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4. Modellgestützte Szenarioanalyse

5.1 Auswirkungen des Betriebs von Stromspeichern auf

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5.1 Auswirkungen des Betriebs von Stromspeichern auf

111 Ergänzt man, wie in Abbildung 7 dargestellt, zusätzlich die angenommene installierte Ladeleistung aller zukünftigen Stromspeicher über dem Verlauf des Minimums der Residuallast in allen 365 Tagen und trägt die installierte Braunkohle-Grundlastleistung ein, so kann eine Unterteilung aller 365 Jahrestage nach den in Kapitel 3.3.1 vorgestellten Fällen vorgenommen werden. Durch den weitreichenden Zeithorizont des gewählten Trendszenarios 2050 wird die zukünftige Grundlasterzeugungsleistung voraussichtlich geringer sein als die voraussichtliche Speicherladeleistung, sodass entsprechend Kapitel 3.3.1 eine volle Auslastung der Speicherladeleistung allein aus einem Hochfahren der Grundlaststromerzeugung aus Braunkohle (Fall 3) nicht eintreten kann. Für die übrigen Fälle bemisst sich die Breite der vertikal abgegrenzten Abschnitte deshalb aus der Anzahl der Tage, in welchen der entsprechende Fall voraussichtlich eintritt und ist damit proportional zu dessen erwarteter Häufigkeit.

Abbildung 7 zeigt, dass durch den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien nur noch an knapp mehr als der Hälfte aller Jahrestage ein positives Minimum der Residuallast erreicht wird, welches in der jeweiligen Handelsperiode ein Angebot von konventionell erzeugter Grundlast ermöglicht (Summe Fall 1 und 2: 230 Tage = 63 %). An 193 Tagen liegt das Minimum der Tagesresiduallast über der erwarteten Erzeugungsleistung von Braunkohlekraftwerken in Höhe von 5 GW, sodass in den entsprechenden 24 Stunden Intervallen von einer vollständigen Auslastung der Braunkohlekraftwerke ausgegangen werden kann. Der starke Rückgang der installierten Grundlasterzeugungsleistung bedeutet für Stromspeicher zudem in mehr als der Hälfte aller Jahrestage fehlende Anreize für eine Ladung von Stromspeichern (Fall 1: 193 Tage = 53 %).

Unter Außerachtlassung begrenzter Ladekapazitäten von Stromspeichern würde sich für den Speicherbetrieb die Möglichkeit einer Anhebung der Grundlaststromerzeugung aus Braunkohlekraftwerken an 106 Tagen ergeben. Über diesen Zeitraum liegt das Tagesminimum der Residuallast unter der erwarteten installierten Grundlastleistung und die Summe aus Speicherladeleistung und Tagesminimum der Residuallast liegt über null (Fall 2 und Fall 4: 106 Tage = 29 %).

An 66 Tagen wäre dabei eine Summe aus dem Tagesminimum der Residuallast und

112 der erwarteten Speicherladeleistung im negativen Bereich anzutreffen, sodass selbst bei einer vollständigen Auslastung der installierten Speicherladeleistung keine Grundlastnachfrage eintreten wird (Fall 5: 66 Tage = 18 %).

Auffällig ist außerdem der weite Ausschlag der negativen Residuallast im rechten Teil der Abbildung, der an Spitzentagen voraussichtlich bis unter -42 GW reichen wird.

Die Höhe der maximalen überschüssigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bewegt sich damit in etwa in der Größenordnung der maximalen Residuallast, welche im Jahr 2050 mit bis zu +46 GW erwartet wird. Diese Größenordnung entspricht in etwa der Hälfte der mit bis zu 80 GW prognostizierten maximalen Netzlast.

Zwar zeigt die Simulation, dass die Residuallast mit 135 Tagen (37 %) häufig in den negativen Bereich fällt, dort aber nur verhältnismäßig kurzzeitig auftreten wird. Von insgesamt 8.760 Stunden des vollen Jahres wird nur an 1.283 Stunden (15 %) eine Residuallast im negativen Bereich erwartet.

Die Simulation des Einsatzes eines gegenüber dem heutigen Stand verdoppelten Stromspeicherportfolios auf Basis des soeben beschriebenen Verteilungsprofils der Residuallast hat durch die Lastverschiebung bedeutende Auswirkungen auf die langfristig erwartete Grund-, Mittel- und Spitzenlaststromerzeugung sowie den Integrationsgrad von überschüssig erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien.

Unter Berücksichtigung von Umwandlungsverlusten sowie beschränkter Lade-, Entlade- und Speicherkapazitäten zeigt Abbildung 8 eine Übersicht der speicherbedingten Veränderung der einzelnen Lastarten bzw. Strommengen.

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Abbildung 8: Übersicht zu durch Stromspeicher verschobenen Lastmengen221

Die in Abbildung 8 dargestellten Jahresstrommengen (Trendszenario 2050, Wetterprofil 2015) stellen die erwarteten kumulierten Änderungen der Grundlast-, Mittellast- und Spitzenlaststromerzeugung, sowie der zusätzlich integrierbaren Strommenge aus erneuerbaren Energien dar. Die Glättung des Residuallastprofils des Stromversorgungssystems bewirkt beim konventionellen Kraftwerkspark eine Anhebung der Grundlaststromerzeugung aus Braunkohle um 13,8 TWh. Der Großteil der Grundlasterhöhung geht hierbei nicht auf ein „Auffüllen“ der Lasttäler zurück, sondern auf eine Erhöhung der Grundlasterzeugung über die gesamte zugrundeliegende 24 Stunden Handelsperiode. Infolge dieser Anhebung wird eine sonst überwiegend durch Steinkohlekraftwerke erzeugte Mittellaststrommenge von 11,0 TWh durch Stromspeicher substituiert. Die Entladestrommenge von Stromspeichern wird in den Residuallastspitzen insgesamt 5,7 TWh Spitzenlaststrom substituieren, der ohne einen Speichereinsatz ansonsten überwiegend von Gaskraftwerken bereitgestellt worden wäre. Die hierbei auftretende Entladestrommenge des Stromspeicherportfolios wird zuvor bei der Beladung aus zwei Quellen gespeist: Bei gegebener Verfügbarkeit erfolgt die Ladung in erster Linie

221 Eigene Darstellung, Modellrechnungen

114 aus überschüssig erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien, welcher ansonsten ohne Stromspeicher abgeregelt werden würde. Im eingesetzten Modell wird diese Strommenge im Trendszenario 2050 zu 3,6 TWh bestimmt. In zweiter Rangfolge wird die Entladestrommenge aus einer vorherigen Erhöhung der Grundlasterzeugung durch Braunkohlekraftwerke bereitgestellt, die im Modell zu 2,1 TWh ermittelt wird.

Zwischen der Summe der durch Grundlasterhöhung zusätzlich erzeugten Braunkohlestrommenge und der aus erneuerbaren Energien zusätzlich nachgefragten Strommenge einerseits, sowie der substituierten Strommengen aus Mittellast- und Spitzenlastkraftwerken andererseits, ergibt sich eine Differenz, die auf technisch bedingte Verluste bei der Beladung, der Speicherung und dem Entladeprozess zurückzuführen ist.

Für die übrigen Szenarien, ebenfalls basierend auf dem Wetterprofil 2015, zeigt die nachfolgende Tabelle eine Übersicht der prognostizierten Lastverschiebungen eines Einsatzes von Stromspeichern in Deutschland.

Tabelle 11: Übersicht zu stromspeicherbedingten Auswirkungen auf Stromerzeugungsmengen222

222 Eigene Darstellung, Modellrechnungen

115 Über alle Szenarien hinweg zeigt sich, dass der Einsatz von Stromspeichern die stärksten Auswirkungen in der Erhöhung der Grundlast und Substitution von Mittellast bewirkt, welche um ein Vielfaches höher liegen als die Senkung der Spitzenlast. Der durch Speicherung nutzbar gemachte Strom aus erneuerbaren Energien, welcher ansonsten abgeregelt werden müsste, beträgt durchgehend unter 4 TWh und fällt mit unter 1 % des erwarteten deutschen Stromverbrauchs für alle Szenarien verhältnismäßig gering aus.

Durch die beschränkte Lade- und Entladeleistung sowie Kapazität von Stromspeichern, in Verbindung mit dem volatilen Stromerzeugungsprofil der erneuerbaren Energien, ist eine Zwischenspeicherung des gesamten überschüssig erzeugten Stroms bei einem hohen Anteil erneuerbarer Energien nicht möglich. Die Simulation zeigt, dass in Szenarien mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien Stromspeicher nur geringfügig zur Integration von überschüssig erzeugtem Strom beitragen können.

Abbildung 9: Anteil der durch Stromspeicher nutzbar gemachten überschüssigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien für das Trendszenario 2050 auf Basis des Wetterprofils 2015223

223 Eigene Darstellung, Modellrechnungen

116 Abbildung 9 stellt die kumulierte Stromerzeugungsmenge von überschüssig erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien und die kumulierte Entladestrommenge von Stromspeichern über das simulierte Betrachtungsjahr 2050 gegenüber. Die begrenzte Lade- und Entladeleistung sowie Speicherkapazität führen dazu, dass mit 79 % der überwiegende Teil der überschüssig erzeugten Strommenge aus erneuerbaren Energien weiterhin abgeregelt werden muss und nur ein geringer Anteil von 21 % (3,6 TWh) durch Stromspeicher in Spitzenlastzeiten verschoben wird. Der verbleibende Teil der Entladestrommenge von Stromspeichern in Höhe von 2,1 TWh entstammt der Grundlastanhebung von Braunkohlekraftwerken.

Die Ursache des hohen Anteils des abgeregelten überschüssig erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien bei ebenfalls vorliegender bedeutender Braunkohle- Grundlastverschiebung ist auf den Verlauf des Residuallastprofils zurückzuführen.

Das Residuallastprofil zeigt in den längerfristigen Szenarien, dass in den Jahreszeiten Herbst, Winter und Frühling eine stärkere Einspeisung von Strom aus Windkraftanlagen zu Zeiträumen von mehr als einem Tag führt, in denen die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien höher ist als der Verbrauch.224 Stromspeicher werden in diesen Zeiträumen bereits nach wenigen Stunden voll beladen und die Überlast der folgenden windintensiven Tage geht durch Abregelung der Anlagen verloren. In den Sommermonaten hingegen tritt durch die Stromeinspeisung aus Photovoltaikanlagen eine Überlast im Stromnetz häufiger über kürzere Zeiträume in den Mittagsstunden auf. Die Überlastspitzen erreichen dabei in Szenarien mit einem hohen Anteil an Photovoltaikanlagen regelmäßig sehr hohe Ausschläge, welche die Ladeleistung von Stromspeichern um ein Vielfaches übersteigen.225 In diesen Fällen geht der Teil der Überlastspitzen, der über die bereits voll ausgelastete Ladeleistung der Stromspeicher hinausgeht, durch Abregelung der Photovoltaikanlagen ebenfalls verloren.

224 So beispielsweise im Szenario 2050, Referenzjahr 2015, im Zeitraum 28.03. - 30.03. oder Referenzjahr 2013 im Zeitraum 20.12. - 23.12.

225 So beispielsweise im Szenario 2015, Referenzjahr 2015, am 02.06., 14:00 Uhr mit -33,3 GW oder am 23.08., 13:00 Uhr mit -42,6 GW

117 In den betrachteten Szenarien mit einem geringeren Anteil an erneuerbarer Energien kommt es seltener und in geringerem Ausmaß zu Zeitspannen mit überschüssig erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien. Aus diesem Grund ist in den übrigen Betrachtungsszenarien der Grad, in dem überschüssig erzeugter Strom aus erneuerbaren Energien nutzbar gemacht werden kann, bei gleichen Speicherparametern höher als im Trendszenario 2050.

Tabelle 12: Übersicht zum Anteil der durch Stromspeicher nutzbar gemachten überschüssigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien226

Tabelle 12 zeigt eine Übersicht zu auf ein volles Jahr kumulierten Stromerzeugungs- und Speicherentladestrommengen der in dieser Arbeit betrachteten Szenarien auf.

Der Grad, in welchem überschüssig erzeugter Strom aus erneuerbaren Energien durch Stromspeicher in das Stromnetz integriert werden kann, weist abgesehen vom Trendszenario 2050 eine Spannweite von 46 bis 65 % auf. In absoluten Mengen wird nur eine Strommenge zwischen 0,2 bis 3,6 TWh aus erneuerbaren Energien durch Stromspeicher in das Stromnetz integriert werden, während der übrige Entladestrom auf Braunkohle-Grundlaststrom zurückzuführen ist. In der Simulation wurde die

226 Eigene Darstellung, Modellrechnungen

118 Entladestrommenge der Stromspeicher aus konventioneller Grundlast für die übrigen Szenarien zu 1,6 bis 6,0 TWh bestimmt, die damit im jeweiligen Szenario einem Anteil an der gesamten kumulierten Entladestrommenge von 65 bis 97 % entspricht.

Die Ursache für eine gegenüber dem Trendszenario 2050 stärkere Anhebung der Braunkohle-Grundlaststromerzeugung in den übrigen Szenarien hat zwei Gründe.

Erstens liegen entlang dem Braunkohle-Abbaupfad zu früheren Zeitpunkten höhere, bis dahin noch nicht abgeschaltete Braunkohlestromerzeugungskapazitäten vor.

Zweitens bewirkt der in früheren Zeitpunkten geringere Ausbau der erneuerbaren Energien eine häufigere Verschiebung der Residuallast in den Bereich unterhalb der installierten Braunkohlestromerzeugungsleistung, in welcher der Einsatz von Stromspeichern zur Anhebung der Grundlastleistung führt.

5.2 Auswirkungen des Betriebs von Stromspeichern auf