einer Abschwächung des Zusammenhangs, im Mangelbereich zu negativen Korrelation. Die beste Annäherung des Zusammenhangs wird durch ein Polynom 2.

Grades hergestellt (ENGEL 1999).

Die aus dieser Beziehung abgeleitete Karte (siehe Abb. 71) gibt nur ein Maß an für die Gehalte an pflanzenverfügbarem Stickstoff im Boden. Der tatsächliche N-Bedarf bzw. die

aufgenommene N-Menge richtet sich wiederum nach den bereits im oberen Teil des skizzierten Ablaufs berücksichtigten Standortfaktoren.

L3Lö

L4LöV LT3V

L4LöV L4LöV

L4LöV L4LöV

Nmin verfügbar

<-2.5 - -3.5 Stdv

<-1.5 - -2.5 Stdv

<-0.5 - -1.5 Stdv.

-0.5 - 0.5 Stdv.

>0.5 - 1.5 Stdv.

>1.5 - 2.5 Stdv.

>2.5 - 3.5 Stdv.

3572100

3572100

3572200

3572200

3572300

3572300

5737600 5737600

5737700 5737700

5737800 5737800

5737900 5737900

5738000 5738000

Abb. 71: Flächenhafte Schätzung des pflanzenverfügbaren Nmin-Gehalts aus der

multivariaten Analyse von in situ Spektralmessungen (EC-32, Schlag: "Unter dem Echter Wege")

Der vorgestellte Ansatz gibt einen Einblick in die Möglichkeiten der Implementierung spektraler Daten in den Verfahrensablauf für die teilflächenspezifische Bewirtschaftung am Beispiel von Winterweizenbeständen. Aufgrund der noch bestehenden hohen Unsicherheiten bei der Schätzung von Komponentenkonzentrationen aus Pflanzenmessungen sowie bei der Annahme der Beziehung zwischen Pflanzenkonzentration und verfügbaren Nährstoffgehalten im Boden, muss die Gültigkeit und Übertragbarkeit solcher Modelle zunächst noch in Frage gestellt werden. Relativierend stehen dem aber ebenso die Probleme bei der Nitratmessung aus konventionellen Bodenbeprobungen gegenüber (vgl. AUFHAMMER 1998), so dass insgesamt eine Bewertung und Empfehlung eines Verfahrensablaufs zur teilflächenspezifischen N-Applikation schwer möglich ist. Die Entscheidung für ein Verfahren zur Düngebedarfsermittlung richtet sich in der Gegenwart und auch in der Zukunft vielmehr nach den individuellen Möglichkeiten und - von nicht minderer Bedeutung - nach den Ambitionen der Anwender für den Einsatz von precision farming Technologien.