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2. Grundzüge des Stromversorgungs- und Stromspeichersystems

2.6 Grundzüge Stromspeicher

2.6.2 Speichertechnologien

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27 den Großteil der in Deutschland installierten Energiespeicherleistung von etwa 7 GW und sind bei typischen Anlagengrößen von 100 bis 1000 MW auf tägliche Zyklen mit Speicherkapazitäten von wenigen Stunden ausgelegt. Vereinzelte große Neubauprojekte, wie das 1,4 GW bzw. 13 GWh Pumpspeicherkraftwerk Atdorf, befinden sich derzeit in Planung, jedoch ist nach Leonhardt et al. (2008) „in Deutschland (...) aufgrund der geographischen Begrenztheit der Standorte und der mangelnden Akzeptanz in der Bevölkerung momentan kein nennenswerter Zuwachs an Pumpspeicherkraftwerken zu erwarten“.63

Druckluftspeicher (A) CAES

Druckluftspeicher basieren auf dem Prinzip der Speicherung elektrischer Energie in komprimierter Luft. Ladestrom aus dem Stromnetz treibt bei dieser Speichertechnologie einen Verdichter an, der Umgebungsluft in einer unterirdischen Kaverne komprimiert. Zur Vermeidung von Hitzeschäden der Anlage durch Kompressionswärme wird der Luftstrom vor Einleitung in die Kaverne gekühlt. Bei der Rückverstromung wird die komprimierte Luft zusammen mit Brennstoff in die Brennkammer einer Gasturbine geleitet, welche durch Verfeuerung des Gemischs und Entspannung in der Turbine einen Stromgenerator antreibt. Durch die ungenutzte Wärmeabfuhr bei der Kompression und Abgasabführung ist der Gesamtwirkungsgrad bei derart diabaten Druckluftspeichern mit 40 bis 56 % verhältnismäßig gering64 und Optimierungen in Form einer Nutzung der Abgaswärme des Verfeuerungsprozesses zur Vorwärmung des Luftstroms vor der Brennkammer können den Wirkungsgrad nur geringfügig auf bis zu 60 % anheben.65 Eine wesentliche Erhöhung des Gesamtwirkungsgrads ist erst in adiabaten Druckluftspeichersystemen möglich, in denen die Kompressionswärme des Verdichtungsprozesses in einem Rekuperator thermisch zwischengespeichert und beim Entladevorgang der expandierenden Luft wieder zugeführt wird. Eine Wärmezuführung durch Verbrennung eines Brennstoffes wie im diabaten

63 Leonhardt et al. (2008), S. 22

64 Leonhardt et al. (2008), S. 23

65 Wolf und Dötsch (2009), S. 112

28 Druckluftspeicher ist beim adiabaten Druckluftspeicher überflüssig und die erwärmte Luft expandiert direkt in einer Turbine. Auf diese Weise können Wirkungsgrade von bis zu 70 % erreicht werden.66

Die Anlagengrößen von Druckluftspeichern werden voraussichtlich in etwa die Speicherkapazität von durchschnittlichen Pumpspeicheranlagen aufweisen. Im Gegensatz zu Pumpspeicheranlagen, die zumeist in Mittel- und Süddeutschland liegen, befinden sich geeignete Standorte für Druckluftspeicher überwiegend in Norddeutschland. Als natürliche Druckräume für die Speicherung eignen sich dabei durch Ausspülung erschaffene Salzkavernen, Felskavernen, Aquifere, Porenspeicher oder stillgelegte Bergwerke, deren Ausbaupotential in Deutschland und Europa sehr hoch ist.67

Batteriespeicher

In Batteriespeichern wird elektrische Energie in chemischer Bindungsenergie gespeichert. Die Ausgangsstoffe, Reaktionsprozesse und Wirkungsweisen unterscheiden sich dabei für unterschiedliche Batterietypen grundlegend und ändern sich durch die fortwährende Batteriespeicherforschung laufend. Zu den leistungsfähigsten Batteriesystemen, die für eine Speicherung von Strom aus dem Versorgungsnetz geeignet sind, zählen Lithium-Ionen Batterien. In deren Batteriezelle besteht die Anode typischerweise aus Kohlenstoff, während für die Kathode verschiedene Materialien, wie beispielsweise Lithium-Manganoxid (LiMn2O4), Kobaltoxid (LiCoO2), Nickeloxid (LiNiO2) oder Lithium-Eisen-Phosphat (LiFePO4) verwendet werden können. Bei der Wahl des Kathodenmaterials geht zum jetzigen Stand der Forschung eine höhere Stabilität und Zyklenfestigkeit der Zelle zulasten ihrer Energiedichte.68 Weitere Batterietypen umfassen Hochtemperaturbatterien, wie z. B. Natrium-Schwefel-Batterien, die für den Betrieb Temperaturen von 270 bis 350 °C benötigen. Die hohen Temperaturen führen bei diesem Batterietyp zum Schmelzen der Elektroden, während der Ionen

66 Wolf und Dötsch (2009), S. 112

67 Auer und Keil (DB Research, 2012), S. 10

68 Vgl. von Borck et al. (2008)

29 leitende Elektrolyt im festen Zustand verbleibt.69 Einem anderen Prinzip folgen Flussbatterien (Redox-Flow-Batterien), in denen Energie in Elektrolyten außerhalb der Batteriezelle gespeichert wird. Durch Pumpen zirkulieren die Elektrolyten in zwei Kreisläufen durch die Zelle, in der sie durch eine Membran getrennt sind. Auf diese Weise können Speicherleistung und -kapazität durch die Schaltung mehrerer Reaktionszellen und durch die Größe der Elektrolytentanks separat skaliert werden.

Als Elektrolyte weisen die häufigsten Systeme in Schwefelsäure gelöste Vanadiumoxide auf, mit denen Redox-Flow-Speichersysteme einen Gesamtwirkungsgrad von 70 bis 80 % erreichen können.70

Durch die auf Zellen basierte kompakte Bauweise eröffnet sich für Batteriespeicher neben der zentralen und netzgekoppelten Speicheranwendung ein breites Einsatzfeld. Neben den in Kapitel 2.6.1 vorgestellten mobilen Lösungen, insbesondere der Elektromobilität, können dezentrale Batteriespeichersysteme durch Betreiber von kleinen Photovoltaikanlagen eingesetzt werden. Betreiber solcher Anlagen, die gleichzeitig Endverbraucher darstellen, verfolgen primär das Anwendungsziel, den Anteil der Eigennutzung des Photovoltaikstroms zu erhöhen.

Zwar wird hierbei nicht unmittelbar Netzstrom zwischengespeichert, jedoch wird mittelbar während hoher Erzeugungsspitzen eine Einspeisung von Solarstrom und ein späterer (Rück-)Kauf bei niedriger Stromerzeugung verhindert.71

Wasserstoffspeicherung

Bei der Wasserstoffspeicherung bewirkt eine von Strom in Wasser verursachte Redoxreaktion die Freisetzung von Wasserstoff (Elektrolyse), welches in Tanks oder Kavernen zwischengespeichert werden kann. Zur Rückverstromung kann der derart gewonnene Wasserstoff Erdgas beigemengt und zur Stromerzeugung in Gasturbinen

69 Wietschel et al. (2010), S. 577

70 Tübke und Noak (2007), S. 85 ff.

71 Vgl. hierzu auch im Detail Kapitel 7.1.2

30 oder GuD-Anlagen eingesetzt werden.72 Ein großer Vorteil der Wasserstoffspeicherung in Deutschland liegt in der Möglichkeit der Nutzung des vorhandenen Erdgasnetzes für den Transport und die Speicherung, wobei gegenwärtig ein maximaler Volumenanteil von 5 % Wasserstoff im Erdgasnetz zulässig ist.73

Der Gesamtwirkungsgrad von Wasserstoffspeichersystemen beträgt bis 40 %. Nach Wietschel et al. (2010) sind für die Zukunft ebenfalls der Einsatz von reinen Wasserstoffspeichern und H2-GuD-Anlagen denkbar, durch die der Systemwirkungsgrad weiter erhöht werden könnte.74

Als zusätzliche Option kann hinter der Elektrolyse eine weitere Umwandlung von Wasserstoff zu Methan vorgenommen werden, welches den Hauptbestandteil von Erdgas bildet. Im Gegensatz zur Anreicherung des Erdgasnetzes mit Wasserstoff hat diese Option den Vorteil, dass keine Begrenzungen hinsichtlich der Menge bzw. des Wasserstoffanteils bestehen und ausreichende Speicher-, Transport- und Stromerzeugungskapazitäten zur Verfügung stehen.

Die Einspeisung in das Erdgasnetz ist im engeren Sinne keine reine Stromspeichertechnologie, weil der Anreicherung des Erdgasnetzes nicht zwangsläufig eine Rückverstromung folgt. Die Eigenschaften der Wasserstofferzeugung und -speicherung grenzen an Flexibilitätsoptionen, da mit der Elektrolyse ein Produkt erzeugt wird, welches für verschiedene Zwecke eingesetzt werden kann. Anwendungsfelder sind beispielsweise der Betrieb von Fahrzeugen oder eine Verbrennung zu Heizzwecken.

72 Grundsätzlich ist auch eine Rückverstromung in Brennstoffzellen möglich, in welchen ein mit GuD Kraftwerken vergleichbar hoher Wirkungsgrad erreicht werden kann. Die verfügbaren Erdgasleitungen und Kraftwerke legen jedoch die Nutzung der vorhandenen Infrastruktur nahe

73 Teufel (2015), S. 103

74 Wietschel et al. (2010), S. 526

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